Althochdeutsches Wörterbuch
Das hier behandelte Althochdeutsche Wörterbuch (Ahd. Wb.) ist ein historisches Sprachstadienwörterbuch nach dem Thesaurusprinzip. Sein Ziel ist die Erfassung und Beschreibung des gesamten erhaltenen althochdeutschen Wortgutes. Eine Besonderheit des Althochdeutschen Wörterbuchs ist, dass die Belege nicht nur umfassend semantisch beschrieben und in Belegzitaten genannt werden, sondern auch alle überlieferten Wortformen in einem Formenteil, geordnet nach geographischen, chronologischen und grammatischen Kriterien, aufgeführt werden.[1][2] Das Althochdeutsche Wörterbuch ist ein Forschungsprojekt, das im Rahmen des Akademienprogramms gefördert wird und an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften angesiedelt ist.[3]
Quellen und Materialbasis
Das Belegarchiv besteht aus etwa 750.000 aus philologisch-kritischen Editionen exzerpierten Belegzetteln. Das Materialkorpus wurde von Elias von Steinmeyer (1848–1922) begründet und seither kontinuierlich aktualisiert. Es umfasst alle Wortformenbelege von den Anfängen deutscher Schriftlichkeit im 8. Jahrhundert bis zu Spätbelegen des 13. bis 15. Jahrhunderts. Die Belege stammen aus allen deutschen Mundarten, vom alemannisch-bairischen Süden über die verschiedenen Teile des Fränkischen bis hin zum Niederdeutsch-Altsächsischen. Eigennamen und Einsprengsel in lateinischen Rechtstexten sind zurückgestellt.[4]
Geschichte
- 1870: Der Vorschlag Julius Zachers an Elias von Steinmeyer, ein neues althochdeutsches Wörterbuch zu erarbeiten, das den Althochdeutschen Sprachschatz von Eberhard Gottlieb Graff (1834–1842)[5] ersetzen soll, veranlasst diesen zu Vorarbeiten: die Edition der Althochdeutschen Glossen in 5 Bänden (1879–1922), der Kleineren althochdeutschen Denkmäler (1916), Anlage des Belegarchivs durch Verzettelung der Glossen und der althochdeutschen Texte
- 1925: Beschluss der Deutschen Akademie in München, auf der Grundlage von Steinmeyers Vorarbeiten ein althochdeutsches Wörterbuch herauszugeben. Das Belegarchiv wird Carl Kastien in Köln übergeben, die ursprüngliche Materialordnung Steinmeyers wird beim Transport nach Köln durch einen Transportunfall[6] zerstört
- 1934: Rückgabe des Materials, da es Kastien an Zeit und geeigneten Mitarbeitern zur Bearbeitung fehlt
- 1935: Wiederaufnahme der Arbeiten und Konzeption der Artikel durch Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings in Leipzig
- ab 1945: Anbindung des Projekts an die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig
- Publikationsbeginn 1952
- 1990/1991: Nach der Wende Bestätigung des Projekts als förderungswürdig durch die Kommission der Konferenz der Akademien
Derzeitige Arbeitsstellenleiterin ist Brigitte Bulitta.[7]
Publikation
Althochdeutsches Wörterbuch. Auf Grund der von Elias von Steinmeyer hinterlassenen Sammlungen im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig begründet von Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings. Publikationsbeginn (1. Lieferung): Berlin 1952 (im Folgenden in Klammern die Herausgeber).
- Bd. I (A–B) 1968 (Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings)
- Bd. II (C–D) 1997 (Rudolf Große)
- Bd. III (E–F) 1985 (Rudolf Große)
- Bd. IV (G–J) 2002 (Rudolf Große)
- Bd. V (K–L) 2009 (Gotthard Lerchner und Hans Ulrich Schmid)
- Bd. VI (M–N) 2015 (Hans Ulrich Schmid)
- Bd. VII (O–R) ist in Vorbereitung. Zwölf Lieferungen (o bis gi-rîhhan) sind bisher erschienen.
- Reprint der Bde. I–IV 2007.
- Abkürzungsverzeichnisse 1968 bis 2009 (online seit April 2011)
Beibände zum althochdeutschen Wörterbuch:
- Heinrich Götz: Lateinisch-althochdeutsch-neuhochdeutsches Wörterbuch. Berlin 1999.
- Almut Mikeleitis-Winter: Der Bereich Nahrungszubereitung im althochdeutschen Wortschatz: Onomasiologisch-semasiologische Untersuchungen. Berlin 2001.
Literatur
- Ingeborg Köppe: Das Althochdeutsche Wörterbuch. In: Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Geschichte ausgewählter Arbeitsvorhaben. Im Auftrag der Akademie herausgegeben von Heinz Penzlin, Leipzig, Stuttgart 1999.
- Brigitte Bulitta: Das Althochdeutsche Wörterbuch. Philologische Grundlagenforschung an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. In: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes Heft 4 (2010) = Holger Runow (Hrsg.): Historische Lexikographie des Deutschen, S. 363–377.
- www.denkstroeme.de: Brigitte Bulitta: Philologische Grundlagenforschung am Althochdeutschen Wörterbuch der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Rudolf Große: Bemerkungen anlässlich des Vortrages von Brigitte Bulitta, Philologische Grundlagenforschung am Althochdeutschen Wörterbuch und Almut Mikeleitis-Winter: Wörter(buch) und Sachen. Alltagswortschatz im Althochdeutschen. In: Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Heft 2 (2009).
Weblinks
Einzelnachweise
- Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Informationsbroschüre 2011, S. 16.
- Ingeborg Köppe, Das Althochdeutsche Wörterbuch, in: Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Geschichte ausgewählter Arbeitsvorhaben, im Auftrag der Akademie herausgegeben von Heinz Penzlin, Leipzig, Stuttgart 1999, S. 82.
- Eintrag des Projektes im Akademienprogramm (Memento vom 28. Juli 2013 im Internet Archive)
- Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Althochdeutsches Wörterbuch.
- E. G. Graff: Althochdeutscher Sprachschatz oder Wörterbuch der althochdeutschen Sprache. I–VI. Berlin 1834–1842, Neudruck Hildesheim 1963.
- Marlene Grunert: Der Ruhm von Sodom und Gomorrha. Bericht, in: FAZ, 19. Mai 2018, S. 20
- Ingeborg Köppe, Das Althochdeutsche Wörterbuch, in: Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Geschichte ausgewählter Arbeitsvorhaben, im Auftrag der Akademie herausgegeben von Heinz Penzlin, Leipzig, Stuttgart 1999, S. 74ff.