Anguloa
Die Gattung Anguloa gehört zur Pflanzenfamilie der Orchideen (Orchidaceae). Die etwa neun Arten sind im nordwestlichen Südamerika verbreitet. Aufgrund der Gestalt der Blüten werden sie im deutschen Sprachraum auch Tulpenorchideen genannt.[1]
Anguloa | ||||||||||||
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Anguloa clowesii, Illustration | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Anguloa | ||||||||||||
Ruiz & Pav. |
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Anguloa-Arten wachsen als ausdauernde krautige Pflanzen. Alle Anguloa-Arten bilden an einem kriechenden Rhizom in kurzem Abstand Pseudobulben. Die Pseudobulben sind bei einer Länge von bis zu 20 Zentimetern oval und seitlich etwas abgeflacht mit mehreren undeutlichen seitlichen Graten; sie bestehen aus einem einzigen Internodium. Rhizom und Pseudobulben sind von Niederblättern umgeben, am oberen Ende der Pseudobulben sitzen je drei Laubblätter. Die bis zu 1 Meter langen Laubblätter sind plikat (gefaltet), mit deutlich auf der Unterseite sichtbarer Nervatur. Sie laufen an der Basis stielartig aus.
Generative Merkmale
Der Blütenstand erscheint seitlich aus der Basis der Pseudobulben und trägt nur eine Blüte.
Die resupinierten Blüten sind fleischig oder wachsartig und relativ groß. Die zwittrigen Blüten sind zygomorph und dreizählig. Die Blütenhüllblätter sind weiß, rosafarben oder gelb. Die drei Sepalen sind glockenförmig zusammengeneigt und umschließen die Petalen. Die beiden seitlichen Sepalen sind mit der Säule zu einer kleinen sackartigen Vertiefung verwachsen. Die Lippe ist dreilappig, am Grund gelenkig mit der Säule verwachsen, die zwei Seitenlappen umschließen die Säule röhrenförmig, der mittlere Lappen läuft in einer gebogenen Spitze aus. Auf der Lippe befindet sich ein Kallus. Die Säule ist gerade, an der Basis mit einer Verlängerung, an der die Lippe angewachsen ist („Säulen-Fuß“). Das Staubblatt sitzt terminal und ist gegenüber der Säulenachse hinabgebogen. Seitlich des Staubblatts befinden sich an der Säule zwei kleine Anhängsel. Die vier harten, gelben Pollinien sind über ein längliches Stielchen mit einem herzförmigen Haftorgan (Viscidium) verbunden.
Ökologie
Die Pflanzenexemplare sind für Orchideen recht groß und wachsen meist terrestrisch oder lithophytisch, nur gelegentlich epiphytisch.
Die Anguloa-Arten werden von männlichen Prachtbienen (Euglossini) bestäubt. Durch das Gewicht der Insekten wird die gelenkig angebrachte Lippe aus dem Gleichgewicht gebracht und schwenkt gegen die Säule. Dort wird den Prachtbienen mittels des klebrigen Viscidiums die Pollinien an den Thorax geheftet bzw. schon an der Prachtbiene klebende Pollinien werden auf der Narbe platziert.
Vorkommen
Die Arten der Gattung Anguloa kommen im nordwestlichen Südamerika von Venezuela über Kolumbien, Ecuador und Peru bis nach Bolivien vor. Sie wachsen dort an Felsen, Uferabbrüchen oder in feuchten Wäldern in Höhenlagen von 1500 bis 2500 Metern.
Systematik
Die Gattung Anguloa wurde 1794 durch Hipólito Ruiz López und José Antonio Pavón in Florae Peruvianae, et Chilensis Prodromus, sive Novorum generum plantarum Peruvianarum, et Chilensium descriptiones, et icones. XXII+154 S., 37 tt. Sancha, Madrid aufgestellt.[2] Der Gattungsname Anguloa ehrt den spanischen Bergbauingenieur und Politiker Francisco de Angulo (1756–1815).[3]
Die Gattung Anguloa gehört zur Subtribus Lycastinae aus der Tribus Maxillarieae in der Unterfamilie Epidendroideae innerhalb der Familie Orchidaceae. Mit der Gattung Anguloa nahe verwandt ist die Gattung Lycaste.
Je nach Autor gibt etwa neun Arten sowie einige Varietäten in der Gattung Anguloa:[2]
- Anguloa brevilabris Rolfe: Kolumbien und nördliches Peru.[2]
- Anguloa cliftonii Rolfe: Kolumbien.[2]
- Anguloa clowesii Lindl.: Kolumbien und Venezuela.[2]
- Anguloa dubia Rchb. f.: Kolumbien.[2]
- Anguloa eburnea B.S.Williams: Kolumbien, Peru und Ecuador.[2]
- Anguloa hohenlohii C.Morren: Es gibt seit 1999 zwei Varietäten:
- Anguloa tognettiae Oakeley: Kolumbien und nordwestliches Venezuela.[2]
- Anguloa uniflora Ruiz & Pav.: Peru.[2]
- Anguloa virginalis Linden ex B.S.Williams: Es gibt seit 1999 zwei Varietäten:
Zudem gibt es einige natürlich vorkommende Hybriden:[2]
- Anguloa ×rolfei Sander ex Rolfe: Kolumbien, Eltern sind Anguloa brevilabris × Anguloa cliftonii.
- Anguloa ×ruckeri Lindl.: Venezuela, aus Anguloa clowesii × Anguloa hohenlohii.
- Anguloa ×speciosa Linden: Kolumbien, die Elternteile sind Anguloa tognettiae × Anguloa virginalis.
Verwendung
Aufgrund der großen, farbigen Blüten sind einige Anguloa-Arten in Kultur zu finden. Sie stellen keine besonderen Ansprüche, sollten aber mehr als andere Orchideen gedüngt werden. Es gibt einige Sorten sowie Hybriden mit Lycaste-Arten.
Bilder
- Anguloa brevilabris
- Anguloa cliftonii
- Anguloa clowesii
- Anguloa uniflora
- Anguloa virginalis
Literatur
- C.H. Dodson, C.A. Luer (2005): Orchidaceae part 2 (Aa–Cyrtidiorchis). In: G. Harling, L. Andersson (Hrsg.): Flora of Ecuador, Band 76, S. 43ff. Botanical Institute, Göteborg University, ISBN 91-88896-51-X.
- Jürgen Röth (1983): Orchideen. S. 120f. VEB Deutscher Landwirtschaftsverlag Berlin.
Einzelnachweise
- Friedrich Gustav Brieger: Die Orchideen: Botanische Grundlagen der Orchideenforschung, Taxonomische Beschreibung der Orchideen (= Die Orchideen: ihre Beschreibung, Kultur und Züchtung, Band 1, Teile 23–31). P. Parey, Berlin 1990 (3. Ausgabe), ISBN 9783826330841, S. 1821.
- Rafaël Govaerts (Hrsg.): Anguloa. In: World Checklist of Selected Plant Families (WCSP) – The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew, abgerufen am 5. Juli 2018.
- Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018.