Andreas Gotzmann
Andreas Gotzmann (* 1960 in Karlsruhe) ist ein deutscher Historiker und Religionswissenschaftler mit dem Forschungsschwerpunkt jüdische Geschichte und Kultur. Sein 1999 begründeter Lehrstuhl für Judaistik und Religionswissenschaft an der Universität Erfurt ist die erste und einzige Institution für Forschung und Lehre im Bereich des Judentums und der jüdischen Geschichte im Freistaat Thüringen.
Lebenslauf
Studium der Jüdischen Studien (mit den Schwerpunkten: Jüdische Geschichte, Rabbinica und Codices und Jüdische Kunstgeschichte) an der 1979 gegründeten Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg; parallel dazu Studium an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Von 1990 bis 1995: Studien und research fellow in New York und Jerusalem. Seine Promotion erfolgte 1995 in Judaistik an der Freien Universität Berlin. Von 1994 bis 1999 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter, dann Wissenschaftlicher Assistent in Judaistik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seit 1999 ist er Professor für Judaistik und Religionswissenschaft an der neugegründeten Universität Erfurt.
Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler Fachverbände, wissenschaftlicher Beiräte[1], Kooperationen und Forschungszusammenschlüsse. Unter anderem von 2002 bis 2006 Vorstandsmitglied des Verbands der Judaisten in der Bundesrepublik Deutschland. Seit vielen Jahren im Vorstand der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft des Internationalen Leo Baeck Instituts[2].
Forschung
Von Andreas Gotzmann liegen wissenschaftliche Publikationen insbesondere zur deutsch-jüdischen Geschichte vor. Als Spezialist für frühneuzeitliche sowie moderne jüdische Geschichte erstreckt sich sein Werk vom 16. Jahrhundert bis hin zur Zeitgeschichte. Im Zentrum der kulturwissenschaftlich orientierten historischen Arbeiten stehen insbesondere Fragen zur Struktur und Bedeutung kulturellen Wandels und kultureller sozialer Stabilisierungsprozesse. Neben übergreifenden Analysen, die von der Rechtsgeschichte, über die Religions- und Sozialgeschichte bis hin mentalitäts-, ideen- und handlungsgeschichtlichen Aspekten reichen, sind es vor allem Fragen zur Identitätsbildung, zur Formierung, Struktur und Festigung jüdischer Gemeinschaft sowie eigenständiger kultureller Deutungsmodelle, die Gotzmanns Arbeiten durchziehen. Einen weiteren Forschungsschwerpunkt bildet die Wissenschaftsgeschichte.
Seit 2003 ist er Sprecher des Projekt-Clusters ‚Jüdisches Heiliges Römisches Reich‘.
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2010: Rosl und Paul Arnsberg-Preis der Stiftung Polytechnische Gesellschaft für das Buch Jüdische Autonomie in der Frühen Neuzeit. Recht und Gemeinschaft im deutschen Judentum (2008)[3]
Werke (Auswahl)
Monographien:
- Jüdisches Recht im kulturellen Prozess. Die Wahrnehmung der Halacha im Deutschland des 19. Jahrhunderts. Tübingen 1997.
- Eigenheit und Einheit. Modernisierungsdiskurse des deutschen Judentums der Emanzipationszeit. Leiden 2002.
- Jüdische Autonomie in der Frühen Neuzeit. Recht und Gemeinschaft im deutschen Judentum. Göttingen 2008.
Herausgeberschaften:
- mit Rainer Liedtke, Till van Rahden: Juden – Bürger – Deutsche. Zu Vielfalt und Grenzen in Deutschland. Tübingen 2001.
- mit Vasilios Makrides, Jamal Malik, Jörg Rüpke: Religiöser Pluralismus in Europa. Marburg 2001.
- Kehilat Friedberg. 2 Bände. Friedberg (Hessen) 2002; Bd. 1: Cilli Kasper-Holtkotte: Jüdisches Leben in Friedberg (16.–18. Jahrhundert); Bd. 2: Stefan Litt: Protokollbuch und Statuten der jüdischen Gemeinde Friedberg (16.-18. Jahrhundert).
- mit Christian Wiese: Modern Judaism and Historical Consciousness: Identities – Encounters - Perspectives. Boston 2007.
- mit Michael Brenner, Yfaat Weiss: Germans – Jews – Czechs. The Case of the Czech Lands (= Bohemia. 46,1 / special edition). München 2005.
- mit Stephan Wendehorst: Juden im Recht. Neue Zugänge zur Rechtsgeschichte der Juden im Alten Reich (= Zeitschrift für Historische Forschung. Beiheft 39). Berlin 2007.
- mit Karen Körber: Lebenswirklichkeiten. Russischsprachige Juden in der deutschen Einwanderungsgesellschaft. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021.
Weblinks
- Literatur von und über Andreas Gotzmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website an der Universität Erfurt
- Andreas Gotzmann im Who is Who der Universität Erfurt (wird seit 2020 nicht mehr aktualisiert)
Einzelnachweise
- u. a. des Jüdischen Museums Franken Jüdisches Museum Franken, des Center for German-Jewish Studies der University of Sussex
- LEO BAECK INSTITUTE LONDON: ÜBER UNS. leobaeck.co.uk. Abgerufen am 15. April 2012.
- Verleihung des Rosl und Paul Arnsberg-Preises. sptg.de. 18. August 2010. Abgerufen am 15. April 2012.