Alter Botanischer Garten (Tübingen)
Der Alte Botanische Garten in Tübingen ist ein Stadtpark, der ursprünglich der Botanische Garten der Universität Tübingen war. Er liegt nördlich der Altstadt zwischen der Straße Am Stadtgraben (früher Grabenstraße) am zugeschütteten Stadtgraben und der Ammer bzw. der Rümelinstraße. Im Osten schließt die Anlage die Wilhelmstraße ab, die im 19. Jahrhundert an der Stelle des alten Weges nach Lustnau entstand. Seine zentrale Lage – der Garten grenzt unmittelbar an die Altstadt Tübingens an – macht ihn sowohl für die Bewohner als auch für Besucher sehr attraktiv.
Geschichte
Die Anfänge eines botanischen Gartens in Tübingen gehen auf den pflanzenkundigen Arzt Leonhard Fuchs, der 1535 einen Heilpflanzengarten am Nonnenhaus anlegte.[1] Die Standorte der Gärten wechselten mehrmals.
Der heutige Alte Botanische Garten geht auf den Herzog Friedrich zurück, der in einem Dekret von 1804 die Anlage anordnete und Carl Friedrich Kielmeyer mit dem Aufbau beauftragte. Der Garten entstand zwischen 1806 und 1809 an einer Stelle, an der sich bereits Anfang des 17. Jahrhunderts der sogenannte Tummelgarten befand, der von den adeligen Studenten des Collegium Illustre für Kämpfe und Turniere genutzt wurde. Im hinteren Teil des Gartens, an der Ammer, wurde ein Palmenhaus gebaut.[2] Im Juni 1865 fand in dem Gewächshaus eine Gewerbeausstellung statt, die auch König Karl auf seiner Huldigungsreise durch Württemberg besuchte. Von den Fotografen präsentierten dort ihre Arbeiten nur Carl Baumann und sein Sohn Carl Immanuel.[3] 1886 entstand an dieser Stelle ein neues Bauwerk, das zwar aus Glaspaneelen und Metallverstrebungen bestand, aber Stilelemente der Neurenaissance und des Jugendstils enthielt. Sein Sockel war aus Gönninger Tuffsteinen gebaut. Das in Südwestdeutschland einzige Bauwerk dieser Art orientierte sich architektonisch am großen Kristallpalast der ersten Weltausstellung in London (1851). In den Jahren 1894–1902 arbeitete in dem Garten der damalige Privatdozent Carl Correns, dem es gelang durch die hier durchgeführten Pflanzenkreuzungen die wiederentdeckten „Mendelschen Regeln“ neu zu formulieren. Im Botanischen Garten existierte auch ein Wasserpflanzenbehälter. 1899 wurde der bisherige durch einen neuen größeren ersetzt.[4] Nachdem der neue Botanische Garten in der Nähe des Botanischen Instituts auf der Morgenstelle 1970 eröffnet wurde, wurde der bisherige zum Stadtpark umgestaltet. Trotz zahlreicher Bürgerproteste fiel das Palmenhaus der städtebaulichen Ignoranz zum Opfer – es wurde abgetragen.[2]
Durch den Botanischen Garten floss der Ammerkanal, der in der Nähe des Lustnauer Tores die Altstadt verlässt und weiter unter der Grabenstraße (heute Am Stadtgraben) und dem „Museum“ entlang der heutigen Wilhelmstraße wieder die Ammer erreichte. Die Mündung des Kanals in die Ammer befindet sich zwischen der Brücke der Wilhelmstraße und der daneben liegenden Fußgängerbrücke. Da der Kanal überdolt wurde, ist er für die Besucher nicht mehr sichtbar. Auf dem größten Teil der Kanalstrecke wurde ein Fuß- und Fahrradweg angelegt, der den Fußgängern zwischen dem Universitätsviertel und der Altstadt erlaubt, eine leichte Abkürzung zu nehmen.
Als der Botanische Garten entstand, befand sich auf der anderen (nördlichen) Seite der Ammer im westlichen Teil der Gottesacker – der damalige Stadtfriedhof. Der Friedhof war bald überfüllt und nachdem der neue Stadtfriedhof 1829 eröffnet worden war, wurden Beerdigungen auf diesem sehr schnell aufgegeben. Um 1850 wurde er mit dem Botanischen Garten zu einer Einheit integriert. Nicht eingeweihte Besucher merken nicht, dass es sich ursprünglich um verschiedene Anlagen handelte.
Inventar
An der Stelle des Palmenhauses befindet sich eine leichte Erhöhung, die von der kleinen Platanenallee umrandet ist.[2] Im nordöstlichen Teil des Gartens steht seit 1881 das Hölderlin-Denkmal, eine Marmorskulptur von Emmerich Andresen. Das Bildnis stellt den Dichter Friedrich Hölderlin im hellenischen Optimum dar. Die Inschrift auf dem Sockel besteht aus einem Text des österreichischen Schriftstellers Robert Hamerling. Die Statue hielt ursprünglich in der rechten Hand einen Lorbeerkranz, der gewaltsam entfernt wurde.
Im westlichen Teil befindet sich ein Spielplatz.[5] In der südöstlichen Ecke des Parks das 1822 erbaute „Museum“, in dem neben dem Sitz der Museumsgesellschaft ein Kino und ein Restaurant untergebracht sind.
Mitarbeiter
Von den Mitarbeitern sind zu erwähnen: „der Universitätsgärtner, Inspektor Hochstätter (sc. Wilhelm Christian Hochstetter), ein Bruder des berühmten Botanikers und selbst ein tüchtiger Botaniker“,[6] der sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts um den Garten kümmerte, Hermann Vöchting, der als Leiter des Botanischen Instituts ab 1887 auch Chef des Botanischen Gartens war, Ernst Lehmann, der Chef in den 1930er Jahren und der langjährige Pflegearbeiter Christian Schmid, der am 30. März 1886 angestellt wurde und mit einer kurzen Unterbrechung bis 1930 dort knapp 43 Jahre arbeitete. Er war nicht nur von den Mitarbeitern geschätzt, sondern auch vielen Besuchern als immer freundlicher und fleißiger Mann bekannt, den sie „Schwägerle“ nannten. 1927 wurde er nicht nur von der Leitung und der württembergischen Regierung, sondern auch von dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg gewürdigt.[7]
Einzelnachweise
- Einrichtungen der Stadt Tübingen
- ...und grüßen Sie mir die Welt! ..., S. 98
- Wolfgang Hesse: Ansichten aus Schwaben. Kunst, Land und Leute in Aufnahmen der ersten Tübinger Lichtbildner und des Fotografen Paul Sinner (1838–1925), Gebrüder Metz : Tübingen 1989, ISBN 3-921580-79-X, S. 35
- »Tübinger Blätter« 2 (1899), Heft 3, S. 32.
- Spielplatz im Botanischer Garten
- Lebenserinnerungen von Victor Kommerell
- Ein alter Tübinger. Christian Schmid 75 Jahre alt. In: „Tübinger Chronik“ 8. Januar 1935, S. 7/8
Literatur
- ...und grüßen Sie mir die Welt! Tübingen – eine Universitätsstadt auf alten Postkarten, hrsg. von Udo Rauch und Antje Zacharias, Tübingen : Stadtmuseum 2007, ISBN 978-3-910090-78-1, S. 98
- Klaus Dobat: Zur Geschichte der Botanischen Gärten in Tübingen, Tübingen 1988 (= Botanischer Garten der Universität Tübingen. Informationsheft Nr. 1)
- Sabine Kraume-Probst: Der Genius des Ruhms. Das Hölderlindenkmal in Tübingen. Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg, Jahr 2020, Heft 2, S.126-127 (PDF; 8,7 MB)
Weblinks