Bundesfinanzakademie
Die Bundesfinanzakademie (BFA) im Bundesministerium der Finanzen ist die zentrale steuerrechtliche Fortbildungseinrichtung des Bundes. Auf der Grundlage von Art. 108 Abs. 2 S. 2 Grundgesetz i. V. m. § 7 Abs. 1 Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz unterhält der Bund zur Durchführung der ergänzenden Studien und zur Fortbildung der Beamten des höheren Dienstes der Steuerverwaltungen der Länder eine Bundesfinanzakademie[1]. Sie wurde am 15. Januar 1951 unter der Bezeichnung Akademische Bundesfinanzschule vom ersten Bundesminister der Finanzen Fritz Schäffer im Nordflügel der Abtei Siegburg eröffnet. Am 20. Dezember 1993 wurde sie in einen Neubau nach Brühl verlegt. Die Aufgaben werden gleichwertig in Brühl und Berlin wahrgenommen[2]. Organisatorisch ist die Bundesfinanzakademie Teil der Abteilung Z des Bundesministeriums der Finanzen[3].
Auftrag der BFA: Aus- und Fortbildung der Führungskräfte der Steuerverwaltungen
Die Bundesfinanzakademie (BFA) ist eine einzigartige Einrichtung, die in besonderer Weise das Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bundesstaat widerspiegelt. Der Bund stellt mit der BFA die zentrale bundesweite Aus- und Fortbildungseinrichtung für die Führungskräfte der Steuerverwaltungen bereit.
Nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes hat der Bund für fast alle Steuern (bis auf die örtlichen Aufwand- und Verbrauchsteuern) die Gesetzgebungskompetenz. Der Ertrag der Steuern fließt nach den Vorgaben der Finanzverfassung (Artikel 106 GG) dem Bund, den Ländern und den Gemeinden zu. Die Verwaltungskompetenz ist nach Artikel 108 GG in Anlehnung an die Ertragskompetenz geregelt: Der Bund verwaltet seine Steuern (z. B. Energie- und Kraftfahrzeugsteuer), die Länder verwalten ihre Steuern (z. B. Erbschaft- und Schenkungsteuer, Grunderwerbsteuer) und im Auftrag des Bundes die Steuern, die Bund und Ländern gemeinschaftlich zustehen. Dies sind die wichtigsten Steuern, da sie die höchsten Einnahmen haben und deshalb maßgeblich die Haushalte von Bund und Ländern finanzieren: nämlich Umsatz-, Einkommen- und Körperschaftsteuer. Sie erbrachten mit 426,2 Mrd. € im Jahr 2012 insgesamt 71,0 % der gesamten Steuereinnahmen (s. a. Monatsbericht BMF vom 22. Juli 2013).
Damit die Steuern auf der Grundlage der Bundesgesetze einheitlich erhoben werden, müssen sich Bund und Länder nicht nur über die Anwendung der Steuergesetze ständig abstimmen; die Angehörigen der Steuerverwaltungen müssen auch in gleicher Weise aus- und fortgebildet werden sowie vernetzt, d. h. länderübergreifend, handeln können.
Dazu unterhält der Bund die BFA, die den verfassungsrechtlich begründeten Auftrag (Artikel 108 Absatz 2 Satz 2 GG) hat, die einheitliche Ausbildung und die Fortbildung der Beamten des höheren Dienstes der Steuerverwaltungen der Länder nach Maßgabe des Steuerbeamtenausbildungsgesetzes (StBAG) und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung (StBAPO) sowie der mit den Ländern abgestimmten Vorgaben durchzuführen; die Ausbildung der Angehörigen des gehobenen und mittleren Dienstes führen die Länder durch. Dementsprechend vermittelt die BFA steuerfachliche Kenntnisse sowie Führungskompetenzen und stellt ein Forum für ein Bund-Länder-übergreifendes Netzwerk der Steuerbeamten in Führungspositionen (circa 3 % aller Angehörigen der Steuerverwaltungen) bereit.
Im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Länder und den Bund ist die BFA als selbständige Einheit organisatorisch, personell und haushaltsmäßig in das BMF integriert. Sie wurde im Jahr 1951 gegründet, war viele Jahre in Siegburg beheimatet und zog im Jahr 1994 nach Brühl. Im Jahr 2011 hat sie den Lehrbetrieb auch in Berlin aufgenommen.
Im Rahmen der Ausbildung werden seit 1953 neu eingestellte Beamten in die Aufgaben des höheren Dienstes der Steuerverwaltung eingeführt; ihnen werden dabei steuerliche Fachkompetenz sowie die methodischen, sozialen, wirtschaftlichen und internationalen Fähigkeiten vermittelt, die für die Wahrnehmung einer Führungsposition in der Steuerverwaltung notwendig sind. Die Einführungszeit beträgt zwölf Monate. Sie besteht aus ergänzenden Studien an der BFA von je vier Wochen (A-, B-, C-Lehrgang) und einer praktischen Einweisung in den Finanzämtern und Mittelbehörden (Oberfinanzdirektionen, Landesämter) der Länder (§ 5 Absatz 2 StBAG; §§ 25 bis 30 StBAPO). Im Jahr danach nehmen sie an insgesamt einmonatigen fortführenden Studien (D-Module) teil (§ 5 Absatz 3 StBAG).
Am Fortbildungsprogramm können alle Beamten in Positionen, die dem höheren Dienst zugerechnet werden (insbesondere (Haupt-)Sachgebietsleiter, Finanzamtsvorsteher und entsprechende Führungskräfte der Mittelbehörden), teilnehmen. Auch bei der Entwicklung von bundeseinheitlichen Fortbildungsmaßnahmen zu Themen von grundsätzlicher Bedeutung wirken Bund und Länder zusammen (§ 7 Absatz 2 StBAG). Die BFA trägt damit maßgeblich dazu bei, das verfassungsrechtliche Gebot des einheitlichen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze in Bund und Ländern durchzusetzen, das sich aus Artikel 3 Absatz 1 GG und Artikel 20 Absatz 3 GG sowie den Anforderungen der Finanzverfassung in Artikel 105 ff. GG ableitet. Denn die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Der Leitspruch der BFA lautet: „Vivant Sequentes – Zum Wohle der Nachfolgenden“.[4]
Eckpunkte für die Neuausrichtung der BFA
Anlass der Neuausrichtung sind die Erwartungen der Länder und des Bundes an die zukünftige Ausbildung und Fortbildung der Steuerbeamten des höheren Dienstes vor dem Hintergrund der zunehmend von Ländern und Bund vernetzt wahrzunehmenden Aufgaben sowie der Gewinnung und Bindung von qualifizierten Mitarbeitern aufgrund der Folgen der demografischen Entwicklung.
Dementsprechend orientierte sich die Neuausrichtung an folgenden Eckpunkten: Die BFA soll ihre Aufgaben mittelfristig möglichst gleichberechtigt an den Standorten Brühl und Berlin wahrnehmen; Organisation und Verwaltung sollen auf effiziente Einheiten aufbauen. Außerdem sollen Zukunftsperspektiven für Aufgabenfelder entwickelt werden, die neben den Kernaufgaben nach § 7 StBAG wahrgenommen werden können. Kriterien für die Entscheidung über die von einer Projektgruppe mit Unterstützung durch aufgabenkritische Untersuchungen der Arbeitseinheit Führung und Steuerung im BMF sowie dem Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) erarbeiteten Vorschläge beziehungsweise Empfehlungen waren:
- Stärkung der Lehre
- Verwaltung dient der Lehre
- Funktion bestimmt die Zuständigkeiten
- Präsident leitet übergreifend Lehre und Verwaltung zur Erreichung gemeinsamer Ziele. Die Neuausrichtung wurde am 1. Oktober 2013 wirksam.
Stärkung von Lehre und Lehrenden
Durch die organisatorische Neuausrichtung – verbunden mit individuellen Maßnahmen – werden die Lehre beziehungsweise die Lehrenden nachhaltig gestärkt. Lehrende sind die hauptamtlich Lehrenden der BFA (Lehrbereichsleiter und ihre Dozenten) sowie die Gastdozenten. Auf dieser Grundlage kann die Qualität der Lehre kontinuierlich verbessert werden.
Ausrichtung der Organisation der BFA auf die Lehre
Prägend für die Akademie ist der adressatenbezogene Einsatz von Lehrenden. Bei der Ausbildung, insbesondere den ergänzenden Studien, vermitteln die hauptamtlich Lehrenden der BFA vor allem die Grundlagen des Steuerrechts. In der Fortbildung werden jährlich circa 700 erfahrene Praktiker insbesondere aus den Steuerverwaltungen, Finanzgerichten, der Wirtschaft und der Wissenschaft als Gastdozenten tätig. Deren Einsatz steuern die hauptamtlich Lehrenden der BFA, indem sie geeignete Gastdozenten gewinnen und binden sowie für die fachliche Abstimmung des Unterrichts auf die Ziele der BFA und die Erfordernisse der Führungskräfte aus den Steuerverwaltungen sorgen. Dadurch wird nachhaltig die Qualität der Fortbildung gesichert.
Diese Doppelaufgabe (eigene Lehrtätigkeit und Management der Gastdozenten) verlangt eine effektive Organisation. Die hauptamtlich Lehrenden sollen sich auf diese Aufgaben konzentrieren können. Deshalb wird die bewährte transparente Organisation in Lehrbereichen beibehalten, die die fachliche Schwerpunktbildung und damit auch eine effektive Vertretung jedes Fachgebiets durch mindestens zwei hauptamtlich Lehrende gewährleistet. In den ergänzenden Studien sollen grundsätzlich die hauptamtlich Lehrenden der BFA unterrichten.
Für diese Aufgaben sind organisatorisch vier Lehrbereiche notwendig und ausreichend; sie sind weitgehend von Verwaltungsaufgaben entlastet und grundsätzlich für ein steuerliches Fachgebiet zuständig – und zwar unabhängig davon, ob eine Veranstaltung in Brühl oder Berlin angeboten wird.
Der Leiter des Lehrbereichs I hat grundsätzlich die gleichen Aufgaben wie die übrigen Lehrbereichsleiter; zusätzlich steuert er als Koordinator Lehre die lehrbereichsübergreifenden Aufgaben einschließlich des Einsatzes der Lehrenden während des Jahres. Dazu sind ihm die mit den Aufgaben der Lehrbereiche untrennbar verbundenen unterstützenden Tätigkeiten (z. B. Lehrgangsplanung) der Lehrverwaltung zugeordnet worden. Als Koordinator ist er nicht Vorgesetzter der Lehrbereichsleiter und hat nicht die Funktion eines ständigen Vertreters des Präsidenten. Auf diese Weise wird eine der Größe der BFA angemessene Hierarchie mit nur noch zwei Stufen (Präsident und Leiter der Lehrbereiche sowie der Verwaltung) geschaffen. Zusätzliche Gremien zur internen Koordination werden entbehrlich und das Risiko von Kommunikationsdefiziten wird vermindert.
Die neue Organisation schafft klare Verantwortlichkeiten. Führungs- und Leitungsaufgaben haben der Präsident, die Leiter der Lehrbereiche und der Verwaltung. Die effiziente Organisation ermöglicht auch den weiteren Ausbau der Funktion der BFA als Forum für den länderübergreifenden Erfahrungs- und Informationsaustausch. Der Bedarf dafür ist im Hinblick auf die zunehmende Vernetzung der Tätigkeiten der Steuerverwaltungen insbesondere auch mit dem Ausland (z. B. multilaterale Betriebsprüfung) gestiegen.
Verbesserung der individuellen Kompetenz der Lehrenden
Die hauptamtlich Lehrenden an der BFA müssen ihre Eignung sowohl für die Lehre als auch für die ministerielle Tätigkeit im BMF nachgewiesen haben. Das erlaubt den gewünschten Austausch zwischen Lehre und einer Referententätigkeit im BMF (Steuerabteilung). Dementsprechend ist die Tätigkeit in der BFA grundsätzlich befristet angelegt und soll im Rahmen der Personalentwicklung Berücksichtigung finden. Damit die Lehre die erwartete hohe Qualität hält, wird eine Schwerpunktlehrverpflichtung für die hauptamtlich Lehrenden in den ergänzenden Studien eingeführt und das Evaluationsverfahren darauf ausgerichtet, notwendige Verbesserungen zügig zu erkennen und umzusetzen.
Zur kontinuierlichen Verbesserung der didaktischen Fähigkeiten nehmen die Lehrenden in regelmäßigen Abständen an einer berufspädagogischen Fortbildung teil. Zur Auffrischung ihrer Praxiserfahrungen werden sie für mehrere Monate in einem Finanzamt eingesetzt. Das hilft, die ergänzenden Studien bei der BFA besser mit der praktischen Einweisung beim Finanzamt, für die die Länder verantwortlich sind, zu verzahnen.
Unterstützung von Lehre und Lehrenden
Die Bildung einer eigenen Einheit für die allgemeine Verwaltung, die dem Präsidenten direkt unterstellt ist, entlastet die Lehrbereiche, die sich nunmehr voll auf die Lehre und das Management der Gastdozenten konzentrieren können. Aufgaben der allgemeinen Verwaltung sind insbesondere: Organisation, Haushalt, IT, Liegenschafts- und Raummanagement, Bürodienste, Öffentlichkeitsarbeit, Bibliothek, Finanzgeschichtliche Sammlung/Steuermuseum. Doppelstrukturen wurden abgebaut, soweit einzelne Aufgaben der allgemeinen Verwaltung (z. B. Reisekosten- und Honorarabrechnungen) zur effizienten Erfüllung an einer Stelle im Bereich des BMF einschließlich BADV gebündelt werden können.
Mittelfristig: Gleichberechtigte Aufgabenwahrnehmung in Brühl und Berlin
Die BFA bietet ihre Lehrgänge, Seminare und sonstigen Veranstaltungen entweder in Brühl oder in Berlin an. Mittelfristig soll die BFA ihre Aufgaben in der Aus- und Fortbildung möglichst gleichberechtigt an den beiden Standorten wahrnehmen; dabei sind bauliche, organisatorische und personalwirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen.
Ziel ist es, die unterschiedlichen Vorteile der beiden Standorte entsprechend den Lernzielen und dem Inhalt der Veranstaltungen bestmöglich für die Teilnehmer nutzbar zu machen. An welchem Standort welche Veranstaltung angeboten wird, ist grundsätzlich nach folgenden Kriterien zu entscheiden: Notwendigkeit des Einsatzes von Angehörigen der Steuerabteilung des BMF als Lehrende, Einblick in die Gesetzgebung durch die Möglichkeit zum Besuch von Bundestag und Bundesrat beziehungsweise zu Gesprächen mit Abgeordneten und Ländervertretern, Möglichkeiten der Verbindung zu Institutionen und Personen außerhalb der Steuerverwaltungen von Bund und Ländern (z. B. ausländische Steuerexperten), Einbeziehung von Vortragenden aus Wirtschaftsverbänden, Einbindung von (steuerpolitischen) Veranstaltungen (z. B. Berliner Steuergespräche; Kolloquien des Instituts Finanzen und Steuern) in den Ablauf von Seminaren, Gelegenheit zum Bilden und Halten von Netzwerken.
Danach ergibt sich grundsätzlich, dass die ergänzenden Studien mit den A-, B- und C-Lehrgängen in Brühl stattfinden – bis auf zwei Wochen des C-Lehrgangs, die wegen des Schwerpunkts beim Internationalen Steuerrecht in Berlin durchgeführt werden. Die sogenannten D-Module und die Fortbildungsveranstaltungen werden in Brühl oder Berlin angeboten. Veranstaltungen zu folgenden Themen sollen grundsätzlich am Standort Berlin durchgeführt werden: Internationales Steuerrecht, Europarecht, Forum für leitende Führungskräfte (z. B. Steuerabteilungsleiter, Präsidenten der Oberfinanzdirektionen beziehungsweise Landesämter, Finanzamtsvorsteher), aktuelle steuerpolitische Fragen, steuerfachliche Sonderveranstaltungen.
BFA online: AULA
Über das Tool AULA können die Fortbildungsangebote abgerufen werden. Für eine einzelne Veranstaltung lässt sich im Testmodus die Einladung und das Programm abrufen. Auf der Restplatzbörse kann man sehen, ob noch freie Kontingente zur Verfügung stehen. Die Dokumentation gibt Auskunft über Anreisehinweise zu den Standorten in Brühl, Berlin oder Königs Wusterhausen. Anmeldungen oder Nachmeldungen erfolgen in den meisten Behörden über den/die Fortbildungsbeauftragte/n.
Finanzgeschichtliche Sammlung
Zur Bundesfinanzakademie gehörte von 1961 bis 2015 die Finanzgeschichtliche Sammlung. Die Schausammlung umfasste 1200 Exponate zur Geschichte der Abgaben und Steuern aus der 5000-jährigen Geschichte der öffentlichen Finanzen, vor allem aus den Bereichen Steuer, Zoll und Staatliches Vermögen. Die vorhandenen Exponate des Steuermuseums befinden sich heute im Deutschen Zollmuseum in Hamburg und sind zum Teil dort ausgestellt.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- StBAG - Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz. Abgerufen am 11. Oktober 2019.
- publisher: Kontakt & Standorte - Bundesfinanzministerium - Ministerium. Abgerufen am 11. Oktober 2019.
- Organisationsplan des BMF (Stand: 27.08.2019) - Bundesfinanzministerium - Ministerium. Abgerufen am 11. Oktober 2019.
- Monatsbericht des BMF Februar 2021. Abgerufen am 3. Januar 2022.