AN/SPY-6
Das AN/SPY-6 ist ein schiffgestütztes Multifunktionsradar des US-Konzerns Raytheon und basiert auf Active Electronically Scanned Arrays (AESA)s. Es dient auf Kriegsschiffen neben der Verfolgung aller Arten von Luftzielen auch dem Erfassen von ballistischen Raketen und der Raketenabwehr. Das Radarsystem ist modular aufgebaut und kann in seiner Größe skaliert werden. Es soll in unterschiedlichen Konfigurationen ab 2023 (IOC) auf mehreren Schiffsklassen wie der Lenkraketenzerstörern der Arleigh-Burke-Klasse der United States Navy zum Einsatz kommen.
Beschreibung
Die Architektur des SPY-6 basiert auf den sogenannten „Radar Modular Assemblies“ (RMAs). Jeder dieser ca. 70 cm großen Würfel ist ein in sich geschlossenes Radarkomplex mit 144 Transceivern[1], welcher sich mit einer praktisch beliebigen Anzahl weiterer RMAs zu einem noch wesentlich leistungsfähigeren Radarsystem zusammenschalten lässt. Das SPY-6 basiert auf der AESA-Technologie, was gegenüber klassischen Radaren beträchtliche Vorteile in den Bereichen Reichweite, Störresistenz und Flexibilität mit sich bringt. Darüber hinaus ist es einer der ersten schiffgestützten Systeme, welches im Hochfrequenzteil Halbleiterbauelemente auf Basis von Galliumnitrid im großen Maßstab einsetzt. Gegenüber dem bisher in AESA-Designs verwendeten Galliumarsenid ermöglichen diese eine wesentlich höhere Sendeleistung und Bandbreite. Durch diese und weitere neue Technologien konnte die Empfindlichkeit gegenüber dem Vorgängersystem AN/SPY-1 um das bis zu 30-fache erhöht werden, die Sendeleistung um das etwa 35-fache.[2][3] Wie sein Vorgänger arbeitet das SPY-6 im S-Band bei 2 – 4 GHz, wodurch hohe Reichweiten erzielt werden können und gewisse Tarnkappentechniken in ihrer Effektivität reduziert werden. Dies geschieht jedoch auf Kosten der Genauigkeit, weswegen halb-aktive Lenkwaffen wie zum Beispiel die SM-2 oder ESSM ein zusätzliches X-Band (8 – 12 GHz) Feuerleitradar für die Zielbeleuchtung im Endanflug benötigen. Neuere Lenkwaffen wie die SM-6 und ESSM Block 2 können jedoch dank ihrer bordeigenen aktiven Radarsysteme auf diese Unterstützung verzichten und rein mit dem SPY-6 ins Ziel gelenkt werden. Aufgrund der hohen Sendeleistung und Agilität der GaN-Transmitter sind auch Anwendungen im Bereich der offensiven Elektronischen Gegenmaßnahmen mit dem SPY-6 denkbar.[4]
Varianten
AN/SPY-6(V)1
Diese Variante wird auch als „Air and Missile Defense Radar“ (AMDR-S) bezeichnet und soll auf allen neuen Zerstörern der Arleigh-Burke-Flight-III-Klasse installiert werden. Es kommen vier Antennengruppen mit jeweils 37 RMAs zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um den leistungsfähigsten Radarkomplex der SPY-6-Serie mit einer sehr großen Reichweite.
AN/SPY-6(V)2
Auch bekannt unter dem Namen „Enterprise Air Surveillance Radar“ (ESAR) / „Rotator Radar“. Hierbei werden 9 RMAs auf einer rotierenden Platform montiert, so dass eine periodische 360° Abdeckung mit wenig Modulen und geringen Kosten erreicht werden kann. Dieses System soll auf allen Amphibischen Landungsschiffen der San-Antonio-Flight-II-Klasse installiert werden, sowie auf allen Flugzeugträgern der Nimitz-Klasse das AN/SPS-48E und AN/SPS-49(V)5 ersetzen.
AN/SPY-6(V)3
Auch bekannt als „Enterprise Air Surveillance Radar“ (ESAR) / „Fixed Face Radar“. Dieser Komplex für die Flugzeugträger der Gerald-R.-Ford-Klasse besteht aus drei Antennengruppen mit jeweils 9 RMAs.
AN/SPY-6(V)4
Auch diese Variante wird ebenfalls als „Air and Missile Defense Radar“ (AMDR-S) bezeichnet, verfügt aber nur über 24 RMAs pro Antennengruppe und soll das AN/SPY-1D auf Zerstörern der Arleigh-Burke Flight IIA-Klasse ersetzen.
Weblinks
- Website des Herstellers (englisch)
- Defense Industry Daily (englisch)
- Missile Threat - Air and Missile Defense Radar (AMDR) / AN/SPY-6 (englisch)
Einzelnachweise
- Capt. Okano: AN/SPY-6(V) Air & Missile Defense Radar. 1. Februar 2017, abgerufen am 21. Juli 2019.
- John Keller: Raytheon finishes development testing of SPY-6 AMDR shipboard ballistic missile defense radar. In: Military & Aerospace Electronics. 6. Februar 2019, abgerufen am 21. Juli 2019.
- Dmitry Filipoff: CIMSEC Interviews Captain Mark Vandroff, Program Manager DDG 51, Part 1. In: CIMSEC. 4. Mai 2016, abgerufen am 21. Juli 2019.
- Dave Majumdar and Sam LaGrone: Navy’s Next Generation Radar Could Have Future Electronic Attack Abilities. In: USNI News. 17. Februar 2014, abgerufen am 21. Juli 2019.