Adolphe Braun
Adolphe Braun (* 13. Mai 1812 in Besançon; † 1877 in Dornach) war ein französischer Textildesigner und Fotograf.
Leben und Werk
Zunächst war Adolphe Braun Zeichner und Designer von Stoffmustern in einer Kattundruckerei in Mülhausen (Elsass). 1847 wechselte er zur Fotografie und 1850 eröffnete er in Dornach (1913 eingemeindet zu Mülhausen) ein eigenes Atelier und ab 1868 auch in Paris.
Auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1855 hatte er eine Serie von Blumenstillleben präsentiert, die Beachtung fand und seinen Namen in der Kunstwelt bekannt machte. Dies gilt heute als sein Durchbruch in der Fotografie.
Angesichts der enormen Popularität und Marktgängigkeit der Stereoskopie wandte sich im Jahr 1857 auch Adolphe Braun der Stereofotografie zu. Nur die ersten Stereo-Fotos nahm Braun noch selbst auf, später beschäftigte er sich vorrangig mit der Organisation und dem Vertrieb der Stereoskopien, die seine Operateure in vielen Ländern Europas aufnahmen. Brauns Sortiment umfasst schon bald fast 6.000 Aufnahmen. Braun produzierte in den 1860er Jahren neben Papier-Stereoskopien auch Stereoglasdiapositive.[1]
Brauns Hauptinteresse lag ab den frühen 1860er Jahren zunächst in der Herstellung von topografischen Ansichten von Europa. Später wandte er sich auch der Reproduktion von Kunstwerken wie Gemälden, Zeichnungen, Lithografien, Radierungen und Skulpturen zu. Gefördert von König Ludwig II. von Bayern entstanden über 30.000 Aufnahmen berühmter Gemälde, mit denen Adolphe Braun weltweite Bekanntheit erlangte. Um die benötigten hohen Stückzahlen herzustellen, benutzte er in erster Linie das Kohledruckverfahren.
1869 wurde Adolphe Braun eingeladen, die Eröffnung des Suezkanals in Ägypten zu fotografieren. Aus diesem Anlass fertigte er auch viele der damals sehr beliebten Ansichten einer klischeehaften Vorstellung vom alten Ägypten an mit Palmenwäldern, Kamelen, Pyramiden oder der Sphinx von Gizeh. Weitere Schwerpunkte seines umfangreichen Werkes bilden die Landschaftsfotografie mit großformatigen Panorama-Ansichten, darunter häufig die Alpen, Jagdstillleben, Tierporträts oder die Darstellungen junger Frauen in verschiedenen französischen Trachten.
Auf den fotografischen Ausstellungen erhielt er Auszeichnungen und Medaillen. Daneben hatte er einen landwirtschaftlichen Betrieb mit achtzig Kühen und zehn Pferden.
Während des Deutsch-Französischen Krieges (1870–1871) fotografierte Adolphe Braun zahlreiche Zerstörungen, vor allem in Paris und Belfort oder an Brücken. Nicht nur dokumentierte er damit Kriegsschäden, Bilder von Ruinen waren auch kommerziell rentabel. Später dokumentierte Adolphe Braun den Bau der Gotthardbahn und des Gotthard-Scheiteltunnels, die beide erst fünf Jahre nach seinem Tod fertiggestellt und in Betrieb genommen wurden.
1885 wurde Adolphe Braun mit seinem Unternehmen Ad. Braun et Co. zum offiziellen Fotografen des Louvre erklärt.
Nach seinem Tod wurde seine Arbeit von seinem Sohn Gaston Braun fortgesetzt. Der Unternehmensname änderte sich 1889 in Braun, Clément et Cie und 1910 in Braun et Cie.[2][3]
Ausstellungen
Das Stadtmuseum München und das Musée Unterlinden Colmar zeigten 2017 und 2018 eine umfangreiche Werkschau, die erstmals alle Tätigkeitsfelder Adolphe Brauns anhand von rund 400 Originalaufnahmen vorstellten.[3][4]
- Adolphe Braun:
Stillleben einer Jagdszene, 1867 - Adolphe Braun:
Pont des chemins de fer, Argenteuil, 1871 - Adolphe Braun:
Pont de Champigny-sur-Marne, 1871 - Adolphe Braun:
Asnières, Chemin de fer, 1871 - Adolphe Braun:
Gotthardbahn Luftlokomotive (Ausschnitt).[5] - Adolphe Braun:
Gotthardbahn Tunneleingang in Airolo (Ausschnitt).[5] - Adolphe Braun:
Gotthardbahn Untere Tessinbrücke mit Giornico (Ausschnitt).[5] - Adolphe Braun:
Gotthardbahn Strahllochbrücke (Ausschnitt), ca. 1875.[5]
Literatur
- Ausstellungskatalog: Ulrich Pohlmann, Paul Mellenthin (Hrsg.), in Zusammenarbeit mit Franziska Kunze: Adolphe Braun. Ein europäisches Photographie-Unternehmen und die Bildkünste im 19. Jahrhundert. Mit Texten von Jan von Brevern, Aziza Gril-Mariotte, Christian Kempf, Dorothea Peters, Marie Robert, Bernd Stiegler und den Herausgebern. Schirmer/Mosel, München 2017. ISBN 978-3-8296-0823-7.
- Michel Frizot (Hrsg.): Neue Geschichte der Fotografie. Könemann 2001. ISBN 3-8290-1327-2.
- Ute Eskildsen (Hrsg.): Die Brüder Bisson. Aufstieg und Fall eines Fotografenunternehmens im 19. Jahrhundert. Verlag der Kunst 1999. ISBN 90-5705-123-0.
- Helmut Gernsheim: Geschichte der Photographie – Die ersten Hundert Jahre. Propyläen Verlag, Wien 1983. ISBN 3-549-05213-8.
- N.N.: Adolphe Braun in Dornach. In: Hermann Vogel (Hrsg.): Photographische Mitteilungen, 4. Jg., Louis Gerschel Verlagsbuchhandlung, Berlin 1868, S. 99 ff. und 145 ff., online.
Weblinks
- Publikationen von und über Adolphe Braun im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
- Nachlass von Adolphe Braun in der Archivdatenbank HelveticArchives der Schweizerischen Nationalbibliothek
- Adolphe Braun, Photo-Unternehmer: «Gutenberg der Kunst»
Einzelnachweise
- Ulrich Pohlmann, „VI. Vue stéréoscopiques – Stereoaufnahmen“, S. 169–171, S. 169, in: Ulrich Pohlmann, Paul Mellenthin (Hrsg.), in Zusammenarbeit mit Franziska Kunze, „Adolphe Braun. Ein europäisches Photographie-Unternehmen und die Bildkünste im 19. Jahrhundert“. Ausstellungskatalog; mit Texten von Jan von Brevern, Aziza Gril-Mariotte, Christian Kempf, Dorothea Peters, Marie Robert, Bernd Stiegler und den Herausgebern. Verlag Schirmer/Mosel, München 2017
- John Hannavy: Encyclopedia of nineteenth-century photography, Vol. 1, Routledge, New York/London 2008, S. 205.
- Adolphe Braun. Ein europäisches Photographie-Unternehmen und die Bildkünste im 19. Jahrhundert. (Nicht mehr online verfügbar.) Stadtmuseum München, archiviert vom Original am 7. November 2017; abgerufen am 1. November 2017.
- Kein Weg zu weit in FAZ vom 16. November 2017, Seite R6
- Adolphe Braun: Photographische Ansichten der Gotthardbahn, Dornach im Elsass, ca. 1875.