Anne Tölle-Honekamp
Anne Tölle-Honekamp (* 22. Mai 1896 in Borken; † 27. Juni 1944 in Schloss Neuhaus) war eine deutsche Schriftstellerin.
Leben
Anne Honekamp wurde als sechstes Kind des Rektors der Josefschule in Bocholt Theodor Gerhard Honekamp und seiner Ehefrau Sophia geboren. Von 1913 bis 1915 besuchte sie das Lehrerinnenseminar in Koblenz-Oberwerth. Nach ihrem Examen war sie als Volksschullehrerin in Ochtendung (1915), Bocholt (1916–1921) und Wiesdorf (1921–1923) tätig. 1923 heiratete sie den Journalisten Hermann Tölle und schied aus dem Schuldienst aus. Das Paar bekam drei Kinder und siedelte nach Berlin über. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie in Kaunas. Kurz nach ihrer Rückkehr nach Deutschland starb sie mit nur 48 Jahren und ist auf dem Westfriedhof in Paderborn begraben.
Künstlerisches Schaffen
Schon in jungen Jahren pflegte sie Kontakt zum Kreis westfälischer Dichter um Heinrich Luhmann, Karl Wagenfeld und Friedrich Castelle und korrespondierte mit Gustav Falke[1], Richard Dehmel und Paul Keller, in dessen Jahrbuch „Die Bergstadt“ sie Gedichte publizierte. Mit Margarete Windthorst[2] verband sie eine langjährige Freundschaft.
Gefördert wurde sie von Wilhelm Uhlmann-Bixterheide, der sie in seinem Sammelwerk „Westfalens Dichter und Erzähler“ erstmals mit fünf ihrer Gedichte einer breiten Öffentlichkeit vorstellte. Zahlreiche ihrer Gedichte[3], Märchen[4], Kurzprosatexte[5] und literarischen Betrachtungen[6] erschienen ab 1914 in den Anthologien „Westmünsterland – Monatsschrift für Heimatpflege“, „Die Bergstadt“ und dem von Fritz Mielert herausgegebenen „Westfalenbuch“.
Ihre besondere Aufmerksamkeit widmete sie dem jungen Medium Rundfunk. Der Schriftsteller Ernst Hardt, Intendant des 1927 gegründeten Westdeutschen Rundfunks WERAG, gab ihr oft Gelegenheit, mit literarischen Essays[7], Vorträgen[8], Lesungen[9] Hörfolgen und Hörspielen[10] im Programm zu erscheinen. 1932 und 1933 strahlte der „Vlaamse Nationaal Radio Omroep“ in Brüssel ihr Hörspiel „Schicksal auf Drähten (Centrale hier)“, übersetzt von Gust De Muynck, in flämischer Sprache aus. Einige ihrer Gedichte wurden von Antanas Kruminas ins Litauische übertragen, andere von Otto Siegl („Schneeflocken, selige Tänzer“)[11] und Robert Ruthenfranz („Liederzyklus“) vertont. 1933 zog sie sich aus dem Literaturbetrieb zurück, schrieb jedoch weiter. Der Roman „Die silbernen Straße“ (1942/3) erschien erst postum (1948)[12].
Ihr Nachlass befindet sich im Westfälischen Handschriftenarchiv der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund und im Stadtarchiv Bielefeld, die Korrespondenz mit Gustav Falke umfasst 47 Schreiben und liegt im Stadtarchiv Lübeck.
Werke
- Zur Familienfeier. Das neue Glückwunschbüchlein für Erwachsene: Gedichte, ernste und heitere Vorträge, Aufführungen, Reden und ein Anhang telegraphischer Glückwünsche, Temming u. Heilborn, Bocholt 1927.
- Schicksal auf Drähten, Temming u. Heilborn, Bocholt o. J.
- Schuster Sonntag erhält einen Einschreibebrief, Deutsche Landbuchhandlung, Berlin 1934 (mit Hermann Tölle)
- Die silberne Straße, Laumann, Dülmen 1948
Literatur
- Wilhelm Uhlmann-Bixterheide: Anne Honekamp, in: Westfalens Erzähler und Dichter, Dortmund 1922, S. 247–256, 582
- Margarete Windthorst: „Sehnsucht, Du von Urbeginne“ – Eine Erinnerung an die westfälische Dichterin Anne Honekamp, in: Jahrbuch der Droste Gesellschaft 2 (1948/50), S. 310–318
- Alexander Mrugowski: Gustav Falkes Briefwechsel mit Anne Honekamp, in: Der Wagen – ein lübeckisches Jahrbuch 1963, S. 133–138
- P.M. Schulte: Lebensbilder westfälischer Frauen: Anne Tölle-Honekamp, in: Unser Bocholt – Zeitschrift für Kultur und Heimatpflege 12 (III, 1961), S. 18f.
- Clarissa Tölle-Honekamp: Begleiterin auf Märchenpfaden, in: Westfalenspiegel (7/1954), S. 20
- Clarissa Tölle-Honekamp: Der Tod ist eine ewige Brücke, in: Unser Bocholt – Zeitschrift für Kultur und Heimatpflege 15 (III, 1964) S. 71
- Berthold Zünkler: „Sehnsucht, du von Urbeginne“. Zum 70. Geburtstag der westfälische Dichterin Anne Tölle-Honekamp, in: Heimatborn 1966, S. 140
Weblinks
Einzelnachweise
- Alexander Mrugowski: Gustav Falkes Briefwechsel mit Anne Honekamp, in: Der Wagen - ein lübeckisches Jahrbuch 1963, S. 133–138
- Margarete Windthorst: Sehnsucht, du von Urbeginne – Eine Erinnerung an die westfälische Dichterin Anne Honekamp, in: Jahrbuch der Droste Gesellschaft, Bd. 2 (1948/50) S. 310–318
- z. B. „Neujahr 1916“ (1916), „Frühling“, „Herbst“ (1917), „Siehst du“, „Am Herdfeuer“ (1918), „Meinem Schwesterchen“ (1919), „Winterabend“ (1921), „1916“, „Tod“, „Gebet“, „Kirche“, „Dir“, „Nacht“ (1922), postum: „Kleine weiße Amsel“, „Der Tod muß gut sein“ (1950), „Wunsch“, „Gedicht“ „Dein Garten“, „Meinen Kindern“ (1954)
- z. B. „Ein Märchen vom Frühling“ in: Münsterland 6 (H. 3, 1919)
- z. B. „Wenn du wiederkommst“ in: Westmünsterland 2 (H. 9, 1915), „Der Schatten“ in: Uhlmann-Bixterheide S. 247–251
- z. B. „Tod und Vergänglichkeit in der westfälischen mundartlichen Dichtung“ in: Westmünsterland 1 (H. 12, 1914)
- z. B. „Erinnerung an Gustav Falke“ gesendet am 27.02.1928 oder „Detlev von Liliencron im Spiegel seiner Briefe“ gesendet am 29.08., 01.09. und 05.09. 1928
- z. B. „Hausfrau und Rundfunk“ abgedruckt in: Arbeiterfunk (1.04.1930) S. 416, Funk (H. 25/1930) S. 97, Funkturm (Heft 31/1930) S. 13f.
- z. B. „Lyrische Prosa“ gesendet am 19.04.1928
- z. B. „Reise zu Knecht Rupprechts Werkstatt“ und „Beim Puppendoktor“ u. a. mit Els Vordemberge
- Otto Siegl: Schneeflocken, selige Tänzer, Bohm u. Sohn, Augsburg 1959
- Josef Bergenthal: Westfälische Literatur im 20. Jahrhundert, in: Jahrbuch der Droste Gesellschaft Bd. 2 (1948/50), S. 297