Dorfkirche Karow
Die Dorfkirche Karow ist eine denkmalgeschützte spätromanische Feldsteinkirche im Berliner Bezirk Pankow.
Datierung
Die Dorfkirche Karow zeigt spätromanische Formen. Als Ende der Spätromanik bei märkischen Dorfkirchen gilt die Mitte des 13. Jahrhunderts, also um 1250. Da Kurt Pomplun im Jahr 1962 die Dorfkirche Karow als etwas jünger als die Dorfkirche Lankwitz bezeichnete (die er aber ebenfalls nur pauschal „spätromanisch“ nannte, ohne genauere Datierung), ist es naheliegend, dass Cante (siehe Literatur) sie auf „um 1240“ datiert. Pomplun konnte nur nach der Methode des kunsthistorischen Stilvergleichs datieren, weil die Methode der naturwissenschaftlichen Dendrochronologie zu seiner Zeit nur in wenigen Einzelfällen angewendet wurde. Trotz großer Fortschritte in der Dendrodatierung liegt bisher von den spätromanischen Dorfkirchen Berlins nur ein Dendrodatum für die Dorfkirche Marienfelde vor, abhängig vom Auffinden datierbarer Hölzer. Inzwischen liegt aber für die klassisch spätromanische Dorfkirche von Lindenberg (Barnim) ein sensationell wirkendes Dendrodatum von erst 1270 vor. Ebenso gibt es auch die Erkenntnis, dass alle Dorfkirchen hölzerne Vorgängerbauten hatten, denen die Feldsteinkirchen frühestens in einem Generationsabstand von 20 bis 30 Jahren folgten, weil zunächst Geld aus Ernteerträgen angesammelt werden musste, um diese teueren Bauten errichten zu können. Bei einem Dorfgründungsdatum von um 1230 könnte also der Steinbau erst um 1260 gefolgt sein, äußerstenfalls um 1250. Ein solcher Datierungszwang für spätromanische Dorfkirchen ist jedoch angesichts der Dorfkirche Lindenberg nicht erforderlich. Karow hat auf jeden Fall die älteste Dorfkirche auf dem Berliner Teil des Barnims.
Baugeschichte
Die Dorfkirche Karow wurde als dreiteilige Apsiskirche aus weitgehend sorgfältig behauenem Feldsteinmauerwerk errichtet: Ein Langhaus von rund 13 Metern Länge und 10 Metern Breite, ein eingezogener Chor mit einer Länge von rund 7 m bei rund 7 m Breite und der Apsis mit einer Länge von rund 3 m und einer Breite von rund 6,5 m. Im oberen Bereich und bei der Sakristei kommen ungleichmäßigere Steine zum Einsatz. Die Kirche hatte je Seitenwand drei spätromanische Rundbogenfenster und ein spitzbogiges Westportal. Dieses ursprüngliche Westportal ist durch den späteren Anbau eines Turms verdeckt. Auf der Nordseite zeigen sich unter dem mittleren Fenster Spuren eines zugesetzten Portals.
Im Jahr 1429 wurde die Kirche durch Einwölbung und Ausmalung weiter ausgebaut. 1622 und 1792–1795 wurden Restaurierungen durchgeführt, wobei die Kirche ein neues Dachwerk und breitere Flachbogenfenster anstelle der schmaleren und höher sitzenden Rundbogenfenster erhielt. 1830 wurde das Gewölbe durch flache Tonnen ersetzt. Der steinerne Turm aus gelbem Backstein, mit quadratischem Grundriss und einem achteckigen Pyramidendach abgeschlossen, wurde erst in den Jahren 1845–1847 von Friedrich August Stüler in romanisierenden Formen angebaut. Der Turm ist nicht direkt der Westseite des Langhauses vorgesetzt, sondern mit ihm durch einen kurzen Zwischenbau verbunden. Im Kirchturm befinden sich drei Stahlguss-Glocken, die am 24. Mai 1925 neu geweiht wurden, weil 1917 das ursprüngliche Geläut, drei Bronzeglocken, für Kriegszwecke geopfert worden war.[1] Andere Quellen sprechen von zwei Bronzeglocken, die von Nickel Dietrich 1552 in Lothringen gegossen wurden. Sie sollen einen Durchmesser von 1,07 m bzw. 0,85 m aufgewiesen haben.[2] Bei der Renovierung 1958–1959 wurden die oberen Teile der Rundbogenfenster sowie ein Teil der Apsis unschön verputzt. Auch die renovierten Schichtfugen zeigen zu viel verputzten Mörtel.
Ausstattungsgegenstände aus dem Mittelalter sind nicht mehr vorhanden. 1541 müssen sich in der Kirche ein Kelch, ein Pazifikale und eine Monstranz befunden haben. Die Innenausstattung mit hölzerner Kanzel aus dem Jahr 1622, ein 107 cm hohes Taufbecken und Chorgestühl wurde Anfang des 17. Jahrhunderts im Stil der Spätrenaissance vorgenommen. Als Schmuck finden sich Muschelnischen, ein Predellen-Relief mit der Darstellung des christlichen Abendmahls auf dem Altaraufsatz, die Karower Bilderbibel. Die Orgelempore wird durch gusseiserne Stützen gehalten und ist mit dreiunddreißig Gemälden (Öl auf Leinwand zu Szenen des Alten und des Neuen Testaments) zum Kirchenraum hin ausgestattet. Diese Gemälde wurden aus einer anderen Kirche hierher verbracht, als Herkunft wird die 1731 abgetragene Dorfkirche Buch angenommen.[3] Die Orgel baute Friedrich Hermann Lütkemüller im Jahr 1890 für die Dorfkirche Danewitz; 1981 wurde sie von dort angekauft und im Folgejahr in der Karower Kirche aufgebaut.[4] 2001 renovierte die Kirchengemeinde das Kirchenschiff und deckte das Dach neu ein.
Sonstiges
Die Eichentür der spätmittelalterlichen Sakristei zeigt Spuren tiefer Axthiebe auf, die man mit dem Einbruch schwedischer Söldner während des Dreißigjährigen Kriegs erklärt.
Der Friedhof in Karow, der zur gleichen Zeit wie die Kirche entstand, ist mit einer Feldsteinmauer umgeben und dient bis heute als Begräbnisstätte.
Literatur
- Kurt Pomplun: Berlins alte Dorfkirchen, Berlin 1973, 4. Aufl. 1966.
- Markus Cante: Kirchen bis 1618, in: Berlin und seine Bauten, Teil VI: Sakralbauten. Hrsg.: Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin, Berlin 1997, S. 334.
- Christel Wollmann-Fiedler (Bilder), Jan Feustel: Alte Dorfkirchen in Berlin. Quintessenz Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-8148-0089-3.
- Matthias Friske: Die mittelalterlichen Kirchen auf dem Barnim. Berlin 2001 (Dissertation), ISBN 3-931836-67-3.
Weblinks
- Die Geschichte der Karower Kirche. Ein Faltblatt zur Kirchengeschichte ist in der Kirche erhältlich
- Informationen zur Orgel auf orgel-verzeichnis.de, abgerufen am 27. Dezember 2021
- Einträge in der Berliner Landesdenkmalliste: Kirche, Kirchhof
- Informationen zur Orgel
- Informationen zur Orgel
- Routen der Romanik in Berlin und Brandenburg: Dorfkirche Karow
Einzelnachweise
- 24. Mai (Jahr 1925) in: Tagesfakten des Luisenstädtischen Bildungsvereins
- Matthias Friske: Die mittelalterlichen Kirchen auf dem Barnim. Berlin 2001 (Dissertation), ISBN 3-931836-67-3.
- Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR, Berlin. Institut für Denkmalpflege im Henschelverlag, Berlin 1987, Bd. II, S. 99/100
- Institut für Orgelforschung Brandenburg: Danewitz (ev. Kirche)