Ach (ägyptische Mythologie)
Der Ach (Plural Achu; von altägypt. ach, zu dt. etwa „leuchten“ oder „glänzen“, gemeinhin mit „Geist“, „Ahnengeist“ und „Geistseele“ übersetzt) bezeichnet ein Wesen aus der ägyptischen Mythologie, das mit den Jenseitsvorstellungen und dem Totenglauben der Alten Ägypter verknüpft ist. Während seine mythologischen Gegenstücke, das Ba und das Ka, nach ägyptischem Glauben den Menschen bewohnen und dessen Körper nach dem Tode verlassen, entsteht der Ach erst nach deren Verschmelzung und steigt in den Himmel auf.
Ach in Hieroglyphen | ||||
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Schreibung |
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Alternative Schreibweise |
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Mythologie
- Begrifflichkeit
Gemäß dem ägyptischen Totenglauben bewohnen Ba und Ka den menschlichen Körper. Gemeinsam mit dem Ach werden alle drei Wesen als „Seelenwesen“ verstanden, die erst ihre eigene Macht entfalten, wenn der Träger verstirbt. Während der Ba als eigentliche Seele angesehen wird und nach Verlassen des Körpers immer wieder zu diesem zurückkehrt, ist das Ka die schützende Lebenskraft, die in Statuen und Wandbildern weiterleben kann, wenn das Bildnis in unmittelbarer Nähe zum Toten aufgestellt und dem Ka fortwährend regelmäßig ein Opfer dargebracht wird. Der Ach hingegen wird dem Menschen nicht mit seiner Geburt mitgegeben, der Verstorbene muss sich die Ach-Kräfte erst aneignen und selbst ein Ach werden. Daher ist ein Ach weder „gut“, noch „böse“, er verfügt über keinerlei eigenes Moralempfinden. Dieses ist von der Gutartigkeit/Bösartigkeit des Verstorbenen zu dessen Lebzeiten abhängig.
- Das Werden zu einem Ach
Im Alten Ägypten gehörte es zu den höchsten Bestrebungen des Menschen, nach dem Tod zu einem „reinen Ach“ zu werden. Dieses Bedürfnis gründet auf der Hoffnung, im Jenseits eine Art von Auferstehung zu erfahren und in unsterblicher, vergöttlichter Form weiter zu existieren. Um ein Ach werden zu können, musste der Tote würdevoll bestattet und in einem Begräbnisritual verklärt und spirituell gereinigt werden. Erst wenn sich Ba und Ka im Körper des Verstorbenen wieder vereinten, konnte der Mensch im Jenseits zum Ach werden. Die Pyramidentexte der 6. Dynastie erklären die Notwendigkeit des Ach-Werdens wie folgt: „Der Ach gehört in den Himmel, der Leichnam in die Erde!“
- Weiterexistenz als Ach
War die rituelle Verklärung erfolgreich, steigt der Ach des Verstorbenen in den Himmel auf, um dort zu einem strahlenden Stern zu werden. In Gestalt des neuen Sterns reiht sich der Verstorbene nun in das Gefolge des nächtlichen Sonnengottes ein, oder in das Gefolge von Osiris und dessen Opfergefilde. Die Alten Ägypter waren überzeugt, dass der Ach Einfluss auf das Diesseits nehmen und sogar bösartig werden könne. Aus diesem Grunde wurde dem Ach beim Totenkult gehuldigt und durch Gebete und Opfergaben versucht, ihn stets milde zu stimmen. Oft wurde der Ach angerufen, um dessen Schutz vor Verwünschungen und dessen Beistand vor Gericht zu erbitten. Etwa ab dem Neuen Reich wurde er deshalb auch als „Gespenst“ verstanden.
Darstellungsformen
Der Ach wird seit der ausgehenden Prädynastik als schreitender Vogel mit auffälligem Schopf dargestellt. Gestaltungsvorbild war der Waldrapp (Geronticus eremita), der in früher Zeit in Ägypten häufig war. Diese Vogelart zeichnet sich durch metallisch glänzendes Gefieder und einen markanten Schopf aus. Das Schimmern des Gefieders inspirierte die Alten Ägypter dazu, dieses mit dem Glanz der Sterne zu vergleichen und daraus die letztliche mythologische Bedeutung abzuleiten. Ab dem Alten Reich wurde die Vogeldarstellung von dem Hieroglyphenzeichen Aa1 (menschliche Plazenta; Lautwert „ch“, wie in „fauchen“) begleitet.
Der Ach in Götter- und Personennamen sowie in Beamtentiteln
Der Ach-Vogel erscheint seit der Prädynastik regelmäßig in Götter- und Personennamen, sowie in wichtigen Titeln von Beamten. Unter König Hetepsechemui (Begründer der 2. Dynastie) tritt erstmals eine Gottheit namens Netjer-Achti in Erscheinung. Ein hochrangiger Beamter der ausgehenden 3. Dynastie hieß Achtiaa. Ein wichtiger Funktionstitel, der seit der frühen 1. Dynastie in Gebrauch war, ist der des Sechenu-ach.
Der Ach in nach-pharaonischer Zeit
Ab der christlichen Epoche wandelte sich das positive Bild vom Ach. In der koptischen Religion wurde er zum „unreinen Dämon“, der Unschuldige befällt und von ihnen Besitz ergreift.
Literatur
- Hans Bonnet: Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. 3. Auflage, de Gruyter, Berlin 2000, ISBN 3110827905, S. 4.
- Hermann Kees: Totenglauben und Jenseitsvorstellungen der alten Ägypter: Grundlagen und Entwicklung bis zum Ende des Mittleren Reiches. 2. Auflage, Akademie-Verlag, Berlin 1956, S. 37 & 52–56.
- Klaus Koch, Eckart Otto: Studien Zur Alttestamentlichen und Altorientalischen Religionsgeschichte: Zum 60. Geburtstag Von Klaus Koch. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen / Zürich 1988, ISBN 3525535791, S. 217–226.
- Wolfgang Helck: Untersuchungen zur Thinitenzeit (= Ägyptologische Abhandlungen. Bd. 45). Harrassowitz, Wiesbaden 1987, ISBN 3-447-02677-4, S. 226–228 (eingeschränkte Onlineversion).