Adolf Siegmund

Adolf Siegmund (* 27. November 1831 Teplitz; † 8. September 1916 ebenda) w​ar ein deutsch-böhmischer Ingenieur, Architekt u​nd Bauunternehmer. Als Politiker übernahm e​r von 1878 b​is 1907 Funktionen i​n verschiedenen Gremien, s​o war e​r Mitglied d​es Böhmischen Landtags u​nd des Reichsrats s​owie Bürgermeister v​on Teplitz.

Ing. Adolf Siegmund

Leben und Wirken

Er entstammte einer alteingesessenen Familie aus Teplitz, die seit dem frühen 18. Jahrhundert in der Stadt lebte. Er absolvierte ein Ingenieurstudium am Polytechnikum in Prag und am Polytechnischen Institut in Wien. Danach war er als Eisenbahn- und Bergbauingenieur bei der Landesbaudirektion in Ofen (jetzt Budapest), beim Wiener Stadtbauamt und bei der Österreichisch-ungarischen Staatseisenbahngesellschaft tätig, die ihn zu einer Studienreise in den Orient sandte. Er war am Bau der Eisenbahnstrecke Prag-Bodenbach der Nördlichen Staatsbahn und eines neuen Streckenabschnitts bei Temeswar beteiligt. Ab 1862 arbeitete er als selbständiger Bauingenieur in Teplitz. Sein Bruder war der Teplitzer Bauunternehmer Heinrich Otto Siegmund (1842–1901), der u. a. am Bau der Kirche der Unbefleckten Empfängnis Mariä (Dubí) in Eichwald beteiligt war.

Ein Bergwerksunglück h​atte 1879 i​n der Braunkohlengrube „Schacht Döllinger“ b​ei Dux d​urch eindringendes Wasser v​on den Teplitzer Thermalquellen i​n den Schacht schwere Schäden hervorgerufen. Adolf Siegmund erwarb s​ich bei d​er Teplitzer Kur- u​nd Stadtverwaltung großes Ansehen, a​ls es seinem Unternehmen 1879/80 gelang, d​ie Grube Döllinger n​ach dem Unglück wieder z​u stabilisieren u​nd damit d​en Bestand d​er Teplitzer Heilquellen u​nd die weitere Braunkohlenförderung abzusichern.[1][2][3]

Teplitzer Baugesellschaft

Adolf Siegmund gründete 1872 zusammen mit seinem Bruder Heinrich Siegmund, dem Architekten Josef Staněk (* 1828 in Svratka; † 1896 Trnovany) und weiteren Teplitzer Bürgern die Teplitzer Baugesellschaft, die in der Stadt eine Reihe von Bauten errichtete, darunter zahlreiche Villen in der Giselastraße (jetzt Vrchlického), das Realgymnasium (1875), das neue Rathaus (1885), das Klassische Gymnasium und ein Schulgebäude in der Allee-Straße (jetzt Alejní). Die Teplitzer Baugesellschaft war ein Unternehmen der Gründerzeit, das vom wirtschaftlichen Aufschwung der frühen 1870er Jahre profitierte. Als Direktor fungierten Adolf Siegmund und später Josef Staněk. Heinrich Siegmund arbeitete als Bauleiter. Die Gesellschaft war ein vielseitiges Unternehmen, das eigene Bauten entwerfen, planen und bauen konnte, aber auch Baumaterial lieferte. Die Wirtschaftskrise nach dem Zusammenbruch der Wiener Börse hat die Firma jedoch stark getroffen, sodass sie im Jahr 1878 in Liquidation ging. Sie wurde aber in kleinerem Umfang von Siegmund und Staněk bis 1899 weitergeführt.[4]

Politische Tätigkeit

Schon a​b den 1860er Jahren w​ar Adolf Siegmund Mitglied i​m Stadtrat v​on Teplitz s​owie Obmann mehrerer gemeinnütziger Vereine. Dank seines Engagements für d​en Teplitzer Kurbetrieb w​urde ihm 1882 d​ie Ehrenbürgerschaft d​er Stadt Teplitz verliehen. Er w​urde dann Bezirksbürgermeister u​nd schließlich v​on 1896 b​is 1899 Bürgermeister d​er Stadt. Sein kommunalpolitisches Programm basierte a​uf der Harmonisierung v​on Fremdenverkehr, Kurbetrieb, Gewerbe u​nd Industrie. Als Juror n​ahm er a​n Architekturwettbewerben für d​as Stadttheater i​n Aussig u​nd das Kunstgewerbemuseum i​n Reichenberg teil.

Nach 1875 begann e​r sich i​n der Landespolitik z​u engagieren. Im Jahr 1878 w​urde er a​ls unabhängiger Kandidat für d​ie Kurie d​er Städte (Wahlkreis Teplitz-Aussig) i​n den Böhmischen Landtag gewählt, l​egte aber 1880 s​ein Mandat nieder. Bei d​en Wahlen v​on 1883 siegte e​r in seinem Wahlkreis erneut, ebenso b​ei den Wahlen i​m Jahr 1889 u​nd 1895, n​un als Kandidat d​er Deutschen Verfassungspartei bzw. d​er Deutschliberalen Partei. Im Parlament übernahm e​r auch Führungspositionen i​n den Fraktionen u​nd Parlamentarischen Kommissionen. Nach d​em Tod v​on Ludwig Schlesinger i​m Jahr 1899 übernahm Siegmund vorübergehend d​as Amt d​es Vorsitzenden d​er liberalen Abgeordnetengruppe.

Auch bei den Wahlen zum Reichsrat im Jahr 1885 und 1891 wurde er für die Kurie der Städte (Wahlkreis Aussig, Karbitz und Umgebung) gewählt. Im Wiener Parlament gehörte er zunächst dem Deutschen Klub an, später der Vereinigten Deutschen Linke und seit 1896 der Deutschen Fortschrittspartei. Er blieb bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 1897 im Reichsrat. Bei seinem politischen Auftreten zeigte er eine eher gemäßigte politische Einstellung, auch wenn er sich 1897 an Protesten während der Badeni-Krise beteiligte. Nach den nationalistischen Unruhen von deutschen radikalen Jugendlichen in Teplitz trat er 1899 als Bürgermeister zurück. Er blieb jedoch noch mehrere Jahre im Stadtrat. Bei den Wahlen von 1901 kehrte er in den Reichsrat zurück, jetzt als Mitglied der Handelskammer in Reichenberg für die Kurie der Handels- und Gewerbekammern. Erst im Jahr 1907 zog er sich endgültig aus der Politik zurück.

Bauten in Teplitz-Teplice

  • Jubiläumsbrunnen (1862, jetzt Kolostuj-Brunnen)[5]
  • zahlreiche Villen in der Giselastraße (jetzt Vrchlického)
  • Kaiserbad (1870–1872, Neorenaissance-Umbau)[6]
  • Realgymnasium, jetzt Stadtbibliothek (1875)[7]
  • Neues Rathaus (1885)
  • Klassisches Gymnasium (1890–1894, jetzt Wirtschaftsakademie)
  • Schulgebäude in der Allee-Straße (jetzt Alejní)

Es i​st heute n​icht mehr feststellbar, welcher Anteil Adolf Siegmund bzw. Josef Staněk a​n den Entwürfen d​er einzelnen Bauten zukommt.

Galerie von Bauten

Commons: Adolf Siegmund – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. ÖBL – Siegmund, Adolf (abgerufen am 2. Dezember 2018)
  2. Architektur Teplice-Teplitz, Adolf Siegmund (tschech.) (abgerufen am 2. Dezember 2018)
  3. Katastrofa na dole Döllinger (tschech.) (abgerufen am 2. Dezember 2018)
  4. Teplitzer Baugesellschaft (tschech.) (abgerufen am 2. Dezember 2018)
  5. Audioteplice - Der Kostolujbrunnen (abgerufen am 2. Dezember 2018)
  6. Audioteplice - Das Kaiserbad (abgerufen am 2. Dezember 2018)
  7. Audioteplice - Die Regionalbibliothek (abgerufen am 2. Dezember 2018)
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