Die heiligen Narren
Die heiligen Narren (Originaltitel: Los santos inocentes) ist ein Roman des spanischen Schriftstellers Miguel Delibes, der 1981 veröffentlicht wurde und 1987 erstmals in deutscher Übersetzung vorlag.
Handlung
Miguel Delibes beschreibt die Geschichte des schwachsinnigen Knechts Azarias, der während des franquistischen Regimes in Spanien auf einem Feudalgut in der Extremadura, einer der ärmsten und rückständigsten Gegenden des Landes, ein karges Leben fristet. Sehr direkt entwirft der Autor dabei ein Porträt des aufopferungsreichen Lebens der abhängigen Landarbeiter in einer dunklen und archaischen Welt, in der den einzelnen Unterjochten nur die gegenseitige Solidarität das Überleben sichert. Nachdem der Gutsherr die Not seiner Landarbeiter und des Hauspersonals lange Zeit ignoriert hat, kommt es zu einer gewaltsamen Gegenreaktion seitens Azarías, die man als beinahe zwangsläufiges Ergebnis der zynischen Machtstrukturen ansehen könnte.
Stil
Das auffälligste Stilmittel des in sechs Kapitel gegliederten Romans besteht darin, dass jedes Kapitel aus einem einzigen Satz besteht, die Romanhandlung also in nur sechs Sätzen erzählt wird.
Interpretation
Nachrufe zum Tode des Autors hoben stets Die heiligen Narren aus dem umfangreichen Gesamtwerk Delibes hervor und beschrieben das Buch „als eine deutliche Abrechnung mit den südspanischen Großgrundbesitzern und deren Misshandlung der Landarbeiter“.[1]
Ausgaben
- Miguel Delibes: Die heiligen Narren. Aus dem Spanischen von Curt Meyer-Clason. Piper Verlag, München 1987, ISBN 3-492-03043-2.
- Miguel Delibes: Die heiligen Narren. Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1989, ISBN 3-351-01425-2 (Lizenzausgabe für die DDR).
Rezeption
Das literarische Motiv der „heiligen Narren“ wurde in der spanischen Literatur oft genutzt, um einen Diskurs über den „Umgang mit Obrigkeit und Macht, Rebellion und Schuld“ zu eröffnen.[2]
Die Art und Weise, wie Los Santos Inocentes von Curt Meyer-Clason ins Deutsche übersetzt wurde, war Untersuchungsgegenstand einer sprachwissenschaftlichen Diplomarbeit.[3] Der österreichische Übersetzer Erich Hackl beurteilte Meyer-Clasons Übersetzung, die „den nüchternen Berichtston des Autors raffiniert um eine Nuance barocker Weitschweifigkeit bereichert“, im Ergebnis positiv.
Das Buch wurde 1984 von Mario Camus verfilmt;[4] Bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes erhielten die Schauspieler Francisco Rabal und Alfredo Landa im selben Jahr für ihre Leistung den Darstellerpreis.
Im Erscheinungsjahr der deutschen Übersetzung veröffentlichte Die Zeit im Rahmen eines Reiheninterviews mit mehreren Literaturverlagen die von Piper genannte Verkaufszahl des Bandes von gerade einmal 2.000 Stück.[5] Laut einer Stellungnahme des Verlegers Ernst Reinhard Pipers war es „nicht ganz einfach, einen Autor, der über zwanzig Jahre lang auf dem deutschsprachigen Buchmarkt nicht präsent war, wieder ins Gespräch zu bringen“.
Rezensionen
- Hans-Jörg Neuschäfer: Abschied vom Ewigen Spanien: Die „Heiligen Narren“ von Miguel Delibes in deutscher Übersetzung. In: Neue Zürcher Zeitung, 20./21. Juni 1987, S. 69–70.[6]
- Erich Hackl: Schlinge um den Hals. In: Die Zeit (34/1987), 14. August 1987.
Einzelnachweise
- Walter Haubrich. Zum Tod von Miguel Delibes. Stolz und Würde Kastiliens. In: faz.net, 12. März 2010.
- Nadine Stern: Das Motiv des „heiligen Narren“ am Beispiel der Figur des Azarías in dem Roman „Los Santos Inocentes“ von Miguel Delibes. Grin-Verlag, 2008, ISBN 978-3-638-88662-8, S. 6.
- Claudia Maria Treiber: Umgangssprache in der literarischen Übersetzung. Betrachtungen zu diesem Thema anhand des Werkes „Los Santos Inocentes“ von Miguel Delibes in Curt Meyer-Clasons Übersetzung „Die heiligen Narren“ (Diplomarbeit). Universität Graz, 1994; nachgewiesen bei Stefan Kutzenberger: Europa in Grande Sertão: Veredas - Grande Sertão: Veredas in Europa (= Internationale Forschungen zur allgemeinen und vergleichenden Literaturwissenschaft, Band 85). Rodopi, Amsterdam/New York 2005, ISBN 90-420-1605-1, S. 58, Anm. 182.
- Spanischer Schriftsteller Miguel Delibes gestorben. (Memento vom 13. September 2012 im Webarchiv archive.today) auf: tagesanzeiger.ch, 12. März 2010.
- Ulrich Greiner: Ein durch und durch unseriöses Gewerbe. In: Die Zeit (25/1987), 17. Juli 1987.
- Nachweis im Publikationsverzeichnis des Rezensenten, Abruf im Juli 2018.