Eberhard Nestle
Eberhard Nestle (* 1. Mai 1851 in Stuttgart; † 9. März 1913 ebenda) war ein evangelischer Theologe und Orientalist; er war Vater des Theologen Erwin Nestle.
Leben
Nestle war ein Sohn des Obertribunalprokurators Christian Gottlieb Nestle und dessen Ehefrau Sophie Beate Kleinmann. Sein Halbbruder aus der zweiten Ehe des Vaters war der Altphilologe Wilhelm Nestle.
Er studierte in Tübingen von 1869 bis 1874, wurde mit einer Dissertation zu den hebräischen und griechischen Textformen des Buches Ezechiel zum Dr. phil. promoviert, arbeitete dann zunächst auf dem Gebiet der Orientalistik und verfasste u. a. eine syrische Grammatik. In späteren Jahren galt sein Interesse der Gewinnung eines textkritisch gesicherten Bibeltextes.
Nach der Ausbildung und einer Tätigkeit als Repetent am Evangelischen Stift Tübingen war er zwischen 1883 und 1890 Gymnasialprofessor am Obergymnasium in Ulm für Religion und Hebräisch, unterbrochen durch die Vertretung einer Professur in Tübingen, seit 1898 Professor und ab 1912 Ephorus am Evangelisch-theologischen Seminar Maulbronn.
1880 heiratete Nestle in Tübingen Klara Kommerell (1852–1887) und hatte mit ihr einen Sohn, Erwin Nestle. 1887 verstarb nach kurzer Krankheit seine Ehefrau und drei Jahre später heiratete Nestle 1890 in zweiter Ehe Elisabeth Aichele (1867–1944); mit ihr hatte er fünf Töchter und einen Sohn.
Bibelausgaben
Im Jahre 1898 erschien bei der Württembergischen Bibelanstalt Stuttgart die von ihm aus älteren Ausgaben und Handschriften erarbeitete und herausgegebene Fassung des griechischen Neuen Testaments unter dem Titel Novum Testamentum Graece cum apparatu critico ex editionibus et libris manu scriptis collecto.
Es bedurfte nur weniger Jahre, bis sich „der Nestle“ weltweit als textkritische Referenzausgabe des griechischen Neuen Testaments durchsetzte. Nach dem Tode Eberhard Nestles übernahm sein Sohn Erwin Nestle die Herausgabe und trug wesentlich zu einer ständigen Verbesserung der Editionen bei. Seit 1952 erfolgte die Herausgabe unter Mitarbeit von Kurt Aland. Das nunmehr als „Nestle-Aland“ bekannte theologische Standardwerk erschien ab 1993 bereits in der 27. Auflage.
Kurz vor seinem Tod arbeitete er an einer kritischen Ausgabe von Luthers Vulgata-Revision für die Weimarer Ausgabe. Die Herausgabe übernahm nach seinem Tod ebenfalls sein Sohn.
Seine Bibliothek wurde von Agnes Smith Lewis für das Westminster College, Cambridge erworben.[1]
Werke
- Einführung in das griechische Neue Testament , 3. Aufl. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1909.
- Novum testamentum Graece post Eberhard et Erwin Nestle editione vicesima septima revisa communiter ed. Barbara Aland... Apparatum criticum novis curis elaboraverunt Barbara et Kurt Aland una cum Instituto Studiorum Textus Novi Testamenti Monasterii Westphaliae. Stuttgart 2005, ISBN 3-438-05115-X.
Literatur
- Eberhard Bons: Eberhard Nestle. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 6, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-044-1, Sp. 625–627.
- Erwin Nestle: Eberhard Nestle zu seinem 100. Geburtstag. Quell-Verlag, Stuttgart 1951.
- Erwin Nestle: Nestle, Christoph Eberhard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 79 (Digitalisat).
- Frank Raberg: Biografisches Lexikon für Ulm und Neu-Ulm 1802–2009. Süddeutsche Verlagsgesellschaft im Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2010, ISBN 978-3-7995-8040-3, S. 290.
Weblinks
- Nestle-Aland Ausgaben des griechischen Neuen Testaments Auflistung aller derzeit verfügbaren Ausgaben.
- Literatur von und über Eberhard Nestle im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Eberhard Nestle in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Eintrag in: Württembergs Lehranstalten und Lehrer (1892) / zsgest. von Max E. Cramer (1859–1933).
- Werke bei archive.org
Einzelnachweise
- Christa Müller-Kessler, Lewis, Agnes Smith (1843–1926), in Oxford Dictionary of the National Biography, vol. 33 (Oxford, 2004), S. 579–580