Astyages
Astyages (altpersisch (A)reštivaiga/(A)ri-Ištivaiga, medisch Ištumegu) war ein medischer König und der letzte Herrscher der medischen Kyaxares-Konföderation. Er war der Sohn des Kyaxares II. und gemäß Herodot der Großvater von Kyros II. Seine Regierungszeit ist in der Forschung umstritten und wird entweder mit einem Jahr, von 551 v. Chr. bis 550 v. Chr., oder nach Herodots Angaben von 585 v. Chr. bis 550 v. Chr. angesetzt.[1]
Geschichte
Der griechische Historiker Herodot schreibt, dass Astyages, der König von Medien und Herrscher über Persien, mit Aryenis, der Tochter des lydischen Königs Alyattes II., verheiratet wurde, mit der er eine Tochter, Mandane, gehabt haben soll. Er soll von einem Traum geplagt worden sein, in dem Mandane so viel „Wasser“ ließ, dass seine Hauptstadt, Ekbatana, davon überflutet wurde. Aus Furcht um seinen Thron gab er Mandane, deren Kind sonst Thronerbe geworden wäre, keinem Meder, sondern einem persischen Vasallenfürsten, Kambyses I., zur Frau. Dieser Ehe entstammte Kyros II.
Kurz nach der Eheschließung träumte Astyages, dass aus Mandanes Schoß ein Weinstock wuchs, der ganz Asien überschattete. Als Astyages erfuhr, dass Mandane schwanger war, ließ er sie durch den Meder Harpagos bewachen, der das Kind nach der Geburt töten sollte. Dieser brachte es jedoch nicht übers Herz, das Kind zu töten und gab es einem medischen Rinderhirten, der es aussetzen sollte, das Kind aber an sich nahm. Harpagos wollte sich nicht des Mordes an dem einzigen männlichen Nachkommen seines Verwandten Astyages schuldig machen. Er wurde jedoch von Astyages bestraft, indem dieser ihm bei einem Festmahl seinen eigenen Sohn am Spieß vorsetzen ließ.
Astyages soll den jugendlichen Kyros später persönlich beaufsichtigt haben, ihn dann jedoch nach Persien zurückgeschickt haben. Kyros baute hier seine Macht aus und rüstete zum Krieg gegen Astyages. Als dieser davon erfuhr, entsandte er ein Heer unter Führung des Harpagos, um gegen Kyros zu kämpfen. Harpagos lief jedoch mit der Streitmacht zu den Persern über. Astyages zog nun mit allen verbliebenen Medern gegen Kyros. Er soll in einer Schlacht nahe Pasargadai seine gesamte Streitmacht verloren haben und in Gefangenschaft des Kyros geraten sein.
Rezeption
Die von Herodot überlieferte Geschichte dient der Legitimation einer Herrschaftsübernahme. Ohne Legitimation hätte ein fremder König, der zudem aus dem Nichts erschienen ist, es schwer, im geschichtsträchtigen Vorderen Orient zu bestehen. Wie bei jeder Art von Legitimierung beziehungsweise Überzeugungsarbeit, stellt sich auch bei der Erzählung von Kyros II. die Frage nach dem Erfinder, dem Zielpublikum, dem Inhalt und der Art und Weise, wie der Inhalt dem Zielpublikum überbracht wurde.
Das Motiv des ausgesetzten Helden kommt in vielen verschiedenen Kulturen vor. Insgesamt sind 71 verschiedene Mythen mit dem gleichen Motiv überliefert. Moses, Ödipus und Romulus und Remus sind bis heute im westlichen Bewusstsein verankert. In den semitischen Versionen wie denjenigen von Moses oder Sargon von Akkad ist es die Mutter, die ihr Kind schützen will und es deshalb aussetzt. In den Erzählungen aus der indo-europäischen Tradition dagegen will eine Person den Helden zerstören. Die Geschichte von Kyros II. aus der indo-europäischen Tradition wird gewöhnlich von der Wissenschaft mit der semitischen Version von Sargon von Akkad verknüpft. Aber gerade in diesem Punkt unterscheiden sich die beiden Mythen. Bei Kyros II. war es Astyages, der den Helden vernichten wollte. Sargon von Akkad wurde als Kind von der Mutter verlassen. Es ist deshalb fragwürdig, ob die Legende von Kyros II. an das mesopotamische Zielpublikum gerichtet war.
Bereits Herodot schlug vor, dass Kambyses I. und Mandane die Fakten absichtlich manipuliert und einen Mythos geschaffen hätten, um die Perser zu beeindrucken. Moderne Wissenschaftler setzen den Ursprung der Geschichte in das medische Milieu. Kyros II. selber oder seine Nachkommen hätten die persisch-medische Einheit stärken wollen, um die Meder vom gemeinsamen Nutzen einer persischen Herrschaft zu überzeugen.[2]
Quellen
- Herodot: Historien
Literatur
- Roman Ghirshman: Iran, From The Earliest Times To The Islamic Conquest. Paris 1951.
- Pierre Briant: From Cyrus to Alexander: A History of the Persian Empire. Eisenbrauns, 2002, ISBN 978-1-57506-120-7, S. 31-35.
- Peter Lamborn Wilson, Karl Schlamminger: Weaver of Tales. Persian Picture Rugs / Persische Bildteppiche. Geknüpfte Mythen. Callwey, München 1980, ISBN 3-7667-0532-6, S. 79–139 (Die Könige), hier: S. 81–84 (Kyros, Dareios und Persepolis).
Weblinks
- Astyages in der Britannica
- Astyages auf Livius.org
- Astyages in der Encyclopædia Iranica
Anmerkungen
- Robert Rollinger: Medien. In: Walter Eder, Johannes Renger (Hrsg.): Herrscherchronologien der antiken Welt. Namen, Daten, Dynastien (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 1). Metzler, Stuttgart/Weimar 2004, ISBN 3-476-01912-8, S. 112–115, hier 112.
- Daniel Beckmann: Cyrus the Great and Ancient Propaganda. In: M. Rahim Shayegan (Hrsg.): Cyrus the Great: Life and Lore. Harvard University Press, Cambridge, Massachusetts, London 2018. ISBN 978-0674-98738-8. S. 157–161.