Unbemannte Raumfahrt
Als unbemannte Raumfahrt bezeichnet man alle Raumfahrtaktivitäten, deren Aufgabenerfüllung ohne menschliche Intervention vor Ort gewährleistet ist. Hierzu gehören alle unbemannten Raumfahrzeuge (telepräsent/teil-/autonom), die keine bemannte Weltraummission direkt unterstützen (Interaktion mit Astronauten, Interaktion mit einem Habitat oder deren Umgebung, …). Die unbemannte Raumfahrt ist damit das Gegenstück der bemannten Raumfahrt.
Hintergrund
Eine Unterscheidung zwischen bemannter und unbemannter Raumfahrt existierte schon indirekt zu Beginn des Apollo-Programms (1961). Die Gegner des Programms sahen in der bemannten Raumfahrt (mit dem Ziel der Landung auf dem Mond) kaum einen wissenschaftlichen Nutzen. Die Argumente, die gegen solch ein Projekt sprachen, waren auch wirtschaftlicher Natur, mit der Implikation, dass die Mittel für das Apollo-Programm besser eingesetzt werden könnten; ob in der Wissenschaft, der Technologieerforschung oder der Medizin.[2] Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das Potenzial der unbemannten Raumfahrt zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht ersichtlich war. Auch wurden militärische Anwendungen der Raumfahrt (Trägerraketen und Spionagesatelliten) andererseits nicht in Frage gestellt.
Die unbemannte Raumfahrt befand sich zu dieser Zeit noch in den Anfängen und auf automatische Komponenten der bemannten wurde soweit möglich verzichtet, weil die elektrotechnische Entwicklung, die (teil)autonome Systeme erlaubt, noch nicht entsprechend ausgereift war, das Vertrauen besonders in Digitaltechnik fehlte und viele der Astronauten, die in der Regel einen Hintergrund in der Fliegerei hatten, sich um ihre Rolle, Sicherheit und Prestige sorgten.[3] Die ersten Pioneer-Raumsonden waren ein Fehlschlag. Dies änderte sich erst allmählich mit den Ranger-, Mariner- und Surveyor-Raumsonden, bei denen die Zuverlässigkeit und die Funktionalität höher waren. Während zu Beginn des Apollo-Programms die unbemannte Raumfahrt wenig Bedeutung hatte, erbrachten die Raumsonden bereits gegen Ende des Programms immer mehr wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse:
Die Mariner-4-Sonde (1964) führte wissenschaftliche Messungen beim Mars durch und schoss dabei 22 Bilder, die später zur Erde gefunkt wurden. Die Sonde Pioneer 10 (1972) konnte erstmals Zodiakallicht außerhalb der Erde nachweisen, den Asteroidengürtel durchqueren und den Jupiter erreichen, um wissenschaftliche Messungen durchzuführen und Bilder zu erstellen. Viking-1 und 2 (1975) erreichten den Mars und setzten Lander auf ihm ab. Wird die wissenschaftliche Leistung des Apollo-Programms im Bezug auf die Monderforschung dem gegenübergestellt, so sind die Erkenntnisse bescheiden. Zwar wurden zahlreiche Proben genommen (382 kg Mondgestein), Messinstrumente installiert und Bilder aufgenommen, jedoch unterscheiden sich die Kosten von denen unbemannter Sonden gravierend. Während das Apollo-Programm mit ca. 25 Milliarden US-Dollar (damalige Kosten) beziffert wird, kostete das Ranger-Programm nur 170 Mio. Dollar (damalige Kosten). Würden die Kosten aller damaligen Raumsondenprogramme addiert, wäre der Betrag immer noch geringer als der für das Apollo-Programm, der wissenschaftliche Nutzen aber weitaus größer.
Diese Differenzierung zwischen bemannter und unbemannter Raumfahrt nahm mit der Kommerzialisierung des erdnahen Raums durch Kommunikations-, Erdbeobachtungs- und Navigationssatelliten weiter zu und damit auch die Fragestellung: „Weshalb soll der Mensch in den Weltraum vordringen, wenn die Aufgabenstellung auch durch eine robotische Mission durchgeführt werden könnte?“.
Die unbemannte Raumfahrt
Der Vorteil der unbemannten Raumfahrt liegt neben geringeren Risiken gerade in dem Fehlen des Faktors „Mensch“. Ein Mensch benötigt, um in den Weiten des Weltalls überleben zu können: Lebenserhaltungssysteme zur Luft- und Wasseraufbereitung, Nahrung, Platz und Schlaf. Die Befriedigung der Bedürfnisse des Menschen erhöhen die Kosten aufgrund zusätzlich benötigter Technik (z. B. Lebenserhaltungssysteme, Hygieneeinrichtungen, …) und einer allgemein einhergehenden Massenerhöhung. Ein Lebenserhaltungssystem wird von einer autonomen Einheit, genauso wie Nahrungsmittel und Platz im Sinne von Lebensraum (Strukturmassenerhöhung) nicht benötigt. Elektronische Systeme können 365 Tage im Jahr rund um die Uhr Arbeiten und (wenn vorgesehen) Daten zur Erde übertragen. Die Reduktion von Masse und den Zusatzsystemen bei der unbemannten Raumfahrt führt zu einer erheblichen Kosteneffizienz gegenüber der bemannten Raumfahrt. Der Vorteil des Faktors „Mensch“ ist das intelligente Handeln vor Ort auf den Individualfall bezogen. Aus diesem Grund werden unbemannte Systeme überall dort eingesetzt, wo die Randbedingungen bekannt sind oder erahnt werden können. Z.B. sind jahrelange Flüge zu fernen Planeten und ihre Erforschung ohne Rückkehr nur unbemannt möglich. Außerdem können unbemannte Sonden in Umgebungen vorstoßen, die für Menschen tödlich wären.
Die unbemannte Raumfahrt kann allgemein in Satelliten (vor allem Erdsatelliten) und Raumsonden unterteilt werden. Indirekt können auch Transportsysteme dazu gezählt werden, die nicht der Beförderung von Personen dienen. Nachfolgend eine Auflistung unbemannter Systeme:
- Satelliten für verschiedene Anwendungsbereiche wie
- Wettersatelliten
- Spionagesatelliten
- Erdbeobachtungssatelliten
- Telekommunikationssatelliten
- Navigationssatelliten
- Weltraumteleskope manche auch als Sonden außerhalb der Erdumlaufbahn.
- …
- Raumsonden
- Nutzlasttransporter (indirekt)
- Trägerraketen
- Raumflugzeuge wie die Boeing X-37, USV[4], …
Siehe auch
Weblinks
Quellen
- Landing a Humanoid Robot on the Moon in a 1000 Days „Projekt M“. (PDF; 1,5 MB) NASA, 10. Februar 2010, abgerufen am 26. März 2011 (englisch).
- John M. Logsdon: Chapter Two – Project Apollo: Americans to the Moon (S. 414f). (PDF; 1,0 MB) NASA, abgerufen am 27. März 2011 (englisch).
- David A. Mindell: Digital Apollo: Human and Machine in Spaceflight. MIT Press, Cambridge, Mass., 2008. ISBN 978-0-262-51610-5.
- G. Russo et al.: USV: Unmanned Space Vehicle (Italy). (PDF; 475 kB) Centro Italiano Ricerche Aerospaziali, 2008, abgerufen am 28. März 2011 (englisch).