Café Slavia
Das Café Slavia (Adresse: Smetanovo nábřeží 1012/2) ist ein bekanntes Prager Künstlercafé im Stil der 1930er-Jahre am Ufer der Moldau. Der bekannteste Einrichtungsgegenstand ist das von 1901 stammende Jugendstilgemälde Der Absinthtrinker von Viktor Oliva.
Geschichte
Das Café wurde von dem Restaurateur Václav Zoufalý[1] als Theatercafé in einem dem Grafen Leopold Lažanský z Bukové[2] gehörigen, 1861–1863 erbauten Zinspalais Palais Lažanský (Palác Lažanských) eingerichtet und öffnete im November 1881[3] seine Pforten. Der 1868 begonnene Bau des benachbarten tschechischen Nationaltheaters hatte das rundum liegende Gastgewerbe stimuliert. Zu den Stammgästen zählten Bedřich Smetana (der auch zeitweilig an dieser Adresse wohnte), der Schauspieler Jindřich Mošna und der Regisseur Jaroslav Kvapil.
In der Zwischenkriegszeit wurde das Lokal im Sinne des französischen Art-déco-Stils umgestaltet. Das Lokal wurde Treffpunkt von Autoren wie Karel Čapek, Jaroslav Seifert oder später, zur Zeit des Kommunismus Václav Havel. Die avantgardistische tschechische Künstlervereinigung „Devětsil“ (deutsch: „Pestwurz“) traf sich hier.
Das Lokal war von Anfang an eher national tschechisch konnotiert. Aber auch Egon Erwin Kisch und die letzte deutschsprachige Erzählerin Prags Lenka Reinerová verkehrten hier, gelegentlich versammelte sich hier auch die sog. „Freitagsrunde“.
Rainer Maria Rilke verewigte das Slavia literarisch als Café National in seinen Novellen König Bohusch und Die Geschwister. Auch im Buch Der Halleysche Komet von Jaroslav Seifert spielt es eine Rolle. In seinem Gedicht Cafe Slavia (1967) schreibt Seifert über den Besuch Guillaume Apollinaires dort:
„Dem Dichter zu Ehren wurde Absinth getrunken,
der grüner als alles Grüne ist,
und wenn wir von unserem Tisch aus dem Fenster blickten,
floss die Seine unter dem Kai.
Ach ja, die Seine!“
Ota Filip schrieb 1985 den Roman Cafe Slavia.[4] Reiner Kunze benannte einen Unterabschnitt seines Buches Die wunderbaren Jahre nach dem Café.[5]
Das Slavia wurde 1948 verstaatlicht und 1992 – nach dem Ende des Ost-West-Konflikts – an eine russo-amerikanische Unternehmerin verpachtet. Es ist im Jahr 1997 wiedereröffnet worden und heute sowohl beim Prager Publikum wie auch bei Touristen beliebt.
Weblinks
Einzelnachweise
- Hartmut Binder: Gestern abend im Café. Vitalis, Prag 2021, ISBN 978-3-89919-460-9, S. 438.
- Leopold Lažanský von Bukowa
- Hartmut Binder: Gestern abend im Café. Vitalis, Prag 2021, ISBN 978-3-89919-460-9, S. 438.
- Neuausgabe: Cafe Slavia. Herbig, München 2001, ISBN 3-7766-2255-5.
- Reiner Kunze: Die wunderbaren Jahre. Fischer, Frankfurt am Main 1976, ISBN 3-10-042003-9.