Carothers-Gleichung
Die Carothers-Gleichung beschreibt den Zusammenhang von Polymerisationsgrad und dem Umsatzgrad bei einer Stufenwachstumsreaktion. Sie ist nach Wallace Hume Carothers benannt.[1] Es gibt mehrere Varianten, für lineare A–B-Systeme, lineare A–A/B–B-Systeme und nichtlineare Stufenwachstumsreaktionen. Bei linearen A–B-Systemen liegt ein Monomer vor, bei denen das Monomer zwei funktionellen Gruppen trägt, wie z. B. bei HO–R–COOH. Bei linearen A–A/B–B-Systemen liegen 2 Monomere vor, die jeweils eine der funktionellen Gruppen an beiden Ende tragen, wie z. B. bei HOOC–Ph–COOH und HO–(CH2)2–OH, die zu Polyethylenterephthalat reagieren können. Bei nichtlinearen Systemen liegen z. B. neben A–B-Monomeren auch trifunktionelle Monomere vor, was zur Vernetzung des Produkts führt.
Lineare Stufenwachstumsreaktionen
A-B-Systeme
Wenn die Zahl der ursprünglich vorhandenen Monomere und die Zahl der zum Zeitpunkt noch vorhandenen Moleküle ist ( umfasst alle Polymerisationsgrade: Monomere, Oligomere und Polymere), erhält man für den Umsatz
(1)
p kann gleichzeitig auch als die Wahrscheinlichkeit, dass eine der Gruppen reagiert hat, betrachtet werden. Bei einem Umsatz von liegt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Gruppe reagiert hat bei 50 %.
Den Polymerisationsgrad – die durchschnittliche Länge der Ketten – kann man als den Bruch aus der Zahl der anfänglich vorhandenen Monomere durch die zur Zeit t noch vorhandenen Moleküle ausdrücken:
(2)
Durch Umformen von Gl. 1
und einsetzen in Gl. 2 erhält man die Carothers-Gleichung für A-B-Systeme
A-A/B-B-Systeme
Für A-A/B-B-Systeme muss man zusätzlich beachten, dass das System nicht stöchiometrisch zusammengesetzt sein kann, d. h. abweichende Monomerenverhältnis auftreten können. Darum definiert man einen Parameter :
Der Parameter wird immer so definiert, dass ist, also mehr B-B im System vorliegt als A-A.
Damit erhält man als
Zum Zeitpunkt sind beim Umsatz bereits Moleküle der Sorte A-A umgesetzt. Für , der Summe aus umgesetztem A-A und B-B gilt demnach .
Die Menge an nicht umgesetzten Monomeren ist demnach
Auf dem Weg wie oben erhält man durch Einsetzen folgenden Ausdruck für
was der Carothers-Gleichung für A-A/B-B-Systeme entspricht
Nichtlineare Stufenwachstumsreaktionen
A-B-Systeme
Setzt man den Monomeren trifunktionelle Monomere zu, kommt es zu einer Netzwerkbildung.
Um den Polymerisationsgrad berechnen zu können, definiert man eine durchschnittliche Funktionalität der Monomere
Dabei ist die Zahl der funktionellen Gruppen am Molekül i und die Zahl der Monomermoleküle.
Bei Monomermoleküle sind insgesamt funktionelle Gruppen vorhanden.
Nach einer Zeit t haben Gruppen reagiert, da für eine Bindung 2 Endgruppen reagieren müssen. Dadurch haben sich Moleküle gebildet. Die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion liegt also bei
(3)
Umformen von Gl. 3 ergibt
und nach Einsetzen in Gl. 2 erhält man eine Carothers-Gleichung für nichtlineare Systeme
Gleichung 3 lässt sich des Weiteren Umformen zu
(4)
Wenn der Polymerisationsgrad gegen unendlich geht, tritt Gelierung auf und in Gl. 4 geht der Ausdruck
Damit gilt für den Umsatz , wo das Gemisch anfängt zu gelieren:
Aus dieser Beziehung kann man erkennen, das schon bei deutlich geringeren Umsätzen als in den anderen Fällen ein hoher Polymerisationsgrad erreicht werden kann.
Diese Gleichung gilt nur für den Fall, dass das Gemisch stöchiometrisch (gleiche Anzahl von A wie B-Gruppen) zusammengesetzt ist.
Graphische Darstellung von Umsatz und Polymerisationsgrad
Die Bedeutung der Carothers-Gleichung kann man erkennen, wenn man den Polymerisationsgrad gegen den Umsatz p aufträgt:
Erst bei sehr hohen Umsätzen erreicht der Polymerisationsgrad nennenswert große Werte. So beträgt er bei p=0.5 gerade einmal 2, einen Wert von 10.000 erreicht man erst bei einem Umsatzgrad von p=0.9999.
Genauso hat r einen wesentlichen Einfluss auf den Polymerisationsgrad:
Schon kleine Abweichungen von r vom Idealwert 1 bedeuten einen deutlich niedrigeren Polymerisationsgrad.
Bei Zugabe von Vernetzern steigt hingegen schon bei niedrigerem Umsatz stark an:
Einzelnachweise
- Polymers: Chemistry and Physics of Modern Material, von John McKenzie, Grant Cowie. books.google.de. Abgerufen am 23. Mai 2009.
Weblinks
- Makromoleküle bei TU Chemnitz, Seite 25 (PDF-Datei; 505 kB)