Buy-out (Medienindustrie)
Unter dem Buy-out (oder Buyout = „Ausverkauf“) von Rechten ist die Veräußerung aller Rechte an einem Werk gegen ein pauschales Honorar zu verstehen. Betroffen sind von solchen Verträgen alle Bereiche der Medienproduktion,[1] dazu gehören insbesondere Radio, Fernsehen und Film sowie die „Neue(n) Medien“[2] und Werbefilme.[3] Darüber hinaus wird auch in der Fotobranche zunehmend auf „Buy-out-Verträge“ zurückgegriffen. Vorteilhaft hieran ist für die Verwerter von Fotos, dass lange Absprachen über die urheberrechtliche Benutzung entbehrlich werden.[4] Dies ist insbesondere im Bereich der Werbung wichtig und deshalb Industriestandard bei z. B. Werbefilmen und Kampagnen, in denen Buyouts die genaue Nutzung definieren (z. B. Ort, Anzahl, Format und Zeitraum der Spotausstrahlung).[5] Buy-outs sind ein alltäglicher Begriff in der Werbeindustrie, welche im Jahre 2013 allein im Vereinigten Königreich (UK) ein Investitionsvolumen von £17.8 Milliarden umfasste.[6] Alternativ wird das „Buy-out“ auch als „Usage Fee“, „Royalties“ oder „Residual“ bezeichnet. Dies ist auf regionale Verständnisunterschiede zurückzuführen. Während „Buy-out“ ein global verbreiteter Ausdruck in der Medienindustrie ist, haben einige Länder ihre eigene Definition. Was in der professionellen Medienwelt als „Buyout“ verstanden wird, wird in Großbritannien „Royalty“ und in den USA als „Residual“ oder „Usage Fee“ bezeichnet. Das „Buy-out“ wird jedoch international als ein Überbegriff für die Entlohnung von Nutzungsrechten zu unterschiedlich exklusiven Bedingungen, je nach Vereinbarung, verstanden.[7] Während besonders in der Werbebranche zum Teil auch von „World-Wide-Buy-outs“ gesprochen wird, z. B. bei weltweiten Werbekampagnen, ist zu beachten, dass es diese nicht wirklich gibt, da sich die Konditionen bzw. Buy-out-Regelungen und -Standards und die denen zugrunde liegenden Wertetabellen von Land zu Land unterscheiden. Nach Angaben der Screen Actors Guild (SAG) und der American Federation of Television and Radio Artists[8] (AFTRA), zwei seit 2012 zusammengefasste US-amerikanische Gewerkschaften für Künstler, bemessen die USA, Kanada und Mexiko (die NAFTA (North American Free Trade Agreement) – Länder) den „Buyout-Betrag“ entsprechend der Art und Quantität der Nutzung. Diese, als „Residuals“ bezeichneten Vergütungen orientieren sich dementsprechend an den Media-Plänen, der Anzahl an Ausstrahlungen des Werbe-Spots sowie dem genauen Medium, z. B. ob es sich um nationales, regionales oder Kabelfernsehen handelt.
Gemäß der SAG-AFTRA entspricht das Honorar für den Rest der Welt dem 9-fachen des Grundhonorars (dem sog. „Session-Honorar“), um die entsprechenden Rechte zu erlangen. Dieses 9-fache Session-Honorar für „die Welt“ (ohne die USA, Kanada und Mexiko) teilen sich auf in den Faktor 3 für das Vereinigte Königreich, 2 für Europa ohne das Vereinigte Königreich, 2 für Asien, Australien und Neuseeland, 1 für Japan und 1 für den Rest (Afrika und Lateinamerika).[9] Dieser Verteilungsschlüssel ist vergleichbar mit der deutschen durchaus üblichen Regel, welche eine 1:3:5:7 Aufteilung vorschlägt. Zum Beispiel: 1 = Grundhonorar für Deutschland, Buyout für die deutschsprachige EU (Deutschland, Österreich und Schweiz) = 3-faches Grundhonorar, 5-faches Grundhonorar für Europa und 7-faches für die „ganze“ Welt.
Beschreibung
Bei einem „Buy out“ überträgt der Urheber durch einen Vertrag gleichsam alle Rechte, die er besitzt, im Gegenzug erhält er eine in der Regel angemessene Vergütung. Es wird dabei differenziert zwischen echten und unechten „Buy-out“-Verträgen. Der Unterschied liegt hierbei nur in der Vergütung. Bei echten Buy-out-Verträgen wird an den Urheber ein einmaliger Geldbetrag ausgezahlt, während bei unechten „Buy-out“-Verträgen erst ein geringer Erstbetrag ausgezahlt wird. Abseits der Grundvergütung fallen dann noch weitere Wiederholungshonorare an.[10] Es ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen von Buy-outs in der Medienindustrie nicht unbedingt alle Rechte des Urhebers übertragen werden. Die Rechtsübertragung kann z. B. auf eine bestimmte Nutzungsart und einen bestimmten Umfang – je nach Medium – begrenzt sein. So kann ein Buy-out lediglich die Lizenz für eine Plakatkampagne enthalten, welche nach Auflagengröße, zeitlicher Nutzung und Verbreitungsgebiet beschränkt sein kann; dieses Buyout würde jedoch nicht die Nutzung im Fernsehen umfassen. Es gibt jedoch auch das ‚Exklusive Buy-out‘, welches Exklusivverkäufe regelt und die Nutzung aller Rechte umfassen kann.[11]
Rechtlicher Hintergrund und Vergütungsregelung
Problematisch an dem „Buy-out“ von Rechten ist das Verhältnis zu § 31 Abs. 5 UrhG. Denn mit dem „Buy-out“ distanziert sich das Urheberrecht von der „Zweckübertragungslehre“,[12] die in § 31 Abs. 5 UrhG normiert ist. Nach dieser Lehre werden nur die Rechte des Urhebers an einen Dritten abgetreten, die für den Zweck des Vertrags erforderlich sind.[3] Der Gedanke des „work made for hire“ aus dem anglo-amerikanischen Recht ist somit grundsätzlich für das deutsche Urheberrecht befremdlich. Doch in der Praxis hat sich das „Buy-out“ bereits etabliert.[13] Unproblematisch erscheint das Ganze nicht, dennoch ist das „Buy-out“ in vielen Branchen nicht mehr wegzudenken. Vertragsrechtlich kann ein eventuelles Missverhältnis zwischen ausgetauschten Leistungen beanstandet werden, und urheberrechtlich erscheint es wegen § 31 Abs. 5 UrhG problematisch.[5] Diese rechtlichen Probleme wurden aber mit der Einführung von §§ 32, 32a UrhG entschärft,[5] denn nach diesen Bestimmungen hat der Urheber einen Nachvergütungsanspruch, sollte die Auswertung seines Werkes außergewöhnlich erfolgreich sein und seine ursprüngliche Vergütung sich im Nachhinein als unangemessen darstellen. Ein „Buy-out“ ist somit möglich, wenn eine angemessene Vergütung im Sinne des § 32 Abs. 2 S. 1 UrhG erfolgt.[14] Fraglich ist jedoch, was unter dem Begriff der Angemessenheit im Sinne des § 32 Abs. 2 S. 2 UrhG zu verstehen ist. Grundsätzlich orientiert sich die Angemessenheit an der redlichen Branchenübung. Diese bestimmt sich aus der objektiven ex ante Sicht.[15] Unter dem Begriff der Branchenübung ist „dasjenige, was von einem vernünftigen Urheber üblicherweise verlangt und worauf sich ein redlicher Nutzer einlässt, wenn er die erforderlichen Rechte ordnungsgemäß erwirbt“[16] zu verstehen. Darüber hinaus orientiert sich der Angemessenheitsmaßstab an Marktverhältnissen, Risikotragungen, anfallenden Fixkosten und Anlaufinvestitionen.[17] Die Angemessenheit muss für jeden Einzelfall ermittelt werden. Berücksichtigt werden müssen also auch die näheren Umstände bspw. Art, Dauer und der Umfang der Nutzung.[18] Zur preislichen Orientierung und Berechnung der Buyout-Lizenzgebühr dienen Listen, wie z. B. die Velma-Liste[19] oder die „Richtlinien zu Schauspielgagen und Buyouts bei Werbeproduktionen“[20] der Verbände SSFV, ACT, SBKV und SSRS, welche die abhängigen prozentualen Aufschläge je nach Nutzungsart sowie Region angeben. Ist keine angemessene Vergütung bezahlt worden, so greift § 32 Abs. 1 UrhG ein. Eine angemessene Vergütung ist in der (Werbe-)Filmbranche nichts Neues. Bereits vor der Einführung des § 32 UrhG mussten schon angemessene Vergütungen gezahlt werden.[21] Für die Zulässigkeit eines „Buy-out-Vertrages“ spricht außerdem der wirtschaftliche Aspekt. Urheber gehen beim „Buy-out“ kein wirtschaftliches Risiko ein. Sollte bspw. einmal eine Filmproduktion erfolglos sein, muss der Urheber nicht mit Einbußen rechnen.[22] Darüber hinaus steht dem Urheber gegen den Verwerter nach § 32a UrhG ein Anspruch auf Nachvergütung zu, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen Honorar und Verwertung besteht. Der Verwerter ist in einem solchen Fall verpflichtet, „in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen“.[23] Ein auffälliges Missverhältnis sei, nach einer Entscheidung des Kammergerichts Berlins, dann zu bejahen, „wenn die vereinbarte Vergütung um 100% von der angemessenen Beteiligung abweicht“.[24] Umfasst werden von § 32a UrhG nicht nur die Erträge, die der Verwerter aus der Verwertung des Werkes zieht, sondern auch deren Vorteile. Vorteile im Sinne des § 32a UrhG umfassen „auch Verwertungshandlungen (…), die nicht unmittelbar auf Umsatzgeschäfte mit der Nutzung selbst zielen“.[24] Bei der Nachvergütung wird nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt, sondern ex post ermittelt, was unter der Berücksichtigung des Einzelfalls „üblicher- und redlicherweise zu leisten ist“.[25] Zudem stellt der BGH in seiner Rechtsprechung klar, dass die Vertragsvereinbarungen, parteiliche Abreden darstellen und somit in der Regel nicht einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen.[26] Wenn ein Urheber beschließt, all seine Rechte und Ansprüche an seinem Werk einem Dritten entgeltlich zu überlassen, ist dies grundsätzlich nicht rechtswidrig. Allerdings bedeutet das nicht, dass den Parteien überhaupt keine Grenzen gesetzt sind. Im Bereich des „Buy-outs“ wird, wie bereits thematisiert, dem Urheber eine angemessene Vergütung nach §§ 32, 32a UrhG versichert.[27]
Einzelnachweise
- Zum Ganzen: Wandtke/Grunert - Wandtke/Bullinger, UrhR, Rn. 92.
- Zum Ganzen: Wandtke/Grunert - Wandtke/Bullinger, UrhR, Rn. 92.
- http://www.nageldinger-film.de/videoproduktion-werbespot-tv-spot/, Stand 10. April 2014
- Niemann in: „Das Recht des Bildes“ S. 98.
- http://www.indiskretionehrensache.de/2011/04/social-media-und-buyout-rechte/, Stand 10. April 2014
- Archivlink (Memento vom 8. August 2014 im Internet Archive), Stand 11. Juni 2014
- http://www.buyout.pro/differences-buyout-residual-usage-fee/, Stand 10. April 2014
- http://www.sagaftra.org/content/about-us, Stand 11. Juni 2014
- http://vimeo.com/channels/634248 ; Stand 30. September 2014
- Zum Ganzen: Hartlieb/Schwarz, Kapitel 93 Rn. 26.
- http://www.instyle-models.com/de/lexikon/buyout.html, Stand 10. April 2014
- Schulze-Dreier/Schulze, UrhG, zu § 31 Rn. 110 ff.
- Wandtke/Grunert - Wandtke/Bullinger, UrhR, Rn. 92.
- Becker, ZUM 2005, 303, 306.
- Castendyk - Löwenheim Handbuch des UrhR, Rn. 217.
- Schulze - Dreier/Schulze, zu § 32 UrhG Rn. 47.
- Hartlieb/Schwarz, Kapitel 53 Rn. 7.
- Castendyk - Löwenheim Handbuch des UrhR, Rn. 212.
- http://www.velma-models.de/images/buyout.pdf, Stand 10. April 2014
- Archivlink (Memento des Originals vom 9. August 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Stand unbekannt
- Zum Ganzen:. Hartlieb/Schwarz, Kapitel 53 Rn. 7.
- Reber, ZUM 2001, 282, 288 f. .
- BeckRS 2010, 02452 (Seite 9).
- BeckRS 2010, 02452 (Seite 10).
- BeckRS 2010, 02452 (Seite 12).
- BGH, ZUM 2012, 793, 797.
- BGH, ZUM 2012, 793, 799.