Codex Iuris Bavarici Criminalis
Der Codex Iuris Bavarici Criminalis (abgekürzt häufig CIBI) war ein 1751 veröffentlichtes Strafgesetzbuch des Kurfürstentums Bayern. Es bildete den Auftakt zu einer umfassenden Rechtsreform,[1] abgeschlossen wurde sie durch moderne zivil- und zivilprozessrechtliche Kodifikationen.
Im Gegensatz zu den zivilen Rechtsordnungen, dem 1753 in Kraft getretenen Codex Iuris Bavarici Iudiciarii und dem Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756, verrät der zeitlich vorgreifende Kriminalcodex noch keinerlei Züge des aufgeklärten absolutistischen Zeitgeistes.[2][1] Der Kodex vergewisserte sich noch der tradierten altertümlichen und abstoßenden Straftatbestände und Straffolgen. Enthalten waren noch immer Zaubereidelikte wie Gotteslästerung, Ketzerei und Hexerei.[3] Zur Wahrheitsfindung diente ungebrochen die Folter, die als „landsgebräuchliche Tortur“ bezeichnet wurde. Statthaft waren dabei der Daumenstock oder das Aufziehen und das Traktieren mit Spitzruten. Bei der Spitzrutenfolter beschränkte sich die Kodifikation gegenüber den mittelalterlichen Regelungen darauf, den Delinquenten bäuchlings zu legen, so dass sich die Hiebe auf den Rücken beschränkten.[4] Das antiquierte Bild wurde noch abgerundet, indem als verschärfte Strafarten mit Todesfolge das Pfählen, Vierteilen oder Verbrennen beibehalten wurden. Bisweilen sollten diese drastischen Strafen zur Vermeydung ohnnöthiger Kösten, hinführo unterlassen werden.[5]
Hintergrund
Den Anstoß zu dem von Wiguläus von Kreittmayr im Kurfürstlichen Rat Kurbayerns rechtlich umgesetzten und von Max III. Joseph begleiteten Reformvorhaben hatte die im Jahr 1746 erlassene Kabinettsorder Friedrichs II. von Preußen (Friedrich der Große) gegeben, dessen Motiv die Vereinheitlichung der territorialen Rechte und die Entscheidungsfähigkeit über gemeinrechtliche Streitfragen war. Der unter dem Einfluss Voltaires und Montesquieus stehende Friedrich II. forderte verständliche Gesetze, die auf natürlich vernünftigen Erwägungen eines Rechtssystems basieren sollten. Das bayerische Kurfürstentum griff diese Einflüsse dankbar auf, zumal die Rechtsgelehrten Christian Thomasius und Christian Wolff erhebliche Vorarbeit zu einem vernunftrechtlichen geprägten Naturrecht geleistet hatten.
Strafrechtliche Weiterentwicklung
Erst das von Anselm von Feuerbach in Bayern eingeführte Strafgesetzbuch von 1813 änderte das Strafrecht umfassend.[6] Bereits in der Einleitung zu diesem neuen Gesetz war nachzulesen, dass sich der Codex seiner „unverhältnismäßigen Strenge wegen“ selbst überlebt habe. Die Folter wurde abgeschafft und das Gesetzlichkeitsprinzip eingeführt.[7][8] Dieses Werk stand dann bereits in der kantkritischen Tradition des Naturrechts[3] und machte auch in diversen Staaten außerhalb Bayerns Schule.[5] Abgelöst wurde diese sehr fortschrittliche Kodifikation letztlich durch das Preußische Strafgesetzbuch von 1851, auf dessen Grundlage dann das deutsche Strafgesetzbuch zum Tragen kam.
Anmerkungen
- Otto Stobbe: Geschichte der deutschen Rechtsquellen. Verlag C.A. Schwetschke & Sohn Braunschweig, Bd. I 1860, Bd. II 1864. S. 443. (Online)
- Eberhard Schmidt: Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege. Göttingen 1965. S. 223 ff.; 248 f.
- Franz Wieacker: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung. Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 2. Auflage 1967, S. 322–347 (326 f.).
- Die Amberger Fronfeste erzählt: Die peinliche Befragung.
- Herbert Grziwotz: 200 Jahre Bayerisches Strafgesetzbuch. In Legal Tribune online.
- Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern
- Über Feuerbach und sein Strafgesetzbuch: Gustav Radbruch: Paul Johann Anselm Feuerbach: Ein Juristenleben. 1957, S. 76 ff.
- Erik Wolf: Große Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte. Tübingen 1963. S. 543 ff.