Arthur Günsburg

Arthur Günsburg (* 18. Februar 1872 i​n Wien; † n​ach 1933) w​ar ein österreichischer Regisseur u​nd Produzent d​er Stummfilmzeit.

Werdegang

Günsburg w​urde am 18. Februar 1872 i​n Wien geboren. Er l​ebte und arbeitete i​n Berlin[1] u​nd „stand d​em Theater s​eit vielen Jahren nahe“, w​ie Siegfried Jacobsohn 1912 i​n seiner „Schaubühne“[2] über i​hn schrieb.

Schon um die Jahrhundertwende war er als Textdichter zur Musik von Béla Laszky in Erscheinung getreten. Mit Theatertruppen ging er auf Gastspielreisen, u. a. nach Holland.[3] Das Deutsche Bühnenjahrbuch 1915 führt ihn als Impresario,[4] als Kaufmännischer Leiter war er an verschiedenen deutschen Bühnen tätig.[5]

Als Unternehmer betrieb e​r in Berlin d​ie A.G. Filmfabrikation, später A.G. Films Arthur Günsburg (Berlin), d​ie bereits 1913 u​nd dann wieder a​b 1918 b​is zum Ende d​er Stummfilmzeit Unterhaltungsfilme herstellte.

Darunter w​ar die Zweiakter-Serie “Krause” m​it ihrem Hauptdarsteller Karl Neisser,[6] für d​eren Folgen “Papa Krause” u​nd “Ganz o​hne Krause”, b​eide 1918, “Krause a​ls Detektiv” u​nd “Quatsch nicht, Krause”,[7] b​eide 1919, Leonhard Haskel d​as Manuskript schrieb; lediglich b​ei der letzten Folge “Held Krause” (ebenfalls 1919) w​ar Walter Formes d​er Drehbuchautor.[8]

Einen Namen machte Günsburg s​ich 1920 m​it seinem Künstlerportrait “Die Tragödie e​ines Großen”, auch: “Rembrandt u​nd seine Frauen”, u​nd 1922 m​it seiner Opernverfilmung Die Stumme v​on Portici.[9] Aufsehen[10] erregte 1927 a​uch seine Filmfassung d​es 1924 erschienenen Romans “Die glühende Gasse” v​on Paul Rosenhayn, d​ie in Österreich u​nter dem Titel “Brennende Straße” gezeigt wurde.

Hausregisseur d​er A.G. Filmfabrikation Arthur Günsburg (Berlin) w​ar Lorenz Baetz (auch: Bätz). Günsburg selber w​ar vorwiegend a​ls Produzent tätig, führte a​ber bei 15 Spielfilmen a​uch Regie; b​ei zweien h​atte er d​ie künstlerische Oberleitung. Bei vielen seiner Filme besorgte Otto Kanturek d​ie Photographie.

Im Oktober 1923 gründete e​r die Günsburg-Film Aktiengesellschaft (1923–1927), w​ar alleiniger Vorstand, a​ber selbst n​icht als Aktionär a​n der Firma beteiligt[11]. Zu d​en Aktionären gehörten u. a. d​er Regisseur Joseph Delmont. Vorsitzender d​es Aufsichtsrats w​ar Dr. Georg Freiherr v​on Eppstein. Eppstein u​nd Günsburg gründeten i​m Dezember 1930 d​ie Helios-Lichtspiele GmbH[12].

Günsburg w​ar auch Vorstand b​ei der Berliner Sportpalast AG u​nd ab März 1929 d​er Liquidator d​er Firma[13].

Arthur Günsburg verließ, d​a er jüdischer Abstammung war, Deutschland n​ach der Machtübernahme d​er Nazis.[14]

Filmografie

Als Regisseur:

  • 1918: Des Lebens Rutschbahn
  • 1918: Weib gegen Weib, auch: Der Mord an der Newa, auch: Unter falschem Namen
  • 1919: Erste Liebe
  • 1920: Die Tragödie eines Großen, auch: Rembrandt und seine Frauen[15]
  • 1920: Verkommen[16]
  • 1921: Zu Hilfe!
  • 1922: Die Stumme von Portici [Opernverfilmung]
  • 1922: Wer wirft den ersten Stein
  • 1922: Das größte Zugstück der Welt
  • 1923: Kinder von heute
  • 1924: Spanische Gluten
  • 1924: Um eine Million
  • 1925: Ballettratten

Als Produzent

  • 1913: Carriere
  • 1913: Fritze sucht Stellung
  • 1913: Lorbeerbaum und Bettelstab
  • 1913: Zwischen Schwarz und Blond, auch: Der Fremdling in der Fremdenlegion
  • 1918: Am Glück vorbei
  • 1918: Des Lebens Rutschbahn
  • 1918: Die Ehe der Lea Psantir
  • 1918: Ganz ohne Krause (Buch: Leonhard Haskel)
  • 1918: Papa Krause (Buch: Leonhard Haskel)
  • 1918: Weib gegen Weib, auch: Der Mord an der Newa, auch: Unter falschem Namen
  • 1918/19: Bergsünden
  • 1919: Christus[17]
  • 1919: Der Kampf unter dem Meeresspiegel [Tom Parker – Detektivdrama][18]
  • 1919: Die Medaille der Republik
  • 1919: Die Rächerin, auch: Das Abenteuer des Architekten Terzky
  • 1919: Die Tochter der Berge[19]
  • 1919: Erste Liebe
  • 1919: Held Krause (Buch: Walter Formes)
  • 1919: Krause als Detektiv (Buch: Leonhard Haskel)
  • 1919: Quatsch nicht, Krause (Buch: Leonhard Haskel)
  • 1920: Das Barmädel oder: Der Goldfasan
  • 1920: Der verflixte Aberglaube
  • 1920: Die andere Welt
  • 1920: Verkommen
  • 1921: Zu Hilfe!
  • 1922: Das größte Zugstück der Welt
  • 1922: Die Stumme von Portici
  • 1922: Wer wirft den ersten Stein
  • 1923: Kinder von heute
  • 1924: Des Blinden bester Freund
  • 1927: Die glühende Gasse

Künstlerische Oberleitung:

  • 1919: Christus
  • 1927: Die glühende Gasse, in Österreich: Brennende Straße (Buch: Pál Sugar nach dem Roman von Paul Rosenhayn, Regie Pál Sugar)[20]

Textdichter:

  • Secessions-Gesänge / 2: Das verliebte Paar, ein Tanzduett für eine Männer- und eine Frauenstimme / Albert Béla Laszky. [Text]: Arthur Günsburg. Berlin : Apollo-Verlag. Published 1900.

Literatur

  • Oksana Bulgakowa (Hrsg.): Die ungewöhnlichen Abenteuer des Dr. Mabuse im Lande der Bolschewiki: das Buch zur Filmreihe „Moskau-Berlin“. Verlag Freunde der Deutschen Kinemathek, Berlin 1995, ISBN 3-927876-10-0, S. 284–285, 289.
  • Deutscher Bühnenverein, Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger (Hrsg.): Deutsches Bühnen-Jahrbuch. Band 26, F.A. Günther & Sohn A.G., Berlin 1915, S. 314, 679.
  • Sebastian Hesse: Kamera-Auge und Spürnase. Der Detektiv im frühen deutschen Kino. Verlag Stroemfeld-Roter Stern, Frankfurt am Main/ Basel 2003, ISBN 3-87877-765-5.
  • Siegfried Jacobson (Hrsg.): Die Schaubühne. vollständiger Nachdruck der Jahrgänge 1905–1918. Verlag Athenäum, Frankfurt am Main 1980.
  • Wolfgang Jacobsen (Hrsg.): Babelsberg: das Filmstudio. 3. Auflage. Verlag Argon, Berlin 1994, ISBN 3-87024-291-4, S. 352–353.
  • Alfred Krautz: International directory of cinematographers, set- and costume designers in film. Band 4, Verlag Saur, München 1984, ISBN 3-598-21434-0, S. 341, 347, 421.
  • Ronny Loewy (Hrsg.): Von Babelsberg nach Hollywood. Filmemigranten aus Nazideutschland : Exponatenverzeichnis : Ausstellung vom 26.5.-9.8.1987. (Schriftenreihe des Deutschen Filmmuseums Frankfurt). Deutsches Filmmuseum, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-88799-010-2.
  • Helmut Morsbach, Babett Stach: German film posters: 1895–1945. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1992.
  • Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (Hrsg.): Neuer Theater-Almanach für das Jahr 1914. Verlag F.A. Günther, 1914.
  • Paul Rosenhayn: Die glühende Gasse. Roman. E. Keils Nachf., Leipzig 1924.
  • Georges Sturm: Die Circe, der Pfau und das Halbblut: die Filme von Fritz Lang 1916–1921. Wissenschaftlicher Verlag, Berlin 2001, S. 61, 241.
  • Marco de Waard: Imagining Global Amsterdam. History, Culture, and Geography in a World City. Verlag Amsterdam University Press, Amsterdam 2012, ISBN 978-90-8964-367-4, S. 164 Anm. 21. (englisch)
  • Michael Wedel: Der deutsche Musikfilm. Archäologie eines Genres. Edition Text + Kritik, München 2007, ISBN 978-3-88377-835-8.

Einzelnachweise

  1. Das Deutsche Bühnenjahrbuch 1915 auf S. 314 gibt seine Wohnungsanschrift mit „Wilmersdorf, Prinzregenten-Str. 66“ an
  2. „Die Schaubühne“, Herausgeber: Siegfried Jacobsohn. Band 8, Teil 1, S. 120.
  3. vgl. “Die Schaubühne”, Band 8, Teil 1, S. 8.
  4. Deutsches Bühnenjahrbuch 1915, S. 314.
  5. z. B. am Komödienhaus in Berlin, am Neuen Theater in Frankfurt am Main, vgl. “Die Schaubühne”, Band 9, S. 161 ; Neuer Theater-Almanach für das Jahr 1914, S. 775.
  6. auch: Neißer, geboren 2. Juli 1882, gest. 28. August 1933, in Berlin. Führte auch Regie, z. B. bei den Filmen “3000 Mark Belohnung” (1918), “Der Blick in den Abgrund” (1919) und “Das Geheimnis des Fabrikanten Henderson” (1919, auch Drehbuch), vgl. IMDb
  7. vgl. GECD #31951 : Quatsch nicht, Krause (1919). Produktionsfirma: AG (wohl Günzburg). Darsteller: Karl Neisser. Film Length 477 Meter, 2 acts. Censorship Polizei, Berlin: Jugendfrei (No. 43016); auf diesen Film und seine Hauptfigur soll die inzwischen sprichwörtlich gewordene Berliner Redewendung “Quatsch nich’, Krause!” zurückgehen.
  8. vgl. GECD #24723
  9. nach der Oper von Daniel-François-Esprit Auber (1828), vgl. myheimat.de
  10. der Film sollte zunächst mit Zensurbescheid vom 7. Oktober 1927 verboten werden, vgl. B.16842_1927, das Verbot wurde jedoch nach Schnittauflagen für Gewalt- und Sexszenen von der Oberprüfstelle mit Bescheid vom 12. Oktober 1927 zurückgenommen und auf ein Jugendverbot abgemildert, vgl. O.00930_1927
  11. Handelsregister Berlin HRB Nr. 32882
  12. Handelsregister Berlin HRB Nr. 45365
  13. Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 111 vom 15. Mai 1929
  14. vgl. Loewy S. 12.
  15. Rembrandt-Biographie, mit Carl de Vogt in der Hauptrolle, vgl. steffi-line: "Erwähnenswert ist auch seine Rolle des „Rembrandt“ in Arthur Günsburgs „Die Tragödie eines Großen“ (1920)", und Marco de Waard : “There is at least one earlier Rembrandt bio for the screen: Die Tragödie eines Großen, directed by Arthur Günsburg (1920)” ; Krautz S. 347, Georges Sturm S. 61, Kinoplakat von Josef Fenneker bei Morsbach-Stach S. 106.
  16. vgl. Krautz S. 347.
  17. Tonbild mit Orgel und Chorgesang, vgl. GECD #19886 : Gesang bei Tonbildern: Kirchenchor Alexander Kiesslich, Musiker: Martin Grabert [Orgel] ; zum Begriff Tonbild vgl. Wedel S. 58
  18. vgl. Hesse S. 384 f., den Detektiv Tom Parker spielte Heinrich Peer
  19. unter Mitwirkung von Denggs Bauerntheater, Tegernsee, vgl. GECD #35375 (d. i. Eggern am Tegernsee, Bauerntheater Michel Dengg, gegr. 1903, vgl. winkler-kreuth.de)
  20. vgl. difarchiv, Jllustr. Filmkurier abgeb. bei
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