Tchibo
Die Tchibo GmbH mit Sitz in Hamburg ist eines der größten deutschen Konsumgüter- und Einzelhandelsunternehmen. Tchibo gehört zu 100 % der Familie Herz über die Maxingvest (vorm. Tchibo Holding AG). Tchibo unterhält sowohl eigene Ladengeschäfte in Innenstädten und in Einkaufszentren als auch Verkaufsregale in Supermärkten[2][3] und ist auch im Onlinehandel tätig.
Tchibo GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1949[1] |
Sitz | Hamburg, Deutschland |
Leitung | Werner Weber (Vorsitzender der Geschäftsführung)[1] |
Mitarbeiterzahl | rund 11.420 weltweit, davon rund 7.300 in Deutschland (2020)[1] |
Umsatz | 3,13 Mrd. Euro (2020)[1] |
Branche | Kaffee, Konsumgüter |
Website | www.tchibo.com |
Kennzahlen
Im Jahr 2019 beschäftigten Tchibo und seine Tochterunternehmen weltweit rund 11.450 Mitarbeiter, davon rund 7.430 in Deutschland.[1] Der Umsatz betrug 3,12 Milliarden Euro. Im selben Jahr unterhielt das Unternehmen rund 550 Filialen innerhalb und rund 320 außerhalb Deutschlands.[4]
Unternehmensgeschichte
Der Kaffeehändler Max Herz und der Gewürzkaufmann Carl Tchilling-Hiryan gründeten 1949 die Tchibo GmbH, die ihnen zu gleichen Teilen gehörte. Ihre Geschäftsidee war es, Kaffee per Post zu versenden. Der Markenname Tchibo ist ein Kürzel für Tchilling-Bohne.[5] Weil dieser Name schon nach wenigen Jahren einen hohen Bekanntheitsgrad besaß, behielt ihn Max Herz auch bei, nachdem er 1952 die Anteile seines Partners für geschätzt etwa 225.000 Mark übernommen hatte.[6] Bis zu seinem Tod im Jahr 1965 leitete Max Herz das Unternehmen. Der Name der heutigen Eignerin Maxingvest, der Familienholding der Herz, setzt sich zusammen aus den Vornamen des Gründers und seiner Ehefrau Ingeburg Herz sowie dem Wort Investition.
Am 13. Oktober 1955 eröffnete in Hamburg die erste Tchibo-Filiale, in der die Kunden den Kaffee vor dem Kauf probieren konnten. Das Filialnetz wuchs in der Folgezeit schnell und dehnte sich auf die gesamte damalige Bundesrepublik aus. Ab 1963 richtete Tchibo in Bäckereien und Konditoreien sogenannte Frisch-Depots ein. Hierbei handelte es sich um Regale, die – optisch hervorgehoben – in den Läden aufgestellt und in denen die Tchibo-Kaffeesorten angeboten wurden. Nach dem Tod seines Vaters führte ab 1965 Günter Herz das Unternehmen weiter. Seit den 1950er-Jahren wurde Kaffee bei Tchibo in Behältnissen verkauft. Da Kaffee in dieser Zeit als Luxusgut galt, gestaltete Tchibo die Verpackung hochwertig und verkaufte ihn zunächst in Tüchern und später in orangefarbenen Dosen. Aufgrund eines BGH-Beschlusses im Jahre 1973 war es Tchibo nicht mehr möglich, beim Verkauf von Kaffee andere Produkte wie z. B. Aromadosen oder Kochbücher als Produktzugabe zu verschenken (Zugabeverordnung und Rabattgesetz wurden erst 2001 abgeschafft). So beschloss das Unternehmen, noch vorrätige Artikel stattdessen zu verkaufen. Die Idee, Gebrauchsartikel zu verkaufen, war geboren. Unter dem Motto „Jede Woche eine neue Welt“ bietet Tchibo seinen Kunden ein wöchentlich wechselndes Sortiment an Gebrauchsartikeln von Mode und Schmuck über Sportartikel, Möbel, Wohnaccessoires, Küchenzubehör und Unterhaltungselektronik incl. Smartphones.
Das Unternehmen erwarb 1974 eine Minderheitsbeteiligung an der Beiersdorf AG und 1980 die Mehrheitsbeteiligung an den Reemtsma Cigarettenfabriken. 1988 wandelte sich die Tchibo Frisch-Röst-Kaffee AG in die Tchibo Holding AG (heute Maxingvest) um und gliederte das Kaffee-Geschäft in die neu gegründete hundertprozentige Tochter Tchibo Frisch-Röst-Kaffee GmbH aus. Ab 1991 wurde das Auslandsgeschäft der Tchibo Holding AG von der ebenfalls neu gegründeten Tochter Tchibo International abgewickelt. In den Folgejahren expandierte das Unternehmen im Ausland, insbesondere in Osteuropa. 1994 wurde die Tchibo Coffee Service[7] als selbständiges Tochterunternehmen für die Belieferung von Gastronomie- und Bürokunden ausgegliedert. Ein eigenes Versand- (Tchibo Direct) und ein Reiseunternehmen (Tchibo Reisen) folgten zwei Jahre später. 1997 übernahm Tchibo die Eduscho-Unternehmensgruppe, einen Mitbewerber, und stellte dessen Filialen im Laufe der Nullerjahre auf den Namen Tchibo um oder schloss sie.
Von 2003 bis Ende 2008 arbeitete Tchibo mit der Royal Bank of Scotland bei der Vergabe von Krediten zusammen. Von 2004 bis Ende 2010 bot Tchibo Versicherungen im Rahmen einer Kooperation mit der Asstel-Versicherungsgruppe an. Von 2007 bis Ende 2010 wurden auch Dienstleistungen der Postbank vertrieben, insbesondere Girokonten zu Sonderkonditionen; Tchibo war auch als Kooperationspartner für das Kreditgeschäft aktiv. Darüber hinaus werden in den Filialen seit 2004 über eine Kooperation mit O2 Mobilfunkprodukte unter dem Namen Tchibo Mobil angeboten. Im April 2007 gab Tchibo bekannt, dass die unter Druck geratene Eigenmarke TCM, die im Jahr 2006 noch zu den zehn populärsten Marken in Deutschland zählte,[8] eingestellt wird. TCM soll ganz aus dem Sortiment genommen und durch spezielle Marken für einzelne Warengruppen ersetzt werden,[9] wie z. B. die mit dem Y-3-, Adidas- und MCM-Designer Michael Michalsky entwickelte Eigenmarke Mitch & Co. TCM wird weiterhin auf den Produkten zu finden sein.
Von 2010 an agierte Tchibo auch als Anbieter von Ökostrom aus norwegischen Wasserkraftwerken.[10] 2015 verkaufte Tchibo diesen Geschäftsbereich an das Unternehmen Lichtblick.[11]
Im Jahr 2012 zeichnete das Deutsche Netzwerk Wirtschaftsethik Tchibo für die „Bemühungen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Geschäftstätigkeit“ mit dem Preis für Unternehmensethik 2012 aus.[12] Anfang des Jahres 2013 ist Tchibo in das Mass-Customization-Geschäft eingestiegen und bietet online individuellen Kaffee nach Wunsch an.[13] Im April 2013 zeichnete das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Tchibo mit dem CSR-Preis der Bundesregierung aus. Begründung der Jury war, dass Tchibo „seine Geschäftstätigkeit umfassend in Richtung Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung ausrichtet und dabei die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick nimmt“.[14] Ende Oktober 2014 unterzeichnete Tchibo die Detox-Kampagne von Greenpeace und strebt damit eine schadstofffreie Herstellung von Textilien an.[15]
Werbung und Kundenbindung
Anfang der 1980er-Jahre entwarf Jürgen Scholz (1929–2010) eine Werbekampagne für Tchibo, für die zunächst viele Aufkleber verteilt wurden, die lediglich den roten Schriftzug „Alles Frisch“ auf weißem Grund zeigten. Erst einige Monate später wurde im Zuge weiterer Reklame der Zusammenhang zu Tchibo hergestellt.Beleg?
Nach einem Testlauf im Jahr 2004 führte Tchibo im Januar 2007 das Tchibo Privat Programm wieder ein. Zu einem einmaligen Betrag von acht Euro erwirbt der Kunde fünf Einkaufsgutscheine im Wert von je zwei Euro. Er erhält eine Privat Card genannte Kundenkarte, mit der Treuebohnen gesammelt werden können, die gegen Prämien eingetauscht werden können. Dieser sind einmalig Einkaufs- bzw. Verzehrgutscheine beigefügt. Zudem besteht monatlich eine Vorschau auf die kommenden Produktwelten, die vorzeitig bestellt werden können. Da jeder Gutschein nur einzeln pro Einkauf in der Filiale oder im Versand verwendet werden kann, ist das Privat Programm zur Bindung und Entwicklung von Stammkunden gedacht.[16] Des Weiteren wird in Kooperation mit der Valovis Bank (ab 2017: Commerzbank) exklusiv für Privatcardkunden die Mastercard-Kreditkarte Privat Card Premium herausgegeben, mit der auch außerhalb von Tchibo Treuebohnen gesammelt werden können.[17]
Kritik
Im Dezember 2009 verhängte das Bundeskartellamt wegen unerlaubter Preisabsprachen unter anderem gegen Tchibo eine Geldbuße. Auch Melitta, Dallmayr und Kraft Foods gehörten diesem sogenannten Kaffeekartell an; letzteres Unternehmen nutzte die sogenannte Bonusregelung, um einer Strafe zu entgehen.[18][19] Seit Ende 2009 verkauft Tchibo Lederwaren unter dem Markennamen und Logo von Goldpfeil, nachdem Tchibo aus der Konkursmasse der gescheiterten Firma EganaGoldpfeil Lizenzen erworben hatte.[20]
Im Juni 2010 wurde dem Deutschen Kaffee-Verband Hamburg vom Bundeskartellamt vorgeworfen, mit einer Pressemitteilung im Februar 2005 ein Kartell von Kaffeeunternehmen gefördert zu haben, weswegen ein Bußgeld von bis zu 90.000 € verhängt wurde. Zu den beteiligten Kaffeeröstereien gehörten neben Tchibo die Unternehmen Kraft Foods Außer Haus Service, Bremen, Luigi Lavazza Deutschland, Frankfurt, Seeberger, Ulm, Segafredo Zanetti Deutschland, München, Gebr. Westhoff, Bremen, Melitta System Service, Minden, und J. J. Darboven, Hamburg. Den letzteren beiden Unternehmen wurden die Geldbußen wegen ihrer Kooperation bei der Aufklärung der Vorwürfe reduziert.[21] Laut Berechnungen der Verbraucherzentrale ist dem Bürger in den vergangenen Jahren durch Kaffeepreisabsprachen ein Schaden in Höhe von 4,8 Milliarden Euro entstanden.[22]
Tchibo vertreibt zwei Sorten Eduscho Gala, die Kaffeemischprodukte sind. Auf der Verpackung fehlt die Produktbezeichnung „Kaffee“, die Verpackung ist aber der gewohnten Kaffeeverpackung so ähnlich, dass ein Verbraucher, der die Zutatenliste nicht liest, das Produkt für Kaffee halten könnte.[23]
Seit Juli 2013 bietet Tchibo die sogenannte ZahnersatzCard an. Karteninhaber können damit bis zu 50 Prozent beim Zahnersatz sparen.[24] Voraussetzung ist jedoch, dass der Zahnarzt die Karte akzeptiert. Denn er entscheidet, von welchem Zahnlabor er den Zahnersatz bezieht. Diese Einschränkung bei der freien Zahnarztwahl führte zu heftiger Kritik, unter anderem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV).[25]
Weblinks
- Website der Tchibo GmbH
- Arno Makowsky: Das Phänomen Tchibo – Jede Woche eine neue Uniform. (Memento vom 30. März 2007 im Internet Archive) sueddeutsche.de
- Marken-Check: Tchibo (Memento vom 15. April 2021 im Internet Archive) im WDR Fernsehen am 10. Januar 2011
- Die Tchibo-Story – ZDFzeit vom 4. Oktober 2016 Video aus ZDFmediathek
Einzelnachweise
- Zahlen & Fakten - Über Tchibo - Tchibo Corporate Website. Abgerufen am 2. Dezember 2019.
- Jörn Sucher: Streit um die Tchibo-Depots. In: Manager Magazin. 23. Januar 2008, abgerufen am 14. August 2019.
- Tchibo will Regale bei Rewe, Edeka, Real und Kaufland ausbauen. In: Chip Online. 24. September 2018, abgerufen am 14. August 2019.
- Tchibo auf einen Blick, Zahlen und Fakten, Zahlen Geschäftsjahr 2019, abgerufen am 25. März 2021
- Kaffee-Historie. In: Service & Nachhaltigkeit. Tchibo GmbH, abgerufen am 6. April 2016 (Die Geschichte des Kaffees und des Unternehmens Tchibo): „1949 […] Die Kaufleute Max Herz und Carl Tchiling-Hiryan legen den Grundstein für das Unternehmen Tchibo.“
- Heiß wie die Hölle. In: Der Spiegel. Nr. 42, 1962, S. 38–57 (online).
- tchibo-coffeeservice.de
- Ebay ist populär, Porsche innovativ. In: handelsblatt.com. 26. Januar 2006, abgerufen am 20. Dezember 2014.
- Tchibo stellt Eigenmarke TCM ein. In: handelsblatt.com. 20. April 2007, abgerufen am 20. Dezember 2014.
- Öko- zum Preis von Atomstrom. In: test. Stiftung Warentest, 7. Dezember 2010, abgerufen am 31. Juli 2012.
- Gerhard Hegmann: Tchibo: Stromgeschäft soll an Lichtblick gehen. In: welt.de. 21. Juli 2015, abgerufen am 7. Oktober 2018.
- Preis für Unternehmensethik. DNWE – Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
- Tchibo Mein Privat Kaffee ist gestartet (Memento vom 24. Mai 2013 im Internet Archive)
- CSR Preis der Bundesregierung. Gewinner ausgezeichnet. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 25. April 2013, archiviert vom Original am 1. Mai 2013; abgerufen am 5. April 2016: „Tchibo – Wertschöpfungskette auf Nachhaltigkeit ausgerichtet“
- Engelmann, Andreas: Entgiftet unsere Kleidung! Die Detox-Kampagne. In: Tchibo-Blog. 14. September 2015, abgerufen am 9. September 2016.
- PrivatCard – Teilnahmebedingungen. Archiviert vom Original am 8. Mai 2010; abgerufen am 5. April 2010.
- PrivatCard. tchibo.de
- Birger Nicolai: Hohe Geldbußen gegen deutsche Kaffeeröster. In: welt.de. 21. Dezember 2009, abgerufen am 20. Dezember 2014.
- „Kraft Foods“ gab Ermittlungshinweis. (Memento vom 22. Januar 2010 im Internet Archive). In: RP Online, 13. Januar 2010, abgerufen am 12. Februar 2010.
- Das Traditionsunternehmen Goldpfeil versteht sich schon seit 1856 auf die Kunst, edle Lederschmuckstücke für anspruchsvolle Frauen und Männer zu kreieren. Eine exklusive Auswahl aus den Goldpfeil Leder-Kollektionen bietet Tchibo ab dem 2. Dezember in ausgewählten Filialen und im Tchibo Onlineshop an. (Nicht mehr online verfügbar.) Tchibo, archiviert vom Original am 18. März 2010; abgerufen am 8. April 2017.
- Erneut Bußgelder gegen Kaffeeröster, in: Main-Echo vom 10. Juni 2010, abgerufen am 8. April 2017.
- Moritz Honert: 4,8 Milliarden Euro – Kaffeeröster sahnen ab. In: tagesspiegel.de. 23. Dezember 2009, abgerufen am 8. April 2017.
- Kundentäuschung mit Melange. ntv, 19. Februar 2011, abgerufen am 31. Dezember 2019.
- Tchibo macht das Lächeln leicht. (Memento vom 19. Juli 2013 im Internet Archive) In: tchibo.com.
- Pressemitteilung vom 16. Juli 2013. kzbv.de