Amalgamiertes Produkt
Das amalgamierte (freie) Produkt von Gruppen nach der Gruppe oder das freie Produkt der Gruppen mit der amalgamierten Untergruppe ist eine mit dem freien Produkt von Gruppen verwandte mathematische Konstruktion. Dabei wird zunächst das freie Produkt der Gruppen gebildet. Diese müssen hierbei jedoch alle eine zur (Unter-)Gruppe isomorphe Untergruppe enthalten. Danach werden diese Untergruppen durch (a) geeignete Identifikation von Elementen und (b) Anpassung der Gruppenverknüpfung innerhalb des freien Produktes miteinander verschmolzen (bildlich gesprochen) und in diesem Sinne amalgamiert.[1] Die Identifizierung von je zwei Elementen aus verschiedenen der vorgegebenen, zu isomorphen, Untergruppen wird hierbei über die Isomorphie zur Gruppe bewerkstelligt (s. u. Ä3) und die Gruppenverknüpfung dementsprechend angepasst (s. u. Gruppen-Verknüpfung).
Man spricht von einem nichttrivialen amalgamierten Produkt, wenn und ist.
Das amalgamierte Produkt von zwei Gruppen und mit einer gemeinsamen Untergruppe ist ein Beispiel für ein Pushout.
Das freie Produkt ist eine Anwendung bzw. ein Spezialfall des amalgamierten Produktes, da jedes freie Produkt vermöge der Amalgamierung nach der trivialen Untergruppe [2] seiner Faktoren als amalgamiertes Produkt aufgefasst werden kann.
Definition (konstruktiv)
Grundvoraussetzungen
Sei eine Indexmenge und eine Familie von Gruppen. Weiter beinhalte jede dieser Gruppen eine Untergruppe , und alle diese seien isomorph zu einer Gruppe Der zugehörige Gruppenisomorphismus, der diese Isomorphie vermittelt, sei mit für alle bezeichnet.
Sei weiter – Ein Wort über den sei eine Hintereinanderschreibung (Aneinanderreihung, Verkettung, etc.)
von Elementen aus den wobei das Wort entweder (für ) leer sei – dann geschrieben oder – oder es gebe für jedes ein sodass gelte (d. h. zwei verschiedene müssen nicht aus derselben Gruppe sein).
Im Folgenden schreiben wir sowohl für das leere Wort wie auch für die neutralen Elemente der Gruppen ohne Unterschied .
Elementare Äquivalenzen
Analog zum Vorgehen bei der Bildung des freien Produktes der Gruppen betrachten wir nun Wörter aus Elementen aus den und definieren sogenannte elementare Äquivalenzen (Ä1–Ä3) zwischen denselben:
(Ä1)
- – Neutrale Elemente können weggelassen werden. –
- Falls dann sei
- (elementar) äquivalent zu
(Ä2)
- – Zwei Elemente können durch ihr Produkt ersetzt werden. –
- Falls und aus derselben Gruppe sind und in gilt, dann sei
- (elementar) äquivalent zu
(Ä3)
|
- – Elemente können durch zugehörige Elemente ersetzt werden. –
- Falls und mit und die Elemente und einander zugehörig sind, dann sei
- (elementar) äquivalent zu
Wortweise Äquivalenz
Auf Grundlage der elementaren Äquivalenzen Ä1–Ä3 erklären wir nun die wortweise Äquivalenz: Zwei Wörter und seien (wortweise) äquivalent, falls es eine Folge
mit gibt, in welcher und für jedes elementar äquivalent sind. (Die wortweise Äquivalenz entspricht damit der transitiven Hülle bzw. der reflexiv-transitiven Hülle der elementaren Äquivalenz.) Für die so definierte Äquivalenzrelation benutzen wir im Folgenden das Symbol Für (wortweise oder elementar) äquivalente Wörter und gilt also
Bezeichnen wir mit die Menge aller Wörter über den so bedeutet
die Menge aller zu äquivalenten Wörter. Dies wird auch die Äquivalenzklasse von genannt.
Gruppen-Verknüpfung
Auf der Menge ist durch die Hintereinanderschreibung von Wörtern und eine Verknüpfung
erklärt. Wir übertragen schlussendlich diese Verknüpfung in natürlicher Weise auf die Quotientenmenge von nach der Äquivalenzrelation indem wir definieren:
Das Produkt (in G/~) der Äquivalenzklassen von x und y ist gleich der Äquivalenzklasse des Produktes (in G) von x und y.
Dieses Produkt wird auch als das kanonische[4] Produkt auf bezeichnet.
Abschlussdefinition
Die Quotientenmenge bildet zusammen mit dem eben definierten Produkt eine Gruppe nämlich das amalgamierte Produkt der Gruppen oder das freie Produkt der Gruppen mit der amalgamierten Untergruppe
Weblinks
Literatur
- Hall, Marshall: The theory of groups. Macmillan, New York, 1959.
Fußnoten / Einzelnachweise
- Vgl. dazu den entsprechenden Wiktionary-Eintrag unter Weblinks.
- Die Untergruppen sind trivialerweise alle isomorph zu jeder beliebigen Gruppe der Gruppenordnung 1. Man wähle als Amalgamierungsuntergruppe.
- Die Folge ist , wobei und gesetzt wird. – „Bei der Interpretation der Formel werden Gleichheitszeichen vor Kommata ausgewertet.“
- „kanonisch“ bedeutet soviel wie, dass das Produkt im Kanon der Mathematik, d. h. z. B. in der Leit-Literatur der Mathematik gewöhnlich so definiert wird und in diesem Sinne als musterhafte, verbindliche und / oder verlässliche Konvention gelten kann. Der Begriff entstammt dem Kirchenrecht und seiner Bezeichnung als kanonisches Recht.