Birol Ünel
Birol Ünel (* 18. August 1961 in Silifke; † 3. September 2020 in Berlin[1]) war ein türkisch-deutscher Schauspieler. Er wurde insbesondere durch seine Mitwirkung in den Filmen des Regisseurs Fatih Akin bekannt.
Leben
Geboren in Silifke am Fuße des Taurusgebirges im Süden der Türkei als Angehöriger der ethnischen Minderheit der Araber[2] zog Ünel 1968 zu seinen in Deutschland als Gastarbeiter lebenden Eltern und wuchs zuletzt in Brinkum bei Bremen auf. Nach einer Ausbildung zum Parkettleger absolvierte er seine schauspielerische Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover.
1992 begann er zunächst als Theaterschauspieler am Kunsthaus Tacheles in Berlin, wo er sowohl Regie führte als auch die Titelrolle in dem Stück Caligula spielte. In Frank Castorfs Inszenierung von Die Nibelungen – Born Bad an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin spielte Ünel 1994 den Siegfried. Auch nachdem er sich als Filmschauspieler etabliert hatte, war er weiterhin auf der Bühne zu sehen. Im Februar 2007 spielte das Stadttheater Hildesheim das Zwei-Personen-Stück Winter von Jon Fosse, in dem Ünel eine der beiden Rollen neben Göksen Güntel verkörperte.
Sein Kinodebüt hatte Ünel 1988 in Der Passagier – Welcome to Germany an der Seite von Tony Curtis, es folgten kleine und mittlere Rollen, meist als zwielichtiger Typ, bis er 1999 in der Rolle eines Zivilfahnders in Dealer mehr Aufmerksamkeit erregte. Auch in Heinrich Breloers zweiteiligem Dokudrama Todesspiel von 1997 über die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer durch Mitglieder der RAF und die Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut durch ein palästinensisches Terrorkommando überzeugte er mit seiner Darstellung des palästinensischen Terroristen „Captain Mahmoud“. 2000 spielte er in Fatih Akins Film Im Juli.
Seinen großen Durchbruch feierte er 2004 in der Rolle eines lebensmüden Alkoholikers in Akins Gegen die Wand, für die er den Deutschen Filmpreis als Bester Hauptdarsteller gewann. Seine Darstellung brachte ihm auch internationale Aufmerksamkeit ein, zumal der Film mit dem Goldenen Bären bei der Berlinale 2004 ausgezeichnet wurde. In der Folge kamen auch internationale Anfragen (beispielsweise Not a Lovestory, 2005) und Rollen im türkischen Film (etwa Diebstahl alla turca, 2005). 2009 war er wieder in einem Fatih-Akin-Film zu sehen, in der Komödie Soul Kitchen. In den 2010er-Jahren wurde er meistens nur noch in Nebenrollen eingesetzt, etwa in Sleepless Night – Nacht der Vergeltung (2011) und Ich bin dann mal weg (2015). Eine seiner letzten Rollen spielte er 2019 an der Seite von Sibel Kekilli in Deutschland ist... Heim.
Privat hatte Ünel mit Alkoholismus und in seinen letzten Lebensjahren auch mit Obdachlosigkeit zu kämpfen. Sein Alkoholproblem sowie mehrere Strafanzeigen wirkten sich negativ auf seine Karriere aus.[3][4][5] Er erlag am 3. September 2020 im Alter von 59 Jahren im Vivantes-Klinikum im Friedrichshain einem Krebsleiden.[1]
Filmografie (Auswahl)
- 1987: Ein Fall für Zwei – Zahltag
- 1988: Der Passagier – Welcome to Germany
- 1989: A Wopbobaloobop a Lopbamboom
- 1991: Auf Achse (Fernsehserie, Staffel 4, Folge 10)
- 1992: Mau Mau
- 1996–2003: Tatort (Fernsehreihe, vier Episoden)
- 1996: Lockvögel
- 1998: Engelchen flieg
- 1999: Offene Rechnung
- 2003: Schattenlos
- 1997: Todesspiel
- 1999: Dealer
- 2000: Im Juli
- 2001: Duell – Enemy at the Gates (Enemy at the Gates)
- 2001: Anam
- 2002: Brombeerchen
- 2002: Alarm für Cobra 11 - Die Autobahnpolizei – Blackout
- 2004: Gegen die Wand
- 2004: König der Diebe
- 2005: Diebstahl alla turca (Hırsız var!)
- 2005: Not a Lovestory
- 2006: Das Haus der schlafenden Schönen
- 2007: Valerie
- 2007: Transylvania
- 2007: Die Unerzogenen
- 2008: Der Mond und andere Liebhaber
- 2008: Mach One – Problembezirk (Musikvideo)
- 2009: Soul Kitchen
- 2011: K.I.Z – Abteilungsleiter der Liebe (Musikvideo)
- 2011: Sleepless Night – Nacht der Vergeltung (Nuit blanche)
- 2012: Looking for Eimish
- 2015: Ich bin dann mal weg
- 2016: Back To Nothing
- 2016: Falling
- 2017: Eskiya Dünyaya Hükümdar Olmaz (Fernsehserie, sieben Episoden)
- 2018: Hürkus
- 2019: Deutschland ist… Heim
Auszeichnungen
- 2004: Deutscher Filmpreis als Bester Hauptdarsteller in Gegen die Wand
Literatur
- Manfred Hobsch, Ralf Krämer, Klaus Rathje: Filmszene D. Die 250 wichtigsten jungen deutschen Stars aus Kino und TV. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-511-2, S. 449 f.
Weblinks
- Birol Ünel in der Internet Movie Database (englisch)
- Birol Ünel bei filmportal.de (mit Fotogalerie)
- Birol Ünel bei crew united
- Birol Ünel bei prisma
- Sven Hillenkamp: Der Heftige – Birol Ünel im Porträt. Die Zeit, 10. Februar 2005
- İmran Ayata, Timo Grampes: Zum Tod des Schauspielers Birol Ünel – „Ein Rebell, den es nicht mehr geben kann“. Deutschlandfunk Kultur, 4. September 2020.
Einzelnachweise
- Schauspieler Birol Ünel stirbt mit nur 59 Jahren. In: Focus Online. 4. September 2020, abgerufen am 4. September 2020.
- Imran Ayata: Zum Tod Birol Ünels: Mein Captain. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 7. September 2020]).
- Til Biermann: Vom Star zum selbstzerstörerischen, sanften Säufer. In: welt.de vom 6. Dezember 2012.
- Antje Hildebrandt: Der traurige Hilferuf des Bad Boys aus „Gegen die Wand“. In: welt.de vom 10. August 2015.
- Julian Dorn: Am Boden. In: faz.net vom 11. August 2015.