Bärenstein (Abterode)
Der Abteröder Bär oder Todstein, wie er früher genannt wurde, ist ein auffälliger Fels aus dem Dolomit des Zechsteins am östlichen Ortsende von Abterode. Der kleine Hügel mit dem Kalkmagerrasen, auf dem er steht, befindet sich unweit der frühgotischen „Totenkirche“, die seit ihrer Zerstörung im Jahre 1809 nur noch als Ruine erhalten ist. Seinen Namen „Bär“ verdankt der hellfarbige, zerklüftete Felsen wohl seiner markanten Gestalt, die an einen aufrecht stehenden Bären erinnert. Seit der Ausweisung als pflanzenkundliches und erdgeschichtliches Naturdenkmal in 1926 wird die Stätte besonders geschützt. Der Bereich gehört zu dem Natura-2000-Gebiet 4725-306 „Meißner und Meißner Vorland“[1] im „Geo-Naturpark Frau-Holle-Land“. Als ein Verehrungsort von Frau Holle und als vorchristliche Opferstätte ist der Todstein auch aus kulturhistorischer Sicht bedeutsam.
Abteröder Bär oder Todstein
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Lage | Am östlichen Ortsrand von Abterode, Gemeinde Meißner im Werra-Meißner-Kreis in Hessen. | |
Kennung | ND 636.126 | |
Geographische Lage | 51° 13′ N, 9° 57′ O | |
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Meereshöhe | 247,2 m | |
Besonderheiten | Besonderer Schutz als Naturdenkmal und Teil des Natura-2000-Gebiets „Meißner und Meißner Vorland“ im „Geo-Naturpark Frau-Holle-Land“. |
Der Abteröder Bär
Aus der Karstlandschaft des östlichen Meißnervorlands ragen eine Anzahl alleinstehender Felsen hervor, die durch Abtragungs- und Auslaugungsprozesse der sie umgebenden weicheren Gesteine entstanden sind. Einige dieser markanten Felsformationen wie der Kleine und der Große Marstein bei Frankenhain, der Mühlstein bei Wolfterode und der Abteröder Bär wurden als Naturdenkmale ausgewiesen. Die Lage der Felsen, auf einer gedachten Bogenlinie, wird als Folge des Absinkens der Zechsteineinheiten unter das Meißnermassiv gedeutet. Die löchrige poröse Form der Felsen wird mit der Auslaugung von Gipsnestern innerhalb des Gesteins erklärt.
In der an Märchen, Mythen und Sagen reichen Region verbindet alter Volksglaube die Existenz des Todsteins mit Frau Holle. Der Stein soll von Frau Holle aus ihrem Schuh geschüttelt worden sein, als sie durch die Luft fuhr, um den Hohen Meißner aufzusuchen. Einer anderen Sage zufolge wurde der Stein von Frau Holle auf dem Daumen vom Meißner dorthin getragen.
Eine weitere Geschichte erzählt von zwei Riesen, die ihr treu dienten. Als das Riesenpaar das Schwinden ihrer Kräfte spürte, fürchteten sie, dass sie nach ihrem Tod getrennt würden. Frau Holle half, indem sie den Mann in einen Felsblock in Gestalt eines großen Bären und die Frau in eine Linde verwandelte, die 100 Schritte entfernt wuchs, bis ein Blitz sie traf. So sollten sich beide am jüngsten Tag wiederfinden.[2][3]
Die älteste bekannte schriftliche Nennung des „Bären“ stammt aus dem Jahr 1737. In der Steuertabelle der Bergfreiheit Abterode wird die Flurlage „beim Todtsteine“ erwähnt. Der in 1847 erschienene Aufsatz von Julius Schmincke „Der Holle-Mythus am Weißner (Meißner)“ gilt als Beginn der volkskundlichen Überlieferung für den Stein.[4]
Die in Abterode geborene und aufgewachsene Lehrerin und Heimatdichterin Helene Brehm erzählt in ihren 1925 erschienenen „Heimat-Schollen“ von den geheimnisvollen Fähigkeiten des Todsteins: Wenn man ihn dreimal hintereinander umgeht, so hat man keinen Kopf mehr. Hört der Bär es in Abterode elf Uhr läuten, so dreht er sich dreimal herum, und fragt man ihn: „Bär, was machst du?“, so antwortet er: „Gar nichts!“ Sie berichtete auch von den heimatlichen Kirmesfeiern und den Bräuchen um den Bären.[5]
Die althergebrachten Bräuche wie das Kirmesbegraben, in Gestalt eines Strohmannes oder einer Flasche Schnaps und das Abbrennen des Osterfeuers auf der Anhöhe über dem Felsen wird als eine Erinnerung an das „Todaustragen“ in uralter Zeit gewertet. Sie gelten auch als Beleg dafür, dass hier eine altheidnische Kultstätte gewesen war, an der zu Ehren von Frau Holle das Ende des Winters und der Beginn des Frühjahrs gefeiert wurden und dass diese Tradition auch heute noch lebendig ist.[6]
Touristische Erschließung
Beim Parkplatz an der Kirchenruine Abterode, wenige Schritte vom „Bären“ entfernt, beginnt der Premiumwanderweg P23 „Höllental“. Hier finden Wanderer einen Rastplatz und Ruhebänke sowie eine Informationstafel.[7]
Literatur
- Karl Kollmann: Frau Holle und das Meißnerland – Einem Mythos auf der Spur. Herausgegeben von der Historischen Gesellschaft des Werralandes und dem Werratalverein. Cordier, Heiligenstadt, 2012. ISBN 978-3-939848-32-5.
- Hanna Wallbraun: Auf Entdeckungsreise am Hohen Meißner. WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang, 2015, keine ISBN.
Weblinks
- Annette Rath-Beckmann: „Im Reich der Frau Holle. Der Todstein“; abgerufen am 22. Juli 2018.
- Sagenorte der Frau Holle auf der Webseite des Geo-Naturparks Frau-Holle-Land; abgerufen am 22. Juli 2018.
- „100 Dinge, die wir an der Region mögen: Abterode. Ein Bär und eine Ruine voll mit Rätseln“ In: „Werra-Rundschau“ vom 18. November 2018; abgerufen am 22. Juli 2018.
Einzelnachweise
- Bundesamt für Naturschutz (BfN): Steckbrief des Natura 2000-Gebiets „Meißner und Meißner Vorland“, abgerufen am 22. Juli 2018.
- Sagenorte der Frau Holle auf der Webseite des Geo-Naturpark Frau-Holle-Land; abgerufen am 22. Juli 2018.
- Hanna Wallbraun: Auf Entdeckungsreise am Hohen Meißner, S. 183 f.
- Karl Kollmann: Frau Holle und das Meißnerland. S. 143.
- Karl Kollmann: „Frau Holle und das Meißnerland. Der Bär oder Todstein bei Abterode“. In „Das Werraland“, Heft 4 vom Dezember 2005. S. 83 f.
- Karl Kollmann: Frau Holle und das Meißnerland. S. 145 f.
- Tour-Beschreibung und Karte (PDF-Datei; 5,49 MB) des Premiumweges P23 Höllental auf der Webseite des Geo-Naturparks Frau-Holle-Land; abgerufen am 27. Juli 2018