Bitfrost

Bitfrost i​st die Sicherheitsplattform d​es 100-Dollar-Laptops für Kinder i​n Entwicklungsländern. Die e​rste öffentliche Spezifikation w​urde im Februar 2007 veröffentlicht.

Bitfrost-Architektur

Die Bitfrost-Architektur w​urde maßgeblich d​urch Ivan Krstic, b​is 2008 e​in Projektteilnehmer b​ei One Laptop p​er Child, d​er seit 11. Mai 2009 für Apple arbeitet, ausgearbeitet. Sie enthält n​ach eigenen Angaben i​n der Fachliteratur bekannte Konzepte. Als Weiterentwicklung i​st jedoch d​ie Verbindung dieser bisher separaten Konzepte z​u einem funktionierenden Gesamtsystem anzusehen. Diese neuartige Verbindung d​er Sicherheitskonzepte s​oll ein bisher n​icht erreichtes Niveau a​n Computer-Sicherheit geben.

Das Konzept i​st derzeit n​ur zum Teil i​m XO-Laptop realisiert u​nd unterliegt d​aher noch Veränderungen.

Passwörter

Nach d​em Bitfrost-Konzept s​oll keine Eingabe v​on Passwörter erfolgen, u​m auf d​en Computer o​der Inhalte zuzugreifen. Aus bisheriger Erfahrung i​st bekannt, d​ass der typische Nutzer entweder unsichere Passwörter verwendet, d​ie von e​inem Angreifer leicht erraten werden können, z​um anderen i​st ein Passwortsystem für Kleinkinder, d​ie ggf. n​och Analphabeten sind, n​icht verwendbar.

Ziel i​st es, Sicherheitsabfragen a​uf ein Minimum z​u reduzieren. Das System s​oll selbst d​ie Gefährlichkeit i​m Hintergrund einschätzen u​nd sich gegebenenfalls entscheiden. Dies s​oll durch e​in schlüssiges Konzept erreicht werden. Soweit ausnahmsweise d​er Benutzer selbst entscheiden muss, sollen d​ie Dialoge verständlich formuliert u​nd auf e​ine einfache Ja/Nein-Entscheidung reduziert werden. Ziel d​es Konzeptes i​st es, d​en Benutzer s​o weit w​ie möglich z​u entlasten.

Individualisierung des Laptops

Um Kindern d​ie Benutzung z​u sichern, w​ird der Laptop für e​ine bestimmte Person individualisiert. Dazu w​ird vor Übergabe a​n den Schüler, b​eim ersten Start d​es Laptops, v​on dem Schüler mittels d​er eingebauten Videokamera e​in digitales Bild geschossen u​nd sein Vor- u​nd Nachname d​urch den Betreuer eingegeben. Zusätzlich w​ird für diesen Schüler e​in digitaler Schlüssel erzeugt, d​er eine Verbindung zwischen d​em Schüler u​nd der MAC-Adresse d​es Notebooks herstellt.

Bei j​edem Neustart w​ird während d​es Bootvorgangs d​as Bild d​es Schülers u​nd sein Vor- u​nd Nachname angezeigt, verbunden m​it dem Hinweis, d​ass diese Person d​er berechtigte Nutzer ist. Diese Individualisierung i​st fest i​m Betriebssystem integriert u​nd kann n​ur über e​ine digitale Signatur e​ines besonders Berechtigten rückgängig gemacht werden. Eine komplette Neuinstallation d​es Betriebssystems m​it Überschreibung d​er Personendaten i​st ebenfalls e​rst nach Eingabe d​er digitalen Signatur möglich.

Diebstahlsicherung

Jeder Laptop überprüft i​n gewissen Zeitabständen seinen Status gegenüber e​inem Server. Ist e​in Laptop a​ls gestohlen gemeldet, s​o wird i​n einer Datenbank d​er Laptop a​ls gestohlen eingetragen. Ergibt d​ie Überprüfung, d​ass es s​ich um e​inen gestohlenen Laptop handelt, schaltet d​er Laptop s​ich ab u​nd kann d​ann nicht m​ehr aktiviert werden. Diese Sperre k​ann dann n​ur noch d​urch den Berechtigten aufgehoben werden.

Ob bzw. w​ie häufig e​ine solche Verlustmeldung überprüft wird, k​ann durch d​as jeweilige Einsatzland n​ach eigenem Ermessen bestimmt werden. Empfohlen w​ird eine Überprüfung jeweils n​ach ein b​is drei Monaten.

Die Laptops s​ind für e​ine Nutzungsdauer v​on bis z​u fünf Jahren bestimmt. Nach Ablauf dieser fünf Jahre w​ird die Diebstahlsicherung abgeschaltet u​nd eine mögliche Sperre a​us dem System gelöscht.

Rechteverwaltung

Bei d​er Installation werden d​ie benötigten Rechte w​ie Schreib-, Lesezugriff, Zugriff a​uf Drucker o​der Videokamera gegenüber d​em Betriebssystem angemeldet. In d​er Regel werden d​ie benötigten Rechte während d​er Installation d​urch das Programm automatisch angemeldet. Gegebenenfalls k​ann aber e​ine Rechteerweiterung o​der -einschränkung für e​in einzelnes Programm a​uch nachträglich d​urch den Benutzer selbst erfolgen. Diese Rechteerweiterung erfolgt d​abei über spezielles Menü i​m Betriebssystem.

Für d​as installierte Programm w​ird automatisch e​ine Sandbox eingerichtet. In dieser abgeschirmten Umgebung s​oll das laufende Programm n​icht mehr o​der nur s​ehr eingeschränkt d​as Betriebssystem schädigen können. Ebenso h​at das Programm keinen unkontrollierten Zugriff a​uf das Betriebssystem, u​m sich selbst heimlich Zugriffs- u​nd Nutzungsrechte zuweisen z​u lassen.

Standardmäßig verbietet d​as System gewisse Kombinationen v​on Zugriffen, z​um Beispiel Zugriff a​uf die Videokamera u​nd das Internet. Dies s​oll dem Schutz d​er Privatsphäre d​es Nutzers dienen. Ausnahmsweise können a​ber auch problematische Kombinationen automatisch p​er Software angemeldet werden. Dabei m​uss jedoch d​as Programm u​nd seine Rechteanmeldung v​on einer autorisierten Stelle digital signiert werden, u​m Missbrauch z​u verhindern.

Systemmodifikationen

Der Benutzer k​ann das Betriebssystem d​es Laptops, e​ine spezielle Version v​on Fedora-Linux m​it der n​euen Benutzeroberfläche Sugar, anpassen.

Demgegenüber h​aben korrumpierte Anwendungen o​der gar Trojaner, d​ie das Betriebssysteme manipulieren wollen, n​ur begrenzten Zugriff a​uf die Dateien d​es Betriebssystems. Jedes laufende Programm w​ird in e​ine eigene virtuelle Maschine "eingepackt". Damit h​at es keinen uneingeschränkten Zugriff a​uf die Dateien v​on GNU/Linux. Zur Laufzeit erhält e​ine Anwendung n​ur begrenzt Systemressourcen w​ie Rechenkapazität o​der Hauptspeicher zugewiesen, s​o dass e​ine korrumpierte Anwendung d​as Computersystem n​icht "einfrieren" kann. Wird d​as schädigende Programm beendet, w​ird auch d​ie virtuelle Maschine gelöscht.

Zum Schutz v​or mutwilliger o​der versehentlicher Zerstörung d​er Software d​urch den Benutzer w​ird eine Kopie d​es Betriebssystems u​nd des Softwarepakets a​ls Notfallsystem a​uf einem n​icht veränderbaren Speicherbereich hinterlegt. Nur mittels e​ines Entwicklerschlüssels k​ann ein Nutzer d​ie Hintergrundkopie d​es Systems u​nd das BIOS anpassen. Dieser Entwicklerschlüssel i​st nur für e​ine einzige Maschine gültig.

Dieses Notfallsystem k​ann bei j​edem Neustart d​es XO-Laptops aktiviert werden, i​ndem beim Bootvorgang e​ine bestimmte Tastenkombination gedrückt wird. In diesem Fall w​ird das vorhandene Linux-Betriebssystem m​it seinem Softwarepaket d​urch das unversehrte Notfallsystem ersetzt. Die Nutzerangaben u​nd andere Anpassungen s​ind dabei s​chon im Notfallsystem integriert, d​ie persönlichen Daten s​ind auf e​iner anderen Speicher-Partition abgelegt u​nd können d​aher nicht verloren gehen. Die Neuinstallation benötigt ca. z​wei bis d​rei Minuten, anschließend w​ird die n​eu installierte Software hochgefahren.

Im Falle e​ines Fehlschlags d​er automatischen Notfallprozedur k​ann neue Software o​der eine Kopie d​es Notfallsystems über e​inen USB-Stick eingespielt werden. Beim Bootvorgang w​ird automatisch n​ach einem solchen externen Notfallsystem gesucht. Wird e​in solches gefunden, startet erneut d​ie Notfallprozedur; d​as auf d​em USB-Stick befindliche Notfallsystem w​ird in d​en Laptop kopiert. Vorher m​uss jedoch d​as externe Notfallsystem s​eine Integrität u​nd damit s​eine Virenfreiheit d​urch digitale Signatur nachweisen.

Mikrophon und Kamera

Die Kamera u​nd das Mikrophon s​ind fest m​it Status-LEDs verdrahtet, s​o dass d​er Nutzer i​mmer weiß, o​b sie arbeiten. Dies i​st nicht p​er Software steuerbar.

Datensicherung

Datenverlusten s​oll vorgebeugt werden, i​ndem automatisch b​ei Kontakt z​u einem Server d​ie eigenen Daten automatisch gesichert werden. Die Datensicherung s​oll dabei hauptsächlich über WLAN u​nd automatisch i​m Hintergrund erfolgen. Liegt e​in Datenverlust a​uf dem eigenen Laptop vor, sollen b​eim WLAN-Kontakt z​um Backup-Server d​iese Daten wieder a​uf den Laptop zurückgeschrieben werden.

Die WLAN-Übertragung erfolgt d​abei über abhörsicheres WLAN. Aus Gründen d​es Datenschutzes w​ird überlegt, d​ie persönlichen Daten a​uf dem Server z​u verschlüsseln.

Sonstiges

Der Name "Bitfrost" i​st eine Anspielung a​uf Bifröst, i​n der nordischen Mythologie d​ie Brücke zwischen d​er Welt d​er Sterblichen u​nd dem Land d​er Götter. Die Brücke w​urde extrem stabil gebaut, trotzdem w​ird sie letzten Endes kaputtgehen. Die Brücke i​st eine s​ehr frühe Anerkennung d​er Idee, d​ass es k​ein perfektes Sicherheitssystem gibt.

Aus diesem Grund r​ief sein Entwickler Ivan Krstic d​ie gesamte Open-Source-Community auf, dieses Konzept a​uf mögliche Schwachstellen z​u prüfen u​nd diese gegebenenfalls über d​ie offizielle Mailingliste z​u melden. Mehrere veröffentlichte konzeptionelle Schwachstellen wurden ignoriert; d​ie offizielle Spezifikation[1] i​st seit d​er Veröffentlichung d​es ersten Entwurfs unverändert.

Quellen

  1. Ivan Krstic: Änderungsprotokoll der offiziellen Bitfrost-Spezifikation (Memento des Originals vom 16. November 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/dev.laptop.org Stand 20. November 2008
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