Bernhard Hamann
Bernhard Hamann (* 21. Juni 1909 in Hamburg; † 27. Januar 1968 ebenda) war ein deutscher Geiger, Konzertmeister des NDR Sinfonieorchesters, Komponist und Gründer des Hamann-Quartetts. Er war der Vater der Schauspielerin Evelyn Hamann und des Solocellisten Gerhard Hamann.
Leben
Bernhard Hamann erhielt seinen ersten Geigenunterricht schon mit fünf Jahren. Bereits nach einem Jahr spielte er besser als sein Lehrer und mit neun Jahren besuchte er das Konservatorium seiner Vaterstadt und spielte ein Jahr später in öffentlichen Konzerten. Er verfügte außerdem über ein absolutes Gehör. Auf der Lichtwarkschule fand er in Hermann Schütt einen ausgezeichneten Musiklehrer, der ihn sehr förderte. Mit 14 Jahren spielte er bereits sicher vom Blatt. Drei Jahre später kam er als Stipendiat der Stadt Hamburg von 1926 bis 1931 an die Hochschule für Musik Berlin. Im Hauptfach wurde er von dem bekannten deutschen Geiger Gustav Havemann unterrichtet. In der Studentenzeit war er vorübergehend Konzertmeister im Akademischen Orchester Berlin. Schon in jungen Jahren spielte Hamann als Solist unter Karl Muck, Eugen Papst, Arnold Fiedler, Hans Rosbaud und Hermann Abendroth.
1931 wurde er von Karl Muck als Erster Konzertmeister des Philharmonischen Orchesters (neben seinem späteren Schwiegervater Jan Gesterkamp) verpflichtet, 1934 war er in gleicher Stellung am Reichssender Hamburg tätig, von 1942 bis 1945 an der Dresdner Philharmonie und seit dieser Zeit bis zu seinem Tode wiederum in Hamburg beim NDR- (vormals NWDR)-Sinfonieorchester. Im Laufe der Jahre wirkte er unter der Stabführung der bedeutendsten Musiker (u. a. Richard Strauss, Igor Strawinsky und Paul Hindemith). Das Instrument, auf welchem Bernhard Hamann vorrangig spielte, war eine Geige von Joannes Baptista Guadagnini aus dem Jahr 1737. Während einer Konzertreise mit dem NDR-Sinfonieorchester erlitt er im Herbst 1967 in Prag einen schweren Herzanfall. Im dortigen Krankenhaus begann er sein „Prager Streichquartett“ zu komponieren und starb kurz nach dessen Vollendung in Hamburg am 27. Januar 1968.
Die unten angegebenen Sinfonischen Impressionen Opus 6 sind ein Auftragswerk der Philharmonischen Gesellschaft Bremen für den Bremer Musikauftrag, der jährlich einem volksdeutschen Komponisten vergeben werden soll. Unter Ziffer 4 der Bestimmungen über die Vergabe des Bremer Musikauftrag heißt es: „Vor Vergebung des einzelnen Auftrages versichert sich die Philharmonische Gesellschaft durch Rückfrage beim Reichspropagander-Ministerium ,dass gegen die Persönlichkeit des oder der in Aussicht genommenen Komponisten keine Bedenken bestehen.“ Erster Empfänger des Musikauftrags war „Bernhard Hamann“.[1] Die Uraufführung des Werkes fand in Bremen am 15. Dezember 1941 im Rahmen der NS – Kultur Gemeinschaft Kraft durch Freude statt. GMD Helmut Schnackenburg leitete die Aufführung mit den Bremer Philharmonikern im Konzerthaus Glocke. Das Bundesarchiv der BRD in Koblenz veröffentlicht zwischenzeitlich folgende Einzelheiten zu B. Hamann „SS“ – Grenadier Bernhard Hamann.
Der Autor des Beitrags über Hamann „Helmut Wirth“ in der Enzyklopädie der Musik MGG war ebenfalls beim Reichssender Hamburg und später beim NDR als Autor und Produzent beschäftigt. Die Laufbahn des Hamann bei der SS endete unrühmlich. Die SS war das wichtigste Terror- und Unterdrückungsorgan im NS-Staat, war maßgeblich an der Planung und Durchführung von Kriegsverbrechen und von Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie dem Holocaust beteiligt und wurde nach 1945 vom Alliierten Kontrollrat als verbrecherische Organisation verboten. Unter diesen Umständen ist es angebracht, nach der von Hamann gespielte Geige von Giovanni Battista Guadagnini (1737) zu forschen.
Hamann-Quartett
Hamanns besondere Liebe galt dem Musizieren im Streichquartett. Bereits im Jahre 1933 gründete er das erste Hamann-Quartett, dessen Primarius er war. Diese – 1945 neu gegründete – Quartettvereinigung verfügte über ein großes klassisches Repertoire und hatte sich einen besonderen Ruf im In- und Ausland erworben. Darüber hinaus hatte sich das Hamann-Quartett nach dem Krieg durch Aufführungen der jahrelang in Deutschland nicht gespielten Komponisten der „klassischen Moderne“ wie Schönberg, Berg, Webern, Bartók, Strawinsky und durch einige Uraufführungen wie Philipp Jarnach und Pierre Boulez verdient gemacht.
Pädagoge
Neben seinem künstlerischen Wirken war Hamann auch als sehr erfolgreicher Pädagoge tätig. Bevor er 1955 eine Professur an der Hochschule für Musik in Hamburg erhielt, unterrichtete er mehrere Jahre an der Musikakademie in Lübeck. In Hamburg leitete er eine Meisterklasse für die Fächer Violine und Kammermusik. Sein Streben galt dem Fortführen der großen deutschen Geigertradition, als deren wesentliches Merkmal er die geistige Erfüllung musikalischer Werke hervorhob. Joachim, Busch, Havemann, das waren die Namen, an die er anknüpfte und deren Gemeinsamkeit er darin sah, dass nicht vollendete Glätte des Spiels, sondern das direkte Anrühren des Hörers durch ein nach innen gerichtetes, erlebnisvolles und durchgeistigtes Spiel im Vordergrund standen.
Solist
Er spielte zwischen 1930 und 1966 regelmäßig Solokonzerte. Er spielte Violinkonzerte u. a. von Mozart, Beethoven, Brahms, Tschaikowsky und Pfitzner. Auch spielte er am 15. Dezember 1935 anlässlich des 70. Geburtstag von Jean Sibelius dessen berühmtes und als äußerst schwierig geltendes Violinkonzert. Am nächsten Tag erreichte Hamann ein Telegramm des Komponisten, wo es hieß: „Wunderbar gespielt – Gruß Sibelius“. 1947 spielte er die Uraufführung seines eigenen Violinkonzerts in e-Moll (op. 9). Später, im Jahr 1962, spielte er mit seinem 1935 geborenen Sohn Gerhard Hamann (27. Januar 1935 – 11. September 2000), dem ersten Solocellisten des Niedersächsischen Symphonie-Orchesters, an verschiedenen Orten das Doppelkonzert für Violine, Violoncello und Orchester in a-Moll von Johannes Brahms.
Rundfunkaufnahmen
Außer seiner Konzerttätigkeit hat Hamann in der Zeit nach 1945 als Solist und Kammermusiker an etwa 300 Rundfunkaufnahmen und einigen Schallplattenaufnahmen mitgewirkt. Seine Klavierpartner bei Aufführungen und Aufnahmen von Violinsonaten waren u. a. Richard Beckmann, Ferry Gebhardt und Hans Priegnitz. Er nahm auch viele seiner eigenen Kompositionen auf.
Kompositionen
Bernhard Hamann trat zwar als Komponist nicht ganz so hervor wie als künstlerische Persönlichkeit, doch er brachte einige sehr schöne und berührende Werke zustande, wobei man auch erwähnen muss, dass er nie Komposition studierte, sondern alles autodidaktisch erlernte.
- op. 1: 2 Lieder für Mezzosopran und Klavier aus „Die chinesische Flöte“ (1933)
- op. 2: Rondo capriccioso für Violine und Orchester (Ries & Erler) (1937) (auch mit Klavier)
- op. 3: Streichquartett Nr. 1 d-Moll (1937)
- op. 4: 3 Lieder für Mezzosopran und Klavier aus „Die chinesische Flöte“ (1939)
- op. 5: Konzert für Violoncello und Orchester d-Moll (Ries & Erler) (1938/39) (Uraufgeführt durch Gaspar Cassadó)
- op. 6: Symphonische Impression für großes Orchester (Ries & Erler) (1940)
- op. 7: Musik für 3 Violinen zu „Immensee“ von Theodor Storm
- op. 8: Sonate für Violine solo d-Moll (1942)
- op. 9: Konzert für Violine und Orchester (1944) (Uraufgeführt durch Bernhard Hamann)
- op. 10: Musik für 3 Violinen (1946/47)
- op. 10a/b: Traumbild/Tarantella für Violine solo (1945)
- op. 11: Kleine Suite für 2 Violinen (1947)
- op. 11b: Quartettsatz (1947)
- op. 12: Suite für Violine und Klavier (1948/49?) 3 Sätze
- op. 13: Musik für 2 Violinen (1948)
- op. 14: Streichquartett Nr. 2 (1948)
- op. 15: Weihnachtsmusik (Vom Himmel hoch/Gesang der Hirten) für 2 Violinen und Gambe
- WoO: Musik für einen Kulturfilm (1953)
- WoO: Nocturne und Jeu des Ondes für Violine und Orchester (auch mit Klavier) (Ries & Erler)
- WoO: Streichquartett Nr. 3 „Prager Streichquartett“ (1967)
- WoO: Zahlreiche kleine Stücke in kleiner Besetzung (Jahreszahlen verschieden)
Außerdem schrieb Hamann Kadenzen zu den Violinkonzerten von Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms, Joseph Haydn (C-Dur), Wolfgang Amadeus Mozart (B-Dur) sowie zum Flötenkonzert von Mozart in G-Dur.
Quellen
- Gabriele Joachim (Hrsg.): Bernhard Hamann. Dokumente aus seinem Berufsleben, 27143496, Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, 1999.
- Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), Band 16 (1979).
- Riemann Musiklexikon.
- "Musikfreunde und Musici" von Klaus Blum, Verlegt bei Hans Schneider, Tutzingen 1975