Dresdner Bildungsgipfel
Der Dresdner Bildungsgipfel war eine bildungspolitische Veranstaltung von Bund und Ländern, die auf Initiative der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und damaligen Bundesbildungsministerin Annette Schavan am 22. Oktober 2008 in Dresden stattfand.[1]
Angela Merkel gab auf dieser Veranstaltung das Ziel einer Erhöhung der gesamtstaatlichen Aufwendungen für Bildung und Forschung von damals 8,6 Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes auf eine Zielmarke von zehn Prozent bis zum Jahr 2015 bekannt.[2][3] Die Vertreter von Bund und Ländern beschlossen auf der auch als „Qualifizierungsgipfel“ bezeichneten Veranstaltungen verschiedene Leitsätze, Ziele und Maßnahmen. Diese Beschlüsse wurden in einer so genannten „Qualifizierungsinitiative für Deutschland“ festgehalten.[4]
Das vom Gipfel ausgegebene Zehn-Prozent-Ziel der Bildungsfinanzierung sowie eine Reihe von Zielen wurden nie erreicht.[5]
Qualifizierungsinitiative für Deutschland
Leitsätze
Folgende zehn Leitsätze wurden der so genannte Qualifizierungsinitiative vorangestellt:[4]
- Aufstieg durch Bildung
- Bessere Bildung von Anfang an
- Sprache als Schlüssel zur Bildung
- MINT-Fächer stärken
- Mehr Ausbildungschancen für Schülerinnen und Schüler
- Berufliche Bildung und Qualifizierung stärken
- Akademische Bildung für die Innovationskraft Deutschlands sichern
- Lebenslanges Lernen
- Unternehmerische Verantwortung für die Ausbildung und Weiterqualifizierung der Fachkräfte
- Bildung, Ausbildung und Qualifizierung in der bundesstaatlichen Ordnung
Ziele und Maßnahmen
Mit den Mehrausgaben sollten folgende Maßnahmen finanziert werden:[6]
Im vorschulischen Bereich sollte bis 2012 eine intensive Sprachförderung für Kinder ausländischer Eltern sichergestellt werden. Flankiert werden sollte dies durch Integrationskurse für die Eltern. Außerdem sollten die Betreuung der bis zu drei Jahre alten Kinder zusätzliche 80000 Erzieher und Tagespflegemütter ausgebildet werden. Die Zahl der Schulabbrecher sollte bis 2015 von acht auf vier Prozent halbiert, die Zahl der Jugendlichen ohne Berufsausbildung von 17 auf 8,5 % reduziert werden.
Insgesamt sollte das Bildungssystem durchlässiger gestaltet werden und länderübergreifend bis 2011 gemeinsame Standards für die Abiturprüfungen in Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen, bis 2013 auch für die naturwissenschaftlichen Fächer ausgearbeitet werden.
Im Hochschulbereich sollte die Studienanfängerquote bundesweit auf im Schnitt 40 Prozent eines Jahrgangs gesteigert, die Anerkennung von Abschlüssen an ausländischen Universitäten erleichtert und ein Anreizsystem geschaffen werden, mehr Studenten für die Fächer Mathematik, Informatik, Natur- und Technikwissenschaften zu interessieren.
Im Bereich der Weiterbildung sollte die Beteiligung der Erwerbstätigen an der Weiterbildung auf 50 % gesteigert werden (Stand 2006: 43 %)
Zur Erarbeitung von Finanzierungsvorschlägen wurde eine Arbeitsgruppe bestimmt, die bis zur Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten Ende Oktober 2009 erarbeiten sollte. Insbesondere sollten die Länder die Einsparungen aufgrund sinkender Schülerzahlen freiwillig zur Verbesserung der Bildung verwenden.
Bilanz
Im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes überprüfte der Essener Erziehungswissenschaftler und Bildungsforscher Klaus Klemm ab 2010 über mehrere Jahre die Zielumsetzung des Dresdner Bildungsgipfels.[7] In seiner „Bildungsgipfel-Bilanz 2014“ kommt er zu einem gemischten Fazit:[8] Die Halbierung der Quote junger Menschen ohne Schul- bzw. Berufsabschluss sei nicht absehbar; beim Krippenausbau sei die anvisierte Zielmarke ebenfalls nicht erreicht worden. Bei der höheren Weiterbildungsquote sowie Anhebung der Quote der Studienanfänger/innen seien dagegen die Ziele knapp erreicht bzw. sogar übertroffen worden. Hierbei falle allerdings ein hohes Maß an sozialer Chancenungleichheit auf. Das anvisierte Zehn-Prozent-Ziel der Bildungsfinanzierung wurde nicht erreicht: Im Jahr 2012 lag die Quote bei 9 % des Bruttoinlandsproduktes[8], im Zieljahr 2015 bei 9,1 %.[5]
Aufgrund einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung durch die Abgeordneten Özcan Mutlu, Kai Gehring, Beate Walter-Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, nahm die Bundesregierung mit Schreiben vom 12. März 2015 zur Umsetzung der Ziele des Dresdner Bildungsgipfels Stellung.[9]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Treffen in Dresden: Für die Kanzlerin ist Bildung „Chefsache. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Oktober 2008, abgerufen am 1. März 2022.
- Susanne Klein: Zehn Jahre nach den Dresdner Beschlüssen: Ein Gipfel, so fern. Süddeutsche Zeitung, 1. August 2018, abgerufen am 1. März 2022.
- "Bildungsrepublik" nicht in Sicht. Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, 20. Oktober 2011, abgerufen am 1. März 2022.
- Die Bundesregierung / Die Regierungschefs der Länder: „Aufstieg durch Bildung - Die Qualifizierungsinitiative für Deutschland“. (PDF) In: Bundestag.de. Deutscher Bundestag, 22. Oktober 2022, abgerufen am 1. März 2022.
- Silke Fokken: Deutschland: Das leere Versprechen vom Aufstieg durch Bildung. In: Der Spiegel. 22. Oktober 2018 (spiegel.de [abgerufen am 1. März 2022]).
- n-tv NACHRICHTEN: Bildungsgipfel in Dresden 2008: Beschlüsse im Überblick. 22. Oktober 2008, abgerufen am 1. März 2022.
- Anja Kühne, Tilmann Warnecke: DGB-Bilanz nach dem Bildungsgipfel: Die Bildungsrepublik verfehlt ihre Ziele. Der Tagesspiegel, 7. Januar 2015, abgerufen am 1. März 2022.
- Klaus Klemm: Bildungsgipfel-Bilanz 2014: Die Umsetzung der Ziele des Dresdner Bildungsgipfels vom 22. Oktober 2008. (PDF) DGB Bundesvorstand, Abteilung Bildungspolitik und Bildungsarbeit, Dezember 2014, abgerufen am 1. März 2022.
- Antwort der Bundesregierung: Sechs Jahre nach dem Dresdner Bildungsgipfel – Stand und Perspektive der Zielsetzungen durch die Bundesregierung. (PDF) Deutscher Bundestag, 18. Wahlperiode, Drucksache 18/4369, 17. März 2015, abgerufen am 1. März 2022.