Bellapais (Abtei)
Die Ruine der Abtei Bellapais (Belapais) ist eine gotische Klosterruine in der Türkischen Republik Nordzypern. Sie steht neben dem kleinen Ort Beylerbeyi/Bellapais auf einem Felsvorsprung des Kyrenia-Gebirges ca. 6 km südöstlich der Stadt Kyrenia/Girne. Frühere Namen waren „Abbey de la Paix – Abtei des Friedens“, „Bellapaix – Schöner Frieden“, wegen der weißen Habite der Prämonstratenser auch „Weiße Abtei“. Bellapais wird als eine der schönsten Klosterruinen des Mittelmeerraumes geschildert.[1]
Geschichte
Die Abtei wurde um 1198 von aus Jerusalem vor Saladin geflüchteten Augustiner-Chorherren gegründet. König Hugo I. (1195–1218) aus dem Haus Lusignan beschenkte das Kloster mit Ländereien. Die Abtei nahm nach 1206 die Gebräuche der Prämonstratenser-Chorherren an. In dieser Zeit entstand auch die Klosterkirche unter König Hugo III. (1267–1284). Im 14. Jahrhundert entstanden die restlichen Gebäude. Der Abt wurde mit einigen Rechten ausgestattet, wie der Infulierung, dem Tragen der Bischofsmitra bei Gottesdiensten, oder dem Recht, Schwert und goldene Sporen außerhalb des Klosters zu tragen. Das Kloster erwarb in der Folgezeit großen Reichtum. Im 16. Jahrhundert setzte jedoch ein allgemeiner Niedergang der Klosterdisziplin ein. Die eingeleiteten Sanktionen gegen dieses Treiben blieben durch den Osmaneneinfall und die Vertreibung der lateinischen Christen aus. 1571 endete damit die Prämonstratenserabtei; die Gebäude fielen an die orthodoxe Kirche und dienten teilweise als Steinbruch für die Bauten der Umgebung. Besonders Kirche und Refektorium blieben aber erhalten. Ein Waldbrand vernichtete 1995 die Baumbestände der Umgebung, die seither nur langsam nachwachsen.[2] Die Anlage ist gesichert, gut gepflegt und gegen Eintrittsgebühr allgemein zugänglich.
Beschreibung der Klosterruine
Klosterkirche
Wie im Mittelalter üblich, wurden die Klostergebäude im rechten Winkel zueinander erbaut. Das Kloster wird von der Westseite betreten. Über einen quadratischen Hof gelang man in den Narthex der Klosterkirche mit Freskenresten aus dem 15. Jahrhundert, in den Wänden befinden sich Nischen für Gräber. Die dreijochige Kirche mit breitem Mittel- und zwei schmalen Seitenschiffen befindet sich im Süden der Klosteranlage und ist nach Osten ausgerichtet. Sie war „Maria vom weißen Gewande“ geweiht. Neben dem quadratischen Altarraum ist die kleine Sakristei. Die Kirche wurde nach der Eroberung Zyperns durch die Osmanen der zypriotisch-orthodoxen Kirche übergeben und bis in das 20. Jahrhundert für Gottesdienste genutzt, ihre Inneneinrichtung stammt aus dieser Zeit. Früher gab es eine Treppe, die von der Kirche zum Schlafsaal (Dormitorium) der Chorherren führte, um deren Kirchenbesuch auch Nachts zu ermöglichen.
- Klosterkirche von Südwesten
- Freskenreste am Eingang
- Narthex
- Innenraum der Kirche
- Ikonostase
Kreuzgang
Nördlich der Kirche schließt der Kreuzgang mit dem Kreuzhof an. In diesem befinden sich mit den vier großen Zypressen ein markantes Fotomotiv. Der Kreuzgang hat hohe gotische Spitzbögen und Reste schöner Flamboyant-Maßwerkes, die auf die Entstehungszeit in der Spätgotik des 14. Jahrhunderts hinweisen.
- Gotische Spitzbögen
- Kreuzhof
- Kreuzgang
- Römischer Steinsarkophag mit Verzierungen
Kapitelsaal und Gemeinschaftsraum
Im Osten der Anlage, an den Kreuzgang anschließend, liegen der Kapitelsaal und ein ursprünglich tonnengewölbter Gemeinschaftsraum, möglicherweise auch als Schreibstube (Skriptorium) genutzt. Über diesen Räumen lag der Schlafraum der Ordensleute (Dormitorium).
Der Kapitelsaal, der Ort der täglichen Versammlung unter dem Vorsitz des Abtes, war mit herrlichem Reliefschmuck verziert, die Konsolen, auf denen das Kreuzrippengewölbe lastete, weisen darauf hin.
- Pfeiler in der Ruine des Kapitelsaals
- Gemeinschaftsraum
- Dormitorium von Osten
- Odysseus mit Sirenen
Refektorium
Das Refektorium (Speisesaal) mit einem vollkommen erhabenen Kreuzrippengewölbe grenzt im Norden an den Kreuzgang. Mit dem Ausmaß von 30 × 11 × 11,5 Metern war es eines der größten Refektorien der damaligen Zeit. Ein römischer, mit Genien und Masken verzierter Sarkophag vor dem Eingang wurde als Wasserbehälter genutzt. Die Wappen der Lusignans über dem Portal weist diese als Könige von Jerusalem und Zypern aus. Von einer kleinen überhöhten, reich mit Maßwerk verzierten Kanzel wurden während des Essens Lesungen gehalten. Durch sechs Fenster im Norden reicht der Blick bis zur nahen Küstenstadt Girne/Keryneia. Unter dem Refektorium befand sich ein Vorratsraum.
Wirtschaftsgebäude
Von den im Westen der Anlage befindlichen Wirtschaftsgebäuden sind nur spärliche Reste erhalten geblieben.
Tourismus
Die Klosterruine Bellapais ist als Freilichtmuseum touristisch erschlossen (Restaurant und Café). Öffnungszeiten im Sommer 8.30 bis 18 Uhr, sonst bis 17 Uhr.
Zweimal jährlich (im Frühjahr und Herbst) findet in Bellapais ein Musikfestival (International Bellapais Music Festival) statt, bei dem Werke der klassischen Musik (meist Kammermusik) im ehemaligen Refektorium aufgeführt werden.[3]
Literatur
Der englische Schriftsteller Lawrence Durrell lebte in den 1950er-Jahren einige Zeit in Bellapais. Er schildert in seinem Werk Bittere Limonen (1957) die Schönheit der Klosteranlage unter anderem als „eines der bezauberndsten gotischen Überbleibsel der Levante“.[1]
Literaturnachweis
- Baedeker Reiseführer: Zypern. Verlag MairDumont, Ostfildern. 6. Auflage 2001 ISBN 3-87504-419-3, 7. Auflage 2006 ISBN 978-3-8297-1121-0, 8. Auflage 2008 ISBN 978-3-8297-1121-0, 9. Auflage 2010 ISBN 978-3-8297-1279-8, 10. Auflage 2013 ISBN 978-3-8297-1489-1.
- Rüstem Bookshop (Hrsg.): Nordzypern Pocket-Guide. Nikosia 2006. ISBN 9944-968-02-1. S. 56–59. Rüstem, Nordzypern in der Google-Buchsuche
- Uli Piller: Die türkische Republik Nordzypern. Ein politisch-kulturelles Lesebuch. Mit einem Vorwort von Kemal Bölge. München/Darmstadt/Unterschleißheim 2001. Verlag BoD Book on Demand GmbH. ISBN 3-8311-2136-2. S. 224–227. Piller, Lesebuch in der Google-Buchsuche
- Lawrence Durrell: Bittere Limonen, Erlebtes Cypern. Verlag Rowohlt, November 1967
Weblinks
Einzelnachweise
- Baedeker, 10. Auflage, S. 330.
- Piller, S. 224.
- ..::Bellapais Music Festival::.. Abgerufen am 17. August 2018.