Andante favori
Das Andante für Klavier (F-Dur) WoO 57, genannt Andante favori, ist ein Stück für Klavier solo von Ludwig van Beethoven.
Das Werk mit der Tempobezeichnung Andante grazioso con moto hat eine Spieldauer von ca. 9 Minuten.
Geschichte
Entstanden ist das Stück um 1803/04. Es war ursprünglich geplant als Mittelsatz der Klaviersonate Nr. 21, der Waldstein-Sonate, die Beethoven seinem Freund und Förderer Ferdinand Ernst von Waldstein-Wartenberg gewidmet hat. Der Beiname Andante favori geht laut Carl Czerny auf Beethoven selbst zurück, der das Andante „wegen seiner Beliebtheit (wenn es Beethoven häufig in Zirkeln spielte)“ so genannt haben soll.[1]
Ferdinand Ries, Schüler und eine Zeitlang Sekretär Beethovens, schreibt in einer Notiz: „Ein Freund Beethoven’s äußerte ihm, die Sonate sei zu lang, worauf dieser von ihm fürchterlich hergenommen wurde. Allein ruhigere Ueberlegung überzeugte meinen Lehrer bald von der Richtigkeit der Bemerkung. Er gab nun das große Andante in F dur, 3/8 Tact, allein heraus und componirte die interessante Introduction zum Rondo, die sich jetzt darin findet, später hinzu.“[2] Den ursprünglichen Mittelsatz veröffentlichte Beethoven 1805 separat im Kunst- und Industriekonto, Wien.
Ab dem Jahre 1804 entwickelte sich zwischen Beethoven und der (inzwischen verwitweten) Gräfin Josephine Deym eine leidenschaftliche Liebesbeziehung, was zahlreiche Liebesbriefe aus jener Zeit beweisen. 1805 schenkte Beethoven Josephine den Autograph des Andante grazioso con moto, als musikalische Liebesbotschaft. Die Musikwissenschaftlerin Christine Eichel schreibt wie folgt darüber:
- Josephine wird diese Botschaft dennoch verstanden haben:
- Diese Musik fungiert als Postillon d’amour. Mit den fast stammelnden Worten: „hier Ihr - Ihr Andante“, überreicht Beethoven ihr ein 'dolce', also zart und süß zu spielendes Liebesbekenntnis voller Seufzermotive. Mühelos kann Josephine ihren eigenen Namen im punktierten Vier-Ton-Motiv wiedererkennen. Jo-se-phi-ne wispert es ihr entgegen, immer wieder, in verschiedenen Beleuchtungen, Tonlagen und Tempi, von Verzierungen umspielt, in Variationen versteckt.[3]
- Auffallend ist gleich in Takt dreizehn ein eigentümlich taumelndes Hin und Her in Sekundschritten: achtmal hintereinander ereignet sich diese G-E-F-Tändelei, die entfernt an die E-Dis-E-Girlanden in 'Für Elise' erinnert. Und natürlich wiederholt sich das Wechselspiel noch mehrfach. Doch dies ist kein amüsantes Kabinettstückchen. Fast scheint es, als liebkose Beethoven seine Josephine mit Tönen. Ein zärtlicher Schleier liegt über dem 'Andante', auch eine ungeheure Behutsamkeit. Diese Musik bedrängt nicht, sie ist ein sanftes, wenngleich nachdrückliches Werben. So komponiert ein Mann, der sich in Rücksicht übt. Offenbar will Beethoven Josephine nicht überwältigen, nur musikalisch offenbaren, was er ihr bereits in Worten gestanden hat.[3]
Später hatte Beethoven von Gräfin Josephine Deym das Manuskript, das er ihr geschenkt hatte, zurückgeborgt, um es von Ries für den Druck abschreiben zu lassen.
Das Andante favori im Film
Das Andante favori, am Piano gespielt von Darcys Schwester Georgiana, begleitet eine Schlüsselszene in der BBC-Fernsehserie Stolz und Vorurteil von 1995 nach dem gleichnamigen Roman von Jane Austen. In der ausgewählten Passage moduliert die Musik von F-Dur nach Des-Dur und wieder zurück. Als Georgiana das Stück spielt, treffen sich die Blicke von Darcy und Elizabeth, und ihre Geschichte nimmt eine Wende. Carl Davis, der für die Musik des Films verantwortlich war, spielt alle Klavierstücke des Films.[4][5]
Alice Sara Ott spielt in dem Film Lara von Jan-Ole Gerster eine Passage aus dem Andante favori.
Literatur
- Christine Eichel: Der empfindsame Titan. Ludwig van Beethoven im Spiegel seiner wichtigsten Werke. Blessing Verlag München 2019, ISBN 978-3-89667-624-5
Weblinks
- Andante favori, Verzeichnis der Aufnahmen von 1930–2019 Idagio.com, abgerufen am 27. Januar 2020
- Anne Ohrschied: Musikstück der Woche vom 29. Juli 2013 Die Große swr.de, abgerufen am 29. Januar 2020
Einzelnachweise
- vgl. Andante für Klavier (F-Dur) WoO 57, Beethoven-Haus Bonn (Hrsg.)
- Biographische Notizen über Ludwig van Beethoven von Franz Gerhard Wegeler und Ferdinand Ries. Coblenz: Bädeker 1838. S. 101.
- Christine Eichel: Der empfindsame Titan. Ludwig van Beethoven im Spiegel seiner wichtigsten Werke. Blessing, München 2019. S. 180–181
- Classic Period Dramas abgerufen am 28. Januar 2020
- Wendy Thomson: Carl Davis, Maestro. London. Faber 2016. Kapitel Pride and Prejudice.