Brauerei Bender
Die Brauerei Bender war eine 1849[1][2][3] gegründete Privatbrauerei in Kaiserslautern. Die Brauerei war regional bis 1963 aktiv und ununterbrochen in Familienbesitz. Das Unternehmen hatte bis zur Betriebsstilllegung einen Bierausstoß von 12.000 hl pro Jahr, 12 Mitarbeiter und drei eigene Brunnen.[4]
Geschichte
Gegründet wurde die Brauerei Bender 1849 von Franz Daniel Bender (1815–1881), der den Beruf des Brauers und Küfers bei Jean Gelbert (1806–1881), Bierbrauer und Bürgermeister in Kaiserslautern, erlernt hatte. Nach seinen Lehr- und Wanderjahren führte er zunächst den von seiner Ehefrau betriebenen Kohlenhandel[5] mit der Wirtschaft "Zum blauen Wagen" Ecke Mannheimer- / Gaustraße und Hausbrauerei als Nebenbetrieb weiter. Zusammen mit Friedrich Carl Raab (1777–1854), Heinrich Karcher (1808–1875) und weiteren Kohlenhändlern in Kaiserslautern gründete er 1848 die Einkaufsgemeinschaft Raab Karcher[6] für Saarkohle und noch im gleichen Jahr die Reederei Raab Karcher GmbH Duisburg-Ruhrort als Speditionsgeschäft für Ruhrkohle und Baumaterial. 1849 beginnt Franz Daniel Bender sein eigenes Bier zu brauen, das anfangs nur in seiner Hauswirtschaft zum Ausschank kam, aber sehr schnell einen beachtlichen Umfang annahm.
Nach seinem Tod übernahmen die beiden Söhne Franz Daniel jr. (1851–1936) und Albert (1862–1936) den Betrieb, den sie unter dem Namen F.D. Bender's Söhne Brauerei und Mälzerei oHG weiterführten. Brau- und Mälzereibetrieb sowie die Hauswirtschaft wurden auf das gegenüberliegende Gelände Gaustraße 22 verlegt, die Bierkeller an die Haspelstraße/Ecke Vogelgesang. Mit dem Einbau einer Dampfmaschine der Barbarossawerke Gebr. Pfeiffer (gegr. 1864) konnten die Förderwerke in Sudhaus und Mälzerei betrieben werden. Die Anschaffung einer der ersten von Carl von Linde (1842–1934) gebauten Eismaschinen machte die Kühlung der Bierkeller von der winterlichen Natureisernte auf den zahlreichen Woogen in der Umgebung der Stadt und den Eisweiheranlagen an der oberen Lauter zwischen der Entersweiler- und der Salingsmühle, dem späteren Gelände der "Ausstellung" (1925) und heutigen Volkspark (1959), unabhängig: ein kontinuierlicher Braubetrieb mit geregelter Gärführung und Bierlagerung war fortan gewährleistet. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg konnte ein Ausstoß von 10.000 hl pro Jahr erreicht werden. Ab 1924 erfuhr die Brauerei wesentliche technische Neuerungen: Gär- und Lagerkeller wurden durch Umbau modernisiert, die Holz-Lagerfässer in den Felsenkellern durch Alu- und Emaillestahltanks ersetzt, eine zweite Eismaschine angeschafft und die Pichereianage und Fassreinigung von der Gaustraße zum Bierkeller verlegt.[7]
1925 wurden die drei Söhne von Franz Daniel jr. für das Unternehmen tätig und zeichneten ab 1936 gemeinsam für die Geschäftsleitung verantwortlich, Franz Wilhelm Bender (1891–1947) für den Braubetrieb, Carl Albert Bender (1898–1978) für das Rechnungswesen und Friedrich Bender (1899–1973) für Landwirtschaft und Fuhrpark.
Im Zweiten Weltkrieg blieben die Betriebsgebäude von ernsteren Schäden verschont, mehrere brauereieigene Gaststättenanwesen waren allerdings zerstört worden. 1949 konnte aber ein Bierausstoß schon wieder wie in Friedenszeiten erreicht und das 100-jährige Firmenjubiläum gefeiert werden.[8] Bis zur Inbetriebnahme des kriegsbeschädigten Sudhauses der Bayerischen Brauerei Schuck-Jaenisch (BBK genannt)[9][10], wurden auch die BBK-Biere in der Brauerei Bender gebraut. Das in der Gaustraße gebraute Bender-Bier wurde bis zur Betriebsstilllegung anfangs noch mit Pferdefuhrwerken, später mit LKW, zum Bierkeller in der Haspelstraße transportiert. 1951 begleitete der traditionelle Bierwagen der Brauerei den triumphalen Festumzug für den Deutschen Fußballmeister, den 1. FCK mit seinem legendären Mannschaftskapitän Fritz Walter[11], und 1954 nochmals zur Begrüßung der fünf FCK-Spieler des Deutschen Fußball-Weltmeisters, das Wunder von Bern (siehe Video in der Galerie)[12].
1963 erfolgte zusammen mit dem Eintritt der drei Kinder von Carl Albert Bender (4. Bender-Generation) Johanna vom Hagen, geb. Bender, Franz Georg Bender und Fritz Bender die Umwandlung in die Bender-Bräu KG[13] . Da die Genehmigung einer aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Zusammenlegung der Betriebsteile Sudhaus und Bierkeller von der Stadtverwaltung nicht zu bekommen war, wurde auch der beabsichtigte Einbau eines Hydroautomatik-Sudwerkes der Firma Steinecker zunächst einmal zurück- und der gesamte Betrieb ruhend gestellt. Produktion und Vertrieb der Bender-Biere wurden der Karlsberg-Brauerei KG. Weber in Homburg übertragen. Nach Besetzung des Brauereigebäudes mit Bender's Hauswirtschaft (zuletzt von Kaiserslauterer Musikern als Jazzkneipe „Waschbrett“ betrieben) durch eine radikale Hausbesetzerszene und Abriss nach spektakulärer Räumung[14] erfolgte die Firmierung des noch immer ruhenden Gewerbetriebs, die Verwaltung seiner Immobilien, wieder unter dem Traditionsnamen F.D. Bender's Söhne (GbR). Die Auflösung der Gesellschaft wurde schließlich zum 31. Dezember 1999 beschlossen, die patentierten Namensrechte für die Bender-Biere wurden auf die Arnsteiner Brauerei Max Bender übertragen.
Historische Zeitzeugen sind in Kaiserslautern die Bendergasse[15][16] hinter dem früheren Areal der Brauerei mit der Hauswirtschaft in der Gaustraße, die dort als Naturdenkmal erhaltene Bender-Linde[17], das denkmalgeschützte Stammhaus der Familie Bender in der Gaustraße/Ecke Mannheimer Straße, das Benderhof genannte Anwesen in der Richard-Wagner-Straße 76, und der schmiedeeiserne Ausleger Bender's Hauswirtschaft mit den Initialen FDBS (F.D. Bender's Söhne), der Jahreszahl 1849, dem Gründungsjahr des Unternehmens, und Brauerstern, dem alten Zunftzeichen der Brauer und Mälzer (siehe Literatur: Jens Rosbach), an der Giebelwand des Theodor-Zink-Museums[18] (Stadtmuseum Kaiserslautern), wo auch das Wanderbuch des Firmengründers Franz Daniel Bender dem Zunftgesetz entsprechend mit den Eintragungen seiner Wanderschaft ab dem 3. Mai 1834 durch ganz Europa archiviert ist.
Rückblick
Kaiserslautern hatte eine lange und bedeutende Brautradition. Lt. August Becker war sie Mitte des 19. Jahrhunderts die erste Bierstadt der Pfalz, da das Lauterer Bier bereits Handelsartikel geworden war[19]. Die von Barbarossa berufenen Prämonstratenser-Mönche, später die Barfüßer-Brüder und Franziskaner, brauten auch dort schon ihr Bier[20]. Nachdem letztere die Stadt verlassen hatten, übernahm die Stadt deren Brauanlage[21] und erweiterte sie auf 2 Sudkessel[22], damit jeder Bürger im städtischen Brauhaus gegen "Sudgeld" sein eigenes Bier brauen konnte[23]. Um 1850 waren in der Bierstadt 24 Brauereien[24] vorhanden, wovon die größeren ihre Biere sogar nach Elsass-Lothringen, in das Saargebiet und nach Luxemburg exportierten[25]. Auf alten Postkarten und Aufnahmen beeindrucken viele Brauereigebäude nicht nur durch Größe und reizvolle, architektonische Gestaltung, sondern auch durch ihre dabei befindlichen, großen und durch schönen Baumwuchs beschatteten Biergärten. Mit der Stilllegung des Braubetriebs der Brauerei Bender, weil eine Zusammenlegung von Sudhaus und Bierkeller nicht möglich war (1964), und Schließung der Bayerischen Brauerei AG Kaiserslautern, BBK, durch den Hauptaktionär, die Binding-Brauerei AG, Frankfurt (1993), endete für Kaiserslautern eine jahrhundertealte Brauereitradition.
Galerie
- Festumzug "1.FCK Dt. Fußballmeister 1951" mit Wappentier der Stadt Kaiserslautern
- Stammhaus der Familie Bender, Gaustr. 37 / Ecke Mannheimerstr. (unter Denkmalschutz)
- Brauerei-/Mälzereigebäude, Gaustr. 22, bis 1981
- Malztenne
- Eingang Bierkeller, Vogelgesang/Haspelstr., bis 1982
- Gärkeller
- Lagerkeller
- Faßbier-Keller
- LINDE Eismaschinen-Anlage
- Gaststättenschild (Emaille)
- Bierkrüge 1860–1940
- Etiketten und Flaschenplomben vor 1949
- Bierflasche und Bierkrug, 1949
- Etiketten ab 1949
- Bierdeckel mit Stadtansicht nach Merian
- Durst wurde durch Benderbier erst schön![26] Biertulpe, um 1910
- Bierglas, um 1960 (sog. Willibecher)
Literatur
- Hans von Blohm, Fritz Schäfer: Chronik der Brunnen von Kaiserslautern, Otterbach 1993
- Johannes Straub und Willi Fallot-Burghardt: Lauter Lautrer Brauereien, Rund ums Bier in Kaiserslautern, Kaiserslautern 2009 (Eigenverlag),
- Albert Munzinger: Die Entwicklung der Industrie von Kaiserslautern, Kaiserslautern 1921
- Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum: 100 Jahre F. D. Bender's Söhne oHG Kaiserslautern 1849–1949
- Peter Freimark: Davidschild und Brauerstern. Zur Synonomie eines Symbols. In: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte und Bibliographie des Brauwesens e.V. 1990. Berlin 1990.
- Jens Rosbach: Symbol der süddeutschen Bierbrauer: Prost, Davidstern! In: Deutschlandfunk Kultur. 5. Oktober 2018, abgerufen am 27. Januar 2021.
- Ingrid Engelmann: Die Entwicklung der Kaiserslauterer Brauereiindustrie. In: Jahrbuch des Historischen Vereins der Stadt Kaiserslautern 2009, S. 359–396
- Rainer Blasius: Hurra, wir leben noch! Kaiserslautern nach 1945. Gudensberg-Gleichen 2001
- Rüdiger Ganslandt: Raab Karcher. Wachstum und Wandel in 150 Jahren. Essen 1998
Einzelnachweise
- Munzinger, Albert: Die Entwicklung der Industrie von Kaiserslautern, Kaiserslautern 1921, S. 89
- Schultze-Berndt, H. G.: Kaiserslautern, die Pfalz und das Bier. In: Monatsschrift für Brauerei, 31. August 1979, S. 348
- Straub, Johannes und Fallot-Burghardt, Willi: Lauter Lautrer Brauereien, Rund ums Bier in Kaiserslautern, Kaiserslautern 2009 (Eigenverlag), S. 43
- von Blohn, Hans, Schäfer, Fritz: Chronik der Brunnen von Kaiserslautern, Otterbach 1993, S. 128 + 307
- 100 Jahre F. D. Bender's Söhne oHG Kaiserslautern 1849-1949. Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum, S. 8.
- Rüdiger Ganslandt: Raab Karcher. Wachstum und Wandel in 150 Jahren. Essen 1998, S. 4.
- Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum: 100 Jahre F. D. Bender's Söhne oHG Kaiserslautern 1849–1949, S. 13
- Hundert Jahre Brauerei F. D. Bender's Söhne Kaiserslautern. Ein Unternehmen eng verbunden mit dem wechselvollen Geschick unserer Stadt. In: Die Rheinpfalz. 9. Dezember 1949.
- BBK: Stillegung zum Jahresende. In: Die Rheinpfalz. 3. Juni 1993.
- Binding dreht der BBK den Hahn endgültig ab. In: Die Rheinpfalz. 21. Juni 1993.
- Die Barbarossastadt empfing ihre siegreichen Söhne. Hunderttausend waren auf den Beinen - Von Straße zu Straße wuchs die Begeisterung. In: Die Rheinpfalz. 3. Juli 1951.
- Ganz Kaiserslautern stand gestern Kopf. Triumphaler Empfang der Sieger von Bern in ihrer Heimatstadt. In: Die Rheinpfalz. 8. Juli 1954.
- Bedeutende technische Neuerungen in ortsältester Brauerei. Brauerei Bender mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens zufrieden. In: Die Rheinpfalz. 25. Mai 1963.
- Waschbrett schlägt die letzte Stunde: Abriss nach spektakulärer Räumung, 80 junge Leute hatten das Lokal besetzt. In: Die Rheinpfalz vom 15. Juli 1981
- Ruhebänke und Spielgerät für Grünanlage. Nachfahre von Franz Daniel Bender spendet der Stadt Geld. Ehrenwerte Geste. In: Die Rheinpfalz. 19. Februar 1996.
- Familienspende für Platz an Bendergasse. Urenkel übergibt Scheck. In: Die Rheinpfalz. 4. März 1996.
- 130-jährige Linde durch Bauarbeiten bedroht. In: Die Rheinpfalz. 13. August 1983.
- Altes Wirtshausschild am Theodor-Zink-Museum. Grundstock für Brauereisammlung gelegt. Großzügige Spende der Familie Bender an den Förderkreis. In: Die Rheinpfalz. 15. März 1990.
- Becker, August: Pfalz und Pfälzer. Leipzig 1858.
- Die jahrhundertealte Brautradition in Kaiserslautern geht zu Ende. Schon die Prämonstratenser löschten den Durst mit Gerstensaft. Bereits zu Barbarossas Zeiten wurde Bier gebraut - 1860 zwei Dutzend Brauereien in der Stadt. Die Rheinpfalz, 23. Oktober 1993.
- Schultze-Berndt, Hans-G.: Kaiserslautern, die Pfalz und das Bier. In: Monatsschrift für Brauerei. 31. August 1979, S. 348.
- Munzinger, Albert: Die Entwicklung der Industrie von Kaiserslautern. Kaiserslautern 1921, S. 16.
- Straub, Johannes und Fallot-Burghardt, Willi: Lauter Lautrer Brauereien, Rund ums Bier in Kaiserslautern. Kaiserslautern (Eigenverlag) 2009, S. 10.
- Straub, Johannes und Fallot-Burghardt, Willi: Lauter Lautrer Brauereien. Kaiserslautern (Eigenverlag) 2009, S. 15.
- Munzinger, Albert: Die Entwicklung der Industrie von Kaiserslautern. Kaiserslautern 1921, S. 40.
- Deutscher Brauer-Bund e.V. (Hrsg.): Plakat-Gemeinschaftswerbung: Der Brauer in der Wüste. 1955.