Aistulf
Aistulf (auch Ahistulf, Aistulfus, Haistulfus; † 756) war König der Langobarden von 749 bis 756.
Leben
Aistulf war ein Sohn des dux (Herzog) Pemmo von Friaul und der Ratperga.[1] Als Pemmo den Patriarchen Calixtus um 731 gefangen nahm, fiel er in Ungnade und König Liutprand setzte Aistulfs älteren Bruder Ratchis als dux ein. Pemmo floh mit seinen Söhnen Ratchait und Aistulf und seinen Anhängern zu den Slawen, bis Ratchis den König zur Versöhnung bewegen konnte. Pemmo wurde mit seinen Söhnen Ratchait und Aistulf begnadigt, die anderen Missetäter wurden eingesperrt.[2]
Liutprands Heer wurde während eines Feldzuges gegen den aufständischen dux Transamund II. von Spoleto 742 zwischen Fanum (Fano) und Forum Simphronii (Fossombrone) von einem spoletanisch-byzantinischen Heer angegriffen. Dux Ratchis von Friaul und sein Bruder Aistulf bildeten mit ihren Leuten die Nachhut und deckten den Vormarsch.[3] Als König Liutprand und kurz darauf sein Neffe und Nachfolger Hildeprand gestorben waren, wurde Ratchis 744 zum König gewählt und Aistulf wurde dux von Friaul.
Im Sommer 749 revoltierten er und einige andere langobardischen Adlige gegen König Ratchis. Ratchis dankte schließlich ab und Aistulf bestieg im Juni den Thron.[4] Aistulf ernannte Anselm, mit dessen Schwester Gisaltruda er verheiratet war, zu seinem Nachfolger als dux. Aistulf schenkte seinem Schwager Anselm Land auf dem dieser 750 das Kloster Fanano errichten ließ.[5]
Aistulf verfolgte im Gegensatz zu seinem Bruder eine Politik der Expansion gegenüber den Byzantinern in Italien. Er reorganisierte das langobardische Heer,[4] zog die Schenkungen seines Vorgängers weitgehend zurück und ordnete eine stärkere Überwachung des Handels an. Sein Ziel war die vollständige Zurückdrängung der Byzantiner. Zuerst eroberte er die Handelsstadt Comacchio an der Pomündung, Ferrara und soll sogar nach Istrien eingefallen sein. Im Jahre 751 eroberte er Ravenna, bis dahin eine der wichtigsten byzantinischen Festungen in Italien. Als dux Lupus von Spoleto starb, vergab Aistulf das Dukat nicht wieder, sondern ließ es als Krongut verwalten.[6]
So bedrohte er Rom von zwei Seiten. Die alarmierten Päpste, die eigentlich Untertanen des byzantinischen Reiches waren, konnten jedoch aufgrund der angespannten außenpolitischen Situation und der isolierten Lage Roms von den Byzantinern keine Hilfe erwarten, zumal das Verhältnis zwischen Rom und Konstantinopel aufgrund des so genannten byzantinischen Bilderstreits (Ikonoklasmus) recht zerrüttet war. Die Päpste wandten sich nun an die karolingischen Herrscher des Frankenreiches. Bereits im Jahr 739 hatte Papst Gregor III. den Hausmeier Karl Martell gebeten einzugreifen, worauf dieser jedoch nicht reagierte. Karl Martells Sohn Pippin der Jüngere hatte sich im Jahr 751 mit der Zustimmung Papst Zacharias’ von den fränkischen Großen zum König erheben lassen und zuvor den letzten machtlosen merowingischen König abgesetzt. Mit diesem Zusammenwirken bei der Königserhebung des ersten karolingischen Königs wurde ein Bündnis zwischen diesem und dem Papsttum begründet, das kurze Zeit später gegen den Langobardenkönig Aistulf wirksam wurde. Im Jahre 753 besuchte der von Aistulf bedrängte Papst Stephan II. (III.) Pippin im Frankenreich; es war der erste Besuch eines Papstes nördlich der Alpen überhaupt. Stephan bat dort die Franken um Hilfe.
Im Jahr 754 überquerte Pippin über den Col du Mont Cenis die Alpen. Bei Maurienne wurden die Langobarden unter Aistulf von der zahlenmäßig unterlegenen fränkischen Vorhut geschlagen und zogen sich ins befestigte Ticinum (Pavia) zurück. Nach einer kurzen Belagerung wurde ein Friedensvertrag geschlossen, in dem sich Aistulf verpflichtete, die besetzten römischen Gebiete an den Papst zu übergeben. Kaum war das fränkische Heer abgezogen, brach Aistulf den Vertrag. Im Winter 755/756 begann er mit der Belagerung Roms, die er im März ergebnislos abbrach und nach Ticinum zurückkehrte. Als die Alpenpässe im Frühjahr passierbar wurden, brach Pippin erneut Anfang Mai mit seinem Heer auf. Aistulf musste sich wieder nach Ticinum zurückziehen und schließlich die fränkische Oberhoheit anerkennen. Den Langobarden wurde ein jährlicher Tribut von 12.000 solidi auferlegt und die besetzten römischen und byzantinischen Gebiete dem Papst übergeben. (Pippinische Schenkung)[7]
Aistulf starb während einer Jagd im Jahr 756.[8] Ratchis versuchte nun erneut, die Königsherrschaft zu erlangen, doch unterlag er schließlich Desiderius.
Quellen
- Paulus Diaconus, Historia Langobardorum, hrsg. Ludwig Bethmann und Georg Waitz, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum saec. VI–IX, Hahn, Hannover 1878
Literatur
- Paolo Delogu: Lombard and Carolingian Italy. In: Rosamond McKitterick (Hrsg.): The New Cambridge Medieval History. Bd. 2. Cambridge 1995, S. 290ff.
- Ludo Moritz Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter. Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 148ff. (detaillierte, teils aber überholte Darstellung; hier online).
- Wilfried Menghin: Die Langobarden. Stuttgart 1985, S. 199f.
Weblinks
- Paulus Diaconus: History of the Langobards (englisch)
- Aistulfs Gesetze (lateinisch)
Anmerkungen
- Historia Langobardorum VI, 26
- Historia Langobardorum VI, 51
- Historia Langobardorum VI, 55-56
- Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 50f
- Catholic Encyclopedia
- Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 150f
- Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 188ff
- Hartmann: Geschichte Italiens im Mittelalter Bd. 2,2, Gotha 1903, S. 196
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Ratchis | König der Langobarden 749–756 | Ratchis |