Bayerisches Infektionsschutzgesetz
Das Bayerische Infektionsschutzgesetz (BayIfSG) war ein Landesgesetz, das der Bayerische Landtag am 25. März 2020 nahezu einstimmig verabschiedet hatte. Einzige Gegenstimme war die des fraktionslosen Abgeordneten Markus Plenk.[1] Anlass für das Gesetz war die COVID-19-Pandemie in Bayern.
Basisdaten | |
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Titel: | Bayerisches Infektionsschutzgesetz |
Abkürzung: | BayIfSG |
Art: | Landesgesetz |
Geltungsbereich: | Freistaat Bayern |
Erlassen aufgrund von: | Art. 74 Nr. 19, Art. 72 Abs. 1 GG |
Rechtsmaterie: | Besonderes Verwaltungsrecht |
Erlassen am: | 25. März 2020 (GVBl. S. 174) |
Inkrafttreten am: | 27. März 2020 |
Außerkrafttreten: | 31. Dezember 2020 |
Weblink: | Text des Gesetzes |
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. |
Der Gesundheitsnotstand wurde niemals ausgerufen und das Gesetz deshalb nie angewendet. Es trat am 31. Dezember 2020 außer Kraft.[2]
Inhalt
Das BayIfSG enthielt Regelungen zur Sicherung des öffentlichen Gesundheitswesens für den Fall eines Gesundheitsnotstandes im Freistaat Bayern.[3][4] Es sollte neben und zusätzlich zu den landesrechtlichen Kompetenzen im Katastrophenfall die Handlungsmöglichkeiten der Bayerischen Staatsregierung erweitern, die zudem das Infektionsschutzgesetz des Bundes so nicht eröffnet.[5]
Ein Gesundheitsnotstand lag nach dem Gesetz vor, „wenn eine übertragbare Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes in der bayerischen Bevölkerung so zahlreich oder in so schwerer Ausprägung auftritt oder aufzutreten droht, dass die Versorgungssicherheit durch das öffentliche Gesundheitswesen ernsthaft gefährdet erscheint.“ Ausrufen kann ihn aufgrund des BayIfSG die Staatsregierung als Kollegialorgan. (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayIfSG, § 2 Nr. 3 IfSG). Der Landtag erhielt im Sinne einer parlamentarischen Kontrolle ausdrücklich die Befugnis, jederzeit das Vorliegen eines Gesundheitsnotstandes zu prüfen und dessen Aufhebung zu erklären. Das Gesetz war befristet bis 31. Dezember 2020.[6] Die Ausrufung des Katastrophenfalles nach dem Bayerischen Katastrophenschutzgesetz (BayKSG)[7] blieb ausdrücklich unberührt (Art. 1 Abs. 1 Satz 3 BayIfSG).
Mit einem Verpflichtungsverbot belegtes medizinisches, pflegerisches oder sanitäres Material konnte zugunsten der akuten Versorgung beschlagnahmt werden. Außerdem konnte die zuständige Behörde geeignete Produktionsbetriebe zur sofortigen und vorrangigen Herstellung einer jeweils bestimmten Art und Menge von medizinischem, pflegerischem oder sanitärem Material verpflichten. Maßnahmen mit enteignender Wirkung waren entschädigungspflichtig.
Im Falle des Gesundheitsnotstands konnten auch alle Personen in Anspruch genommen werden, die – insbesondere aus dem Bereich des Ehrenamtes – über hinreichende medizinische oder pflegerische Kompetenz verfügen, um Hilfs- oder Aushilfsdienste leisten zu können, beispielsweise Feuerwehren, Rettungsdienste und Organisationen der Wohlfahrtspflege, aber auch nach Mitteilung durch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns geeignete Ärzte im Ruhestand.[8] Die zuständige Behörde konnte darüber hinaus von jeder geeigneten Person die Erbringung von Dienst-, Sach- und Werkleistungen verlangen, soweit das zur Bewältigung des Gesundheitsnotstands erforderlich ist.
Für den Vollzug des BayIfSG waren in der Regel die Kreisverwaltungsbehörden zuständig.[9]
Kritik
Ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages[10] bezweifelt die Rechtmäßigkeit des BayIfSG zumindest in Teilen.[11][12] Insbesondere die Ermächtigung des Bundesgesundheitsministeriums in § 5 Abs. 2 Nr. 4 IfSG, im Wege der Rechtsverordnung Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit Gegenständen der persönlichen Schutzausrüstung und Produkten zur Desinfektion auf Bundesebene zu treffen, könnte der Regelung in Art. 2 BayIfSG entgegenstehen, entsprechende Güter an den Freistaat Bayern abgeben zu müssen. Eine Verpflichtung von Medizinern und Pflegepersonal wie in Art. 5 Abs. 2 BayIfSG war für das Bundesgesetz zwar erwogen worden, aber ausdrücklich nicht erfolgt. Trotz der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit könnte das BayIfSG nach dem föderalen Grundsatz Bundesrecht bricht Landesrecht daher insoweit nichtig sein (Art. 31 GG).[13][14]
Weblinks
- Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Infektionsschutzgesetz Bayerischer Landtag, Drs. 18/6945 vom 17. März 2020
Einzelnachweise
- Corona: Landtag beschließt Gesetz zu "Gesundheitsnotstand" BR, 25. März 2020.
- vgl. VerfGH München, Entscheidung vom 28. September 2021 - Vf. 8-VII-20
- Florian Rötzer: Gesundheitsnotstand: „Jede geeignete Person“ soll zur „Erbringung von Leistungen“ herangezogen werden können heise.de, 22. März 2020.
- Staatsregierung darf nun in Bayern den Gesundheitsnotstand ausrufen Süddeutsche Zeitung, 25. März 2020.
- Dirk Uwer, Norman Koschmieder: Katastrophenfall Corona-Pandemie: Zur Hilfe verpflichtet Legal Tribune Online, 26. März 2020.
- Informationen zum Coronavirus, Update vom 25. März. In: stmi.bayern.de. 28. März 2020, abgerufen am 25. März 2020.
- vgl. Bayerisches Katastrophenschutzgesetz (BayKSG) vom 24. Juli 1996 (GVBl. S. 282)
- Landtag in Bayern billigt neues Infektionsschutzgesetz ärzteblatt.de, 25. März 2020.
- § 65 Zuständigkeitsverordnung (ZustV) vom 16. Juni 2015 (GVBl. S. 184) in der Fassung des Art. 9a Abs. 3 BayIfSG vom 25. März 2020.
- Gesetzgebungskompetenz für den Infektionsschutz Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung vom 9. April 2020.
- Bundestags-Gutachten: Bayerisches Corona-Pandemie-Gesetz nicht rechtmäßig? Ärztezeitung, 15. April 2020.
- Gutachten: Zweifel an bayerischem Infektionsschutzgesetz Bayerischer Rundfunk, 15. April 2020.
- Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages: Bayerns Infektionsschutzgesetz verfassungswidrig? Legal Tribune Online, 15. April 2020.
- Bundestagsjuristen zweifeln an bayerischem Infektionsschutzgesetz Bayerische Staatszeitung, 15. April 2020.