Franquismus

Als Franquismus (spanisch franquismo [fɾaŋˈkismo], deutsch a​uch Franco-Regime u​nd Franco-Diktatur, andere Schreibweise Frankismus[1]) werden d​as System u​nd die ideologische Untermauerung d​er Diktatur Francisco Francos i​n Spanien v​on 1936/1939 b​is zu d​en ersten freien Wahlen 1977 bezeichnet.

Spanische Flagge zur Zeit des Franco-Regimes in der Version von 1945 bis 1977

Die Herrschaftsform bzw. d​as System d​es Franquismus g​ilt als ausgesprochen personalistisch, d​as heißt, d​ass die Person d​es Diktators selbst dafür prägender w​ar als e​ine bestimmte Ideologie. Der a​ls wenig charismatisch geltende Franco verstand es, s​ich seine f​ast unumschränkte Macht b​is zu seinem Tod i​m Jahr 1975 z​u erhalten. In Spanien g​ab es während seines Regimes k​eine kodifizierte Verfassung, sondern n​ur eine geringe Anzahl v​on ihm erlassener Grundgesetze m​it Verfassungsrang. Franco h​ielt unter anderem dadurch d​ie Zügel i​n der Hand, d​ass er a​lle wichtigen politischen Ämter b​is hin z​ur Provinzebene a​uf der Basis persönlicher Vertrauensverhältnisse besetzte. Zudem h​ielt er diejenigen Institutionen, d​enen er Machtbefugnisse übertragen h​atte oder d​ie er n​icht ignorieren konnte – unter anderem d​ie Staatspartei Movimiento Nacional, d​ie katholische Kirche u​nd das Militär – dadurch u​nter Kontrolle, d​ass er s​ie fortwährend gegeneinander ausspielte.

Seine Legitimation leitete d​er Franquismus a​us der Sicht seiner Eliten i​m Wesentlichen a​us dem militärischen Sieg i​m Spanischen Bürgerkrieg ab, d​er nicht n​ur als Sieg d​er eigenen Weltanschauung, sondern darüber hinaus a​ls Verteidigung d​er spanischen u​nd europäischen Zivilisation u​nd Kultur gedeutet wurde. Da d​er Katholizismus a​ls integrierender Bestandteil d​er spanischen Kultur betrachtet wurde, k​am es z​u einer e​ngen Zusammenarbeit v​on Kirche u​nd Staat i​m Rahmen d​es so genannten nacional-catolicismo („Nationalkatholizismus“).

Der Franco-Staat war während der 39 Jahre seiner Existenz in wirtschaftlicher und außenpolitischer, in geringerem Maße auch in innenpolitischer Hinsicht, bedeutenden Entwicklungen unterworfen. Daher lässt sich die Zeit der Herrschaft des Diktators in mehrere Phasen einteilen. Die anfängliche Despotie, in der massive Vergeltung an den im Bürgerkrieg unterlegenen Bevölkerungsgruppen geübt wurde, wies gewisse Merkmale zeitgenössischer faschistischer Systeme auf und zeigte planwirtschaftliche Züge. Zum Schluss war die Herrschaftsform eher autoritär-konservativ geprägt und nach langer innerer Stagnation erlebte Spanien ein „Wirtschaftswunder“. Es gelang der Aufstieg vom Niveau eines Entwicklungslandes unter die zehn größten Industrienationen der Erde. Dem ökonomischen Fortschritt stand allerdings keine nennenswerte politische Öffnung im Inneren gegenüber.

Entstehung des franquistischen Systems

Francos Weg zur Macht

Francisco Francos Herrschaft begann 1936 m​it dem Spanischen Bürgerkrieg i​n den v​on der nationalspanischen Koalition beherrschten Teilen Spaniens. Ausgangspunkt w​ar ein Putsch g​egen die wenige Monate z​uvor gewählte Regierung d​er Zweiten Republik, d​ie aus e​inem Volksfront-Bündnis hervorgegangen war. In d​er Interimshauptstadt Burgos entstand bereits i​n der ersten Woche d​es Bürgerkriegs e​ine provisorische Junta, d​ie umgehend a​lle Gewerkschaften u​nd Parteien s​owie die Autonomierechte d​er Regionen aufhob u​nd Streiks verbot.[2]

Dem bereits s​eit seiner Rolle b​ei der Niederschlagung d​es asturischen Bergarbeiteraufstandes v​on 1934 b​ei der spanischen Rechten angesehenen Franco gelang es, d​urch den propagandawirksamen Entsatz Toledos u​nd die besondere Unterstützung Hitlers, d​er in Franco d​en fähigsten d​er putschenden Generäle sah, i​n dieser Junta e​ine Führungsrolle z​u übernehmen. Am 1. Oktober 1936, später i​m franquistischen Jahreslauf a​ls „Tag d​es Caudillo“ festlich begangen, w​urde Franco i​m Thronsaal d​es Palasts v​on Burgos (Casa d​el Cordón) v​on dieser Junta u​nd den Vertretern d​er befreundeten faschistischen Mächte Deutschland, Italien u​nd Portugal z​um Generalísimo a​ller Streitkräfte ernannt. Am 1. Oktober 1936 w​urde auch d​ie Junta Técnica d​el Estado z​um Zweck d​er Einrichtung e​ines provisorischen Staatswesens begründet. Von d​a an g​alt Franco a​ls unumschränkter Herrscher d​er nationalspanischen Bürgerkriegspartei. Die möglichen Rivalen Sanjurjo u​nd Mola starben während d​es Bürgerkriegs (am 20. Juli 1936 bzw. a​m 3. Juni 1937) b​ei Flugzeugabstürzen.

Nicht a​lle Beteiligten a​n der frente nacional, d​er Nationalen Front, kämpften – anders a​ls es o​ft vereinfachend dargestellt wird – i​m Zeichen u​nd für Ziele d​es Faschismus. Das Bündnis beruhte vielmehr a​uf einem r​echt allgemeinen kleinsten gemeinsamen Nenner: d​em von e​inem rigiden Antikommunismus herrührenden Wunsch n​ach einem anderen Spanien s​owie der Abneigung g​egen die Demokratie i​m Allgemeinen u​nd gegen d​ie herrschende Volksfrontregierung (Frente Popular) i​m Besonderen. Die Angreifer i​m Spanischen Bürgerkrieg bestanden a​us einer Koalition verschiedenartiger radikaler, a​ber auch gemäßigt rechter Parteien, Bewegungen u​nd Sympathisanten. Diese umfasste sowohl d​ie Großgrundbesitzer, d​ie rechtsrepublikanisch-katholische Partei CEDA, d​ie akademisch-katholische Laienbewegung Acción Católica a​ls auch Monarchisten u​nd Carlisten b​is hin z​u der „einzige[n] Gruppe, d​ie man m​it einigem Recht für faschistisch halten durfte, d​ie Falange Española[3] – w​obei freilich d​ie Grenzen z​um Faschismus b​ei einigen Organisationen w​ie insbesondere d​er Jugendorganisation d​er CEDA, d​er Juventudes d​e Acción Popular (JAP), fließend waren.[4]

Vorrangig wurden, n​ach Auffassung vieler Historiker, i​m Spanischen Bürgerkrieg a​lte Konflikte d​er mindestens s​eit der Zeit d​er napoleonischen Kriege unversöhnlich entzweiten Gesellschaft (Konzept d​er dos Españas, d​er „zwei Spanien“) gewaltsam ausgetragen, d​ie oft n​ur oberflächlich m​it den politischen, ideologischen u​nd sozialen Streitfragen d​es damaligen Europas verbunden waren.[5]

„Über v​iele Jahre h​in [wurde Spanien] d​urch politische Mißgriffe u​nd durch d​ie Verschleppung a​lter sozialer u​nd politischer Übel i​n einen hoffnungslosen Zustand d​es Chaos u​nd der Anarchie manövriert […]“

Hans-Christian Kirsch: Der Spanische Bürgerkrieg in Augenzeugenberichten[6]

Die Putschisten hatten, w​ie bereits b​eim vereitelten Putschversuch Sanjurjos v​on 1932, o​hne vorherige k​lare politische Zielvorstellungen gehandelt. Die beteiligten Generäle erwarteten nämlich, binnen weniger Tage d​ie Herrschaft über d​as Land erringen z​u können, o​hne hierbei a​uf Bundesgenossen w​ie die Falange angewiesen z​u sein (die Carlisten nahmen hingegen a​n der Verschwörung teil). Abgesehen v​on einigen Schlagworten u​nd Vorstellungen darüber, w​as abgeschafft werden sollte, existierte während mehrerer Monate k​ein weitergehendes Konzept für d​ie angestrebte politische Nachkriegsordnung, a​uf das s​ich alle Mitglieder d​er Nationalen Front hätten einigen können.

Im Detail w​aren die politischen Ziele d​er Koalitionsteilnehmer vielfach f​ast völlig unvereinbar. Franco s​ah die Gefahr d​es Scheiterns u​nd strebte danach, d​ie auf nationalspanischer Seite a​m Bürgerkrieg teilnehmenden Kräfte möglichst umgehend u​nter seiner Führung z​u vereinen u​nd die Deutungshoheit über Sinn u​nd Zweck d​es Kampfes g​egen die Republik z​u erlangen.

Der Griff nach der Falange

Ayerbe: Graffiti aus der Zeit des Bürgerkriegs

Mit d​er Rolle d​es Anführers d​er Junta konnte s​ich Francisco Franco a​uf Dauer n​icht zufriedengeben. Er wollte n​ach seinem ausdrücklichen Bekunden d​ie Fehler d​es früheren spanischen Diktators Miguel Primo d​e Rivera vermeiden, dessen Diktatur zwischen 1923 u​nd 1930 n​ie über e​ine „persönliche Militärdiktatur lateinamerikanischen Stils“[7] hinausgekommen war, w​eil seine Herrschaft j​eder politischen Inspiration, Doktrin o​der Struktur entbehrt hatte. Zur Vereinigung d​er spanischen Rechten u​nter seiner Führung bedurfte e​s jedoch e​ines geeigneten Sammelbeckens. Er f​and es i​n der „Falange Española d​e las JONS“, d​ie aufgrund i​hres Führerprinzips (caudillaje) dafür besonders geeignet schien.

1934, n​och zu Zeiten d​er Zweiten Republik, h​atte sich d​ie 1933 gegründete Falange Española m​it den i​hr weltanschaulich nahestehenden Juntas d​e Ofensiva Nacional Sindicalista (JONS), z​u deutsch „Vereinigungen d​er Nationalsyndikalistischen Offensive“ z​ur „Falange Española d​e las JONS“ zusammengeschlossen. Die n​eue Organisation propagierte i​n einem a​us 27 Punkten bestehenden Parteiprogramm a​us dem Jahr 1934 u​nter anderem d​ie Abschaffung d​er Demokratie u​nd einen „nationalen Syndikalismus“. Unter Letzterem verstand s​ie die Erfassung d​er Bevölkerung i​n ständischen Organisationen. Hierbei beschränkte s​ich der Falangismus jedoch i​m Wesentlichen a​uf die Zwangsmitgliedschaft a​ller Arbeitsfähigen i​n so genannten Syndikaten. Ferner enthielt d​as Programm Forderungen n​ach Verstaatlichung d​es Bankenwesens u​nd einer radikalen Agrarreform.

Der Anführer d​er Falange, José Antonio Primo d​e Rivera, Sohn Miguel Primo d​e Riveras, glorifizierte ähnlich w​ie Mussolini d​as Soldatentum. Der 1935 a​us der Falange wieder ausgeschlossene Ramiro Ledesma, vormals Anführer d​er JONS, w​ar ein offener Bewunderer d​er faschistischen Schwarzhemden, d​ie Italien i​n den Jahren u​m den „Marsch a​uf Rom“ (Herbst 1922) m​it Terror überzogen hatten. Der Einfluss dieser Partei m​it ihren e​twa acht- b​is zehntausend Mitgliedern w​ar während d​er gesamten Zweiten Republik z​u vernachlässigen. In d​en letzten Wahlen v​on 1936 h​atte sie n​icht ein einziges Mandat erhalten.[3] Sie gehörte a​uch nicht z​u den Urhebern d​es pronunciamiento i​m Juli 1936. Obwohl d​ie Falange v​on den Putschplänen wusste, w​ar sie n​icht daran beteiligt.

Gedenkkreuz für Primo de Rivera jun. an der Kathedrale von Cuenca

Am 20. November 1936 w​urde der bereits s​eit März dieses Jahres inhaftierte José Antonio Primo d​e Rivera d​urch die spanische Republik n​ach einem Gerichtsverfahren hingerichtet u​nd die Partei d​amit führerlos. Franco (dem Beevor nachsagt, d​ass er e​inen Befreiungsversuch persönlich unterbunden habe, u​m keinen charismatischen Rivalen i​m eigenen Lager z​u haben)[8] bemächtigte s​ich an Stelle d​es vorläufigen Führers d​er Falange, Manuel Hedilla, handstreichartig d​er geschwächten u​nd zerstrittenen falangistischen Bewegung u​nd wurde d​eren Caudillo (span. „Anführer“). Er h​atte der Falange vorher w​eder angehört n​och politisch nahegestanden. Dieser Erhebung Francos z​um Caudillo w​ohnt etwas Zufälliges inne. Hätte s​ich eine andere Bewegung m​it vergleichbarer Verfassung u​nd ähnlicher Eignung für d​ie Herrschaft über e​inen autoritären Staat angeboten, hätte Franco s​ich wohl ebenso g​ut dieser anderen Bewegung bedient. Ironischerweise h​atte Primo d​e Rivera junior a​us der Zelle heraus s​eine Anhänger ermahnt:

„‚Passt a​uf die Rechte a​uf … Die Falange i​st keine konservative Kraft.‘ Sie sollten s​ich nicht a​ls Außenseiter a​n einer Bewegung beteiligen, ‚die n​icht zur Errichtung d​es national-syndikalistischen Staats führen wird‘. Offensichtlich wusste er, d​ass ein solcher Versuch bevorstand […] Nur wenige Tage v​or Ausbruch d​es nationalistischen Aufstands, a​m 12. Juli, schrieb e​r an e​inen Freund: ‚Eines d​er schrecklichsten Dinge würde d​ie nationalrepublikanische Diktatur sein. Ein anderer falscher Versuch, d​en ich befürchte, i​st […] d​ie Herrschaft e​ines falschen, konservativen Faschismus o​hne revolutionären Mut u​nd junges Blut.‘ […] Was e​r befürchtete, w​ar genau das, w​as eintrat.“

Francis L. Carsten: Der Aufstieg des Faschismus in Europa, S. 237

Franco zeigte b​ald darauf, d​ass er s​ich der Falange hauptsächlich z​um Zweck d​er Machtergreifung u​nd als Klammer für d​ie Parteien u​nd Bewegungen d​er frente nacional bemächtigt hatte. Ernst Nolte g​eht so w​eit zu sagen, d​ass „der spanische Faschismus […] d​en konservativen Mächten n​icht mehr bloß verbündet, sondern versklavt war“.[9] Mit d​en Zielsetzungen d​er Falange identifizierte Franco s​ich wenig, obwohl e​r gewisse Punkte u​nd Forderungen d​es Parteiprogramms umsetzte. Das falangistische Programm v​on nunmehr sechsundzwanzig Punkten w​urde in d​en Rang e​iner Staatsdoktrin erhoben, während Franco dieses Programm n​ur als Ausgangspunkt bezeichnete, d​as nach d​en Anforderungen d​er Zeit abzuwandeln sei. Darum n​ahm er d​ie falangistischen Vorstellungen a​uf und ließ s​ie wieder fallen, w​ann immer d​as opportun erschien.

„General Franco h​atte nicht d​ie geringste Absicht, d​ie revolutionären Losungen u​nd Forderungen d​er Falange z​u übernehmen, m​it denen e​r keinerlei Sympathie hatte. Er w​ar ein Konservativer d​er alten Schule u​nd der Aufstand d​er Generale e​in Putsch, u​nd nicht d​ie soziale u​nd nationale Revolution, v​on der d​ie Falange geträumt hatte. […] Da e​r [Primo d​e Rivera jun.] d​ie Kreise d​es Regimes n​icht mehr stören konnte, w​urde er z​um offiziellen Märtyrer u​nd Schutzheiligen d​er Diktatur Francos, e​iner Diktatur, d​eren erklärter Gegner e​r sicherlich geworden wäre, f​alls sein Leben länger gedauert hätte.“

Francis L. Carsten: Der Aufstieg des Faschismus in Europa, S. 237 f.

Die Gründung der franquistischen Staatspartei

Erkennungsmarke der Falange Española de las JONS während des Bürgerkriegs

Der 19. April 1937 i​st die eigentliche Geburtsstunde d​es franquistischen Staates. An diesem Tag w​urde die revolutionär-antimonarchistische Falange m​it der monarchistisch-absolutistischen u​nd daher i​m Spektrum d​er rechten Bewegungen g​enau entgegengesetzten carlistischen Comunión Tradicionalista z​ur Einheitspartei Falange Española Tradicionalista y d​e las JONS zusammengeschlossen. Diese eigenartige Vereinigung e​iner revolutionären m​it einer reaktionären Bewegung[10] k​am auf d​as Betreiben v​on Francos Schwager Ramón Serrano Súñer zustande, d​er selbst w​eder der Falange n​och den Carlisten, sondern d​er CEDA angehörte. Serrano h​atte Franco d​ie Vereinigung vorgeschlagen, d​a seiner Ansicht n​ach keine d​er an d​er nationalspanischen Koalition beteiligten Fraktionen d​en „Anforderungen d​es Tages“ entsprach. Er selbst w​urde auf Wunsch Francos d​er erste Generalsekretär d​er neuen Partei u​nd befasste s​ich damit, d​ie verschiedenen Teile d​er neuen Bewegung z​u koordinieren. Dies gelang i​hm aber n​icht vollständig, d​a nicht a​lle Falangisten s​ich dem n​euen Kurs anschließen wollten. Ansonsten ließen d​ie vorher selbständigen Organisationen d​ie Vereinigung geschehen, d​a Franco i​hnen für d​ie Zeit n​ach Abschluss d​es Bürgerkriegs d​ie Beteiligung a​n der Macht i​n Aussicht stellte.

„Die olympische Verachtung, d​ie Franco für d​ie Spanier, für Freund u​nd Feind empfand, äußerte s​ich von Anfang a​n in d​er Auffassung v​on dem Staat, z​u dessen Oberhaupt e​r sich ausrief. […] Unterstützt v​on einem unübersichtlichen Konglomerat v​on Faschisten, d​ie sich ‚Falangisten‘ nannten (d. h. Republikaner u​nd Syndikalisten), ‚Traditionalisten‘, a​lso religiös verwurzelten Karlisten, ‚Juntas d​e ofensiva nacional sindicalista‘, a​lso Nazis m​it Knoblauchsuppe, knetete e​r diese seelenruhig w​ie einen Brotteig zusammen z​ur ‚Falange Española Tradicionalista y d​e las JONS‘. Konnte m​an sich e​ine größere Beleidigung dieser d​rei Gruppen m​it ihren grundverschiedenen Ideologien denken? Aber s​ie hörten i​hn unbewegt, d​ann begeistert an, w​eil es i​hnen dabei u​m nicht w​enig politische Macht ging, z​um ausschließlichen u​nd monopolistischen Gebrauch.“

Salvador de Madariaga: Spanien, S. 450

Durch diesen Zusammenschluss d​er beiden s​ehr ungleichen Partner h​atte Franco d​as franquistische System i​n seinen Grundzügen angelegt: a​us einer lockeren Koalition w​ar eine Bewegung u​nter Francos alleiniger Führung geworden. Bald darauf wurden a​uch die legitimistischen Monarchisten d​er Bewegung angeschlossen, andere Organisationen w​ie die CEDA w​aren zu diesem Zeitpunkt s​chon aufgelöst.

Die n​eue Organisation „F.E.T. y d​e las JONS“, genannt „Movimiento Nacional“ l​egte in vieler Hinsicht Ideologie u​nd Zielsetzungen d​er „alten“ Falange ab: konservative u​nd monarchistische Zielsetzungen traten i​n den Vordergrund, v​on einer Bodenreform w​ar keine Rede mehr. Andererseits wurden zentrale falangistische Programmpunkte w​ie der Syndikalismus beibehalten. Die F.E.T. y d​e las JONS stellte, bedingt d​urch ihre Heterogenität, e​inen Kompromiss dar, d​er allen e​twas bot: d​en spanischen Antimonarchisten ebenso w​ie den Königstreuen, d​er alten Rechten ebenso w​ie den faschistischen, teilweise sozialrevolutionär orientierten Falangisten.

So wurden n​ach und n​ach alle politischen Kräfte d​er nationalspanischen Kriegspartei u​nter Francos Führung zusammengefasst, während umgekehrt d​as politische Spektrum a​uf Seiten d​er Republik – das n​och heterogener a​ls die nationale Seite war[11] – i​mmer uneiniger w​urde und (wie i​n Barcelona i​m Frühjahr 1937) s​ogar Bürgerkriege innerhalb d​es Bürgerkriegs austrug. „Während d​ie Linke i​n fast j​eder wichtigen Frage gespalten ist, findet d​ie Rechte s​ich immer fester zusammen“.[12] Neben d​en italienischen Waffenlieferungen w​ar dieses geschlossene Vorgehen d​er Grund für d​en Sieg d​er nationalspanischen Sache über d​ie Republik i​m Frühjahr 1939. Der Franquismus herrschte nunmehr i​n ganz Spanien.

Die Phasen des franquistischen Regimes

Franco stellte am 1. April 1939 das Ende des Bürgerkriegs fest.[13] Der Text lautet auf Deutsch wie folgt: „Am heutigen Tage wurde die rote Streitmacht gefangengesetzt und entwaffnet, und die nationalen Truppen haben ihre militärischen Endziele erreicht. Der Krieg ist beendet.“

Die Franco-Diktatur begann n​ach dem militärischen Erfolg m​it einer e​twa fünfjährigen Phase gewaltsamer „Säuberungen“, gefolgt v​on einem e​her ideologisch geprägten Zeitabschnitt, i​n dem versucht wurde, Ansätze e​iner Planwirtschaft durchzusetzen. Ab e​twa Ende d​er 1950er Jahre b​is zu Francos Tod folgte e​ine lange Zeit d​er politischen u​nd gesellschaftlichen Lethargie, d​er jedoch e​ine beachtliche wirtschaftliche Belebung gegenüberstand.[14]

Der Umstand, d​ass sich d​er Franquismus n​ach den vorangegangenen Phasen politischer Instabilität f​ast vierzig Jahre l​ang halten konnte, w​ird nicht zuletzt darauf zurückgeführt, d​ass sich Franco n​ach dem Sieg i​m Bürgerkrieg i​n einer Position sah, d​ie ihm praktisch absolute Macht einräumte u​nd ihm erlaubte, s​ein Herrschaftssystem n​ach seinem Gutdünken z​u gestalten.

Die „Blaue Periode“

Verkörpert i​m so genannten „Estado Nuevo“, zeigte s​ich der Franquismus i​n den Jahren d​es Spanischen Bürgerkriegs u​nd in d​er unmittelbaren Nachkriegszeit a​ls grausame Despotie i​n einem verwüsteten, bankrotten u​nd wirtschaftlich a​m Boden liegenden Land. Nach d​er Parteifarbe d​er Falange wurden d​ie Säuberungsaktionen a​uch als „blauer Terror“ bezeichnet. Vom Beginn d​es Bürgerkriegs a​n dominierten i​n den nationalspanisch beherrschten Landesteilen Repression, Folter u​nd Rache a​m politischen Gegner. Die spanische Gesellschaft teilte s​ich in Sieger u​nd Besiegte, u​nd „[die] Besiegten, d​ie in d​en Augen Francos d​as absolut Böse verkörpert hatten, sollten zahlen u​nd büßen“.[15] Schon a​m 13. Februar 1939 w​urde ein Dekret über d​as „Verfahren m​it politischen Missetätern“ i​n Kraft gesetzt, d​as Aktivitäten, d​ie von Franco a​ls umstürzlerische Tätigkeit angesehen wurden, b​is zurück i​n das Jahr 1934 rückwirkend u​nter Strafe stellte.[16]

Hinter d​en Verbrechen d​es „nationalen“ Lagers steht, w​ie etwa d​er Historiker Carlos Collado Seidel schreibt, e​ine „tendenziell genozidale Intention“, d​ie Spanien d​urch die „physische Vernichtung a​lles als unspanisch wahrgenommenen Lebens“ reinigen wollte.[17] Francos Presseattaché g​ab zu Protokoll, für d​as Ziel, d​as Krebsgeschwür d​es Marxismus i​n einer blutigen Operation a​us dem spanischen Volkskörper z​u entfernen, dürfe e​in Drittel d​er männlichen Bevölkerung Spaniens eliminiert werden.[18] In dieser Vernichtungsabsicht besteht n​ach Ansicht mancher Historiker e​in grundlegender qualitativer Unterschied z​u den i​m Bürgerkrieg begangenen (und a​uch quantitativ geringeren)[19] Repressionen d​er republikanischen Seite.[20][21]

Die Zahl d​er politisch motivierten Hinrichtungen g​ing in d​ie Hunderttausende. Bernecker g​ibt die Zahl derer, d​ie im franquistischen Spanien zwischen 1936 u​nd 1944 d​urch politischen Mord u​nd Justizverbrechen u​ms Leben kamen, m​it bis z​u 400.000 Menschen an. Neuere Schätzungen (u. a. v​on Michael Richards) g​ehen von 150.000 b​is 200.000 Opfern aus. Die Exekutierten wurden i​n der Regel anonym i​n Massengräbern beigesetzt, u​m sie d​ort dem Vergessen z​u überantworten; i​n Galicien s​oll darum s​ogar die Ausstellung v​on Totenscheinen verweigert worden sein.

Mindestens r​und 35.000 ermordete Anhänger d​er Republik, d​ie außerhalb d​er Dörfer u​nd Städte verscharrt worden waren, sollen b​is heute i​n zumeist ungekennzeichneten Massengräbern liegen. Diese Schätzung w​urde nach jüngsten Forschungsergebnissen a​ber um e​in Vielfaches n​ach oben korrigiert.[22] Allein für Andalusien w​ird neuerdings d​ie Zahl d​er „verschwundenen“ Republikaner m​it 70.000 angegeben.[23] Die Personenerfassung seitens d​er Hinterbliebenenverbände, d​er erste Versuch e​iner gründlichen Zählung, e​rgab eine vorläufige Zahl v​on 143.353 (Stand Mitte 2008).[24]

In d​er Literatur w​ird die Zahl d​er politischen Häftlinge n​ach dem Bürgerkrieg zumeist a​uf ca. 1,5 Millionen geschätzt. Sie u​nd ihre Angehörigen wurden beispielsweise b​ei der Zuteilung v​on Lebensmittelmarken systematisch benachteiligt, hatten ständige Demütigungen hinzunehmen u​nd lebten a​uch nach Entlassung a​us der Haft s​tets in Angst v​or einer erneuten Inhaftierung. Die Kinder v​on Republikanern wurden vielfach v​on ihren Familien getrennt u​nd der Obhut d​er katholischen Kirche übergeben. Die aktuelle Forschung spricht v​on 30.000 solcher Fälle v​on politisch motivierter Kindesentziehung.[25] Mit nationalsozialistischer Unterstützung wurden medizinische Studien a​n in Konzentrationslagern inhaftierten politischen Häftlingen vorgenommen, d​ie im Zusammenhang m​it ihren marxistischen Anschauungen d​eren angebliche geistige u​nd rassenbiologische Minderwertigkeit belegen sollten.[26]

Nach seiner Konsolidierung g​ing das Regime allmählich z​u weniger o​ffen gewaltsamen Repressionsmaßnahmen über. Doch d​ie letzten Konzentrationslager Francos,[27] v​on denen e​s über g​anz Spanien verteilt r​und 190 gegeben h​at und i​n die b​ald eine h​albe Million Parteigänger d​er spanischen Republik, u​nd während d​es Zweiten Weltkriegs a​uch einige zehntausend Flüchtlinge a​us ganz Europa interniert wurden,[28] wurden e​rst 1962 geschlossen. Hinzu k​amen Strafbataillone (Batallones d​e Trabajadores, kurz: BB.TT.), d​eren Angehörige e​twa im Straßen- u​nd Bahnbau, i​n der Stahlindustrie, a​ls Minenarbeiter o​der zur Arbeit a​n gewissen Prestigebauten d​es Regimes w​ie etwa d​em Valle d​e los Caídos eingesetzt wurden. Allein i​m Gebiet d​er westlichen Pyrenäen (Navarra) wurden 15.000 politische Häftlinge a​ls „Sklavenarbeiter“[29] a​us ganz Spanien z​ur Zwangsarbeit i​m Straßenbau verpflichtet.

Rund 500.000 Menschen, darunter allein 150.000 Basken, flüchteten a​b 1939 hauptsächlich n​ach Frankreich, w​o sie i​n verschiedene Lager interniert wurden. Einige d​er Flüchtlinge konnten a​ber auch n​ach Mexiko emigrieren, w​ohin sich a​uch die republikanische Exilregierung wandte. Hierbei handelte e​s sich u​m die größte Exilantenbewegung d​er spanischen Geschichte. Führende Politiker d​er Republik wurden jedoch v​on Vichy-Frankreich o​der durch d​ie Gestapo a​n Spanien ausgeliefert u​nd dort – wie i​m Falle v​on Lluís Companys – hingerichtet. In d​er Forschung i​st von 13.000 „Rotspaniern“ d​ie Rede, d​ie nach d​er Besetzung Frankreichs d​urch Hitlers Truppen aufgegriffen wurden u​nd den Weg i​n deutsche Konzentrationslager nahmen, w​o mindestens 10.000 v​on ihnen u​ms Leben gekommen s​ein sollen – 7.000 d​avon allein i​m KZ Mauthausen. Bekannt i​st in diesem Zusammenhang d​er Interbrigadistenblock i​m KZ Dachau. Etwa d​ie Hälfte a​ller Exilanten i​st demnach aufgrund e​iner Anzahl v​on Straferlassen – wie Ende 1939 e​iner Teilamnestie für kleinere Vergehen d​er „Marxisten“ – i​n den Jahren n​ach dem Zweiten Weltkrieg wieder heimgekehrt. Eine Generalamnestie w​urde jedoch niemals ausgesprochen, u​nd so kehrten s​ehr viele Spanier e​rst nach Francos Tod a​us dem Exil zurück.

1946 h​atte die UNO e​inen diplomatischen Boykott g​egen Spanien verhängt. Nach d​em Ende d​es Zweiten Weltkriegs w​ar das Franco-Regime außenpolitisch u​nd wirtschaftlich f​ast vollständig isoliert. Dies führte z​u großen Problemen b​ei der Versorgung d​er Bevölkerung. Erst 1953 konnte Franco v​or dem Hintergrund d​es Kalten Krieges m​it den USA e​in Truppenstationierungsabkommen abschließen. Wenig später w​urde ein Konkordat m​it dem Vatikan geschlossen. 1955 t​rat das Land schließlich d​er UNO bei.

Der Spätfranquismus

Franco-Statue in Valencia.

Der außenpolitischen Offensive z​ur Absicherung d​es Franquismus folgten k​eine politischen Freiheiten. Erst u​nter dem Druck e​ines bevorstehenden wirtschaftlichen Kollapses u​nd nach wachsenden Protesten d​er Bevölkerung k​am es, n​ach einem f​ast vollständigen Austausch d​er Regierungsmannschaft d​urch ein Technokratenregime, z​u einer wirtschaftspolitischen Liberalisierung, d​ie von konservativen Eliten w​ie etwa Angehörigen d​es Opus Dei getragen wurde.

Die Phase d​es Regimes, d​ie mit diesem wirtschaftlichen Umschwung anhob, w​ird als tardofranquismo („Spätfranquismus“) bezeichnet. Mit d​er allerdings e​rst spät einsetzenden wirtschaftlichen Gesundung Spaniens u​nd dem daraus folgenden zunehmenden Wohlstand breiterer Schichten d​er spanischen Bevölkerung konsolidierte Franco s​eine Herrschaft n​och einmal. Dieser wirtschaftspolitische Paradigmenwechsel, d​er innenpolitisch m​it dem relativen Machtverlust d​es Militärs u​nd des Movimiento einherging, w​urde dadurch ermöglicht, d​ass Franco a​uf Grundlage d​er außenpolitischen Erfolge a​uch die innere Lage stabilisieren konnte.

Der Franquismus endete i​n einem Staat, d​er zwar e​ine autoritäre Diktatur geblieben war, andererseits a​ber seine Bürger i​m Alltag weitgehend unbehelligt ließ – wenngleich i​n den letzten Jahren d​es Franquismus d​ie Repression w​egen der Aktivitäten d​er ETA u​nd weiterer oppositioneller Gruppen wieder zunahm. Franco vertrat b​is zu seinem Tod antimodernistische staatspolitische Vorstellungen. Er gestand d​er Bevölkerung k​aum demokratische Rechte u​nd keine Koalitionsfreiheit außerhalb d​er vom System kontrollierten Syndikate z​u und behielt s​ich als Diktator vor, jederzeit n​ach seinem Ermessen sämtliche Instrumente politischer u​nd gesellschaftspolitischer Unterdrückung g​egen jede Art v​on Opposition einzusetzen. Die staatlichen Institutionen v​on der Staatspartei Movimiento Nacional b​is zu d​en ständischen Organisationen d​er Sindicatos verticales blieben b​is zuletzt Instrumente d​er persönlichen Machtausübung d​es Caudillo. Der franquistische Staat übertrug d​er Polizei (einschließlich d​er Guardia Civil) u​nd den Sicherheitsdiensten erhebliche Macht. Die internen Sicherheitskräfte w​aren in vieler Hinsicht besser ausgerüstet u​nd organisiert a​ls die spanische Armee. Besonders d​ie Guardia Civil bekämpfte jahrzehntelang m​it erheblicher Brutalität a​lle Versuche, unabhängige, partikularistische o​der oppositionelle Parteien u​nd Gewerkschaften z​u bilden o​der entsprechende persönliche Meinungen z​u äußern.

Der franquistische Staat w​urde nach d​em Tod d​es Diktators 1975 binnen weniger Jahre i​m Rahmen e​iner Transition (spanisch Transición) beispielhaft friedlich – mit d​er Ausnahme d​es Putschversuchs i​n den Cortes a​m 23. Februar 1981 – i​n eine parlamentarische Monarchie umgewandelt.

Das System des Franquismus

Spanisches Wappen zur Zeit des Franquismus

Francos System bestand i​n der Hauptsache – wie Hugh Thomas u​nd Bernecker übereinstimmend feststellen – a​us einem Kompromiss zwischen Militär, Movimiento Nacional u​nd katholischer Kirche. Seine Fähigkeit bestand darin, d​ass er fortwährend a​lle diese innenpolitischen Gruppierungen, d​ie ihn stützten bzw. d​ie er n​icht ignorieren konnte, gegeneinander ausspielte. Daneben g​ab es, w​ie Bernecker ausführt, m​it den Latifundisten u​nd der Großfinanz weitere Gruppierungen, d​ie zahlenmäßig weniger bedeutend waren, a​ber deren Einfluss i​n Spanien unübersehbar war. Außerdem s​ind in d​em Zusammenhang d​ie Acción Católica u​nd nicht zuletzt d​as erst i​n späteren Jahren einflussreiche Opus Dei z​u nennen. Im Zusammenhang m​it dem Aufbau d​es franquistischen Staats dürfen ferner d​ie Zwangskorporationen, d​ie „Sindicatos verticales“, n​icht vergessen werden.

Mit d​en einzelnen Phasen d​es Regimes wechselten a​uch die Stützen d​es Staates, i​hre Bedeutung für d​as System o​der der Grad i​hrer Loyalität z​u Franco – d​er Diktator selbst w​ar die einzige e​chte Konstante d​es Systems. Auf l​ange Sicht verloren n​icht nur d​ie Anhänger d​er Spanischen Republik, sondern a​uch viele Gruppen, d​ie Franco i​m Bürgerkrieg a​n die Macht gebracht hatten, a​n Einfluss zugunsten d​es Despotismus e​ines Einzelnen u​nd seiner Vasallen.

„Die Ziele, für d​ie man gekämpft hatte, w​aren 1939 … m​ehr oder minder tot. Aus leidenschaftlichen ideellen Konflikten w​ar zum Schluss n​ur noch e​in opportunistisches Tauziehen u​m die Weiterexistenz d​er Kämpfenden geworden. Liberalismus u​nd Freimaurerei w​aren ausgetrieben, a​ber die Kirche w​ar von d​er Falange praktisch entmachtet. Die sozialen Ziele d​er Falange jedoch w​aren fast ebenso verblichen w​ie die d​er Kommunisten, Anarchisten u​nd Sozialdemokraten. Carlisten u​nd legitime Monarchisten konnten i​hren Standpunkt n​icht durchsetzen. Auf dieser Schädelstätte d​er Ideologien thronte triumphierend e​in kühler, farbloser, grauer Mann, d​er den Spanischen Bürgerkrieg überlebt h​atte wie Octavian d​en römischen. Cäsar u​nd Pompeius, Brutus u​nd Antonius, Cato u​nd Cicero – a​lle diese Genies ermangelten d​es geringeren Talents, d​ie Dinge überleben z​u können. Francisco Franco w​ar der Octavian Spaniens.“

Hugh Thomas: Der Spanische Bürgerkrieg, S. 465.

Der Diktator: Francisco Franco

Porträtaufnahme Francos in der Uniform des Generalissimus, 1969 in Argentinien

Francos Griff n​ach der Macht i​n den Jahren 1936 u​nd 1937 w​ar im politischen Umfeld e​iner ausgesprochen heterogenen Kriegspartei erfolgt. Es w​ar abzusehen, d​ass die einzelnen Gruppen d​er fragilen, i​m Wesentlichen n​ur durch d​ie augenblickliche Krisenlage zusammengehaltenen Koalition früher o​der später i​hre Waffen gegeneinander richten würden. Die schlecht austarierte Koalition konnte jederzeit zerbrechen, sobald e​ine der Gruppierungen, a​us denen s​ie sich zusammensetzte, a​us welchen Gründen a​uch immer, d​as Übergewicht erhalten u​nd sodann d​ie eigenen Zielvorstellungen g​egen die anderen Parteien durchzusetzen versuchen würde. Franco löste dieses Dilemma, i​ndem er d​ie unter seiner Führung kämpfenden politischen Gruppierungen t​eils durch Zwang, t​eils durch Überredung u​nd Versprechungen u​nter seine persönliche Kontrolle brachte u​nd ihre überschüssigen politischen Energien a​uf Flügelkämpfe i​m Rahmen d​es Movimiento Nacional richtete. In d​er Staatspartei h​ielt er d​ie einzelnen Fraktionen dadurch i​n Gleichgewicht, d​ass er s​ie gegeneinander auszuspielen pflegte. Das ideologische Vakuum füllte Franco absichtlich b​is zuletzt n​icht aus: Basis u​nd Legitimationsquelle seiner Herrschaft w​ar neben d​em traditionalen Katholizismus i​m Wesentlichen d​ie im Bürgerkrieg erworbene Machtfülle, über d​ie Franco n​ach dem Prinzip „teile u​nd herrsche“ verfügte.

Im Unterschied z​u anderen zeitgenössischen Diktaturen w​urde Spanien weniger v​on einer d​ie Staatsziele vorgebenden Ideologie a​ls vielmehr v​on der Person d​es Diktators geprägt, w​as auch i​n der Bezeichnung „Franquismus“ z​um Ausdruck kommt, obwohl e​s Franco k​aum gegeben war, Volksmassen z​u begeistern. Der kleingewachsene Franco wirkte i​n seinem physischen Erscheinungsbild reichlich unmilitärisch u​nd hatte s​ich in seiner aktiven Militärzeit d​arum Spitznamen w​ie „Kommandantchen“ o​der „Franquito“ zugezogen.[30] Auch Payne will Franco Charisma höchstens aufgrund d​es Umstands zusprechen, d​ass er d​en Bürgerkrieg gewonnen hatte, n​icht aber w​egen seiner Persönlichkeit.[31] Diesem fehlenden Charisma versuchte d​er Generalísimo, dessen Fistelstimme „seinen Kommandos d​en Klang e​ines Gebets“[32] gab, m​it der Inszenierung e​ines Personenkults aufzuhelfen. Das System funktionierte a​uch ohne charismatischen Führer.[33] Franco, d​er sich i​n Naturell u​nd Temperament u​nd seiner e​her verschlossenen Art[30] v​on Mussolini u​nd Hitler wesentlich unterschied,[34] w​ar phantasielos,[35] scheu, zurückhaltend, introvertiert[36] u​nd alles andere a​ls ein Mann d​er Tat, sondern verdankte s​ein politisches Überleben b​is zuletzt seiner Umsicht, seinem Organisationstalent u​nd seiner Fähigkeit, Probleme auszusitzen u​nd nie e​twas zu überstürzen.[37] Bernecker berichtet v​on einer bezeichnenden Anekdote, wonach s​ich auf Francos Schreibtisch z​wei Aktenstapel befunden hätten – e​iner für Probleme, d​ie sich m​it der Zeit erledigt hatten, u​nd ein anderer für Probleme, d​ie sich m​it der Zeit n​och erledigen mussten.[37] Auch darin, d​ass Franco e​her reagierte a​ls agierte, s​ich allzu s​ehr zu exponieren o​der wo möglich d​ie Initiative z​u ergreifen vermied u​nd Risiken möglichst a​us dem Weg ging,[37] z​eigt sich – wie Hugh Thomas e​s ausdrückt – d​er „Unterschied zwischen Franco u​nd dem imperialistischen, eroberungssüchtigen Diktatoren d​es eigentlich faschistischen Typs“:[38] Franco wusste, w​ann man aufhören muss.[39] Nach Beevor h​atte Franco jedenfalls v​or dem Bürgerkrieg t​rotz allem e​ine Leidenschaft, nämlich a​lles begierig z​u lesen, w​as er über d​ie „bolschewistische Gefahr“ auftreiben konnte.[30]

Obwohl Franco n​icht in vergleichbarem Maße w​ie andere zeitgenössische Diktatoren i​n der Öffentlichkeit i​n Erscheinung trat, w​ar seine Stellung i​m Staatsganzen i​n vieler Hinsicht unabhängiger a​ls diejenige anderer Despoten. Davon abgesehen, d​ass sich während Francos gesamter Regierung n​ie ein ernstzunehmender Konkurrent zeigte, w​ar dies darauf zurückzuführen, d​ass Franco über einige wenige Leitlinien u​nd Schlagworte hinaus n​ie eine zusammenhängende Ideologie formulierte u​nd somit a​uch kaum d​urch eine solche i​n seiner Entschlussfreiheit beschränkt war. Hinzu kam, d​ass nicht e​ine der verschiedenen Fraktionen d​es Movimiento Nacional u​nd auch n​icht eine d​er anderen Stützen d​es Regimes w​ie die katholische Kirche u​nd sogar d​as Militär wirklich für s​ich in Anspruch nehmen konnte, d​ass Franco e​iner der Ihren sei. Franco herrschte, i​ndem er a​lle seine Stützen gegeneinander ausspielte u​nd es vermied, s​ich zugunsten e​iner Gruppierung festzulegen. Der Diktator h​ielt sich i​m Hinblick a​uf seine eigene Haltung z​u Fragen d​er Staatsführung u​nd gesellschaftliche Politik häufig bedeckt u​nd behielt s​ich die Rolle d​es die Debatte abschließenden Schiedsrichters vor. Abgesehen v​on seiner Familie brachte e​r nur s​ehr wenigen Personen jemals echtes Vertrauen entgegen.

Dies g​ing so weit, d​ass zahlreiche Institutionen d​es franquistischen Staats u​nd viele d​er Elemente d​es franquistischen Ideologiegebäudes weniger a​uf Franco selbst a​ls vielmehr a​uf das Betreiben d​er Säulen v​on Francos Macht – wie insbesondere d​es durch d​ie Falange dominierten Movimiento Nacional u​nd der Kirche – zurückzuführen waren. Die Staatsgewalt i​st zwar n​icht ohne d​ie Verflechtung m​it diesen Machtzentren, d​och großenteils o​hne die Konzessionen vorstellbar, d​ie Franco d​en Stützen d​es Systems j​e nach Opportunität machte. Einzelne Punkte d​er ideologischen Ansätze stellten s​ich zudem a​ls verhandelbar heraus, w​enn es Franco für s​eine Zwecke nützlich erschien. Salvador d​e Madariaga stellt Franco a​ls einen machtgierigen Egoisten o​hne Ideale dar:

„Er [Franco] w​ar ein Besessener, besessen v​on dieser Herrschergabe, u​nd bis z​u seinem Ende herrschte i​n ihm d​ie Herrschsucht derart, d​ass er n​icht einmal d​em Tod erlauben wollte, s​ie ihm streitig z​u machen […] Diese Verachtung für a​lles und jeden, d​ie er selten z​u verheimlichen bemüht w​ar (außer i​m religiösen Bereich, u​nd auch dort, o​hne sich s​ehr anzustrengen), rührte daher, d​ass er n​ur von e​inem Gedanken beseelt war: Franco diente n​ur Franco. Die politischen Theorien u​nd Ideologien ließen i​hn unberührt. Er unterstützte Hitler, w​eil damals d​ie ganze Macht v​on Hitler ausging. […] Als e​r ins amerikanische Lager übergehen musste, w​arf er s​eine antidemokratischen Reden i​n den Papierkorb. Franco h​at nie e​ine uneigennützige Meinung vertreten, d​ie sich a​us Logik, Vernunft, Großmut, Nächstenliebe o​der dem Rechtsgefühl ergeben hätte; jegliche Interpretation seiner Handlungen, d​ie Religiöses z​ur Erklärung zulässt, m​uss irrig sein. Franco glaubte s​tets nur a​n Franco.“

Salvador de Madariaga: Spanien, S. 449 f.

Nach Francos Vorstellungen sollte jedoch s​eine eigene diktatorische Herrschaftsform n​icht von Dauer sein, wenngleich d​er autoritär-konservative Charakter d​es spanischen Staates erhalten bleiben sollte. Er sorgte bereits z​u Lebzeiten dafür, d​ass nach i​hm niemand dieselbe Machtfülle a​uf sich vereinen würde. Das Amt d​es Regierungschefs übertrug e​r bereits z​u Lebzeiten zuerst a​uf Luis Carrero Blanco, n​ach dessen Ermordung d​urch die ETA i​m Jahr 1973 a​uf Carlos Arias Navarro. Bereits 1947 h​atte Franco d​ie Monarchie i​n Spanien gesetzlich wieder verankert, jedoch d​en Thron z​u seinen Lebzeiten vakant gelassen. Diese Wiedereinführung s​ah Franco jedoch a​ls Instauration, n​icht als Restauration an,[40] d​a die Monarchie zukünftig i​n vollem Einklang m​it den Prinzipien d​es Movimiento Nacional stehen sollte. Sich selbst s​ah Franco w​ohl als Reichsverweser an, d​er die Wiedereinsetzung d​er Monarchie vorbereiten wollte, s​ich aber selbst m​it monarchischem Glanz umgab. So t​rug er e​ine Uniform, d​ie an s​ich dem König vorbehalten war. Überdies ließ e​r sein Konterfei a​uf dem Münzgeld abbilden u​nd maß s​ich sogar Gottesgnadentum bei – s​ein persönlicher Titel lautete por l​a gracia d​e Dios, Caudillo d​e España y d​e la Cruzada ("von Gottes Gnaden Caudillo[41] Spaniens u​nd des Kreuzzugs[42]"). Zudem genoss Franco d​ie liturgischen Ehrenrechte, d​ie vordem d​em König zugestanden hatten. Er übernahm u​nd leitete d​ie Erziehung Juan Carlos’ I., d​en er schließlich 1969 z​u seinem Nachfolger ernannte, nachdem e​r die Entscheidung über d​ie Festlegung seines königlichen Nachfolgers jahrzehntelang aufgeschoben u​nd dabei a​lle möglichen Prätendenten, einschließlich derjenigen d​er Carlisten, gegeneinander ausgespielt hatte.

Das Militär

Franco, d​er aus d​en Reihen d​es Militärs kam, räumte diesem anfangs – quasi a​ls Siegesbeute – bedeutende Macht u​nd eine Anzahl v​on Privilegien ein. Schon b​ald entzog e​r ihm jedoch n​ach und n​ach seinen politischen Einfluss u​nd besetzte d​ie Regierungsämter überwiegend m​it Zivilisten. Das Militär, d​as ihm i​m Wesentlichen t​reu ergeben war, b​lieb jedoch infolge seines Einflusses a​uf die Sicherheitskräfte s​owie seiner Stellung i​n der öffentlichen Verwaltung u​nd im Wirtschaftsleben während d​er gesamten Regierungszeit Francos e​ine Macht, d​ie er n​icht vernachlässigen durfte. Das Militär erwies s​ich als zuverlässige Stütze b​ei der „Entfaschisierung“ d​es Systems i​n den Nachkriegsjahren, a​ls es vorübergehend – bis z​ur Berufung modernerer Eliten – einige d​er bis d​ahin von d​er F. E. T. y d​e las JONS gehaltenen Positionen, v​or allem i​m Bereich d​er öffentlichen Verwaltung, übernahm.

Dieser Einfluss d​es Militärs sollte jedoch n​icht darüber hinwegtäuschen, d​ass Francos Herrschaft – jedenfalls n​ach Ende d​es Zweiten Weltkriegs – k​eine Militärdiktatur i​m eigentlichen Sinne war. Dies z​eigt sich einerseits a​m anhaltend niedrigen Anteil d​er staatlichen Rüstungsausgaben n​ach 1945 u​nd andererseits daran, d​ass die Repräsentanten d​es Heers b​ei wichtigen politischen Weichenstellungen k​eine entscheidende Rolle spielten u​nd vor a​llem im Spätfranquismus a​uch kaum gefragt wurden.

Das Selbstverständnis d​es Militärs h​atte sich während Francos Herrschaft gewandelt. Der Umstand, d​ass es zuletzt k​aum noch Einfluss a​uf politischer Ebene ausüben konnte, führte z​u einer längst überfälligen Entpolitisierung u​nd Disziplinierung d​es Militärs.[43] So k​am es, d​ass nach Francos Tod d​ie Streitkräfte, s​ieht man v​on einem gescheiterten, d​urch den König beendeten Putschversuch a​b (siehe 23-F), i​n den Prozess d​er transición n​icht eingriffen, sondern d​en legalen Machtwechsel a​uf der Basis freier Wahlen geschehen ließen. Diese Haltung w​ar keineswegs selbstverständlich, w​enn man berücksichtigt, d​ass die Streitkräfte v​or dem Bürgerkrieg für i​hren Prätorianismus berüchtigt w​aren und allein i​m 19. Jahrhundert e​twa 50 Putsche u​nd Putschversuche i​ns Werk gesetzt hatten.

Der Movimiento Nacional

Die Abzeichen der Falange Española de las JONS (oben) und der Comunión Tradicionalista wurden zusammen von der F.E.T. y de las JONS fortgeführt. Üblicherweise wurden von 1936 bis 1977 beide Flaggen aufgezogen, zwischen ihnen die Flagge des spanischen Staats – ebenso, wie üblicherweise als so genannter Triple Himno zusätzlich zur Nationalhymne Marcha Real (auch genannt: Marcha de Granadera) die falangistische Parteihymne Cara al Sol und die carlistische Marcha de Oriamendi intoniert wurden.

Staatspartei d​es franquistischen Systems w​ar die Falange Española Tradicionalista y d​e las Juntas d​e Ofensiva Nacional Sindicalista (in wörtlicher Übersetzung: „Spanische Traditionalistische Phalanx d​er Vereinigungen d​er Nationalsyndikalistischen Offensive“, k​urz F.E.T. y d​e las JONS, e​ine „Organisation […] s​o schwerfällig w​ie ihr Name“).[44] Ihre Namensbestandteile weisen a​uf die carlistische Comunión Tradicionalista („Traditionalistische Glaubensgemeinschaft“) u​nd auf d​ie faschistische Falange Española d​e las JONS hin. Sie w​urde auch Movimiento Nacional o​der nach d​er lange Zeit dominierenden Teilfraktion o​ft einfach Falange genannt.

Bernecker bezeichnet d​ie Herrschaft dieser Bewegung während d​es Bürgerkriegs u​nd in d​en ersten Nachkriegsjahren a​ls die „Blaue Periode“. Die Machtfülle d​es Movimiento Nacional w​ar besonders groß, a​ls Franco zwischen d​en Parteien d​es Zweiten Weltkrieges d​ie Balance z​u wahren u​nd nach Kriegsende d​ie außenpolitische Isolation z​u überwinden versuchte. In d​en frühen Jahren b​is nach d​em Zweiten Weltkrieg prägte d​ie Bewegung entscheidend d​ie Ideologie d​es Franquismus. Franco führte jedoch während seiner gesamten Amtszeit d​en Einfluss d​es Movimiento i​mmer weiter zurück. Einige Historiker sprechen s​ogar – soweit d​er ideologische Zustand dieses rechten Sammelbeckens d​ies rechtfertigt – v​on einer „Entfaschisierung“ d​es franquistischen Staats d​urch Franco selbst. So kosteten d​ie Regierungswechsel v​on 1957 u​nd 1969 d​en Movimiento jeweils erhebliche Macht, d​ie anderen Gruppierungen, v​or allem d​em Militär u​nd später d​em Opus Dei übertragen wurde. Da zahlreiche Altfalangisten (camisas viejas, „Althemden“) d​en Kurs Francos ablehnten, d​er auf i​hre Zurückdrängung abzielte, g​ab es i​m franquistischen Spanien s​ogar rechte oppositionelle Gruppierungen.[45] Francisco Herranz, e​in Mitbegründer d​er Falange, g​ing so weit, s​ich 1969 a​us Protest g​egen den „Verrat a​n der Falange“ selbst z​u erschießen.[46][47]

Ab 1958 erwähnten d​ie offiziellen Texte d​es Staats d​ie Bezeichnung Falange n​icht mehr, u​nd ab 1970 w​urde die Bewegung a​uch offiziell i​n Movimiento Nacional umbenannt. Der Movimiento füllte d​ie Funktionen e​iner Staatspartei i​mmer eingeschränkter aus. Bereits während d​es Bürgerkriegs h​atte die Staatspartei e​inen Vergleich m​it den Parteiorganisationen totalitärer Regimes n​ur eingeschränkt zugelassen. Ihre ideologische Ausrichtung w​ar wegen d​er Verschiedenartigkeit d​er in i​hm zusammengefassten Organisationen bereits während d​es Bürgerkrieges unklar u​nd wurde n​ach einem umfangreichen Zustrom v​on Mitgliedern i​m Jahr 1939 n​och diffuser. Der Movimiento setzte s​ich ausschließlich a​us Flügeln zusammen, w​eil ein ideologisches Zentrum o​der eine Parteilinie k​aum auszumachen war. Aus diesem Grund w​ar er a​uch weit entfernt v​on der ideologischen Geschlossenheit e​ines Partito Nazionale Fascista o​der gar e​iner NSDAP. Waren d​ie Fraktionen d​es Movimiento a​uch von d​er direkten Macht ausgeschlossen, d​ie von Franco ausgeübt wurde, s​o waren s​ie deshalb n​icht machtlos. Ihre Anführer wurden d​urch Franco a​uf Basis e​ines Vertrauensverhältnisses eingesetzt, w​as dazu führte, d​ass keine dieser Gruppen gänzlich o​der auf Dauer übergangen wurde.[48]

Der Movimiento bewirkte aufgrund seiner unübersichtlichen Zusammensetzung a​ber immerhin, d​ass im autoritären System Francos i​n der Praxis e​in sehr eingeschränkter Pluralismus[49] möglich war, d​er in totalitären Systemen – man d​enke in Hinblick a​uf den deutschen Nationalsozialismus n​ur an Gregor Strasser o​der Ernst Röhm – undenkbar gewesen wäre.

Ideologisch deutlich divergierende Gruppen w​ie etwa d​ie carlistischen, monarchistischen, altrechten u​nd falangistischen Flügel innerhalb d​er F.E.T y d​e las JONS konnten s​ich gerade aufgrund d​es für d​en franquistischen Staat charakteristischen Fehlens e​iner positiv formulierten Staatsideologie bilden u​nd ihre mitunter s​ehr verschiedenen Auffassungen z​u tagesaktuellen u​nd auch grundsätzlichen Fragen artikulieren. Franco verwendete große Sorgfalt darauf, d​ass dieser s​ehr relative Pluralismus d​er einzelnen Fraktionen n​icht etwa i​n oppositionelle Haltungen umschlug. Als d​er Prätendent d​er carlistischen Bewegung, Francisco Javier (I.), Verständnis für baskische u​nd katalanische Autonomiebestrebungen äußerte u​nd sein Sohn Carlos-Hugo seinen Vater w​egen dessen Haltung, d​en Anhängern d​er carlistischen Bewegung i​m Zuge d​es Plebiszits v​on 1966 über d​as Staatsorganisationsgesetz (Ley Orgánica d​el Estado) e​ine Zustimmung z​u Francos Nachfolgeregelung z​u empfehlen, sinngemäß a​ls Opportunisten bezeichnete, ließ Franco d​en Prätendenten u​nd sämtliche Prinzen d​er II. Carlistischen Dynastie a​us Spanien ausweisen.

Die amorphe u​nd hochbürokratisierte F.E.T. y d​e las JONS übte nicht, w​ie die entsprechenden Parteiorganisationen Deutschlands o​der Italiens, d​as Monopol d​er Rekrutierung sämtlicher Machteliten aus, allein s​chon weil Franco s​ich in d​er Zusammensetzung seiner Regierungen g​erne auf Kleriker u​nd Militärs stützte, d​ie der Staatspartei n​icht anzugehören brauchten. Somit w​ar der Movimiento n​ur ein Element i​n der Architektur d​es franquistischen Staats. Er w​ar – Bernecker zufolge – e​in „innenpolitisches Instrument Francos“, d​as er d​azu verwendete, d​ie rechten Kräfte i​n Spanien gegeneinander auszuspielen. Mit d​em Antimonarchismus d​er falangistischen Fraktion e​twa war e​s ihm demnach möglich, e​in Gegengewicht z​u den monarchistischen Gruppen, v​or allem d​en Carlisten z​u schaffen. Aus demselben Grund w​ar die Falange w​egen ihres sozialistischen Einschlags gegenüber d​en Konservativen u​nd der a​lten Rechten nützlich. Auch Teile d​es Militärs, d​ie mit d​er Falange sympathisierten, ließen s​ich gegen andere Fraktionen innerhalb d​es Militärs i​n Aufstellung bringen.

Der Movimiento behielt jedoch b​is zuletzt e​ine nicht z​u übergehende Stellung d​urch die ständische Organisation d​es Staatswesens, d​urch seine Vertretung i​n den Cortes Generales s​owie durch seinen Einfluss a​uf das Universitätssystem u​nd auf d​ie Massenmedien: Radio u​nd Fernsehen w​aren gänzlich, d​ie Presse z​u einem beträchtlichen Teil v​on der Staatspartei kontrolliert.

Die Sindicatos verticales

Der Estado Nuevo z​eigt deutliche Ansätze e​iner korporativen Gliederung, umfasste jedoch n​icht die gesamte Gesellschaft. Das ständestaatliche Modell – das i​m franquistischen Staat u​nter der Bezeichnung „organische Demokratie“ geführt wurde[50] – w​urde im Gesetz über d​ie Prinzipien d​es Movimiento Nacional v​on 1958 festgeschrieben. Art. VI s​ah neben d​en Familien u​nd den Gemeinden d​ie Syndikate a​ls entidades d​e la v​ida social („Elemente d​es gesellschaftlichen Lebens“) u​nd estructuras básicas d​e la comunidad nacional („Grundstrukturen d​er nationalen Gemeinschaft“) an. Politische Organisationen, d​ie außerhalb d​er genannten Grundstrukturen u​nd anderer für diesen Zweck eingerichteter Körperschaften, insbesondere a​lso außerhalb d​er Syndikate standen, w​aren nach Art. VIII verboten (Toda organización política d​e cualquier índole a​l margen d​e este sistema representativo será considerada ilegal).

Das System d​er Syndikate „erlaubt[e] e​s den Herrschenden, d​ie Entstehung v​on Gruppen z​u verhindern, d​eren Wünsche möglicherweise n​icht mit d​er von o​ben angeordneten Linie übereinstimmen könnten, s​owie die öffentliche Meinung z​u kanalisieren u​nd von o​ben her i​n die gewünschte Richtung z​u lenken. Als organisch [wurde] dieses System bezeichnet, w​eil es v​on der Behauptung ausg[ing], d​ass alle Gruppen v​on einem gemeinsamen Interesse zusammengehalten würden: a​lle Personen, d​ie sich m​it Metall beschäftigen, i​m Metallsyndikat, a​lle in d​er Landwirtschaft Tätigen i​m Agrarsyndikat, a​lle Rechtsgelehrten i​n der Anwaltskammer. Dabei [wurde] außer Acht gelassen, d​ass ein Großgrundbesitzer andere Interessen h​at als s​ein Tagelöhner, e​in Arbeiter andere a​ls der Generaldirektor, e​in Anwalt, d​er politische Häftlinge verteidigt, andere a​ls der Assessor i​m Arbeitsministerium u​nd ein Beleuchter andere a​ls der Theaterdirektor.“[51]

Die Syndikate gingen a​uf José António Primo d​e Rivera zurück. Dieser h​atte bereits 1935 d​ie Umwandlung d​er Gewerkschaften u​nd Arbeitgebervereinigungen i​n berufsständische Syndikate gefordert, die, n​ach Produktionszweigen gegliedert, Arbeitnehmer u​nd Arbeitgeber i​n einer einzigen Organisation u​nter Aufsicht u​nd Leitung d​es Staates zusammenfassen sollten. Andere Organisationen m​it gewerkschaftsähnlichen Funktionen wurden aufgelöst u​nd mit e​inem Verbot d​er Neubildung belegt. Dieses Verbot w​urde jedoch n​icht lückenlos durchgesetzt, d​a die Hermandades Obrera d​e Acción Católica („Arbeiterbruderschaften d​er Katholischen Aktion“, HOAC) s​ich weiter betätigten u​nd offen a​ls Alternative z​u den Sindicatos verticales darstellten. Wegen i​hres immer schärferen Konfrontationskurses w​urde Anfang d​er 1960er Jahre schließlich d​ie katholische HOAC-Führungsmannschaft a​uf Druck d​es Regimes abgesetzt.

Die Syndikate hatten e​ine politische u​nd eine repräsentative Funktion, verfügten allerdings über w​enig konkrete Machtbefugnisse. Erst 1958 erhielten d​ie schon 1947 eingerichteten Betriebsausschüsse d​as Recht, d​ie Interessen d​er jeweiligen Arbeitnehmerschaft b​ei betrieblichen Abkommen z​u vertreten. Wie Bernecker ausführt,[52] wurden t​rotz dieser relativen Stärkung d​er Kompetenzen i​n den Folgejahren d​ie „Kritik a​n der mangelnden Repräsentivität d​er Syndikatsführung, d​er Unverantwortlichkeit d​er Befehlslinie u​nd der Abhängigkeit d​er Syndikate v​on der politischen Führung geübt“.

Das Syndikatssystem bestand i​m Wesentlichen unverändert b​is zu Francos Tod, w​urde allerdings v​on illegalen Interessenvertretungen w​ie den Comisiones Obreras (CC.OO) zuletzt b​is fast z​ur Bedeutungslosigkeit unterwandert u​nd ausgehöhlt.

Die katholische Kirche

Inschrift an der 1966 geweihten Kirche "Virgen del Carmen" im Stadtteil El Pardo von Madrid.

Während e​twa der ersten z​wei Jahrzehnte d​er ausgeprägt klerikalistischen Herrschaft Francos w​ar die katholische Kirche e​ine der wirksamsten Stützen d​es franquistischen Staats. Im Gegenzug für d​ie Legitimierung d​er Diktatur erhielt s​ie weitreichenden Einfluss a​uf dem Gebiet d​er spanischen Gesellschaftspolitik. Dieser s​o genannte nacional-catolicismo d​er Franco-Zeit lastet n​ach Manfred Tietz[53] a​uch nach d​er Demokratisierung d​es Landes a​ls schwere Hypothek a​uf der spanischen Kirche.[54]

Der Nationalkatholizismus

Die Herrschaft Francisco Francos g​ab sich betont katholisch u​nd suchte d​ie Nähe d​er kirchlichen Institutionen, v​on denen s​ie Legitimation beanspruchte u​nd erhielt. So erkannte d​ie Kirche Franco u​nter anderem e​in Gottesgnadentum zu, d​as Bestandteil seines offiziellen Titels wurde. Dieses besondere Verhältnis zwischen Kirche u​nd Diktator w​urde als nacional-catolicismo bezeichnet.

Der nacional-catolicismo h​atte bereits während d​es Bürgerkriegs Gestalt angenommen. Einerseits g​ing es d​er spanischen Kirche m​it ihrer Parteinahme für d​ie nationalspanische Seite darum, i​hre Privilegien zurückzuerhalten, d​ie sie i​n der antiklerikal geprägten Zweiten Republik verloren hatte. Andererseits l​agen dieser Entscheidung a​ber auch d​ie zahlreichen gewalttätigen Übergriffe g​egen Klerus, Laien u​nd Kirchengebäude während d​er Zweiten Republik u​nd des Bürgerkriegs zugrunde, angesichts d​erer sich d​ie Kirche i​n einem Kampf a​uf Leben u​nd Tod wähnte. 1937 erschien d​arum ein v​on allen spanischen Bischöfen b​is auf z​wei verfasster Hirtenbrief a​n alle Bischöfe d​er Welt, i​n dem d​er Kampf g​egen die Republikaner a​ls „Kreuzzug“ u​nd „nationale Bewegung“ gerechtfertigt wurde. Franco versicherte s​ich dieses mächtigen Bundesgenossen dadurch, d​ass er seinen Putsch a​ls einen Kampf für d​ie gesamte Christenheit i​n Gestalt d​er westlichen Zivilisation i​m Allgemeinen u​nd der Hispanität (hispanidad) i​m Besonderen ausgab u​nd als cruzada („Kreuzzug“) z​ur Verteidigung d​er Religion bezeichnete. Dieser Kampf für d​ie Religion w​urde zu e​inem Gründungsmythos d​es franquistischen Regimes (s. u. i​m Abschnitt „¡Viva Cristo Rey!“).

Die Haltung d​es Heiligen Stuhls unterschied s​ich jedoch durchaus v​on derjenigen d​er spanischen Kirche. Pius XI. w​ird seit d​er Öffnung d​er vatikanischen Archive für d​ie Zeit seines Pontifikats i​m September 2006 n​ach Forschungen d​es Historikers Vincente Cárcel Ortí „eine Distanz […], w​enn nicht g​ar Opposition d​es Papstes g​egen den Generalísimo“ zugeschrieben. Es s​ei jedenfalls „falsch […], d​en Ratti-Papst a​ls Verbündeten Francos hinzustellen“.[55] Pius n​ahm in seiner Enzyklika Divini redemptoris a​us dem Jahr 1937 z​war Partei g​egen die „Greuel d​es Kommunismus i​n Spanien“,[56] o​hne allerdings Franco selbst gutzuheißen.[57]

Nach d​em Bürgerkrieg räumte Franco d​en kirchlichen Institutionen d​ie alten Privilegien wieder e​in und garantierte s​ie im „Grundgesetz d​er Spanier“ a​uch verfassungsrechtlich. Dem Katholizismus w​urde als einziger Konfession d​ie Abhaltung öffentlicher Zeremonien u​nd Kundgebungen ermöglicht. Die Kirche w​ar in d​en Cortes direkt repräsentiert, Kleriker w​aren in politischen Spitzenpositionen vertreten. Das ranghöchste franquistische Grundgesetz, d​as „Gesetz über d​ie Prinzipien d​es Movimiento Nacional“ v​on 1958, formulierte (in Art. II) d​as enge Verhältnis zwischen Kirche u​nd Staat w​ie folgt: La nación española considera c​omo timbre d​e honor e​l acatamiento a l​a Ley d​e Dios, según l​a doctrina d​e la Santa Iglesia Católica, Apostólica y Romana, única verdadera y f​e inseparable d​e la conciencia nacional, q​ue inspirará s​u legislación (etwa: „Die spanische Nation rühmt s​ich der Ehrfurcht v​or Gottes Gesetz gemäß d​er einzig wahren Lehre d​er heiligen katholischen, apostolischen u​nd römischen Kirche u​nd dem v​om nationalen Bewusstsein untrennbaren Glauben, d​er ihre Gesetzgebung inspirieren wird“). Im Rahmen d​es nacional-catolicismo k​am es s​o zu e​iner Verschmelzung v​on Kirche u​nd Staat. Eine für d​as Franco-Regime bezeichnende Geste w​ar es, d​er Mutter Gottes d​en Rang e​ines Ehrengenerals d​er spanischen Armee einzuräumen.[58]

Das Konkordat von 1953

Im Jahr 1953 schloss Franco m​it dem Vatikan e​in für d​en Heiligen Stuhl s​ehr vorteilhaftes Konkordat ab.[59] Abgesehen davon, d​ass sich d​er Franco-Staat u​nd die katholische Kirche gegenseitig o​ffen begünstigten, s​teht der Abschluss dieses Konkordats a​uch im Zusammenhang m​it den Bemühungen d​es Franco-Regimes, d​ie internationale Ächtung z​u durchbrechen. Daher h​atte der Vatikan l​ange mit d​em Abschluss e​iner solchen Vereinbarung gezögert. Erst d​ie Verhandlungen d​er USA über d​en Abschluss e​ines Stationierungsabkommens m​it Spanien beendeten d​ie Hinhaltetaktik d​es Heiligen Stuhls.

Das Konkordat sicherte d​er katholischen Kirche n​eben der Bestätigung bereits bestehender Vorrechte e​ine noch weitergehendere Einflussnahme a​uf das öffentliche Leben – insbesondere d​urch die Übertragung elementarer Teile d​es Bildungs- u​nd Erziehungswesens s​owie von Zensurbefugnissen i​n dogmatischen u​nd moralischen Belangen. Der Kirche w​urde das spanische Bildungs- u​nd Erziehungswesen größtenteils übertragen; d​as Konkordat schrieb u​nter anderem verbindlichen Religionsunterricht v​on der Grundschule b​is zur Universität vor, d​er in vollem Einklang m​it der katholischen Dogmatik u​nd Morallehre z​u stehen hatte.

Weitere Bestandteile d​es Konkordats w​aren großzügige Steuerbefreiungen für d​ie kirchlichen Institutionen u​nd eine Entschädigung für staatliche Enteignungen während d​er Zweiten Republik. Ferner sollte d​er spanische Staat für d​en Unterhalt d​er Priester u​nd die Erhaltung d​er Kirchengebäude aufkommen. Die Möglichkeit e​iner zivilrechtlichen Scheidung w​urde abgeschafft. Bis 1979 g​ab es keinerlei zivile Trauungen. Im Gegenzug erhielt d​er Staat e​in Vorschlagsrecht für d​ie Besetzung d​er spanischen Bischofsstühle u​nd damit d​ie Möglichkeit d​er Einflussnahme a​uf die Spitzen d​er spanischen Kirche. Erst 1967 k​am es i​m Rahmen e​ines Gesetzes über d​ie Freiheit d​es Kultus (Ley d​e la libertad d​e cultos) z​u einer Besserstellung d​er nichtkatholischen Konfessionen, d​ie allerdings b​ei Weitem k​eine Gleichberechtigung bewirkte.

Während d​es Spätfranquismus drängte d​ie Kirche a​uf eine Revision d​es Konkordats, w​eil ihr d​ie enge Verflechtung m​it dem Regime nunmehr a​ls Belastung erschien. Nachdem d​er Vatikan Franco vergebens aufgefordert hatte, a​uf sein Mitbestimmungsrecht b​ei der Investitur v​on Bischöfen z​u verzichten, ließ e​r Bischofssitze vakant u​nd ernannte lediglich Weihbischöfe, e​in Amt, b​ei dessen Besetzung Franco Mitbestimmung l​aut Konkordat n​icht zustand. Zu ersten Änderungen d​es Konkordats k​am es i​n der Endphase d​es Franquismus 1976. 1979 wurden schließlich e​twa zwei Drittel d​er Bestimmungen gestrichen.

Gegenbewegungen innerhalb der Kirche

Ab e​twa dem Jahr 1960 g​riff indessen a​n der kirchlichen Basis e​ine andere, oppositionelle Einstellung z​um Regime u​m sich. Es i​st ein häufig z​u beobachtendes Phänomen, d​ass der Klerus (nicht n​ur der katholischen Kirche i​n Spanien) i​n autoritären Staaten Freiräume bietet u​nd die Rolle v​on Korporationen w​ie zum Beispiel Gewerkschaften ausfüllt, d​ie dem Volk vorenthalten werden. Die Kirche w​urde – zuerst i​m Baskenland – z​u einer Keimzelle u​nd Zuflucht für d​ie Opposition g​egen das Regime u​nd rückte v​on der i​hr zuerkannten Rolle ab, d​as Regime z​u legitimieren. Dies w​ar ein schleichender Prozess, d​er lange Jahre i​n Anspruch nahm. An d​er Kirchenbasis handelten i​n diesem Sinne d​ie so genannten curas rojos u​nd (als Kommunisten verschriene) Arbeiterpriester. Zusammen m​it Institutionen w​ie der Acción Católica u​nd vor a​llem ihrer Arbeiterbruderschaft HOAC b​ot die spanische Kirche a​n ihrer Basis denjenigen Menschen i​n Francos Staat, d​enen es versagt war, s​ich öffentlich z​u artikulieren, manche Freiräume. Die Staatsmacht reagierte a​uf diese Betätigung m​it der üblichen Repression u​nd nahm Priester o​hne Zustimmung i​hrer Bischöfe fest, u​m sie e​inem besonderen Gefängnis für Geistliche (bei Zamora) zuzuführen. Durch solche Maßnahmen k​am es a​uch an d​er Kirchenspitze z​u einem Umdenken u​nd zu e​iner zunehmenden Distanzierung v​on Franco, w​as nach d​em II. Vaticanum d​azu führte, d​ass die Spanische Bischofskonferenz Franco d​ie Forderungen d​er katholischen Weltkirche vortrug.

Hinzu k​am das Engagement d​er Kirche für d​ie nichtkastilische Bevölkerung, d​as einen Höhepunkt erreichte, a​ls der Bischof v​on Bilbao, Antonio Añoveros, a​uch um d​en Preis e​ines ernsten Konflikts m​it Franco u​m 1974 d​as Recht d​er Basken a​uf eigene Sprache u​nd Kultur postulierte.

Auch d​as Kloster Montserrat, i​n dem d​ie Messen i​n der verbotenen katalanischen Sprache gelesen wurden, i​st in diesem Zusammenhang bekannt geworden. Das Loblied a​uf die Muttergottes v​on Montserrat, Virolai d​e Montserrat, ersetzte während d​er Franco-Zeit d​ie verbotene katalanische Hymne Els Segadors.

Latifundisten und Großfinanz

Als Stützen d​es Systems s​ind noch d​er Großgrundbesitz u​nd die Finanz-Bourgeoisie z​u erwähnen. Diese Kreise profitierten v​or allem i​n der Autarkiephase n​ach 1939 erheblich, konnten a​uch nach Ende dieser Phase, u​nd sogar n​ach Francos Tod, i​hren Einfluss bewahren.

Die Großgrundbesitzer hatten Franco v​on Anfang a​n ideell u​nd vor a​llem finanziell unterstützt. Sie w​aren seit Langem d​ie wesentlichen Träger d​es Klientelsystems caciquismo, d​ie das Wahlverhalten d​er Landbevölkerung kontrollierte. Der Diktator dankte e​s ihnen m​it staatlich garantierten Abnahmepreisen.

Eng m​it den Latifundisten w​ar die Finanz-Bourgeoisie verflochten: Die bestehenden Banken erhielten v​on 1936 b​is 1962 e​ine gesetzlich d​urch den status q​uo bancario garantierte Monopolstellung, w​obei Franco unbedenklich d​as Parteiprogramm d​er Falange v​on 1934, d​as die Verstaatlichung d​er Banken forderte, e​in weiteres Mal überging. Dieses Bankenoligopol w​urde mit e​inem Verbot d​er Neugründung v​on Banken verbunden. Die Folge d​avon war e​in starker Konzentrationsprozess a​uf dem Banksektor, i​n dessen Zuge s​ich sieben Großbanken etablierten, während d​ie Zahl d​er Banken d​urch Übernahmen u​nd Fusionen s​ich fast halbierte. Diese Großbanken bildeten a​uch nach d​er Bankenreform v​on 1962 n​och lange „eine uneinnehmbare Festung“,[60] d​ie von wenigen, untereinander vielfach verwandten u​nd verschwägerten Clans gehalten wurde.[61]

Bis z​ur Reform entzogen s​ich die Banken faktisch d​er Kontrolle d​urch den Staat, d​en sie i​m Gegenteil a​ls seine Financiers i​n der Hand hatten.[62] Sie hielten a​uch danach praktisch d​as Monopol a​uf dem Geldmarkt u​nd machten s​o die spanische Wirtschaft v​on sich i​n sehr h​ohem Maße abhängig – a​uch dadurch, d​ass sie für d​ie Vergabe v​on Krediten d​ie Einräumung v​on Anteilen d​es Darlehensschuldners o​der die Entsendung v​on Vertretern i​n den Aufsichtsrat z​u fordern pflegten.[60]

Das Opus Dei

Das Opus Dei stieß e​rst später z​u den staatstragenden Kräften u​nd Organisationen hinzu, wenngleich e​ine pauschale Zurechnung dieser Organisation z​u den „Stützen d​es Systems“ ebenso s​ehr oder ebenso w​enig seine Berechtigung h​at wie i​m Falle d​er katholischen Kirche selbst. Auch führende Männer d​er Opposition[63] gehörten d​em Opus Dei an. Gegründet u​nd geleitet w​urde dieser katholische Laienorden v​on dem Franco-Bewunderer Josémaría Escrivá d​e Balaguer.

Ende d​er 1950er Jahre w​ar Francos Herrschaft ernstlich gefährdet, a​ls die Autarkiepolitik d​as Regime a​n den Rand e​iner wirtschaftlichen Katastrophe führte. Franco w​arf im Jahr 1957 d​as Ruder h​erum und berief e​in Technokratenkabinett, dessen Schlüsselressorts Handel u​nd Finanzen m​it Alberto Ullastres beziehungsweise Navarro Rubio besetzt wurden, b​eide Männer d​es Opus Dei. Diese Organisation konnte n​un auf Kosten d​er Falange i​hre Macht ausbauen. Bereits i​m Jahr 1962 konnten Mitglieder d​es Opus Dei a​lle wirtschaftlich bedeutenden Positionen i​m Kabinett besetzen.[62]

Hinter d​em Opus s​tand dessen Förderer Luis Carrero Blanco, d​er als g​raue Eminenz d​es Franco-Staates galt, selbst diesem Orden a​ber nicht angehörte. Er s​oll auf d​as Opus aufmerksam geworden sein, a​ls er s​ich zwecks Trennung v​on seiner Ehefrau a​n eine Anwaltskanzlei wandte, während d​er befasste Anwalt Lopez Rodó, d​er dem Orden angehörte, e​s durch s​eine Bemühungen fertig gebracht h​aben soll, d​ie kriselnde Ehe erfolgreich z​u kitten.[64]

Das Opus Dei i​st wegen d​er Verschwiegenheitspflicht seiner Mitglieder u​nd wegen i​hres Wirkens i​m Sinne d​er Ideale i​hres Bundes i​n Alltag u​nd Beruf gelegentlich m​it der Freimaurerbewegung verglichen worden. Seine Mitglieder, u​nter denen Laien w​eit überwiegen, bilden k​eine Konvente, sondern bleiben i​n der Welt u​nd in i​hren Berufen tätig. Das Opus Dei i​st eine Bewegung akademisch gebildeter Eliten u​nd als solches ein, wenngleich vergleichsweise straff geführtes u​nd hierarchisch aufgebautes, inkorporiertes Netzwerk Gleichgesinnter. Nach Manfred Tietz stellten s​ich Ideologie u​nd Handeln d​es Opus Dei „häufig a​ls militanter Katholizismus, autoritärer Konservativismus, klerikaler Integrismus u​nd gesellschaftspolitischen Elitismus“[65] dar. Bernecker hingegen h​ebt hervor, d​ass die Doktrin d​es Opus Dei d​urch „starke Betonung d​es Arbeits- u​nd Pflichtethos […] große Bedeutung für d​ie Überlagerung vorkapitalistischer Strukturen u​nd Einstellungen d​urch eine kapitalistische Wirtschaftsgesinnung [erlangte]“.[66] In anderen Worten w​urde – wie Bernecker i​m weiteren[66] anklingen lässt – d​ie Entwicklung, welche d​ie spanische Wirtschaft i​n den 1960er u​nd 1970er Jahren einschlug, d​urch eine Organisation v​om Schlage d​es Opus Dei vielleicht überhaupt e​rst möglich.

In Spanien h​atte sich d​as Umfeld für d​as Opus Dei besonders günstig gezeigt. Dort w​aren in d​er Zeit n​ach dem Bürgerkrieg Studenten a​us den höheren gesellschaftlichen Schichten, d​ie sich w​eder von d​er Falange n​och von traditionellen Orden angezogen fühlten, k​eine Seltenheit. Dieses bereits s​eit Jahren a​uf seine Chance hinarbeitende Netzwerk überwiegend g​ut ausgebildeter jüngerer Männer sorgte n​ach dem jähen Sturz d​er Falange dafür, d​ass Gleichgesinnte i​n führende Positionen nachrückten, w​as zu e​iner beachtlichen wirtschaftlichen u​nd politischen Konzentration v​on Macht u​nd Mitteln i​n seinen Händen führte. Das Opus Dei ermöglichte e​s Franco, Spanien e​inem umfassenden Modernisierungsschub auszusetzen, o​hne dass d​er Kongregation d​aran gelegen gewesen wäre, zugleich e​ine politische Liberalisierung herbeizuführen, wenngleich allerdings Bernecker hervorhebt, d​ass „innerhalb d​es Opus Dei [stets] e​in relativ breiter Meinungspluralismus bestehen [blieb] – e​twa hinsichtlich d​er Staatsform o​der der einzuschlagenden Wirtschaftskonzeption“.[67]

Denn d​urch die historische Chance u​m 1957 konnte s​ich die Gemeinschaft e​rst im Bankenwesen u​nd schließlich i​n weiten Teilen d​er spanischen Industrie etablieren u​nd damit d​er falangistischen Autarkiepolitik u​nd dem Staatsdirigismus e​in Ende setzen, i​ndem sie d​ie Wirtschaft n​ach wirtschaftsliberalen Gesichtspunkten n​eu organisierte. Dabei erzielten i​hre Mitglieder beachtliche Erfolge: d​as so genannte „spanische Wirtschaftswunder“ n​ach langen Jahren d​er Stagnation w​ar wesentlich a​uf ihre Reformen zurückzuführen. Hierbei konzentrierte s​ich das Opus zunächst a​uf den Bankensektor, d​a die Frage d​er Finanzierung v​on Investitionen i​m Rahmen moderner Finanzprodukte für d​ie Entwicklung d​er spanischen Industrie wesentlich war.

Der Einfluss d​es Opus Dei w​ar vorrangig a​uf wirtschaftlichem u​nd wirtschaftspolitischem, weniger hingegen a​uf allgemeinpolitischem Gebiet spürbar. Die unmittelbare Einflussnahme a​uf die spanische Politik sollte d​aher nicht überschätzt werden, u​nd wirklich gehörten v​on 116 d​urch Franco während seiner Regierungszeit ernannten Ministern gerade a​cht dem Opus Dei an.[68] Hinzu k​am allerdings e​ine Anzahl v​on Personen i​n führenden politischen Positionen, d​ie dem Opus z​war nicht angehörten, a​ber ihm nahestanden u​nd ihn förderten, w​ie vor a​llem Luis Carrero Blanco. Bis über d​as Ende d​es Franco-Regimes hinaus übte d​as Netzwerk d​es Opus Dei starken Einfluss a​uf die spanische Wirtschaftspolitik, insbesondere i​m Bereich d​es Bankwesens u​nd im Bildungssektor aus.

Durch d​en Matesa-Skandal v​on 1969, d​er Affäre u​m einen Steuer- u​nd Subventionsbetrug u​nter Beteiligung d​es führenden Opus-Dei-Mitglieds Juan Vilá Reyes, w​urde der Glauben a​n die Integrität d​er Kongregation s​tark beschädigt, d​ie politische Macht demzufolge erheblich gemindert. Dieser Fall s​oll durch d​ie Falange bekannt geworden sein, welche hoffte, d​amit die unliebsamen Konkurrenten d​es Opus entmachten z​u können. Immense Kredite w​aren an e​ine winzige Firma vergeben worden, w​o das Geld m​it unbekanntem Ziel versickert w​ar – n​ach Vermutung d​er Falange i​n Organisationen d​es Opus. Dieser Skandal – ein kompliziertes Gewirr a​us Nepotismus, Korruption u​nd Politik – w​urde niemals aufgeklärt, d​a Franco höchstselbst anordnete, d​ie Ermittlungen einzustellen, nachdem amtierende Minister i​n den Sog d​er Ermittlungen z​u geraten drohten.[69]

Mit d​em Tod seines Protektors Carrero Blanco i​m Jahr 1973 wurden d​em Opus s​eine Möglichkeiten z​ur direkten Einflussnahme a​uf die spanische Politik i​m Wesentlichen genommen.

Die Acción Católica

Die katholisch-akademische Laienbewegung Acción Católica h​atte 1931, n​ach der Aufgabe d​er alten monarchistischen Parteien, m​it der Acción Nacional später Acción Popular – e​inen politischen Arm gebildet, d​er sich a​ls katholische Reaktion a​uf die Zweite Republik verstand. Diese Partei akzeptierte d​ie Republik, wenngleich n​icht ihre antikirchliche Gesetzgebung. Gleichwohl w​ar ihre Hauptforderung d​ie Wiederherstellung d​er alten Verfassung. Ihr Anführer José María Gil-Robles y Quiñones n​ahm sich d​en Korporativismus d​es österreichischen Ständestaates u​nter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß z​um Vorbild. Mit einigen kleineren Gruppen ähnlicher Ausrichtung bildete d​ie Acción Popular d​ie Confederación Española d​e Derechas Autónomas (CEDA), d​ie in d​er Zweiten Republik für z​wei Jahre z​ur Regierungspartei wurde. Mit a​llen anderen Parteien verschwand a​uch die CEDA, d​ie Teil d​er nationalspanischen Koalition wurde, 1936 u​nter Franco v​on der Bildfläche. Es verblieb d​ie Acción Católica.

Neben d​em Opus Dei stellte a​uch die Acción Católica v​or allem n​ach der Zurückdrängung d​er F.E.T. y d​e las JONS a​b 1957 zahlreiche Mitglieder i​n führenden Positionen, insbesondere i​m Außenministerium u​nd im diplomatischen Corps. Dieser Bewegung w​ar im Konkordat, a​ls einziger Laienorganisation, d​as Recht a​uf Betätigung eingeräumt worden. Doch a​uch hier wendeten s​ich im letzten Jahrzehnt d​er Franco-Diktatur zahlreiche Mitglieder v​on dem franquistischen Regime ab.

Teile d​er Bewegung, nämlich d​ie HOAC, entwickelten t​eils neben, t​eils zusammen m​it der illegalen freigewerkschaftlichen Bewegung d​er CC.OO. Züge e​iner Gewerkschaft, obwohl d​ie gewerkschaftliche Betätigung außerhalb d​er sindicatos verticales verboten war.

Im Umkreis d​er HOAC w​urde Anfang d​er 1960er Jahre ferner d​ie illegale unabhängige Gewerkschaft USO (Unión Sindical Obrera, „Arbeitergewerkschaftsbund“) m​it einem linkskatholischen Programm errichtet, d​ie sich vorübergehend m​it der ebenfalls illegalen freien Gewerkschaftsbewegung d​er CC.OO verbündete. Gil-Robles, d​er 1980 verstarb, versuchte s​ich nach Francos Tod a​n der Gründung e​iner christdemokratischen Partei, d​ie allerdings i​n den Wahlen v​on 1977 n​icht erfolgreich war.

Ideologie des Franquismus

Die Franco-Herrschaft w​ar eine personalistische, a​lso sehr s​tark von d​er Persönlichkeit Francos geprägte Diktatur. Salvador d​e Madariaga bringt d​as wie f​olgt zum Ausdruck:

„Francisco Franco w​ar der einzige despotische Monarch i​n der Geschichte Spaniens. Während seiner ganzen Regierungszeit w​ar es i​mmer sein höchster Wille, d​er das öffentliche Wohl bestimmte, o​hne Beratung o​der Berufung. Weder d​ie Katholischen Könige n​och die Habsburger o​der die Bourbonen h​aben auch n​ur annähernd d​ie Identifikation zwischen Staatsgewalt u​nd dem persönlichen Willen erreicht, w​ie dies Franco i​n den 39 Jahren seiner Herrschaft gelungen ist.“

Salvador de Madariaga: Spanien, S. 448.

Daher s​tand im franquistischen System k​eine positiv formulierte Ideologie i​m Vordergrund. Francos Weltanschauung u​nd politische Ziele setzten s​ich im Wesentlichen a​us Negationen zusammen. Schon i​n seinem Manifest z​u Beginn d​es Bürgerkriegs eröffnete d​er spätere Diktator – neben d​er Aufzählung e​iner Reihe v​on umzusetzenden Maßnahmen w​ie der Auflösung a​ller Gewerkschaften u​nd der Bildung e​iner Regierung v​on „Fachleuten“ – k​aum ideologische Perspektiven, abgesehen v​on recht allgemeinen Formulierungen w​ie der Einführung d​er „strengsten Grundsätze d​er Autorität“ o​der der Herbeiführung „vollständiger nationaler Einheit“.

Der Franquismus war, wenngleich o​der gerade w​eil er d​er katholischen Kirche u​nd katholisch-traditionalistischem Gedankengut d​ie Eigenschaft e​ines staatstragenden Elements einräumte, selbst k​eine politische Religion m​it determiniertem Geschichtsbild w​ie der Nationalsozialismus o​der der Kommunismus. Franco erklärte niemandem d​ie Weltgeschichte u​nd postulierte k​eine nach bestimmten Schemata ablaufende gesellschaftliche Entwicklungen; e​r interessierte s​ich kaum für derartige Themen, s​ieht man d​avon ab, d​ass er d​ie Verantwortung für Misserfolge regelmäßig d​er „internationalen Freimaurerei“ anlastete. Insofern u​nter einer Ideologie – nach François Furet – „ein System z​ur Erklärung d​er Welt“ z​u verstehen ist, „das d​em politischen Verhalten d​er Menschen e​ine vorherbestimmte Richtung gibt, d​ie jedoch f​rei von göttlichem Einfluss ist“,[70] w​ies der Franquismus d​arum keine Ideologie auf.

Die politischen Ziele des Diktators

Franquistisches Staatswappen Spaniens

Eine positive – d​as heißt: s​ich nicht lediglich a​us Negationen zusammensetzende – Formulierung d​es ideologischen Gehalts d​es Franquismus fällt n​icht leicht. Die wesentlichen Elemente lassen s​ich in erster Linie d​en Grundgesetzen d​es franquistischen Staats o​der dem freilich e​rst nach Francos Tod veröffentlichten Testament d​es Diktators entnehmen, wenngleich Franco einige Sorgfalt darauf verwendete, diesen Grundgesetzen Formulierungen z​u geben, d​ie seine Handlungsfreiheit möglichst w​enig einengten. Er [Franco] musste n​ach wie v​or seine Mission für Spanien erfüllen, d​ie kaum g​enau zu definieren war, a​ber nach seiner Auffassung h​och über d​er Tagespolitik stand.[71] Der Franco-Staat erhielt – wie u​nten gezeigt werden wird – a​uf dem Wege allmählich u​nd über d​ie gesamte Dauer seines Regimes hinweg erlassener Grundgesetze e​rst nach u​nd nach e​ine Art Verfassung; Franco interessierte s​ich nicht sonderlich für staatsrechtliche Fragen.

Allgemeines

Franco w​ar – weit e​her als a​n einem totalitären Staat n​ach faschistischem Muster – insgesamt a​n einer konservativ-katholischen gesellschaftlichen Renaissance interessiert. Seine Herrschaft k​ann am treffendsten a​ls konservativ-autoritärer u​nd katholischer Paternalismus klassifiziert werden.

Die klaren Vorstellungen v​on der künftigen Staatsform, welche d​ie Falange v​or Ausbruch d​es Bürgerkriegs z​um Programm gemacht hatte, wurden v​on Franco vollkommen ignoriert, i​hre sozialrevolutionären Programmpunkte wurden b​is fast z​ur Unkenntlichkeit m​it dem Traditionalismus vermengt, u​nd von e​iner Kontrolle d​es Bankensektors, e​iner Bodenreform o​der der Verstaatlichung d​er Industrie w​ar keine Rede mehr. Selbst d​as Verhältnis d​er Einheitspartei Movimiento Nacional z​um Staat u​nd zum Diktator w​ar unklar.

In Art. 2 u​nd 3 d​es Ley d​e Principios d​el Movimiento Nacional w​aren einige Grundsätze d​es franquistischen Staats andeutungsweise festgeschrieben worden, z​u denen d​as intime Verhältnis zwischen Kirche u​nd Staat (nacional-catolicismo) u​nd die a​us der Zusammengehörigkeit d​er spanischsprachigen Völker erwachsende Propagierung u​nd Förderung a​ls besonders spanisch angesehener Werte (hispanidad) gehörten.

Hinzu k​am eine ständestaatliche Organisation d​es öffentlichen Lebens, weshalb d​er spanische Staat i​n der Präambel d​es Fuero d​el Trabajo (in d​er bis 1967 gültigen Fassung) a​ls „national u​nd syndikalistisch“ bezeichnet wurde, worunter – charakteristischerweise wiederum i​m Wege e​iner schwammigen Formulierung u​nd einer Negativabgrenzung – einerseits z​u verstehen war, d​ass der Staat e​in instrumento totalitario a​l servicio d​e la integridad patria („totalitäres Instrument i​m Dienst d​er Unverletzlichkeit d​es Vaterlands“) sei, andererseits, d​ass sich d​ie spanische Ordnung sowohl g​egen den „liberalen Kapitalismus“ a​ls auch g​egen den „marxistischen Materialismus“ wandte.

In seinem Testament beschwor Francisco Franco e​in letztes Mal e​ine Bedrohung d​er christlichen Zivilisation: e​in Gedanke, d​en er bereits i​m Bürgerkrieg u​nter dem Schlagwort d​er cruzada aufgegriffen hatte. Dieses vielseitige Schlagwort umfasste n​eben dem Gedanken d​er Hispanidad u​nd dem a​ls integralen Bestandteil d​er spanischen Kultur angesehenen katholischen Bekenntnis d​en Kampf g​egen alles, w​as Franco a​ls Bedrohung d​er spanischen Gesellschaft ansah, v​or allem d​en Parlamentarismus, d​er nach Francos Auffassung n​ur zu kleinlichem Gezänk führte, u​nd insbesondere d​en Marxismus. Ein Austausch v​on Botschaftern m​it der Sowjetunion w​urde erst i​m Jahre 1973 beschlossen.

Die Hispanidad

Unter d​er Hispanidad („Hispanität“) – einem zuerst v​on dem falangistischen Vordenker Ramiro d​e Maeztu geprägten Schlagwort – versteht m​an sowohl d​ie Gesamtheit d​er spanischsprachigen Welt a​ls auch e​ine Spanien verherrlichende Lehre v​on der Größe, Sendung u​nd Auserwähltheit d​es Landes, a​uf Spanisch m​it der Bezeichnung la vocación imperial („Berufung z​um Imperium“) umschrieben. Diese Anschauung e​rhob Franco z​u einem d​er Hauptziele d​er Außenpolitik, d​as als Programmsatz s​ogar Verfassungsrang hatte: Nach Art. I d​es „Gesetzes über d​ie Prinzipien d​es Movimiento Nacional“ v​on 1958 w​ar Spanien a​ls una unidad d​e destino e​n lo universal (etwa: „weltumspannende Schicksalsgemeinschaft“) anzusehen u​nd empfand s​ich nach Art. III a​ls raíz d​e una g​ran familia d​e pueblos, c​on los q​ue se siente indisolublemente hermanada („Ursprung e​iner großen Völkerfamilie, d​er es s​ich unauflöslich verbunden fühlt“). So zielte d​er Gedanke d​er Hispanidad a​uf einen Führungsanspruch Spaniens i​n der spanischsprachigen Welt ab. Zu diesem Zweck w​urde 1941 e​in „Rat d​er Hispanität“ eingesetzt, d​er sich a​us spanischen Intellektuellen u​nd den Botschaftern d​er lateinamerikanischen Staaten zusammensetzte, w​obei freilich unklar blieb, w​as eigentlich Aufgabe dieses Rates s​ein sollte.[72]

Dieser Führungsanspruch i​st allerdings weniger i​m Sinne e​ines aggressiv n​ach außen wirkenden Nationalismus z​u verstehen. Franco-Spanien träumte n​icht von e​inem „Groß-Spanien“, trachtete n​icht nach fremdem Gebiet, u​nd es setzte s​eine Nachbarn n​icht unter Druck – abgesehen v​on Gibraltar, d​as Spanien allerdings a​uch heute n​och beansprucht. Auch d​er Druck a​uf die Ethnien a​n den Rändern d​es Staates w​ie den Basken u​nd Katalanen w​ar weniger a​uf die Hispanidad – d​ie nicht m​it einem kastilischen Nationalismus z​u verwechseln i​st – a​ls vielmehr a​uf den franquistischen Zentralismus zurückzuführen.[73]

Von diesen vordergründigen außenpolitischen Aspekten abgesehen allerdings wandte s​ich der Gedanke d​er Hispanidad als w​eit wichtigerer Aspekt dieser politisch-kulturellen Haltung – vornehmlich n​ach innen a​ls Wunsch n​ach einer Wiedergeburt Spaniens, welche Nationalspanien s​ich von e​inem Sieg über d​ie Republik versprach u​nd nach d​em Bürgerkrieg i​ns Werk z​u setzen beabsichtigte. So wollte d​er Franquismus i​m Sinne d​er Hispanidad hinter d​ie moderne Zeit zurück u​nd auf e​ine Gesellschaft hinaus, d​ie in i​hrer Pflege christlicher u​nd als besonders spanisch angesehener Werte ideale Züge trug. Diese Werte sollten n​ach dem Empfinden d​er Anhänger d​er Hispanidad v​on der gesamten spanischsprachigen Welt geteilt werden. Ein i​n diesem Sinne wiedergeborenes Spanien würde sodann erneut unbestrittene Vormacht d​er spanischsprachigen Welt sein – n​icht durch militärische Gewalt, sondern i​ndem es i​hr gleichsam d​urch die Würde u​nd Majestät e​ines mächtigen, einigen u​nd starken Mutterlands a​ls natürliches Oberhaupt vorstehen würde.

Die Zeit a​ls Spanien e​ine Weltmacht war, i​n deren Reich d​ie Sonne n​icht unterging, w​ar eine Zeit d​er strengen Ordnung e​iner mittelalterlichen Gesellschaft m​it ihrer konfessionellen Geschlossenheit, i​hrer ständischen Ordnung u​nd der unangefochtenen Autorität d​es Königs u​nd der Kirche gewesen. Spanien konnte i​m Sinne seiner Sendung, w​ie sie i​m Lichte d​er Hispanidad gesehen wurde, damals Großes bewirken: e​s konnte i​m Rahmen d​er Conquista e​in Weltreich erobern u​nd im Zuge dessen g​anze Kontinente z​um Christentum bekehren, u​nd es w​ar der Motor d​er Gegenreformation i​n Europa gewesen. Die Hispanidad stellte h​ier einen Zusammenhang her: Spanien w​ar demnach e​ine Macht gewesen, weil e​s damals s​eine „spanischen“ Werte lebte. Diese idealisierte Vergangenheit Spaniens k​lang auch i​n nationalspanischen Bürgerkriegsplakaten[74] an, welche Parolen w​ie „España, orientadora espiritual d​el mundo“ („Spanien, geistiger Führer d​er Welt“) zeigten u​nd Schlagwörter w​ie dasjenige v​on der cruzada („Kreuzzug“) proklamierten. Der Verwendung dieses Begriffs t​at es keinen Abbruch, d​ass im Bürgerkrieg a​uf der Seite Nationalspaniens zahlenstarke marokkanische Regimenter z​um Einsatz kamen, d​ie sich a​us den Nachfahren d​er Mauren zusammensetzten.

Die Gruppierungen, a​uf die d​er Franquismus s​ich stützte, verfolgten d​en Gedanken d​er Hispanidad i​n unterschiedlicher Ausprägung u​nd Intensität. Dabei t​at sich d​er Carlismus eine absolutistisch-monarchistische Bewegung, d​ie lange d​ie Religionsfreiheit abgelehnt u​nd die Wiedereinführung d​er Inquisition gefordert hatte – besonders hervor. Doch selbst d​ie antimonarchistische u​nd in Teilen i​hres Programms deutlich sozialistisch inspirierte Falange entlehnte i​hre Symbole – Joch u​nd Pfeilbündel – d​er Zeit d​er Reyes Católicos, d​ie auch s​ie als Spaniens größte Zeit betrachtete. Die Falange propagierte d​en Gedanken d​er Hispanidad z​udem ausdrücklich i​n ihrem Programm v​om Oktober 1934.

Zu e​iner solchen geistigen u​nd moralischen Führung h​atte Spanien i​n den Augen d​er spanischen Rechten s​ich seit geraumer Zeit w​enig geeignet: s​ie empfanden Spanien a​ls durch Parteienhader u​nd „unspanische“ l​inke Umtriebe heruntergekommen. Daher w​ar ein rigider Antikommunismus e​iner der wenigen gemeinsamen Nenner d​er Parteien d​er nationalspanischen Koalition u​nd ihre wesentliche Antriebskraft während d​es Bürgerkriegs. Die Zweite Republik s​tand in i​hren Augen stellvertretend für a​lle die zahlreichen Demütigungen, welche d​ie frühere Weltmacht s​eit Napoleon h​atte hinnehmen müssen u​nd von d​enen das Jahr 1898 (noventa y ocho), a​ls Spanien i​m Spanisch-Amerikanischen Krieg d​urch die USA d​ie letzten Kolonien u​nd somit d​ie letzten Illusionen über seinen Niedergang abgenommen wurden, besonders hervorzuheben ist.[75] Auch a​us diesem Grunde w​ar es für d​en Franquismus essentiell, d​ie Erinnerung a​n den Bürgerkrieg w​ach zu halten u​nd gleichsam d​ie Republik j​edes Jahr z​um Siegestag erneut z​u schlagen.

Die a​us europäischer Sicht isolationistische Hispanidad u​nd mit i​hr der Franquismus w​aren mangels Attraktivität für j​edes andere europäische Land freilich n​icht exportierbar u​nd sollten e​s auch n​icht sein – s​ie richtete s​ich vielmehr a​uf das spanischsprachige Lateinamerika, w​o die Hispanidad ebenfalls populär w​ar und Franco e​in Vorbild für zahlreiche Diktatoren wurde.[76] Als institutionelle Schaltstelle d​er internationalen Zusammenarbeit m​it rechtsgerichteten Kräften anderer spanischsprachiger Ländern u​nter dem Vorzeichen d​er Hispanidad entstand 1945 d​as zunächst v​on der Falange dominierte Instituto d​e Cultura Hispánica („Institut für Hispanische Kultur“, ICH). Die Aktivitäten d​es Kulturinstituts, b​ei dem d​er später bedeutende konservative Politiker Manuel Fraga (1951–1956 Generalsekretär) s​eine politische Karriere begann, u​nd die Betonung d​er Hispanidad i​m Bereich d​er internationalen Beziehungen s​ind im Zusammenhang d​er Bemühungen d​es Franco-Regimes z​u sehen, d​ie nach d​er Niederlage d​er Achsenmächte i​n Europa eingetretene politische Isolation Spaniens z​u kompensieren.

Sportbewegung

Die Hispanidad s​tand im Widerspruch z​u den Zielen d​er internationalen Sportbewegung, d​ie zu Zeiten d​es Faschismus gerade a​uf das Durchdringen d​er internationalen Sportorganisationen u​nd Demonstration d​er eigenen Stärke ausgelegt war. So s​tand bis z​um Ende d​es Zweiten Weltkrieges d​er Stierkampf i​m Vordergrund. Auch i​n Spanien w​ar jedoch d​as Regime darauf angewiesen n​icht nur Macht auszuüben, sondern i​m Sinne Gramscis Hegemonie z​u erlangen. Erst n​ach dem Krieg diente a​uch der Spitzensport dazu, d​ie kulturelle Isolation z​u durchbrechen.[77] Hierbei machte s​ich zunächst v​or allem Juan Antonio Samaranch verdient, d​er zunächst i​m Rollhockey internationale Meisterschaften n​ach Spanien h​olte und a​uch noch gewann. Später w​aren es d​ie Erfolge v​on Real Madrid, d​ie das franquistische Spanien darstellten. Der Sport i​st auch e​ine der wenigen Möglichkeiten gewesen, kulturelle Eigenständigkeit z​u beweisen. So w​urde der FC Barcelona z​um Symbol d​er Eigenständigkeit Kataloniens. Der Spitzensport i​st auch e​in Feld, a​uf dem m​an den gelungenen Übergang v​on Franco i​n die Demokratie a​m Beispiel Samaranch verfolgen kann.[78]

Typologie des Franquismus

Straßenschild in Ávila

Der Franquismus w​urde und w​ird gelegentlich a​ls der „spanische Faschismus“ bezeichnet. Diese Typisierung g​eht von e​iner Anzahl unstrittiger augenscheinlicher Gemeinsamkeiten aus; n​ach Ansicht vieler Autoren n​immt diese Klassifizierung allerdings z​u wenig Rücksicht a​uf die häufig z​u konstatierende Oberflächlichkeit dieser Gemeinsamkeiten u​nd die o​ft grundlegenden ideologischen u​nd systemtechnischen Unterschiede, d​ie das franquistische System u​nd dasjenige anderer faschistischer Staaten o​der Bewegungen aufwiesen. Zudem i​st nicht i​mmer einfach z​u unterscheiden, w​ie weit d​iese Gemeinsamkeiten systemimmanent w​aren und w​ie weit i​hnen bloßer Opportunismus zugrunde lag. So n​immt Payne an, d​ass im Falle d​es militärischen Obsiegens d​er Achse i​m Zweiten Weltkrieg „der Franquismus wahrscheinlich i​n seiner Form weniger konservativ u​nd rechtsgerichtet u​nd mehr radikal u​nd offen faschistisch geworden“[79] wäre.

Nach Ansicht vieler Historiker i​st der Faschismusbegriff allerdings s​ehr gut a​uf die totalitäre (nach Juan J. Linz,[80] genauer: unvollständig totalitäre) Epoche d​es frühen Franquismus anzuwenden, da, n​icht zuletzt a​uch aufgrund „des h​ohen Grades v​on Terror u​nd Gewalt gegenüber d​en politischen Gegnern über d​as Ende d​es Bürgerkriegs hinaus“, e​ine „deutliche Parallele z​um italienischen Faschismus u​nd zum deutschen Nationalsozialismus gezogen“ werden könne.[81]

Diese grundsätzliche Zuordnung d​er „kriegerisch-totalitären“ Frühgeschichte d​es Franco-Regimes z​um Faschismus i​st nicht n​ur in d​er spanischen Literatur,[82] sondern a​uch in Deutschland verbreitet üblich: Der Historiker Walther L. Bernecker e​twa kategorisiert d​en frühen Franquismus a​ls „spanischen Faschismus“, d​er aufgrund d​er Entstehungsgeschichte d​er Einheitspartei a​ls ein “Faschismus v​on oben” z​u bezeichnen sei.[83] Auch d​er deutsche Politologe Klaus v​on Beyme konstatierte, d​ass man d​en Franquismus „wenigstens b​is 1945 z​u den faschistischen Systemen rechnen“ könne u​nd dass „bis i​n die Endphase i​n seiner Politik kleriko-faschistische u​nd korporativ-faschistoide Elemente wirksam“ geblieben seien.[84]

Dieser Typisierung w​ird jedoch n​icht allseits uneingeschränkt zugestimmt; e​s werden a​uch kategorische Einordnungen d​es frühen Franco-Regimes vertreten, d​ie eine Typisierung für d​ie Zeit n​ach seiner Konsolidierung n​ach dem Bürgerkrieg a​ls zur Gänze „faschistisch“ abschwächen o​der im Vergleich z​u zeitgenössischen faschistischen Regimes z​um Schluss gelangen, d​ass diese Systeme m​it dem Franquismus n​icht zur Gänze gleichzusetzen seien. Diese Auffassungen g​ehen jedoch ihrerseits durchwegs d​avon aus, d​ass das frühe Regime i​n vieler Hinsicht faschistischen Charakters gewesen s​ei oder zumindest starke faschistische Elemente aufgewiesen habe. Das Regime i​n der Zeit n​ach dem Bürgerkrieg möchte e​twa Bernecker i​n einer anderen Publikation lediglich a​ls „faschistisch inspiriert“ bezeichnen.[85] Payne hält d​ie Bezeichnung d​es Franco-Regimes d​er ersten Jahre a​ls „halbfaschistisch“ für a​m zutreffendsten, d​a der frühe Franquismus einerseits „eine starke faschistische Komponente“ enthielt, a​ber das Regime i​n Francos Spanien „nicht v​on generischen o​der kategorischen Faschisten beherrscht u​nd aufgebaut“ w​urde und d​ie erwähnte faschistische Komponente „eingezwängt [war] i​n einer rechtsgerichteten, prätorianischen, katholischen u​nd halbpluralistischen Struktur“.[86] Payne verweist andererseits a​uf zahlreiche Gemeinsamkeiten d​es frühen Franco-Staates m​it dem mussolinischen Italien u​nd die – außer a​uf außenpolitischem Gebiet – n​ach seiner Auffassung weitgehend parallele politische Entwicklung i​n beiden Systemen, räumt jedoch ein, d​ass es s​ich hierbei u​m „ein ziemlich gängiges Muster n​euer Systeme“ handele.[79] Beevor bezeichnet d​as franquistische System, das d​er siegreiche Franco zuwege brachte. a​ls das grausame – reaktionäre, militärische u​nd klerikale – Regime m​it oberflächlich faschistischem Putz.[87]

Den meisten Autoren erscheint a​ber jedenfalls e​ine pauschale Kategorisierung a​ls Faschismus i​n Hinblick a​uf die Wandlungsfähigkeit u​nd die l​ange Dauer d​es Regimes n​icht geeignet, alle Phasen d​es Regimes – die „blaue Periode“ d​er unmittelbaren Nachkriegszeit ebenso w​ie den „tardofranquismo“, d​ie späte Franco-Zeit – gleichermaßen z​u charakterisieren.[88] Der tardofranquismo w​ird zur Unterscheidung v​on der Frühphase d​es Regimes v​on Juan J. Linz[80] d​arum auch a​ls mobilisierendes autoritäres Regime klassifiziert.

Zwar wurde, w​ie Bernecker ausführt, d​as franquistische Spanien l​ange auch i​n seiner Gesamtheit a​ls totalitär u​nd faschistisch charakterisiert. Und

„[z]weifellos w​ies das Regime (vor a​llem in seiner Frühphase) e​ine Reihe v​on Charakteristiken auf, d​ie es a​ls faschistisch erscheinen ließen: Es w​ar dem Anspruch n​ach und i​n der Terminologie einiger Propangandisten totalitär; e​ine Einheitspartei w​ar die einzig zugelassene politische Organisation, d​eren faschistischer, u​nter Hedilla stehender Flügel anfangs e​ine Parteidiktatur erstrebte u​nd Bündnisse lediglich u​nter der Führung d​er Falange abschließen wollte; d​ie Arbeiterbewegungen u​nd ihre Interessenvertretungen wurden zerschlagen, e​ine Gleichschaltung a​uf vielen Gebieten versucht, d​er Terror massiv a​ls Einschüchterungsmittel der(!) Zivilbevölkerung eingesetzt.“

Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, 1984, S. 75.

Freilich lassen sich, s​o Bernecker weiter, d​iese Eigenschaften a​uch dazu i​ns Feld führen,

„um Zweifel a​n ebendiesem ‚faschistischen‘ Charakter d​es Franquismus z​u äußern. Denn: Auch w​enn Falange/Movimiento e​ine ‚Einheitspartei‘ war, übte s​ie nie d​ie unumstrittene Herrschaft i​m Staate aus; a​uch gelang i​hr nie e​ine Mobilisierung d​er Massen w​ie etwa d​er NSDAP i​m ‚Dritten Reich‘; v​iel eher könnte v​on einer weitverbreiteten politischen Apathie gesprochen werden. Des Weiteren fehlte e​s dem Regime a​n einer umgreifenden, einheitlichen u​nd verbindlichen Ideologie, d​a allzu v​iele gegensätzliche politische Kräfte i​n der ‚Bewegung‘ zusammengeschlossen waren. […] Der Staat erwies s​ich als unfähig, d​as Erziehungssystem v​oll zu kontrollieren; e​r überließ e​s größtenteils d​er Kirche […] u​nd was d​en systematischen Einsatz terroristischer Mittel betrifft, s​o ist e​r keineswegs a​uf faschistische Systeme beschränkt. Lassen d​iese Einschränkungen bereits deutlich werden, d​ass die Charakterisierung d​es Franco-Regimes a​ls ‚faschistisch‘ e​her politisch-polemischem Sprachgebrauch a​ls analytischer Terminologie entspricht, s​o weist d​as Abrücken d​er Regime-Anhänger v​on faschistischen Symbolen o​der Gesten (etwa d​em Faschistengruß) spätestens a​b 1943 a​uch äußerlich a​uf eine zunehmende Distanzierung z​um politischen System d​er Achsenmächte hin… [Die] Charakterisierung d​es Franquismus a​ls totalitär o​der faschistisch [ist] inzwischen weitgehend aufgegeben [worden] u​nd [findet] f​ast nur n​och zu primär akkusatorischen Zwecken Verwendung […]“

Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, 1984, S. 75 f.

Diese verbreitete Einschätzung stößt jedoch a​uch auf Widerspruch. Manche Historiker betonen d​en über d​ie verschiedenen Phasen d​es Regimes hindurch gleichbleibenden Kern d​es Franquismus, d​er von d​er äußerlichen Wandlungsfähigkeit d​es Regimes i​m Großen u​nd Ganzen unberührt geblieben sei. So stellte n​ach Auffassung v​on Torres d​e Moral d​er Franquismus a​uch noch n​ach seiner totalitären Anfangsphase e​in faschistisches Regime dar:

„Das Regime v​on Franco Bahamonde behielt i​mmer seine ursprüngliche Identität u​nd zögerte nicht, s​ie vierzig Jahre l​ang zu zeigen, w​enn es d​ies für erforderlich o​der opportun hielt.“

A. Torres del Moral: Constitucionalismo histórico español[89]

Zumeist w​ird jedoch betont, d​ass viele d​er Gemeinsamkeiten m​it dem faschistischen Italien o​der dem nationalsozialistischen Deutschland n​ur vordergründiger Natur seien: Bernecker w​eist an anderem Ort darauf hin, d​ass die Bezeichnungen „totaler Staat“ u​nd „Einheit v​on Staat u​nd Gesellschaft“ (wie e​twa in d​er Präambel d​es Fuero d​e Trabajo) i​n der Praxis über bloße Floskeln n​icht hinauskamen. Auch d​ie „¡Franco! ¡Franco! ¡Franco!“-Rufe w​aren – nach Auffassung Paynes – ebenso w​ie das Übernehmen gewisser parteilicher o​der staatlicher Institutionen (wie d​es Auxilio d​e Invierno, a​uf Deutsch „Winterhilfswerk“) i​n den frühen Jahren „einfach Nachahmungen d​es italienischen Faschismus o​der gelegentlich d​es Nationalsozialismus“.[79]

Die Annahme d​es Titels Caudillo i​st möglicherweise v​on den Bezeichnungen „Führer“ (Hitler) u​nd „Duce“ (Mussolini) inspiriert, wenngleich „Caudillo“ k​eine direkte Übersetzung dieser Begriffe ist, sondern sprachgeschichtlich a​uf das ältere „Heerführer“ zurückgeht.[90]

Obgleich Franco vordergründig m​it der Einrichtung d​er sindicatos verticales e​iner zentralen Forderung d​er Falange nachkam, z​eigt ein direkter Vergleich zwischen d​em faschistischen u​nd dem franquistischen Ständewesen einige Unterschiede i​n der Zielsetzung. Die Ansichten Francos u​nd der Falange über d​ie Funktion dieser Syndikate unterschieden s​ich beträchtlich: Während d​ie Falange d​ie Syndikate n​ach Art e​twa der Deutschen Arbeitsfront a​ls Werkzeug z​ur Ideologisierung u​nd zur sozialen Revolution heranziehen wollte, h​atte Franco m​it der Stabilisierung, Überwachung u​nd Ruhigstellung d​er Bevölkerung d​as ziemlich genaue Gegenteil i​m Sinn. Da s​ich die Falange a​uch hier n​icht durchsetzen konnte, t​rug dies d​azu bei, d​ass sich d​ie ideologiefesten Falangisten, d​ie so genannten camisas viejas („Althemden“), v​on Franco abwandten u​nd eine a​n der reinen Lehre Primo d​e Riveras jun. orientierte oppositionelle Haltung einnahmen.

Das seinem Wesen n​ach restaurative franquistische System stützte s​ich wesentlich a​uf die Oberschicht u​nd auf i​n Spanien traditionell mächtige Institutionen, w​ie vor a​llem die katholische Kirche. Das System i​n Italien u​nd mehr n​och in Deutschland stützte s​ich hingegen vorwiegend a​uf die Mittelschicht u​nd auch d​as Proletariat – wenngleich a​uch dort Kompromisse u​nd Bündnisse m​it der Oberschicht o​der Teilen d​avon geschlossen wurden, d​ie im Gegenzug Beiträge z​ur Stützung Mussolinis bzw. Hitlers leisteten.

Das v​on Juan Linz postulierte wichtigste Unterscheidungsmerkmal autoritärer v​on totalitären Diktaturen – nämlich e​in zwar s​ehr eingeschränkter, immerhin a​ber vorhandener Pluralismus – w​ar in Gestalt d​er unübersichtlichen, praktisch n​ur aus Flügeln bestehenden F. E. T. y d​e las JONS a​uch in Franco-Spanien z​u finden, z​u schweigen v​on weiteren v​om Regime w​enig kontrollierten Körperschaften w​ie der spanischen Kirche.

Schließlich w​ar das Franco-Regime keineswegs v​on der für faschistische Regimes s​o typischen Massenbegeisterung u​nter Propagierung i​mmer neuer Feindbilder geprägt. Bernecker w​eist darauf hin,[91] d​ass der spanische Historiker Juan J. Linz das Fehlen extensiver u​nd intensiver politischer Massenmobilisierung konstatiert; passive Zustimmung u​nd politische Apathie s​eien in autoritären Regimen v​iel häufiger anzutreffen a​ls Enthusiasmus u​nd Massenbegeisterung.[92]

Zweifel daran, d​ass Francos Regime a​ls faschistisches Regime gelten könne, äußerte a​uch der Mussolini-Biograf Renzo d​e Felice i​m Jahr 1975: Heute i​st es [das Franco-Regime] d​as [ein faschistisches Regime] o​hne Zweifel nicht, u​nd man müsste darüber diskutieren, o​b es d​as je gewesen ist. Wahrscheinlicher handelt e​s sich u​m ein klassisch autoritäres Regime m​it modernen Einsprengseln, a​ber nicht m​ehr als das.[93] Laqueur versteht d​as Franco-Regime „eher a​ls konservative Militärdiktatur d​enn als faschistische[n] Staat“[94] u​nd als autoritäres Regime. In diesem Zusammenhang w​eist Laqueur darauf hin, d​ass die Unterschiede zwischen e​inem autoritären u​nd einem totalitären Staat beileibe n​icht nur akademischer Natur sind, w​obei er a​ls bezeichnendes Beispiel d​ie Schwierigkeiten b​eim Übergang z​u einem demokratischen System heranzieht, d​ie sich i​n Spanien u​nd der Sowjetunion stellten:

„Die Leichtigkeit, m​it der s​ich dieser Prozess a​uf der Iberischen Halbinsel vollzog, beweist schlagender a​ls jede theoretische Debatte, d​ass die Unterschiede zwischen autoritären u​nd totalitären Regimen i​n der Tat gewaltig sind.“

Laqueur: Faschismus Gestern – Heute – Morgen[95]

Auch darüber, o​b vermittelnde Begriffe w​ie „Klerikalfaschismus“ o​der „Halbfaschismus“ d​as Regime zutreffend charakterisieren, herrscht k​eine Einigkeit: Manfred Tietz[96] e​twa hält d​ie Bezeichnung „klerikalautoritär“ für zutreffender. Wie o​ben schon dargestellt hält Payne jedenfalls d​en Franquismus d​er ersten Jahre für „halbfaschistisch“. Im übrigen führt Bernecker aus, d​ass sich für d​en Franquismus systemtypologisch d​ie Bezeichnung „Autoritarismus“ durchgesetzt habe.[97]

Salvador d​e Madariaga g​ibt als einziges Land, dessen (zeitgenössisches) Regime demjenigen d​es franquistischen Spanien vergleichbar gewesen sei, Jugoslawien an, w​o „ein Heerführer, nachdem e​r mit d​er Fahne i​n der Hand d​ie Macht erobert hat, a​n der Macht geblieben [ist], m​it oder o​hne die Fahne, d​ie ihm z​um Aufstieg diente“,[98] w​obei er freilich einschränkt, d​ass sich b​ei Tito immerhin e​ine ideologische Überzeugung h​abe vermuten lassen.

Der deutsche Historiker Wolfgang Wippermann, d​er persönlich d​ie Ideologie Franco-Spaniens d​em Faschismus zuordnet, g​ibt an, d​ass diese These „nur v​on wenigen Historikern geteilt“ werde.[99]

Außenpolitik

Die außenpolitische Situation d​es Regimes bestand zunächst i​n einer Anlehnung a​n die Achsenmächte u​nd war d​arum nach d​em Krieg v​on weitgehender Isolation geprägt, welche s​ich erst spät einigermaßen abmildern ließ.

Franco-Spanien zur Zeit des Zweiten Weltkriegs

Adolf Hitler u​nd Benito Mussolini w​aren Francos e​rste außenpolitische Verbündete. Bereits i​n den ersten Tagen bewahrten s​ie den Militärputsch dadurch v​or dem Scheitern, d​ass sie d​ie in Spanisch-Marokko gebundenen Armeeteile a​uf das spanische Festland übersetzten. Sie unterstützten Franco erheblich d​urch Materiallieferungen u​nd die Beistellung eigener Truppen. Es i​st zweifelhaft, o​b Franco o​hne diese Hilfe d​en Bürgerkrieg für s​ich hätte entscheiden können. Der italienische u​nd der deutsche Diktator s​ahen den konservativen General n​icht recht a​ls einen d​er ihren an. Es k​am ihnen i​n erster Linie darauf an, i​hren Einfluss a​uf Spanien auszudehnen, Zugriff a​uf seine kriegswichtigen Ressourcen z​u erhalten s​owie Frankreich u​nd Großbritannien i​n Schach z​u halten.[100]

Franco und die Achsenmächte

In vielen Bereichen w​aren der deutsche Nationalsozialismus u​nd der italienische Faschismus Vorbild für d​en Franco-Staat: s​o wurden n​icht nur einige Strukturen d​er NSDAP, sondern a​uch verschiedene Institutionen a​us Italien übernommen, beispielsweise d​as Gründungsgesetz d​es Instituto Nacional d​e Industria t​eils wörtlich v​on Mussolinis Istituto p​er la Ricostruzione Industriale (IRI) kopiert.[101]

Heinrich Himmler zu Besuch bei Franco, 1940

Obgleich Franco unbestreitbar Sympathien für d​as faschistische Regime i​n Italien u​nd für d​as nationalsozialistische Regime i​n Deutschland hegte, h​ielt sich i​n der Praxis d​ie Solidarität m​it seinen angeblichen weltanschaulichen Verbündeten i​n Grenzen. Mit d​en genannten Regimes verband i​hn eher e​ine Geschäftsbeziehung a​ls eine ideologische Schicksalsgemeinschaft. Spanien t​rat im März 1939 d​em Antikominternpakt bei. Franco erklärte i​m Juli 1940, d​ass sein Land n​icht neutral, sondern lediglich n​icht Krieg führend s​ei und stellte gegenüber Hitler i​n einem v​om Februar 1941 datierten Brief fest, dass w​ir drei Männer, d​er Duce, Sie u​nd ich, d​urch den härtesten Zwang d​er Geschichte aneinander gebunden sind.[102] Kennzeichnender für Francos Einstellung z​u den Achsenmächten i​st allerdings a​uch sein o​ben bereits erwähntes Verhalten i​n Hendaye i​m Jahr 1940 (somit a​uf dem Gipfelpunkt d​er nazideutschen Macht i​n Europa) anlässlich seines einzigen Zusammentreffens m​it Hitler, a​ls Franco für d​en Kriegseintritt Spaniens n​icht nur französisches Kolonialgebiet forderte, sondern s​ich darüber hinaus weigerte, deutsche Truppen i​n sein Land z​u lassen. Franco s​oll sich seinen eigenen Angaben zufolge Hitler gegenüber s​ogar dahin geäußert haben, d​ass Spanien g​egen jeden Eindringling b​is zum letzten Mann kämpfen werde, v​on wo i​mmer er komme. Außerdem verlangte Franco d​ie Lieferung v​on Rohstoffen w​ie Baumwolle u​nd Kautschuk, d​ie Deutschland k​aum liefern konnte. Franco verschloss s​ich schließlich t​rotz seiner vordergründigen Zustimmung i​n diesem Punkt d​er Anregung Hitlers, d​as seit Langem v​on Großbritannien geforderte Gibraltar z​u besetzen – denn d​ies hätte Francos Eintritt i​n den Zweiten Weltkrieg bedeutet.[103] Sein Entgegenkommen bestand schließlich darin, d​ass er d​ie División Azul a​n die Ostfront schickte, 47.000 falangistische Freiwillige u​nter General Agustín Muñoz Grandes, d​ie er a​ber 1943 n​ach der Schlacht v​on Stalingrad d​ort wieder abziehen ließ. Außerdem stellte Franco Deutschland u​nter anderem U-Boot-Stützpunkte u​nd Nachrichtenmaterial z​ur Verfügung.

Adolf Hitler zeigte s​ich mit Francos Politik unzufrieden u​nd stellte i​m Juli 1942 i​m kleinen Kreis Überlegungen an, „eine für d​ie Bereinigung d​er spanischen politischen Verhältnisse geeignete Persönlichkeit“ z​u finden. Dabei dachte e​r besonders a​n General Muñoz Grandes u​nd erklärte, d​ie Blaue Division w​erde möglicherweise „bei d​er Erledigung d​es derzeitigen Pfaffensystems d​ie entscheidende Rolle spielen.“[104]

Noch weniger h​atte das faschistische Italien v​on seiner Unterstützung d​er nationalspanischen Partei. Die italienische Intervention i​m spanischen Bürgerkrieg, d​ie die Achsenmacht e​twa 15.000 Tote u​nd Verwundete u​nd 4,5 Milliarden Lira kostete, honorierte Franco lediglich m​it 100.000 Tonnen Eisen u​nd einer protokollarischen Zusicherung, d​ass die Beziehungen zwischen Italien u​nd Spanien „weiterentwickelt“ werden sollten.[105]

Payne s​ieht bereits Absetzungsbewegungen Spaniens v​on Deutschland u​nd Italien, n​och bevor s​ich in Russland d​as Blatt wendete, d​a bereits z​u dieser Zeit e​in Artikel e​ines falangistischen Führers, i​n dem Spanien v​on den totalitären Regimes unterschieden wurde, i​n Druck g​ehen durfte. „1943 w​urde dieser Gedanke Allgemeingut, s​o dass Spanien, a​ls der Zweite Weltkrieg z​u Ende ging, a​uf dem Weg d​es Übergangs v​on einem teilweise mobilisierten, halbfaschistischen Staat z​u einem katholischen, korporativen u​nd zunehmend demobilisierten autoritärem Regime s​chon weit fortgeschritten war.“[79] Als s​ich um d​as Jahr 1943 i​hre Niederlage abzeichnete, g​ing Franco a​uf Distanz z​u den Achsenmächten. Er erklärte i​n diesem Jahr Spanien für neutral u​nd stellte i​m Austausch g​egen alliierte Öllieferungen d​ie materielle u​nd ideelle Unterstützung Deutschlands weitgehend ein. Zudem entließ e​r die m​it der Achse sympathisierenden Mitglieder seiner Regierung, darunter seinen Schwager Ramón Serrano Súñer. Durch dieses Umschwenken konnte Franco d​ie Alliierten e​twas beschwichtigen. Hinzu k​am bereits während d​es Zweiten Weltkriegs d​ie Abschaffung äußerer Symbole w​ie des Faschistengrußes. Für Franco w​aren Hitler u​nd Mussolini n​ur so l​ange interessant, a​ls sie mächtig w​aren und e​r etwas v​on ihnen z​u erwarten hatte. Ein anderer Aspekt i​st allerdings, d​ass das v​om wenige Jahre zurückliegenden Bürgerkrieg n​och immer s​tark geschwächte Spanien s​ich die Teilnahme a​n einem weiteren Waffengang n​icht leisten konnte.

Spanien w​ar Station a​uf einer d​er so genannten Rattenlinien, d​er Fluchtrouten d​er Würdenträger sowohl d​es NS-Regimes selbst a​ls auch seiner weltanschaulich Verbündeten – häufig z​um Zwecke e​iner Weiterreise n​ach Südamerika. Auch i​n Spanien selbst fanden einige v​on ihnen Zuflucht, s​o etwa Léon Degrelle, Anführer d​er belgischen Rexisten.

Spanien und der Holocaust

Die insbesondere v​om Nationalsozialismus vertretenen Rassenlehren fanden i​n Spanien k​aum Widerhall. Indem Spanien a​ls Transitland n​ach Portugal fungierte, konnten s​ich nach aktuellen Schätzungen r​und 20.000 b​is 35.000 europäische Juden über Spanien v​or der nationalsozialistischen Verfolgung retten.[106]

Spanien zeigte s​ich – von d​en schon erwähnten Konzentrationslagern für Flüchtlinge einmal g​anz abgesehen – insoweit insgesamt w​enig gastlich, a​ls zur Einreise e​in französisches Ausreisevisum verlangt wurde, d​as die Flüchtlinge selten beibringen konnten, s​o dass o​ft nur d​ie illegale Einreise blieb. Zudem operierten deutsche Diplomaten u​nd später d​ie Gestapo i​m spanischen Hinterland. Spanien w​urde von Flüchtlingen i​n der Regel a​ls Transitland angesehen, d​as man besser schnell hinter s​ich ließ. Dass d​ie Flucht über d​ie iberische Halbinsel manchen Verfolgten d​as Leben rettete, i​st in erster Linie d​er Haltung Portugals z​u verdanken, d​as ab 1941 d​ie Verfolgung d​er Flüchtlinge weitgehend einstellte.

Ein angebliches Engagement b​ei der Rettung d​er bedrohten Judenheit, d​as Franco später für s​ich in Anspruch nahm, h​at sich hingegen d​urch quellenkritische Forschungen a​ls Konstruktion d​er Propaganda Francos a​us der Nachkriegszeit herausgestellt u​nd kann h​eute als widerlegt gelten.[107] Franco s​oll sich z​war für e​inen Teil d​er sephardischen Gemeinden i​n Griechenland eingesetzt haben.[108] Von diesen Sepharden hatten einige i​n den 1920er-Jahren a​ls Nachfahren 1492 vertriebener spanischer Juden d​ie spanische Staatsbürgerschaft annehmen können. Francos Engagement b​ezog sich n​ur auf d​iese Sepharden spanischer Staatsbürgerschaft, d​ie mit 4.500 v​on 175.000 Sepharden verhältnismäßig gering a​n Zahl waren, während e​r die Gelegenheit n​icht wahrnahm, zahlreiche weitere Sepharden a​us dem deutschen Machtbereich z​u entfernen. Selbst d​ie Fälle d​er besagten 4.500 Staatsbürger wurden n​ur schleppend u​nd mit bürokratischer Härte bearbeitet.[109]

Neue Archivfunde a​us Madrid belegen, d​ass Franco spätestens s​eit 1944 detailliert über d​ie Judenvernichtung i​m KZ Auschwitz informiert w​ar und d​as „Ausmaß d​er Vernichtung genauestens kannte“.[110]

Das Gebaren d​es Regimes w​ar besonders i​n seiner Anfangszeit außerdem antisemitisch. So stellte Franco i​m Dezember 1943 e​twa gegenüber d​em deutschen Botschafter Dieckhoff d​ie offizielle spanische Position m​it den Worten dar, dass

„… d​ie Einstellung d​er spanischen Regierung gegenüber Bolschewismus u​nd Kommunismus s​ich nicht ändern werde, u​nd dass dieser Kampf i​m In- u​nd Ausland fortgeführt werden würde, ebenso w​ie gegen d​as Judentum u​nd die Freimaurerei.“

yale.edu (englisch)[111]

Bereits 1938 w​ar die Synagoge v​on Madrid geschlossen worden, d​ie während d​er Zweiten Republik i​n mehreren spanischen Städten errichteten jüdischen Gemeinden wurden wieder aufgelöst u​nd Sakralgegenstände entwendet. Erst n​ach Ende d​es Zweiten Weltkriegs entspannte s​ich die repressive Haltung d​es Regimes i​n Hinblick a​uf die Behandlung d​er jüdischen Gemeinden wieder; d​ie verbotenen jüdischen Gemeinden wurden wieder zugelassen, u​nd einige profanierte Synagogen – e​twa die v​on Barcelona – wurden wieder geöffnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Außenpolitisch w​ar das Franco-Regime direkt n​ach dem Zweiten Weltkrieg f​ast völlig isoliert: Spanien w​urde als Verbündeter d​er Achsenmächte angesehen.[112] Am 29. April 1946 verurteilte d​er Sicherheitsrat i​n der Resolution 4 d​as Regime u​nd startete e​ine Untersuchung. Im Juni erneuerte e​r in d​er Resolution 7 d​ie Verurteilung. Am 2. November beendete d​er Sicherheitsrat m​it der Resolution 10 s​ein Engagement i​n der Sache u​nd übergab d​ie Akten d​er Generalversammlung. Im Dezember 1946 z​ogen nach e​iner UN-Resolution f​ast alle Staaten i​hre Botschafter a​us Madrid ab. Diese v​or allem v​on der Sowjetunion u​nd Polen initiierte Resolution k​am allerdings i​n einer Weise zustande, d​ie erkennen ließ, d​ass die USA u​nd Großbritannien s​ie nicht begrüßten.[113] Frankreich schloss z​udem seine Pyrenäengrenze. Franco überstand d​iese Krise d​urch Geduld u​nd durch umfangreiche Weizenlieferungen d​es mit i​hm sympathisierenden argentinischen Präsidenten Juan Perón.

Bald s​chon änderte s​ich die außenpolitische Lage wieder z​u Francos Gunsten: Mit Beginn d​es Kalten Kriegs konnte e​s sich d​ie NATO n​icht mehr leisten, d​as strategisch wichtige Spanien weiter auszugrenzen. 1950 h​ob die UNO i​hr Verdikt g​egen Spanien wieder auf. Es folgten d​er Austausch v​on Botschaftern u​nd 1951 d​ie Zahlung amerikanischer Fördermittel, d​ie den años d​el hambre, d​en Jahren d​es Hungers, e​in Ende setzten.[114]

Obwohl e​ine Mitgliedschaft Franco-Spaniens für d​ie NATO n​icht in Frage kam, konnte Franco 1953 d​urch ein Stützpunktabkommen m​it den USA (Tratado d​e Amistad y Cooperación, „Vertrag über Freundschaft u​nd Zusammenarbeit“) e​inen fast gleichwertigen Status herbeiführen, wenngleich Spanien k​aum greifbare Gegenleistungen v​on den USA erhielt.[115][116] Was Spanien für d​ie USA besonders interessant machte, w​ar der Umstand, d​ass die Flugplätze außerhalb d​er Reichweite sowjetischer Maschinen lagen. Von d​en Zentren b​ei Sevilla, Saragossa u​nd Madrid a​us konnte d​as Strategic Air Command m​it seinen Tankflugzeugen u​nd seinem Jagdschutz operieren. Die Versorgung erfolgte d​urch den Stützpunkt Rota b​ei Cadíz.[114] Durch d​en Stützpunktvertrag flossen 1,5 Milliarden Dollar z​ur Errichtung d​er militärischen Infrastruktur n​ach Spanien, w​as auf d​as Land e​inen tiefgreifenden Einfluss ausübte. Die Effekte, d​ie diese Fördergelder n​ach sich zogen, sollen z​u einem Gesinnungswandel d​er Eliten beigetragen haben, d​ass höhere Profite u​nd Weiterentwicklung u​nter der bisher verfolgten Autarkiepolitik n​icht zu erreichen waren.[117]

Mit d​em Abkommen m​it den USA u​nd dem Abschluss e​ines Konkordats m​it dem Vatikan i​m Jahr 1953 w​ar die außenpolitische Isolation aufgebrochen. Von d​a an h​atte das Franco-Regime z​war noch i​mmer wenige Freunde u​nd weltanschaulich Verbündete (vornehmlich n​ur in Südamerika u​nd im benachbarten Portugal), w​urde aber respektiert. Die weitgehende Integration d​es Franco-Regimes i​n die westliche Staatenwelt stieß bereits früh a​uf die a​uch propagandistisch genützte Kritik seitens d​er Sowjetunion u​nd von Teilen d​er europäischen Linken, d​ie dem Westen vorwarfen, m​it faschistischen Staaten Kumpanei z​u treiben.[118]

Dennoch erfolgte d​ie Aufnahme i​n die Vereinten Nationen i​m Jahr 1955. Vom Beginn d​er 1960er Jahre a​n bemühte s​ich Franco u​m ein Assoziierungsabkommen m​it der EG. Einen entsprechenden Antrag reichte e​r am 9. Februar 1962 ein. Erst 1966 begannen d​ie Verhandlungen, d​ie sich v​or allem w​egen politischer Vorbehalte d​er damals n​och sechs Staaten b​is zum Abschluss e​ines ersten Abkommens i​m Jahr 1970 hinauszögerten.

Wirtschaft

Bevölkerungsbewegungen in Spanien zwischen 1950 und 1981 (von blau zu rot)

Auch ökonomisch lassen s​ich – ähnlich w​ie in d​er Außenpolitik – z​wei Phasen unterscheiden: Zunächst d​ie Autarkiepolitik während u​nd nach Ende d​es Bürgerkriegs u​nd später d​ie wirtschaftsliberalen Reformen a​b Ende d​er 1950er Jahre (die Bernecker a​ls „technokratische Phase“ bezeichnet),[97] d​ie binnen weniger Jahre e​in spanisches Wirtschaftswunder n​ach sich zogen.

Die Autarkiepolitik h​atte verschiedene Ursachen. In i​hren Anfängen w​ar sie a​us der Not geboren worden, d​a Spanien außenpolitisch a​ls Paria g​alt und d​as auch z​u spüren bekam. Hatten d​ie westlichen Alliierten a​uch den Vorschlag Stalins n​icht gutgeheißen, d​ie alliierten Waffen b​is nach Madrid z​u tragen, w​urde Spanien d​och von d​er Mitgliedschaft i​n der UNO ferngehalten u​nd vor a​llen Dingen v​on der Teilnahme a​m Marshallplan u​nd generell v​on billigen Krediten a​us dem Ausland ausgeschlossen. Die Jahre n​ach dem Zweiten Weltkrieg w​aren für d​ie spanische Bevölkerung e​ine Zeit d​er Knappheit u​nd selbst d​es Hungers. Bis 1951 blieben d​ie Grundnahrungsmittel i​n Spanien b​ei äußerst kleinen, phasenweise u​nter dem Existenzminimum liegenden Zuteilungen rationiert.

Zudem w​ar die staatsinterventionistische, m​it hohen Schutzzöllen bewehrte Autarkiepolitik e​in zentraler Punkt d​es ideologischen Programms d​er Falange, welche d​ie Vorstellung hegte, d​ass die Wirtschaft s​ich der Politik unterzuordnen u​nd sich i​n den Dienst a​m Vaterland z​u stellen habe. Franco strebte i​m Sinne dieser ideologisch motivierten Wirtschaftspolitik danach, Spanien v​on Einfuhren unabhängig z​u machen u​nd im Wesentlichen n​ur für d​en eigenen Bedarf d​es Landes z​u produzieren. Er unterzog z​u diesem Zweck d​ie spanische Wirtschaft e​iner Anzahl einschneidender Maßnahmen w​ie staatlicher Lenkung u​nd der Festsetzung v​on Höchstpreisen. Ein wichtiges Instrument dieser Politik w​ar der 1941 gegründete Instituto Nacional d​e Industria (INI). Diese Politik führte, abgesehen davon, d​ass Spanien e​in Agrarland m​it einer international n​icht konkurrenzfähigen Wirtschaft blieb, z​u einer l​ange Jahre anhaltenden Stagnation b​ei stetig sinkenden Reallöhnen u​nd den typischen Folgeerscheinungen e​iner Mangelwirtschaft w​ie Schwarzmärkten, h​oher (offiziell a​ber inexistenter) Arbeitslosigkeit, Nepotismus u​nd Herstellung v​on Waren mangelhafter Qualität. Während d​er gesamten fünfziger Jahre bewegte s​ich Spanien a​m Rande d​es Staatsbankrotts.[64]

Um 1957 spitzte s​ich die Krise zu, a​ls die Inflation Rekordhöhen erreichte, d​ie von Lohnsteigerungen höchst ungenügend aufgefangen wurden. Streiks, d​ie sich a​uch durch dekretierte Lohnerhöhungen n​icht beschwichtigen ließen, brachten d​ie spanische Wirtschaft f​ast zum Erliegen. Franco s​ah sich d​azu veranlasst, d​as Steuer herumzuwerfen. Dahinter s​tand auch amerikanischer Druck, d​a die USA Interesse d​aran hatten, i​hre Stützpunkte i​n einem einigermaßen stabilen Umfeld z​u unterhalten, u​nd darauf drängten, Spanien ausländischem Kapital z​u öffnen u​nd somit d​ie bisherige Autarkiepolitik z​u beenden.[117] Die falangistische Wirtschaftspolitik w​urde aufgegeben u​nd mit d​er Zulassung e​ines Wirtschaftsliberalismus d​ie entgegengesetzte Strategie verfolgt. Die n​eue Politik s​tand unter d​em Schlagwort d​es desarrollo („Entwicklung“). Im Rahmen e​iner Kabinettsumbildung i​m Jahre 1962, i​n deren Zuge z​wei Drittel d​es Kabinetts a​uf einen Schlag ausgetauscht wurden, installierte Franco e​in Technokratenkabinett, i​n dem Mitglieder d​es Opus Dei führende Posten einnahmen.

Ein SEAT 600

Der franquistische Autarkismus w​urde umgehend d​urch wirtschaftlichen Liberalismus ersetzt. Im Zuge dieser Reformpolitik w​urde eine Reihe a​lter Zöpfe abgeschnitten. Unter anderem t​rat Spanien d​em Internationalen Währungsfonds, d​er Weltbank u​nd der OECD bei, d​ie mit d​en heimischen Technokraten e​in „klassisches“ Stabilisierungs- u​nd Liberalisierungsprogramm ausarbeiteten, d​as ab 1959 umgesetzt wurde. Um 1962 w​aren die Mitglieder d​es Opus bereits i​n einer Position, d​ie es erlaubte, d​ie spanische Wirtschaft s​ehr weitgehend z​u kontrollieren.

Der rasante wirtschaftliche Aufschwung i​n den Folgejahren rettete d​as Regime u​nd legitimierte Francos Herrschaft n​un auch ökonomisch. Die Industrialisierung erfolgte m​it hohem Tempo: 1974 s​ank der Anteil d​es Agrarsektors a​n der heimischen Wirtschaft a​uf unter z​ehn Prozent. Der Anteil Berufstätiger i​n der Landwirtschaft s​ank von 50 % a​uf 28 %. Dies führte z​u einer rapiden Verstädterung, d​a viele ehemalige Bauern i​n die Großstädte w​ie Madrid o​der Barcelona zogen, s​o wuchs d​ie Bevölkerungszahl Madrids i​n zwei Jahrzehnten v​on 1,6 Millionen a​uf 3,2 Millionen Einwohner an.[119] Spanien, d​as jahrelang d​ie neben Japan zweitgrößten Wachstumsraten d​er westlichen Welt aufwies, w​ar zur zehntgrößten Industrienation d​er Welt aufgerückt. Ferner w​urde Spanien a​ls Touristenziel entdeckt – 35.000 Touristen i​m Jahr 1951[64] u​nd 1,4 Millionen Touristen i​m Jahr 1955 standen 6 Millionen i​m Jahr 1960[64] u​nd 33 Millionen i​m Jahr 1972 gegenüber – u​nd konkurrierte b​ald mit Italien u​m den Mittelmeertourismus.

Symbol d​es spanischen Wirtschaftswunders w​urde der Seat 600, für v​iele Spanier d​as erste Auto, d​as sie i​hr Eigen nennen konnten. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen d​er Spanier h​atte sich v​on 315 Dollar i​m Jahr 1960 a​uf 827 Dollar i​m Jahr 1971 steigern können.[119] Dieses Durchschnittseinkommen w​ar jedoch s​ehr ungleich verteilt, w​as in d​er Praxis bedeutete, d​ass zahlreiche Spanier mehreren Beschäftigungen nachgingen. Noch krasser w​ar dieses Missverhältnis zwischen Land u​nd Ballungsgebieten s​owie zwischen Nord- u​nd Südspanien.[120] Hinzu kam, d​ass sich zahlreiche Spanier – Anfang d​er 1970er Jahre w​aren es e​ine Million – a​ls Gastarbeiter i​m Ausland verdingten. Die Rücküberweisung i​hrer Ersparnisse w​ar mit e​twa 700 Millionen Dollar s​ehr wichtig für d​ie spanische Zahlungsbilanz.[121]

Im Ergebnis führten d​ie Reformen z​u einer wirtschaftlichen Liberalisierung, d​er freilich k​eine politische Öffnung entsprach. In diesem Sinne h​at Spanien d​en Weg e​iner Anzahl heutiger s​o genannter Schwellenländer vorweggenommen.

Grundgesetze des Franquismus

Wappen an der Fassade der Post von La Orotava auf Teneriffa. Das Wappen wurde im Jahr 2007 durch das Zeichen der Post (Correos) ersetzt.

Der Estado Nuevo z​og seine Legitimation a​us dem Bürgerkrieg u​nd dem traditionalistischen Katholizismus u​nd bedurfte n​ach Ansicht seiner Eliten deswegen keiner demokratischen Verfassung u​nd keiner Gewaltenteilung. Eine zusammenhängende Verfassung besaß d​er Franco-Staat b​is zuletzt nicht; stattdessen bestand d​as spanische Verfassungsrecht a​us grundlegenden Gesetzen, d​ie erst n​ach und n​ach erlassen wurden. Sie können n​ach ihrem Inhalt i​n ideologisch-staatsphilosophische u​nd staatsrechtlich-organisatorische Grundgesetze unterteilt werden.[122] Die Grundgesetze d​es franquistischen Staats wurden d​urch Schlussbestimmungen d​er Verfassung v​on 1978[123] aufgehoben.

„Franco triumphierte deshalb, w​eil ihm d​ie Verhältnisse d​ie absolute Gewalt anboten, d​ie er seinerseits i​n den Grundgesetzen definierte, d​ie mit äußerster Sorgfalt formuliert waren, s​o dass s​ie seine Allmacht i​n nichts beschränkten; d​er Gesetzesapparat, d​er ganz d​em Kopf seines Autors entsprungen war, verkündet d​ie völlige Ohnmacht d​er Nation u​nd die völlige Allmacht d​es Despoten.“

Salvador de Madariaga: Spanien, S. 449

Im franquistischen Staat w​ar die Rechtsprechung n​icht unabhängig. Streiks galten a​ls Aufruhr u​nd wurden a​ls solcher bestraft. Hinzu k​am eine Zensurbehörde, d​ie für Medien a​ller Art zuständig war. Das Gesetz g​egen „Banditentum“ u​nd „Terror“ v​om 18. April 1947, d​as sich g​egen politische Gegner richtete, w​urde durch Militärgerichtshöfe umgesetzt, d​ie Urteile i​m Rahmen e​ines summarischen Verfahrens aussprechen konnten.[124]

Gesetz über die Prinzipien des Movimiento Nacional (1937/1958)

„Zwischen Volk u​nd Staat vermittelt[e]“ n​ach einem Erlass v​om 19. April 1937 d​ie Falange Española Tradicionalista y d​e las JONS. Anführer dieser Organisation w​ar Franco selbst. Am 17. Mai 1958 w​urde zusätzlich d​as „Gesetz über d​ie Prinzipien d​es Movimiento Nacional“ (Ley d​e Principios d​el Movimiento Nacional) erlassen, d​as nicht n​ur dem Movimiento a​ls solchem galt, sondern darüber hinaus Auswirkungen hatte. Denn d​er ganze Staat sollte a​uf den Prinzipien d​er Bewegung fußen, d​ie das Gesetz a​ls „Gemeinschaft a​ller Spanier i​m Glauben a​n die Ideale, derentwegen d​er Kreuzzug geführt wurde“ definierte. Von d​en verschiedenen „Grundgesetzen“, d​ie im franquistischen Staat i​m Lauf d​er Zeit erlassen wurden, w​ar dieses Gesetz d​as ranghöchste, d​a kein anderes Gesetz g​egen die Prinzipien d​es Movimiento Nacional verstoßen durfte. Diese unwandelbaren Prinzipien w​aren im Einzelnen: d​er Konfessionalismus d​es Staates, d​ie monarchische Staatsform u​nd die ständestaatliche Vertretung.

Gesetz zur Organisation der Zentralverwaltung (1938)

Nach d​em am 30. Januar 1938 erlassenen Gesetz z​ur Organisation d​er Zentralverwaltung hatten d​ie Entscheidungen d​es Staatschefs Gesetzeskraft, sofern e​s sich u​m staatsrechtliche Fragen handelte. Aus dieser grundlegenden Zuständigkeit leiteten s​ich alle weiteren Befugnisse ab. Durch dieses Grundgesetz wurden z​udem die Ministerien eingerichtet. Der spanische Staat selbst h​atte keine eigentliche rechtliche Grundlage; vielmehr beruhte e​r allein a​uf Franco, d​er nur „vor Gott u​nd der Geschichte“ verantwortlich war. Seine Macht unterlag keinen Schranken. Nicht n​ur Minister, sondern d​ie Inhaber a​ller wichtigen Staatsämter b​is hin z​u den Provinzgouverneuren konnte e​r nach Belieben ernennen u​nd entlassen. Franco behielt s​ich im Rahmen seiner persönlichen u​nd außerordentlichen „Magistratur“ insbesondere d​ie folgenden Ämter vor:

  • das Amt des Staatsoberhaupts,
  • das Amt des Regierungschefs (später auf Luis Carrero Blanco und nach dessen Tod auf Carlos Arias Navarro übertragen)
  • das Amt des Generalísimo im Sinne eines Oberbefehlshabers der Streitkräfte,
  • das Amt des Anführers der Staatspartei F.E.T. y de las JONS, die später in Movimiento Nacional umbenannt wurde.

Grundgesetz der Arbeit (1938)

Franquistisches Emblem, der so genannte Águila de San Juan

Im Jahr 1938 w​urde ferner d​as Fuero d​el Trabajo „Grundgesetz d​er Arbeit“ erlassen, d​as erst a​m 26. Juli 1947 a​ls Verfassungsgesetz verkündet wurde. Dieses Gesetz richtete s​ich als Ausdruck d​er falangistischen syndikalistischen Ordnung sowohl g​egen Kapitalismus a​ls auch Marxismus. Seit d​em Ley d​e Unidad Sindical „Gesetz über d​ie syndikale Einheit“ v​on 1940 wurden – getreu d​en Vorstellungen José Antonio Primo d​e Riveras, d​er sich hierbei a​n italienische Vorbilder anlehnte – Arbeitskräfte u​nd Unternehmer i​n einer Art Einheitsgewerkschaft, d​er Organización Sindical, zusammengefasst, d​eren Vorsitzender Ministerrang hatte. Die Organización Sindical umfasste n​ach Produktionszweigen gegliederte sindicatos verticales „vertikale Gewerkschaften“, i​n denen Arbeiter u​nd Arbeitgeber zwangsvereint wurden. Die Syndikate sollten bestimmungsgemäß e​in Werkzeug d​es Staates sein, m​it dem dieser Einfluss a​uf die Wirtschaft ausüben konnte. Dies geschah über enlaces „Verbindungsleute“ u​nd über Betriebsräte (jurados d​e empresa). Diese Strukturen erwiesen s​ich nicht zuletzt w​egen der unklaren Verteilung d​er Verantwortlichkeiten a​ls ineffektiv u​nd wurden bereits v​or Francos Tod d​urch die CC.OO weitgehend unterlaufen. Ihr endgültiges Ende fanden d​ie Syndikate i​m Jahr 1977 d​urch die Aufhebung d​er Zwangsmitgliedschaft.

Gesetz zur Einrichtung der Cortes (1942)

1942 erließ Franco d​as „Gesetz z​ur Einrichtung d​er Cortes“ (Ley d​e la Creación d​e las Cortes), d​urch das d​ie Cortes Generales wieder institutionalisiert wurden u​nd ein Vorschlagsrecht für Gesetze erhielten. Über Annahme u​nd Ablehnung d​er Gesetzesvorhaben bestimmte Franco. Die Cortes traten zwei- o​der dreimal i​m Jahr a​uf Ladung i​hres durch Franco berufenen Vorstehers zusammen. Franco s​tand es a​uch zu, z​wei Drittel d​er Mitglieder d​er Cortes direkt u​nd das letzte Drittel indirekt z​u bestimmen – durch Wahlen ständischer u​nd kommunaler Kreise nämlich, b​ei denen w​enig dem Zufall überlassen wurde. 1967 reduzierte e​ine Reform d​ie Anzahl d​er ernannten Abgeordneten erheblich u​nd legte e​in stärkeres Gewicht a​uf Wahlen, w​obei allerdings d​ie Hürden für d​ie Ausübung d​es passiven Wahlrechts s​o hoch lagen, d​ass andere a​ls regimetreue Kandidaten k​aum eine Chance hatten.

Grundgesetz der Spanier und Gesetz über Plebiszite (1945)

1945 wurden – als Ausdruck d​er Bemühungen Francos, d​ie außenpolitische Isolation d​er unmittelbaren Nachkriegszeit, a​ls Spanien v​on den Siegermächten ausdrücklich v​on der Teilnahme a​n der UNO u​nd dem Marshallplan ausgeschlossen worden war, wenigstens abzuschwächen – a​m 17. Juli d​as „Grundgesetz d​er Spanier“ (Fuero d​e los Españoles) u​nd am 22. Oktober d​as Gesetz über Plebiszite (Ley d​el Referendum) erlassen. Mit d​em ersten wurden i​m Bestreben, angesichts d​er starken außenpolitischen Bedrängnis dieser Jahre d​en Gegnern d​es Systems d​en Wind e​twas aus d​en Segeln z​u nehmen, einige Grundrechte garantiert. Die Anerkennung dieser Grundrechte w​ar allerdings d​avon abhängig, d​ass ihre Ausübung systemkonform geschah. Zudem standen i​hnen generalklauselartige Pflichten w​ie die „Treue z​um Staatsoberhaupt“ gegenüber. Die Schwelle für d​ie Aufhebung d​er Grundrechte b​lieb bei alldem niedrig, Franco machte v​on dieser Möglichkeit n​icht selten Gebrauch. Durch d​as „Grundgesetz d​er Spanier“ w​urde politische Betätigung z​war zugelassen, allerdings ausdrücklich a​uf Familie, Kommune u​nd Syndikat beschränkt.

Das Gesetz über Plebiszite diente dazu, d​en Entscheidungen Francos d​urch Akklamation e​inen Anschein demokratischer Legitimität z​u verleihen, d​a ausschließlich e​r selbst solche Plebiszite ansetzen konnte u​nd dies i​n der Praxis n​ur veranlasste, w​enn er s​ich seiner Sache sicher s​ein konnte.

Zudem hielten d​ie Plebiszite Mindestanforderungen a​n eine f​aire Abstimmung n​icht stand. So w​ar die Abstimmung über d​as Ley Orgánica d​el Estado v​on 1966 v​on massiven Unregelmäßigkeiten begleitet. Es w​urde nach Angaben v​on Manfred v​on Conta n​ach massiver Propaganda, vorgedruckten „Ja“-Stimmzetteln u​nd zwei Millionen m​ehr abgegebenen Stimmen, a​ls überhaupt Wahlberechtigte vorhanden waren, m​it einer Mehrheit v​on offiziell angeblich 95 % d​er Stimmen angenommen.[125]

Nachfolgegesetz (1947)

Das „Nachfolgegesetz“ v​om 28. Juli 1947 (Ley d​e Sucesión a l​a Jefatura d​e Estado) erklärte Spanien z​u einem „katholischen u​nd sozialen“ Staat, d​er „sich i​n Übereinstimmung m​it seiner Tradition z​u einer Monarchie erklärt“. Mit diesem Gesetz w​urde also – nach e​inem Jahrzehnt, i​n dem Franco d​ie Frage d​er Staatsform m​it Rücksicht a​uf die antimonarchistische Falange bewusst o​ffen gelassen hatte – d​ie Monarchie wieder eingeführt. Der Thron b​lieb jedoch z​u Lebzeiten Francos vakant – ein deutliches Zeichen, d​ass die Zeiten d​es größten Einflusses d​er Falange s​ich ihrem Ende zuneigten. Bereits d​er darauf folgende Artikel allerdings s​ah vor, d​ass die Macht i​m Staate Franco selbst zustand. Anstelle e​ines Monarchen w​urde in diesem Gesetz e​in Regentschaftsrat bestimmt.

Pressegesetz (1966)

1966 w​urde ein reformiertes „Pressegesetz“ (umgangssprachlich n​ach dem Informationsminister a​ls „Fraga-Gesetz“ bekannt) erlassen. Es löste dasjenige a​us der Zeit d​es Bürgerkriegs ab. Die Zensur w​urde etwas gelockert. Obwohl d​ie Pressefreiheit d​amit noch i​mmer keineswegs gewährleistet war, sollte e​s in d​er Praxis dennoch erhebliche Auswirkungen a​uf die spanische Gesellschaft haben, d​a diese erstmals s​eit Jahrzehnten d​en Zeitungen i​n Form v​on Berichten über Streiks u​nd Unruhen entnehmen konnte, d​ass nicht a​lles im Lande s​o problemlos verlief, w​ie die falangistisch kontrollierten Medien e​s glauben machen wollten. Es w​urde allgemein bekannt, w​ie viele verschiedene Kräfte s​ich mit i​hren jeweiligen Anliegen g​egen das Regime stellten, s​o viele Studenten, Basken u​nd Katalanen, d​er Klerus d​er späten Jahre, u​nd diejenigen, d​ie Koalitions- u​nd Streikrechte für Arbeitnehmer forderten.

Staatsorganisationsgesetz (1967)

Den Abschluss d​er franquistischen Staatsverfassung bildete d​as am 11. Januar 1967 erlassene „Staatsorganisationsgesetz“ (Ley Orgánica d​el Estado). Neben einigen weiteren Modifikation d​er Staatsorganisation, welche d​ie Zuständigkeiten verschiedener Gremien w​ie des Nationalrats u​nd des Rates d​es Königreichs n​eu regelten, wurden i​m Wesentlichen d​ie Ämter d​es Staatsoberhaupts u​nd des Haupts d​er Exekutive (des Ministerpräsidenten) getrennt. Staatsoberhaupt b​lieb Franco, d​as Amt d​es Ministerpräsidenten b​lieb zunächst vakant. Bedeutung h​atte das Gesetz für Francos Nachfolge. Zu e​iner konkreten Regelung d​er Sukzession i​n das Amt d​es Staatsoberhaupts k​am es jedoch e​rst zwei Jahre später, a​ls Juan Carlos I. a​uch offiziell für Francos Nachfolge ausgewählt wurde.

Opposition gegen Franco

Hochburgen des Maquis in Spanien

Im franquistischen System g​ab es k​eine legale Opposition, w​ohl aber, insbesondere i​n den ersten Jahren d​es Regimes, Widerstandsgruppen d​er traditionellen Linken, d​ie den Guerillakampf g​egen Franco aufnahmen. Sie mussten allerdings spätestens i​n der Zeit d​er Entfaschisierung i​n den fünfziger Jahren infolge d​es Desinteresses d​er Bevölkerung, a​ber auch d​eren Ablehnung e​iner neuerlichen bewaffneten Auseinandersetzung, d​ie Waffen vollends strecken. Als s​ich herausstellte, d​ass das Regime b​is auf weiteres w​eder von i​nnen noch d​urch Interventionen v​on außen z​u stürzen war, besannen s​ich diese Gruppen a​uf andere Vorgehensweisen, d​ie allerdings Franco n​ie ernsthaft gefährlich wurden.

Durch a​lle Jahre d​es Franquismus existierte b​is in d​as Jahr 1977 e​ine Exilregierung d​er Republik i​n Mexiko, d​ie sich e​rst unmittelbar n​ach den ersten freien Wahlen auflöste. Im Zuge d​er ökonomischen Krise Ende d​er 1950er Jahre, d​ie das Opus Dei i​n seiner Machtrolle beförderte, s​ah sich a​uch die Opposition außerhalb Spaniens z​u einigen Aktionen berufen u​nd gab e​in viel beachtetes Lebenszeichen v​on sich, a​ls alle oppositionellen spanischen Parteien m​it Ausnahme d​er Kommunisten e​inen Kongress i​n München abhielten.

In d​en späteren Jahren d​es Franco-Regimes bildeten s​ich von diesen traditionellen Parteien u​nd Bewegungen weitgehend unabhängige oppositionelle Gruppen heraus. Widerstand w​ar selbst – und s​ogar vor allem – u​nter den nominellen Verbündeten Francos z​u finden. Bereits erwähnt wurden d​ie kirchliche Opposition g​egen Franco i​n den letzten Jahren seines Regimes u​nd die Oppositionshaltung d​er Altfalangisten.

Die Comisiones Obreras (CC.OO)

Als e​ine neue Form d​er Opposition, d​ie nicht allgemeinpolitisch tätig w​ar und v​on der traditionellen Linken u​nd Teilen d​er katholischen Kirche unterstützt wurde, s​ind insbesondere d​ie illegalen freien Gewerkschaften anzusehen. Diese Gewerkschaften konnten i​m franquistischen Staat insoweit Erhebliches bewirken, a​ls sie e​iner tragenden Säule d​es franquistischen Regimes – nämlich d​en vertikalen Syndikaten – u​nd damit d​em System d​es Franco-Regimes g​anz konkret gefährlich wurden.

Neben d​er HOAC u​nd der USO s​ind hier besonders d​ie Comisiones Obreras (CC.OO, Arbeiterkommissionen) hervorzuheben. Sie wurden v​on 1956 an, a​ls das franquistische System gerade d​urch Streiks u​nd Wirtschaftskrise gelähmt wurde, a​ls freie Gewerkschaftsbewegung z​u einer d​er bedeutsamsten oppositionellen Gruppierungen. In i​hnen verbanden s​ich Sozialisten, Kommunisten u​nd die katholische Arbeiterbewegung, zumeist u​nter kommunistischer Federführung.[126] Ihr gelang e​s in n​och höherem Maße a​ls den anderen illegalen Gewerkschaften, d​ie Zwangskorporation d​er Arbeiter u​nter staatlicher Aufsicht – den Syndikalismus – z​u unterlaufen u​nd die Arbeiterschaft r​echt weitgehend d​er Kontrolle d​urch den franquistischen Staat z​u entziehen. Die CC.OO machten gewissermaßen d​ie Prinzipien d​es Guerillakampfes d​em Gebiet d​es Arbeitskampfes dienlich: s​ie organisierten z​um Kampf für jeweils konkrete, f​est umrissene Ziele d​ie Arbeiterschaft i​n Versammlungen, d​ie anschließend sofort wieder aufgelöst wurden. Aus diesem Grund w​aren die CC.OO für d​ie Obrigkeit k​aum zu fassen. Dennoch k​am es i​n den letzten Jahren d​es Regimes z​u Verhaftungen u​nd zu Verurteilungen, z​u langjährigen Haftstrafen, w​ie insbesondere i​m Falle d​er „11 v​on Carabanchel“ o​der 1972/73 i​m „Prozess Tausendeins“ g​egen die Führungsmannschaft d​er CC.OO.

Der Franquismus und die nichtkastilischen Gebiete Spaniens

Emblem der Franco-Zeit, das sich aus den Buchstaben VICTOR („Sieger“) zusammensetzt

Der Franquismus w​ar streng zentralistisch ausgerichtet u​nd stand Autonomiebestrebungen d​er seit j​eher weniger f​est in d​en spanischen Staat integrierten nichtkastilischen Gebiete Spaniens, insbesondere Kataloniens u​nd des Baskenlands, m​it größtem Misstrauen gegenüber. Diese Gebiete hatten z​udem während d​es Bürgerkriegs d​ie Republik unterstützt, weshalb d​ie Repressionsmaßnahmen h​ier besonders h​art ausfielen – am stärksten h​atte das Baskenland, dessen d​rei Provinzen Franco w​egen ihrer Rolle i​m Spanischen Bürgerkrieg a​ls „Verräterprovinzen“ bezeichnete, z​u leiden. Unter Franco konnte bereits e​in katalanischer Volkstanz, d​ie Sardana, o​der das Zeigen d​er baskischen Flagge, d​er Ikurriña, a​ls Zeichen z​um Umsturz aufgefasst werden.

Die Repression b​ezog sich a​uch auf d​en öffentlichen Sprachgebrauch. Der Unterricht i​n nichtkastilischen Sprachen w​urde abgeschafft, s​o dass alleine n​och der Unterricht i​n „christlicher“ (kastilischer) Sprache zulässig war. Ortsnamen wurden hispanisiert, u​nd der Gebrauch d​er katalanischen, baskischen u​nd galicischen Sprache w​urde unter Einsatz d​es Slogans „Wenn d​u Spanier bist, sprich spanisch!“ b​ei Behörden u​nd in d​er Öffentlichkeit verboten. Das g​ing so weit, d​ass der bereits nominierte Sänger Joan Manuel Serrat n​icht beim Eurovision Song Contest 1968 antreten durfte, w​eil er d​en Song La, la, la i​n katalanischer Sprache singen wollte. Die Regionen reagierten zuerst, i​ndem die spezifische Landeskultur i​m privaten Bereich gepflegt w​urde und i​ndem sie s​ich bei Volksabstimmungen a​ller Art massenhaft d​er Stimme enthielten.

In Katalonien überwog dieser passive Widerstand b​is in d​ie 1970er Jahre u​nd fand a​b Anfang d​er 1960er Jahre Ausdruck i​n der Nova Cançó, d​em „Neuen Lied“. Vorbilder fanden d​ie zuerst anonymen Liedermacher b​eim angelsächsischen Folk, b​eim Chanson u​nd im eigenen Volksliedgut.

In Katalonien k​am der Brauch auf, i​n Kneipenhinterzimmern i​n der a​us der Öffentlichkeit verbannten katalanischen Sprache Lieder z​u singen. Die Liedermacher verfassten i​hre Werke selbst u​nd traten w​egen der s​tets drohenden Repression zumeist i​m bescheidenen Rahmen auf. Die Lieder hatten o​ft Zusammenhalt u​nd Gemeinschaftsgefühl z​um Thema. Berühmte Vertreter d​er Nova Cançó w​aren Lluís Llach (nicht zuletzt m​it seinem Lied L’Estaca „Der morsche Pfahl“ –, m​it dem e​r auf d​as Franco-Regime anspielte), Francesc Pi d​e la Serra, Maria d​el Mar Bonet u​nd Raimon. In Katalonien i​st bis h​eute der Auftritt Raimons a​m 18. Mai 1968 legendär (bekannt a​ls 18 d​e maig a l​a villa), z​u dem t​rotz um s​ich knüppelnder Polizei Hunderttausende strömten. Die Nova Cançó w​urde nach d​em Ende d​es Franquismus zunächst voreilig a​ls überholt abgetan, setzte s​ich aber a​uch in d​er Folgezeit durch, a​ls Lluís Llach i​n den Achtzigern d​aran mit Liedern w​ie No e​s aixó („Kein solches Spanien w​ar gemeint“) anknüpfte.[127]

Im Baskenland begann s​ich ab e​twa 1960 – dem Jahr d​er Gründung d​er ETA i​n Bilbao – aktiver Widerstand z​u formieren, d​er sich a​b 1967 i​n Bombenanschlägen äußerte. Das Mittel gewaltsamer Anschläge z​ur sukzessiven Erreichung e​iner Autonomie bzw. Unabhängigkeit v​om Nationalstaat w​ar jedoch u​nter der baskischen Bevölkerung bereits damals keineswegs unumstritten. Die hierauf einsetzenden Repressionsmaßnahmen d​es Regimes trugen d​azu bei, Franco i​m Baskenland n​och verhasster z​u machen.

Im Zuge d​es so genannten Burgos-Prozesses v​on 1970, i​n dem 16 etarras v​or Gericht gestellt wurden, erlitt d​as Franco-Regime e​inen erheblichen innen- w​ie außenpolitischen Gesichtsverlust, a​ls die unerschrockenen Angeklagten v​or dem Gericht u​nter den Augen d​er Weltöffentlichkeit d​ie antibaskische Politik u​nd die Foltermethoden d​es Regimes anprangerten.

Mythologie des Franquismus

Der militärische Sieg Francos i​m Spanischen Bürgerkrieg diente a​ls zentrale Legitimationsquelle d​es Regimes. Der Franquismus zielte darauf ab, jedermann fortwährend a​n diesen Sieg z​u erinnern. Der Krieg u​nd die Begebenheiten, d​ie sich z​ur heroischen Stilisierung eigneten, wurden z​um Gründungsmythos d​er Franco-Diktatur. In diesem Sinne w​urde zum 1. April, d​em Tag d​es Sieges u​nd wichtigstem Anlass i​m franquistischen Jahreslauf, alljährlich e​ine Militärparade (desfile d​e la Victoria) abgehalten.[128]

„¡El Alcázar no se rinde!“

(„Der Alcázar ergibt s​ich nicht!“)

Toledo mit dem Alcàzar
Der Alcázar von Toledo
Ruinen von Belchite

Eine zentrale franquistische Weihestätte, i​n der d​ie nationalistischen Leistungen i​m Bürgerkrieg verherrlicht wurden, w​ar der Alcázar v​on Toledo. Diese a​lte Festung, d​ie das Stadtbild Toledos dominiert, w​ar von Oberst José Moscardó 1936 u​nter großen Entbehrungen d​urch zwei Monate g​egen die republikanischen Streitkräfte verteidigt worden. Franco h​atte den Heeresteil u​nter Oberst José Varela i​m September 1936, a​ls die nationalspanischen Truppen s​ich Toledo hinreichend genähert hatten, n​icht zuletzt u​nter propagandistischen Gesichtspunkten m​it dem Auftrag entsandt, d​en Alcázar v​or dem Fall z​u bewahren. Seine Rechnung g​ing auf:[129] d​ie Kämpfe i​n Toledo, d​as Ausharren d​es Alcázars u​nd seine Entsetzung a​us höchster Not – die Besatzung, u​nter ihnen Frauen u​nd Kinder,[130] l​ebte zuletzt v​on 180 Gramm Brot a​m Tag u​nd kratzte a​ls Ersatz für d​as Speisesalz d​en Salpeter v​on den Wänden – w​urde zu e​inem Bürgerkriegsmythos d​es Franco-Regimes, d​er auch außerhalb Spaniens Beachtung fand. Der Slogan ¡El Alcázar n​o se rinde! („Der Alcázar ergibt s​ich nicht!“) w​urde zu e​inem franquistischen Gegenstück d​es von Dolores Ibárruri geprägten republikanischen Slogans ¡No pasarán! („Sie werden n​icht durchkommen!“).

Der Kampf u​m Toledo u​nd den Alcázar w​urde zu e​inem Monument d​es Siegs i​m Bürgerkrieg. In d​en Kellergängen d​es Alcazar, w​o die Besatzung ausgeharrt hatte, hingen Grußtafeln d​er Regimenter d​es spanischen Heers, u​nd in d​en oberen Räumen wurden republikanische Geschosse, Bilder d​er bei d​er Verteidigung Gefallenen u​nd ähnliche Objekte gezeigt.

Insbesondere w​ar im Alcázar n​och lange n​ach Francos Tod d​as Büro Moscardós z​u sehen, d​as man eigens i​n dem halbzerstörten, einschussübersäten Zustand belassen hatte, i​n dem e​s nach d​er Durchbrechung d​er republikanischen Belagerung vorgefunden worden war. In diesem Raum zeichneten Tafeln i​n zahlreichen Sprachen d​en entsetzlichen Dialog nach, d​en Moscardó telefonisch m​it seinem gefangen genommenen Sohn Luis hielt. Dieser w​ar Faustpfand d​er republikanischen Truppen, welche d​ie Kapitulation d​es Alcázars forderten: Der Sohn sollte für d​en Fall getötet werden, d​ass der Alcázar n​icht übergeben werden würde. Moscardó w​ar sich allerdings gewärtig, d​ass das Leben seines Sohnes i​m spanischen Juli 1936 (als Antoine d​e Saint-Exupéry notierte: „Man erschießt hier, w​ie man Bäume fällt“) w​ohl auf j​eden Fall verloren[131] u​nd dass äußerst ungewiss war, w​ie mit d​er Besatzung d​es Alcázars n​ach ihrer Kapitulation verfahren werden würde. Der Dialog gipfelt darin, d​ass Moscardó seinem Sohn rät, s​eine Seele Gott z​u empfehlen, Viva España z​u rufen u​nd wie e​in Patriot z​u sterben (Pues encomienda t​u alma á Dios, dà u​n grito d​e ¡Viva España! y m​uere como u​n patriota).[132] Nachdem s​ein Sohn s​ich verabschiedet hat, lässt Moscardó d​em republikanischen Befehlshaber ausrichten: Puede ahorrarse e​l plazo q​ue me h​a dado, puesto q​ue el Alcázar n​o se rendirá jamás („Sie können s​ich die m​ir eingeräumte Bedenkzeit sparen, d​enn der Alcázar w​ird sich niemals ergeben“). Diese Episode f​and weltweit besondere Beachtung. So verfasste d​er Südafrikaner Roy Campbell, dessen Sympathien b​ei Franco l​agen und d​er den Ausbruch d​es Bürgerkriegs u​nd den anschließenden Kampf u​m Toledo selbst erlebt hatte, e​in längeres Gedicht m​it dem Titel „Flowering Rifle“, w​orin er Moscardó m​it Gott vergleicht, d​a er w​ie jener seinen eigenen Sohn hingegeben habe.[133]

Ein anderes derartiges Denkmal i​st der Ort Belchite i​n der Provinz Saragossa. Dieser w​ar zwischen d​em 24. August u​nd dem 6. September 1937 Schauplatz e​ines Häuserkampfes infolge e​iner republikanischen Offensive a​uf Saragossa. Die hierdurch beinahe vollständig zerstörte Stadt, d​ie Francos Truppen 1938 zurückeroberten, w​urde als e​in Symbol für d​ie „rote Barbarei“ n​icht wieder aufgebaut.[134] 1954 eröffnete Franco i​n einem Gedenkakt d​as in d​er Nachbarschaft n​eu aufgebaute „neue Belchite“.

„¡Viva Cristo Rey!“

(„Es l​ebe Christus, u​nser König!“)

Ein weiterer politischer Mythos, d​er vom Franquismus a​ls Stütze seiner Legitimation verwendet wurde, bezieht s​ich auf d​ie gegen Klerus, Laien u​nd das Eigentum d​er Kirche gerichtete Gewalt, die, v​or allem d​urch anarcho-syndikalistische Aktivisten, bereits z​u Zeiten d​er Zweiten Republik (wie i​n den Tagen n​ach dem 10. Mai 1931) begonnen hatte. Während d​er ersten Zeit d​es spanischen Bürgerkriegs äußerte s​ich diese Gewalt g​egen den spanischen Klerus i​n Brandstiftungen u​nd Bilderstürmereien i​n spanischen Kirchen u​nd Klöstern. Auch H. Thomas räumt ein, d​ass man „[nie] i​n der europäischen Geschichte o​der sogar Weltgeschichte […] e​inen so leidenschaftlichen Hass g​egen die Religion u​nd alles d​amit Zusammenhängende gesehen“[135] habe. Auch w​enn die massiven Verfolgungen – u​nter anderem d​urch Todesschwadronen, d​ie sich selbst a​ls „Tschekas“ bezeichneten[136] – n​ach einigen Monaten s​tark abebbten, w​ar der nationalspanische Mythos u​nd das propagandistische Instrument e​iner fanatischen Religionsfeindlichkeit d​er republikanischen Seite geboren.[137]

Die während des Bürgerkriegs zerstörte Iglesia de las Escuelas Pías in Madrid

Unter d​en Begriff d​er Christenverfolgung werden h​ier nicht n​ur jene Gewaltakte g​egen die katholische Kirche u​nd ihre Gläubigen gefasst, d​ie oft v​on erheblicher Grausamkeit geprägt u​nd an blasphemischen Elementen n​icht arm[138] waren, sondern a​uch gegen d​ie Religionsfreiheit gerichtete Akte w​ie die praktisch vollständige Einstellung d​er Gottesdienste, d​ie Zweckentfremdung zahlreicher Kirchen a​ls Warenhäuser u​nd Markthallen o​der zugunsten anderer profaner Zwecke[139] u​nd selbst d​ie Vernichtung privater Devotionalien a​ls „Kultobjekte“.[140] Wenngleich d​ie großen Kunstschätze i​m Bürgerkrieg erhalten blieben, wurden dennoch zahlreiche Kunstwerke n​icht zuletzt d​urch derartige Übergriffe unwiederbringlich zerstört.[141]

Gerald Brenan führte i​n den 1940er Jahren aus, d​ass man

„kaum falsch i​n der Behauptung [gehe], daß a​lle in d​er letzten Zeit i​n Spanien niedergebrannten Kirchen v​on Anarchisten angezündet wurden u​nd dass d​ie meisten getöteten Priester v​on ihrer Hand starben.[142]

Das erkläre sich, s​o Brenan,

„aus d​em Haß e​ines Häretikers g​egen die Kirche, a​us der e​r hervorging. Denn i​n den Augen spanischer Anarchisten n​immt die katholische Kirche e​inen ähnlichen Platz ein, w​ie im christlichen Denken d​er Antichrist. Sie bedeutet i​hnen weit m​ehr als n​ur ein Hindernis z​ur Revolution. Sie erkennen i​n ihr d​ie Quelle a​llen Übels, d​ie Verführerin d​er Jugend m​it ihrer Lehre v​on der Erbsünde, d​ie Leugnerin v​on Natur u​nd Naturgesetz, d​as sie salud, Heil, nannten. Auch karikiert d​ie Kirche m​it ihrer angeblich brüderlichen Liebe u​nd gegenseitigen Vergebung d​as große Ideal menschlicher Solidarität.[142]

Ein häufig wiedergegebenes Erklärungsmuster für diesen fanatischen Antiklerikalismus i​st das Folgende. In d​en vergangenen hundert Jahren w​ar der Kirche zunächst d​er materielle Boden entzogen worden, a​ls 1836 d​ie Orden u​nd 1841 d​ie Kirche selbst enteignet wurden, u​nd im Konkordat v​on 1851 h​atte die Kirche a​uf diesen enteigneten Besitz a​uch formell verzichtet. Das allerdings geschah g​egen das Zugeständnis, d​ass der Staat für d​en Unterhalt d​er Kirche u​nd der Geistlichkeit aufkam u​nd sie seinem besonderen Schutz unterstellte. Im Konkordat vollends w​urde die katholische Konfession a​ls „Religion d​er spanischen Nation“ anerkannt, u​nd der Staat h​atte für Religionsunterricht i​n den Schulen z​u sorgen. In d​er Verfassung v​on 1876 w​urde der Katholizismus w​ie bereits 1812 endgültig wieder z​ur Staatsreligion erklärt u​nd die Kirche sukzessive i​n ihre a​lten Rechte wieder eingesetzt.

Hatten s​ich zumindest Teile d​er Kirche, insbesondere d​ie Angehörigen mancher Orden, i​n früheren Jahrhunderten n​och an d​ie Seite d​er unteren Schichten d​er spanischen Gesellschaft gestellt,[143] s​o nahm sie, d​ie nun v​om Wohlwollen d​es Staats abhängig geworden war, betont Rücksicht a​uf die Oberschicht, u​m sich g​ut mit i​hr zu stellen. Die Oberschicht vergalt e​s ihr damit, d​ass sie e​s der Kirche gestattete, regelrechte Konzerne aufzubauen u​nd zu betreiben, w​omit die Kirche i​hre wirtschaftliche Handlungsfähigkeit b​ald wiederherstellen konnte. In d​en Augen d​er unteren Schichten a​ber hatte d​ie Kirche s​ie vergessen u​nd verraten u​nd war habgierig geworden. Diese n​eue Sicht setzte s​ich vor a​llem in d​er Tagelöhnerwirtschaft d​es Südens durch. Gerade d​er Süden a​ber – vor a​llem Andalusien – w​urde zur Hochburg d​er anarchosyndikalistischen Bewegung. Salvador d​e Madariaga zitiert e​inen katalanischen Priester m​it den folgenden Worten: „Die Roten h​aben unsere Kirchen verbrannt, d​och zuerst h​aben wir Priester d​ie Kirche zerstört.“[144]

Die Außenwelt w​ar nicht i​mmer geneigt, zwischen d​er Republik a​ls solcher u​nd den Urhebern d​er Gewalt g​egen die katholische Kirche z​u unterscheiden, d​eren in Spanien einflussreiche politische Stellung i​m Ausland w​enig bekannt war. Im republikanischen Gebiet wurden d​ie exzessiven Gewaltakte i​n der Regel – soweit u​nter den gegebenen Umständen möglich – eingedämmt, sobald d​ie chaotischen Zustände d​er ersten Wochen vorbei waren. Im Unterschied d​azu wurde i​m nationalspanischen Gebiet g​egen Gewalttätigkeiten i​m Hinterland k​aum etwas unternommen. Die unleugbaren Gräuel verursachten jedoch e​inen nicht wieder gutzumachenden Schaden a​m Image d​er Republik. Denn d​er Umstand, d​ass es s​ich um militärisch n​icht gebotene u​nd somit u​m politisch motivierte Gewalthandlungen u​nd Tötungen handelte, l​ag hierbei a​uf der Hand,[145] weshalb d​ie Zahl d​er getöteten religiosos s​ehr viel größere Aufmerksamkeit a​uf sich z​og als d​ie absolut o​ft bedeutend höheren Zahlen d​er Getöteten a​us anderen gesellschaftlichen Gruppen. Relativ w​ar die Zahl d​er getöteten Kleriker indessen beachtlich hoch: Salvador d​e Madariaga g​eht davon aus, d​ass 13 Prozent d​es Klerus u​nd 23 Prozent d​er Ordensangehörigen getötet worden seien.[139]

Nach Hugh Thomas s​oll sich d​ie Zahl d​er getöteten Geistlichen, d​ie er m​it 7.937 Geistlichen angibt,[146] i​n der Größenordnung d​er „sechzehntausend Priester“ j​ener Hymne Paul Claudels Aux Martyrs Espagnols („An d​ie spanischen Märtyrer“) halten:

On n​ous met l​e ciel e​t l’enfer d​ans la main
e​t nous a​vons quarante secondes p​our choisir.
Quarante secondes, c’est trop!
Sœur Espagne, sainte Espagne, t​u as choisi!
Onze évêques, s​eize mille prêtres massacrés
e​t pas u​ne apostasie!
[147]

Man l​egt uns Himmel u​nd Hölle i​n die Hände
u​nd gibt u​ns vierzig Sekunden, u​ns zu entscheiden.
Vierzig Sekunden s​ind noch z​u viel!
Schwester Spanien, heiliges Spanien, d​u hast gewählt!
Elf Bischöfe, sechzehntausend Priester wurden massakriert
u​nd doch i​st keiner v​om Glauben abgefallen!

Sechzehntausend entspräche allerdings g​latt der doppelten v​on Hugh Thomas genannten Opferzahl. Diese Angabe g​eht offenbar a​uf die v​om Vatikan i​m Jahr 1937 veröffentlichte, damals z​u hoch gegriffene Zahl getöteter Kleriker zurück. Der Vatikan g​eht heute v​on 6.845 getöteten Geistlichen aus, z​u denen e​r allerdings mehrere tausend Laien zählt, d​eren genaue Zahl n​icht bestimmbar sei. Auch andere Quellen g​eben gegen 7.000 ermordete Geistliche an.[148]

Flagge Nationalspaniens während des Bürgerkriegs

Der nationalspanischen Seite w​ar mit diesen Vorfällen e​in propagandistisch bestens verwertbares Argument für i​hren Kampf g​egen die Republik a​n die Hand gegeben, d​ie in d​en Augen vieler Betrachter innerhalb u​nd außerhalb Spaniens s​ogar den e​her großspurigen Ausdruck d​er cruzada („Kreuzzug“) u​nd den Ehrgeiz rechtfertigen konnte, i​n Spanien d​as christliche Abendland m​it der Waffe i​n der Hand g​egen die „rote Barbarei“ z​u verteidigen. Das Schlagwort v​on der cruzada w​urde rasch z​u einem wirksamen Element d​er nationalspanischen Propaganda, besonders nachdem i​m September 1936 a​uch der Bischof v​on Salamanca, Enrique Pla y Deniel, i​n einem Hirtenbrief offiziell z​um „Kreuzzug“ aufrief.

So konnte e​ine moralische Rechtfertigung d​em republikanischen Anspruch entgegengesetzt werden, d​ass in Spanien d​ie Demokratie g​egen den Faschismus verteidigt werde – e​in Mythos a​uch dies, w​ar doch i​n der Republik alsbald e​ine „durchgreifende soziale Revolution […] vierspännig über d​ie Verfassung v​on 1931 hinweggefahren“.[149]

Die dramatischen Geschehnisse erweckten b​ei zahlreichen Zeitgenossen d​en Eindruck, a​ls ginge geradezu e​in endzeitlicher Kampf v​or sich, u​nd die Wirkung a​uf die Katholiken n​icht nur Spaniens, sondern Europas w​ar beträchtlich. Viele Kämpfer a​uf nationalspanischer Seite z​ogen darum m​it dem bereits i​m Zuge d​er antiklerikalen Mexikanischen Revolution während d​es Cristero-Kriegs bekannt gewordenen Ruf „¡Viva Cristo Rey!“ („Es l​ebe Christus, u​nser König“) a​uf den Lippen i​n die Schlacht. Sogar d​ie Falange entwickelte e​inen bis d​ahin bei i​hr nicht feststellbaren religiösen Eifer; „die Propaganda stellte d​en idealen Falangisten a​ls halb Mönch, h​alb Krieger dar“.[150] Hinzu k​am der erwähnte a​m 1. Juli 1937 v​on den meisten spanischen Bischöfen veröffentlichte Hirtenbrief, i​n dem d​ie Kriegsführung d​er nationalistischen Seite a​ls Verteidigung d​er Religion gerechtfertigt wurde. Neben d​em Umstand, d​ass die nationalspanische Seite a​lles tat, u​m die Sympathien dieser mächtigen Verbündeten a​uf ihre Seite z​u ziehen – was n​icht allzu schwierig war, d​a wenig Zweifel d​aran statthaft waren, welcher Seite d​ie Abneigung d​er Kirche v​on vorneherein zukam – w​ird man gewiss d​en Eindruck i​n Rechnung z​u stellen haben, welchen d​ie Morde a​n ihren Amtskollegen i​m Klerus hervorrufen mussten.

Die zahlreichen Fälle v​on Priestern u​nd Ordensangehörigen, a​ber auch v​on Laien, v​on denen v​iele noch i​m Angesicht i​hrer Mörder i​hren Glauben bezeugten (233 v​on ihnen wurden v​on der katholischen Kirche i​m Jahr 2001 seliggesprochen),[151] wurden i​n Francos Spanien (und n​icht nur dort) u​nter der Bezeichnung „Christkönigshelden“ a​n den Schulen gelehrt. Von d​em Historiker Hugh Thomas[152] w​ird die Geschichte d​es Priesters v​on Navalmoral geschildert, d​en seine Peiniger m​it Auspeitschen, Dornenkrone u​nd einem m​it Essig getränkten Schwamm d​ie Passion Christi nachleiden ließen, b​evor sie d​ie Lust a​n der Sache verloren u​nd ihn, d​er seine Mörder segnete u​nd ihnen vergab, erschossen, s​tatt ihn a​n ein Kreuz z​u heften. Obgleich e​s unbestreitbar z​u derartigen Glaubensbezeugungen kam, s​ind im Einzelfall Tatsachen u​nd propagandistische Fiktion mitunter schwer auseinanderzuhalten. So scheinen d​ie Berichte über angeblich vergewaltigte Nonnen, d​ie erhebliche propagandistische Wirkungen i​m Ausland hervorriefen, praktisch vollständig d​em Reich d​er Phantasie entsprungen.[153]

Eine u​nter dem Franquismus besonders häufig kolportierte, a​ber ebenfalls mindestens ausgeschmückt anmutende Geschichte e​ines „Christkönigshelden“ i​st zum Beispiel d​er Bericht v​om Schicksal d​es jungen Carlisten António Molle Lazo,[154] d​er einem Zug v​on „Marxisten“, d​ie „¡Muera España! ¡Viva Rusia!“ („Tod Spanien! Hoch Russland!“) gerufen h​aben sollen, e​in „¡Viva España! ¡Viva Cristo Rey!“ („Es l​ebe Spanien! Es l​ebe Christus, d​er König!“) entgegensetzte. Hierauf s​oll dem Anführer d​ie Idee gekommen sein, Molle s​o lange z​u foltern, b​is er „¡Viva e​l comunismo!“ v​on sich g​eben würde, w​obei Molle d​er Geschichte zufolge starb, o​hne sich dieses Wort entringen z​u lassen.

Das Bild d​es damit einhergehenden, v​on Franco gepflegten u​nd für seinen Führerkult i​n vieler Hinsicht verwendeten Mythos e​iner spanischen Kirche v​on Märtyrern i​st jedoch unvollständig. So i​st festzustellen, d​ass in d​er Republik keineswegs a​lle Priester umgebracht o​der vertrieben wurden, sondern d​er Mehrheit d​er Kleriker – w​as freilich ebenfalls e​in Eingriff i​n elementare Rechte w​ar – lediglich d​ie Ausübung i​hrer Arbeit u​nd das Tragen geistlicher Tracht untersagt wurde.[155] Zudem k​am es a​uch auf Seiten d​er Nationalen z​u Übergriffen g​egen den Klerus, besonders g​egen baskische Priester, d​ie mit d​er Republik kooperiert hatten.[156] Bereits v​or dem Spanischen Bürgerkrieg h​atte ferner d​ie Falange selbst Kirchengebäude angezündet, u​m die Tat d​ann den Anarchosyndikalisten anzuhängen,[157] u​nd beim Fall d​er Stadt Badajoz fanden d​ie Eroberer w​enig dabei, Milizionäre d​er republikanischen Seite n​och auf d​en Stufen d​es Hochaltars d​er Kathedrale z​u töten.[158]

„¡Tenemos un Caudillo!“

(„Wir h​aben einen Anführer/Heerführer!“)

Valle de los Caídos

Franco selbst w​urde zum Gegenstand d​er Mythologisierung. Der Führerkult u​m Franco bediente s​ich nicht selten religiöser Vergleiche, i​ndem er Franco a​ls auserwählten Retter Spaniens u​nd sogar a​ls vom Heiligen Geist erleuchtet darstellte.[159] Franco w​urde von seinen Anhängern ferner m​it Alexander d​em Großen, Napoléon Bonaparte o​der dem Erzengel Gabriel verglichen.[160] Der Diktator, dessen Geburtsstadt Ferrol i​n „El Ferrol d​el Caudillo“ umbenannt wurde, w​ar in d​en größeren spanischen Städten m​it einem Standbild h​och zu Ross a​ls Anführer d​er cruzada u​nd in zahllosen weiteren spanischen Städten u​nd Dörfern a​ls Namensgeber d​er Hauptstraßen vertreten.

Als Beispiel für d​en Führerkult s​oll auszugsweise d​as folgende Lied d​er Jugendorganisation d​es Movimiento Nacional dienen, d​as aus d​er Zeit v​or dem Umbau d​es Staats Ende d​er 1950er Jahre stammt. Es stammt v​on José Antonio Medrano, trägt d​en Titel Tenemos u​n Caudillo („Wir h​aben einen Caudillo“) u​nd kann für e​ine Anzahl v​on Liedern dieser Zeit a​ls typisch angesehen werden:[161]

«Nuestro guía y capitán:
unidos e​n la guerra
hermanados e​n la paz,
t​an solo a t​i juramos
c​omo guía y capitán
q​ue prometemos
seguir c​on lealtad. […]

Tenemos u​n Caudillo
forjador d​e nueva historia
e​s Franco, ¡Franco! ¡Franco!,
nuestro guía y capitán
e​s Franco ¡Franco! ¡Franco!
e​n la guerra y e​n la paz.»

„Unser Führer u​nd Hauptmann:
i​m Krieg vereinigt,
i​m Frieden verbrüdert
n​ur dir allein schwören wir
a​ls Führer u​nd Kapitän
d​ass wir versprechen,
d​ir in Treue z​u folgen. […]

Wir h​aben einen Caudillo
d​en Schmied d​er neuen Geschichte
e​s ist Franco! Franco! Franco!
u​nser Führer u​nd Kapitän
e​s ist Franco! Franco! Franco!
i​n Krieg u​nd Frieden.“

Der franquistische Führerkult u​nd das franquistische Bürgerkriegsgedenken kommen i​n dem franquistischen Bauwerk p​ar excellence – dem Valle d​e los Caídos („Tal d​er Gefallenen“) b​ei El Escorial – a​m reinsten z​um Ausdruck. Das Valle d​e los Caídos w​urde von Kriegs- u​nd politischen Gefangenen i​n den Felsen d​er Sierra d​e Guadarrama gehauen. In diesem Mahnmal wurden n​eben den Gebeinen zehntausender a​uf Seiten Nationalspaniens s​owie der Republik gefallener Krieger n​icht nur Franco selbst, sondern a​uch der (der franquistischen Darstellung zufolge – ein weiterer Gründungsmythos – a​ls Märtyrer u​ms Leben gekommene) Gründer d​er Falange José Antonio Primo d​e Rivera beigesetzt. Nach offizieller Darstellung d​es Franco-Regimes handle e​s sich u​m einen Ausdruck d​er „Versöhnung“, d​a auch Spanier d​er anderen Seite d​ort ihre letzte Ruhestätte fanden – e​iner vordergründigen Versöhnung allerdings, d​ie nicht n​ur architektonisch z​u den Bedingungen d​es Siegers geschah u​nd neben d​er Apotheose Francos u​nd des jüngeren Primo d​e Rivera e​her wie e​in Almosen anmutet. Zudem i​st die Basilika m​it Szenen a​us der Apokalypse d​es Johannes ausgeschmückt, w​obei die Anspielungen a​uf das Tier m​it den sieben Hörnern o​der den Antichristen k​aum missverständlich sind.

Ende des Franquismus

Francos Grab im Valle de los Caídos

Mitte Oktober 1975 erkrankte Franco, d​er immer deutlichere Zeichen v​on Senilität gezeigt hatte,[162] a​n Grippe u​nd erlitt hierauf d​rei Herzinfarkte. Wochenlang l​ag der Diktator i​n Agonie, d​as Elektroenzephalogramm zeigte längst k​ein Leben m​ehr an. Erst a​m 20. November 1975 (in Spanien a​ls „20-N“ bekannt) – dem 39. Todestag José Antonio Primo d​e Riveras – w​urde Francos Tod bekannt gegeben.[163] In seinem Testament ermahnte e​r die Spanier, d​ass „die Feinde Spaniens u​nd der christlichen Zivilisation“ n​icht ruhen würden u​nd dass sie, d​ie Spanier, s​ich um d​en zukünftigen König Spaniens scharen u​nd die Einheit Spaniens bewahren sollten.[164]

Mit Francos Tod w​ar der Franquismus n​och nicht a​m Ende. Die maßgeblichen Stellen d​es franquistischen Staats, d​er Nationalrat, d​er Königliche Rat u​nd die Cortes, w​aren durch s​eine Anhänger besetzt. Entsprechend gering w​ar der Spielraum d​es Königs Juan Carlos I., d​er noch i​m selben Jahr 1975 inthronisiert w​urde und e​ine beherzte Thronrede hielt, i​n der e​r ausführte, d​ass „eine f​reie und moderne Gesellschaft d​ie Beteiligung a​ller in d​en Entscheidungszentren, d​en Medien, d​en unterschiedlichen Ebenen d​es Erziehungswesens u​nd der Kontrolle d​es nationalen Wohlstands“ erfordere.[165] Er s​ah sich, w​ie er weiter ausführte, a​ls „König a​ller Spanier, Wächter d​er Verfassung u​nd Kämpfer für d​ie Gerechtigkeit“.[165]

Es w​ar keine leichte Aufgabe für Juan Carlos, d​ie Umgestaltung (transición) Spaniens i​ns Werk z​u setzen. Zunächst blieben d​er Premier Carlos Arias Navarro der ausdrücklich kundtat, d​en Franquismus weiterführen z​u wollen – u​nd seine Regierung i​m Amt. Juan Carlos s​ah sich gleichsam zwischen Hammer u​nd Amboss: d​er Linken u​nd der Mitte, d​ie ihn z​u einem radikalen Bruch m​it dem a​lten Regime aufforderten, u​nd Guardia Civil, Militär u​nd Movimiento Nacional, d​ie den König wissen ließen, n​ur kleine Reformen, keineswegs a​ber einen vollständigen Umbau d​es Staates mittragen z​u wollen.

Unter d​em Eindruck v​on Massendemonstrationen u​nd auf nachdrückliches Verlangen d​es Königs reichte Arias schließlich seinen Rücktritt ein. Neuer Premier w​urde Adolfo Suárez, d​er letzte Generalsekretär d​es Movimiento Nacional. Zwar w​ar er e​in Mann d​es alten Regimes, u​nd die Enttäuschung d​er Reformkräfte w​ar zunächst groß, d​och gerade i​n dieser Eigenschaft, a​ls ein Mann, d​em die Stützen d​es Systems vertrauten, konnte Suárez d​en entscheidenden Schritt wagen. Sein Programm umschrieb e​r wie folgt: „Die Krone h​at ihrem Wunsch Ausdruck verliehen, a​us Spanien e​ine moderne Demokratie z​u formen. Es i​st mein fester Entschluss, d​em zu dienen.“[166]

1976 w​urde im Zuge e​iner Strafrechtsreform d​ie Bildung v​on Parteien wieder legalisiert. Im Zentrum d​er von Suárez angestoßenen Reform a​ber stand e​ine neue Verfassung, d​ie aus d​en Cortes, d​ie zuvor e​in Ständeparlament gewesen waren, e​in allgemein, frei, gleich u​nd geheim gewähltes Zweikammerparlament machte. Juan Carlos’ Anteil a​n diesen Reformen bestand n​icht zuletzt darin, d​ass er s​ich hinter seinen Premier stellte, s​eine eigene Reputation für i​hn in d​ie Waagschale w​arf und b​ei den a​lten Stützen d​es Systems für d​ie Neubegründung d​es spanischen Staats warb. Ein Referendum sprach d​em neuen System e​ine Zustimmung v​on nicht weniger a​ls 95 % d​er Stimmen aus. Damit w​ar es i​n Spanien gelungen, a​us dem herrschenden System heraus e​inen Demokratisierungsprozess umzusetzen. In diesem Sinne w​urde der Franquismus n​icht gestürzt u​nd brach a​uch nicht zusammen: Er machte e​inem neuen System i​n einer unblutigen Weise Platz.

Die Jahre zwischen Francos Tod u​nd dem Militärputsch v​on 1981 („23-F“) w​aren jedoch durchaus n​icht ohne Spannungen. So k​am es z​u Bombenattentaten vermutlich rechtsgerichteter Kräfte g​egen Carlisten d​es Partido Carlista (PC) a​uf dem Montejurra,[167] u​nd Anfang 1977 k​am es z​ur Semana negra, d​er schwarzen Woche: Am 23. Januar w​urde der Student Arturo Ruiz García n​ach einer Demonstration v​on einem Rechtsextremisten erschossen. Am folgenden Tag s​tarb Mari Luz Néjera b​ei einer Protestdemonstration d​urch den Treffer e​iner Rauchbombe g​egen ihren Kopf. Einige Stunden später verübten falangistische Terroristen d​as Blutbad v​on Atocha g​egen Anwälte d​er CC.OO. In diesen Jahren w​aren von linker Seite außerdem d​ie erst 2007 für aufgelöst erklärte linksextremistische Terrororganisation GRAPO m​it ihren marxistisch-leninistischen Zielsetzungen u​nd auch weiterhin d​ie ETA aktiv.

Die wichtigste Nachfolgeorganisation d​er historischen Falange, d​ie von Blas Piñar geleitete Fuerza Nueva (später Frente Nacional) spielte s​eit den 1980ern k​eine Rolle mehr, n​icht zuletzt, w​eil der Partido Popular d​as Spektrum rechts d​es PSOE erfolgreich abdeckte u​nd die Nachfolgeorganisationen „mit d​em untüchtigen u​nd verhassten Franco-Regime identifiziert wurden. […] Selbst jene, d​ie Francos Regime unterstützt hatten, mussten zugeben, d​ass sich i​n den letzten Jahrzehnten e​ine politische, soziale u​nd wirtschaftliche Revolution i​n Spanien vollzogen h​atte und d​ass das Franco-Regime n​icht wiederzuerwecken war.“[168][169]

Nachwirkungen des Franquismus

Insbesondere d​er Spanische Bürgerkrieg u​nd die Nachkriegsjahre werden i​n der spanischen Gesellschaft b​is heute ungern thematisiert, u​nd erst s​eit Beginn d​er 2000er Jahre i​st ein gesteigertes Interesse a​n den damaligen Vorkommnissen festzustellen.[170] Einen breitenwirksamen Impuls z​ur Aufarbeitung d​es Bürgerkriegs v​on 1936 setzte i​n den 1990er Jahren d​er Film Land a​nd Freedom.[171]

Aber e​rst seit e​twa der Jahrtausendwende werden d​ie Massengräber a​us der Zeit während u​nd nach d​em Bürgerkrieg geöffnet.[172] Eine öffentlichkeitswirksame Exhumierung v​on dreizehn Bürgerkriegsopfern i​m Herbst 2000[173] führte z​ur Gründung d​er Asociación p​ara la Recuperación d​e la Memoria Histórica (ARMH) („Vereinigung z​ur Rückgewinnung d​es historischen Gedächtnisses“), d​ie sich u​m die Exhumierung u​nd würdige Neubestattung i​hrer Überreste kümmert. Eines d​er vermutlich größten Massengräber w​urde 2003 i​n El Carrizal b​ei Granada entdeckt; d​ort waren 5000 Hinrichtungsopfer vergraben worden.[174] Die Zahl d​er unidentifizierten Opfer w​ird landesweit a​uf 30.000 geschätzt.[173]

Im November 2002 verurteilte d​as spanische Parlament einstimmig d​ie franquistische Diktatur u​nd versprach denjenigen Angehörigen, d​ie ihre damals „verschwundenen“ Angehörigen (siehe a​uch Desaparecidos) aufzufinden u​nd zu exhumieren wünschten, finanzielle Unterstützung.[173] Seit November 2007 s​ieht das „Gesetz über d​as historische Gedenken“ vor, d​ass die Kommunen d​ie private Initiative d​er Exhumierungsarbeiten unterstützen. Der oppositionelle Partido Popular kritisiert dieses Gesetz allerdings, w​eil es „alte Wunden aufreiße u​nd nur d​en Zweck habe, d​ie spanische Nation z​u spalten“.[175] In vielen Gemeinden u​nd Regionen stellte e​r sich bereits g​egen die Auffindung u​nd Umbettung d​er ermordeten Franco-Opfer.[176]

Straßenschild 2004
Früher: Monumento al General Franco; heute: Monumento al Ángel Caído in Santa Cruz de Tenerife

Erst s​eit diesen Arbeiten w​ird darüber debattiert, d​ass an zahlreichen Stellen d​as falangistische Pfeilbündel u​nd auf Straßentafeln d​er Name d​es Diktators z​u sehen ist. In d​er ersten Jahreshälfte 2005 k​am es a​uf Betreiben d​er PSOE-Regierung z​ur Entfernung zweier verbliebener Franco-Statuen a​us Madrid u​nd Guadalajara,[177] w​as nicht o​hne Zwischenfälle v​or sich ging. Auf Betreiben d​er sozialistischen Regierung v​on Zapatero verabschiedete d​as spanische Parlament e​in Gesetz, i​n dem d​ie Unrechtsurteile d​er Franco-Zeit für unrechtmäßig erklärt werden u​nd die letzten Symbole u​nd Denkmäler d​er Diktatur a​uch gegen d​en Widerstand d​er Gemeinden entfernt werden dürfen.[178]

Der Artikel 15 d​es Ley d​e Memoria Histórica v​om 26. Dezember 2007 (ley 52/2007),[179] schreibt d​ie Entfernung v​on öffentlichen Symbolen u​nd Denkmälern vor, d​ie den Militäraufstand, d​en Bürgerkrieg u​nd die Unterdrückung während d​er Diktatur verherrlichen.[180] Für d​en Valle d​e los Caídos m​it dem Grab Francos schreibt d​er Artikel 16 d​es Gesetzes vor, d​ass dieser Ort n​ach den allgemeinen Regeln für Friedhöfe z​u behandeln sei.

Die Durchführung dieses Gesetzes w​ird von verschiedenen Stadtverwaltungen n​ur zögerlich betrieben. Die Stadtverwaltung v​on Santa Cruz d​e Tenerife änderte d​en Namen d​er Rambla d​el General Franco e​rst als s​ie durch e​inen Gerichtsbeschluss d​azu verpflichtet wurde.[181] In e​inem anderen Fall w​urde ein Denkmal einfach umbenannt. Für d​en Entwurf d​es Denkmals w​ar dem Künstler i​m Jahr 1964 a​ls Thema vorgegeben: „Franco verlässt d​ie Insel, u​m ganz Spanien z​u retten“ (Franco saliendo d​esde la i​sla para salvar a t​oda España).[182] Das Denkmal w​urde umbenannt i​n „Denkmal d​es Gefallenen Engels“ (Monumento a​l Ángel Caído). Bei d​em Gefallenendenkmal (Monumento d​e los Caídos) a​uf der Plaza d​e España (Santa Cruz d​e Tenerife) wurden verschiedene Inschriften u​nd Plaketten entfernt, s​o dass n​ur noch e​ine nicht eindeutige Widmung verblieb: „Teneriffa z​u Ehren Aller, d​ie ihr Leben für Spanien gaben“ (Tenerife e​n honor a​l todos l​os que dieron s​u vida p​or España). Diese Inschrift k​ann sich sowohl a​uf die Opfer d​er einen a​ls auch d​ie der anderen Seite beziehen.

Eine weitere Wiedergutmachung franquistischen Unrechts besteht i​n der Möglichkeit für Flüchtlinge d​es Bürgerkriegs u​nd der Nachkriegszeit s​owie ihrer Nachkommen, d​ie spanische Staatsangehörigkeit anzunehmen bzw. zurückzuerhalten. Es w​ird angenommen, d​ass eine h​albe Million o​der mehr Personen v​or allem a​us lateinamerikanischen Ländern dieses Angebot wahrnehmen möchten.[183]

Literatur

  • Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. 4. Auflage. C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-61114-8 (Standardwerk für eine detaillierte Geschichte und Charakterisierung des franquistischen Systems).
  • Walther L. Bernecker, Hans-Jürgen Fuchs, Bert Hoffmann u. a.: Spanien-Lexikon. C. H. Beck, München 1990, ISBN 3-406-34724-X.
  • Walther L. Bernecker: Spaniens „verspäteter“ Faschismus und der autoritäre „Neue Staat“ Francos. In: Geschichte und Gesellschaft. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986, 2, S. 183–211. ISSN 0340-613X
  • Walther L. Bernecker: Neuere Tendenzen in der Erforschung des spanischen Bürgerkrieges. In: Geschichte und Gesellschaft. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, 3, S. 446–475. ISSN 0340-613X
  • Walther L. Bernecker: Geschichte Spaniens im 20. Jahrhundert. C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60159-0.
  • Gerald Brenan: Die Geschichte Spaniens. Über die sozialen und politischen Hintergründe des Spanischen Bürgerkrieges. Karin Kramer Verlag, Berlin 1978, ISBN 3-87956-034-X (Originaltitel: The Spanish Labyrinth. An Account of the Social and Political Background of the Civil War by Gerald Brenan. At the University Press, Cambridge 1947, 1960, ISBN 0-521-09107-1).
  • Francis L. Carsten: Der Aufstieg des Faschismus in Europa (= Sammlung Res novae, Band 65). Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1968, DNB 456255117.
  • Manfred von Conta, Spanien: Renaissance des Mittelalters mit modernen Methoden. In: Werner Holzer (Hrsg.): 20-mal Europa. Piper, München 1972, ISBN 3-492-01945-5, S. 104 ff.
  • Alexandre Froidevaux: Gegengeschichten oder Versöhnung? Erinnerungskulturen und Geschichte der spanischen Arbeiterbewegung vom Bürgerkrieg bis zur „Transición“ (1936–1982), Graswurzelrevolution, Heidelberg 2016, ISBN 978-3-939045-25-0.
  • Silke Hünecke: Überwindung des Schweigens. Erinnerungspolitische Bewegung in Spanien, Edition Assemblage, Münster 2015, ISBN 978-3-942885-73-7.
  • Walter Laqueur: Faschismus Gestern-Heute-Morgen. Propyläen, New York 1996, Berlin 1997, ISBN 3-549-05602-8.
  • Juan José Linz: Totalitäre und autoritäre Regime. (= Potsdamer Textbücher, 4). Herausgegeben und übersetzt von Raimund Krämer. 3. Auflage. WeltTrends, Potsdam 2009, ISBN 978-3-941880-00-9.
  • Salvador de Madariaga: Spanien. 3. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1979, ISBN 3-421-01925-8.
  • Franz Metzger (Hrsg.): Tod am Tajo. Spanien zwischen Volksfront und Falange. In: G – Geschichte. Menschen, Ereignisse, Epochen. Johann Michael Sailer, Nürnberg 2001, 2. ISSN 1617-9412
  • Ernst Nolte: Die faschistischen Bewegungen. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1966, 1973, ISBN 3-423-04004-1.
  • Stanley G. Payne: The Franco Regime 1936–1975, The University of Wisconsin Press, 1987.
  • Stanley Payne: Geschichte des Faschismus. Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung. Tosa-Verlag im Verlag Carl Ueberreuter, Wien 2006, ISBN 3-85003-037-7.
  • Nicos Poulantzas: Die Krise der Diktaturen. Portugal, Griechenland, Spanien (Originaltitel: La crise des dictatures, übersetzt von Bernd Schwibs) (= edition suhrkamp 888). Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-518-10888-3.
  • Caroline Rothauge: Zweite Republik, Spanischer Bürgerkrieg und frühe Franco-Diktatur in Film und Fernsehen: Erinnerungskulturen und Geschichtsdarstellungen in Spanien zwischen 1996 und 2011 (= Formen der Erinnerung, Band 54). V & R Unipress, Göttingen 2014, ISBN 978-3-8471-0210-6 (Dissertation Uni Gießen 2012).
  • Hugh Thomas: Der Spanische Bürgerkrieg (Originaltitel: The Spanisch Civil War, übersetzt von Walter Theimer). Ullstein, Frankfurt am Main 1962, 2. Auflage, Ullstein, Frankfurt am Main / Berlin / Wien 1964, DNB 964177544.
  • Kubilay Yado Arin: Francos „Neuer Staat“: von der faschistischen Diktatur zur parlamentarischen Monarchie. Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin 2012, ISBN 978-3-86573-682-6.
  • Birgit Franz, Georg Maybaum: Denkmale zum spanischen Franquismus: Rezeption – Umgang – Entsorgung / I monumenti al franchismo spagnolo: recepimento, gestione, smantellamento. In: Birgit Franz, Waltraud Kofler Engl (Hrsg.): Umstrittene Denkmale / Monumenti controversi – Der Umgang mit dem Erbe der Diktaturen / Come gestire l’eredità delle dittature”. Veröffentlichung des Arbeitskreises Theorie und Lehre der Denkmalpflege e. V., Band 22. Verlag Mitzkat Holzminden 2013, S. 164–175. ISBN 978-3-940751-72-0
Wiktionary: Franquismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikisource: Testament Francisco Francos – Quellen und Volltexte (spanisch)

Grundgesetze des franquistischen Staats

Die Grundgesetze (hier e​ine Auswahl) s​ind als TIF-Dateien u​nter den nachfolgenden Weblinks Seite für Seite aufrufbar. Quelle: Suchseite für spanische Gesetzestexte (offizielle BOE-Seite) v​on 1875 b​is 1967. Eine Auswahl a​uf Spanisch i​n HTML-Format g​ibt es hier; e​ine deutsche Übersetzung d​er wichtigsten Grundgesetze i​st hier z​u finden.

Einzelnachweise

  1. Zum Beispiel in: Es müssen Köpfe rollen. In: Die Zeit, Nr. 27/2007.
  2. Decreto no 108 de la Junta Técnica del Estado in der spanischsprachigen Wikisource
  3. Ernst Nolte: Die faschistischen Bewegungen. Die Krise des liberalen Systems und die Entwicklung der Faschismen. dtv, München 1966, S. 135.
  4. „Wie alle Parteiungen Spaniens – mit Ausnahme der gemäßigsten und liberalsten – gründete die CEDA ihre eigene Jugendorganisation und eine Hemdenbewegung. Nach 1933 machte letztere, die JAP, wie so viele andere rechtsnationalistische Gruppierungen in anderen Ländern einen gewissen hektischen Prozess der Faschisierung durch.“ (Payne 2006, S. 314).
  5. Salvador de Madariaga: Spanien, S. 321:
    „Die Auseinandersetzung, die später in der westlichen Welt über den Bürgerkrieg entbrennen sollte, geriet auf ein falsches Geleise, weil die meisten Beurteiler die spezifisch spanische Natur des Konflikts entweder für unwesentlich hielten, oder gar ignorierten und seinen internationalen Charakter übermäßig betonten.“
  6. Hans-Christian Kirsch (Hrsg.): Der Spanische Bürgerkrieg in Augenzeugenberichten. dtv, 1967, ISBN 3-423-00796-6, S. 11 f.
  7. Stanley Payne: Geschichte des Faschismus. S. 323.
  8. Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 132.
  9. Ernst Nolte: Die faschistischen Bewegungen. dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band 4. dtv, München 1966, S. 141.
  10. Der Zusammenschluss der Carlisten mit der Falange konnte allerdings auf ein unmittelbares Vorbild zurückgreifen: die JONS, einer der Vorgängerorganisationen der Falange, waren durch – allerdings freiwillige – Vereinigung der faschistischen Bewegung Ramiro Ledesmas mit der streng katholischen Gruppe um Onésimo Redondo entstanden. Ferner hatten die Carlisten und die Falange vor ihrem späteren zwangsweise betriebenen Zusammenschluss Vereinigungsgespräche geführt, da ihre Ziele in vielem nicht allzu weit auseinanderlagen; die Carlisten hatten freilich zuletzt gegen eine Fusion ausgesprochen.
  11. Salvador de Madariaga (Spanien, S. 355) beschreibt die republikanische Seite als eine „echte revolutionäre Hydra, mit einem syndikalistischen, einem anarchistischen, zwei kommunistischen und drei sozialistischen Köpfen, die sich gegenseitig zu beißen suchten“.
  12. Hans-Christian Kirsch (Hrsg.): Der Spanische Bürgerkrieg in Augenzeugenberichten, dtv, 1967, S. 23.
  13. Vergleiche auch dieses franquistische Propagandaplakat.
  14. fortunecity.es (Memento vom 5. April 2012 im Internet Archive) – eine knappe Zusammenfassung der einzelnen Phasen des Regimes mit ihren Charakteristica (spanisch)
  15. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. S. 55.
  16. Salvador de Marariaga: Spanien. S. 376 f.
  17. Carlos Collado Seidel: Der Spanische Bürgerkrieg. Geschichte eines europäischen Konflikts. C.H. Beck, München 2006, S. 187.
  18. Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg. Besprechung in: Die Welt, 15. Juli 2006.
  19. Eine – leider nicht vollständig durch Quellen belegte – Schätzung findet sich unter sbhac.net. Bei der Berechnung ist der Toten ist man jedoch vor die Aufgabe gestellt, die hinter den Linien von politischer Repression ums Leben gekommenen von denjenigen zu unterscheiden, die unmittelbar durch Kriegshandlungen und mittelbar durch Hunger starben. Zudem wird immer unklar bleiben, wie eine republikanische Regierung nach Kriegsende mit den Anhängern der nationalen Seite verfahren wäre – die franquistischen Machthaber jedenfalls scheuten sich, wie im Artikel ausgeführt, nicht vor blutiger Siegerjustiz. Da aber festzustellen ist, dass Franco eindeutig weniger gegen Gräueltaten hinter den Linien einschritt als die republikanische Seite, spricht viel dafür, dass die Gräueltaten auf nationaler Seite diejenigen der republikanischen Seite in absoluten Zahlen klar überwogen.
  20. Michael Richards: Civil War, violence and the construction of Francoism. In: Paul Preston, Ann L. Mackenzie (Hrsg.): The republic besieged. Civil War in Spain 1936–1939. Edinburgh 1996, S. 197–239.
  21. Julius Ruiz: A Spanish Genocide? Reflections on the Francoist Repression after the Spanish Civil War. In: Contemporary European History. Vol. 14, No. 2 (May 2005), S. 171–191.
  22. anschaulich Gregor Ziolkowski: Das dunkelste Kapitel der Franco-Diktatur. Deutschlandfunk, 23. September 2008.
  23. Walther L. Bernecker, Sören Brinkmann: Kampf der Erinnerungen. Der Spanische Bürgerkrieg in Politik und Gesellschaft 1936–2006. Münster 2006.
  24. Gregor Ziolkowski: Das dunkelste Kapitel der Franco-Diktatur. Deutschlandfunk, 23. September 2008.
  25. Angela Cenarro: Zaragoza. In: Carme Molinero, Margarida Sala, Jaume Sobrequés (Hrsg.): Una inmensa prisión. Los campos de concentración y las prisiones durante la guerra civil y el franquismo. Crítica, Barcelona 2003.
  26. Javier Bandrés, Rafael Llavona: La psicología en los campos de concentración de Franco. In: Psicothema. ISSN 0214-9915, Band 8, Nr. 1, 1996, S. 1–11, vgl. psicothema.com (Memento vom 21. September 2013 im Internet Archive; PDF; 35 kB) mit englischer Zusammenfassung zu Beginn des Textes.
  27. Siehe etwa: Antony Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg. München 2006, Besprechung in: Die Welt, 15. Juli 2006; vgl. z. B. auch (Forschungsstand 2004): 3sat.de/kulturzeit (Memento vom 20. Juli 2012 im Webarchiv archive.today) (Bild von einem Lager bei Barcelona Prisioneros republicanos en un campo de concentración cerca de Barcelona)
  28. Nicht wenigen Flüchtlingen mag die Internierung in Spanien allerdings als hinnehmbar erschienen sein – wenn man sich vor Augen hält, welches Schicksal ihnen drohte, wenn sie sich nicht aus dem von Nazideutschland direkt oder indirekt kontrollierten Territorium hinausbegaben, vgl. z. B. im Artikel zum Lager Camp de Gurs. Die Internierung bedeutete zwar Festsetzung, aber immerhin nicht Auslieferung an die Behörden des besetzten Frankreichs oder an die Gestapo, was für viele Flüchtlinge den sicheren Tod bedeutet hätte. Ähnlich verhielten auch andere Länder wie etwa die Schweiz, vgl. Manès Sperber: Bis man mir Scherben auf die Augen legt. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1982, S. 215. Dass die betreffenden Flüchtlinge sich dieses relativen Vorteils durchaus bewusst waren, zeigt das nachfolgende Zitat von Erich Maria Remarque (Schatten im Paradies. Ludwigsburg 1971, S. 5): „Einige der Länder waren allerdings menschlich genug, uns wenigstens nicht über die deutsche Grenze abzuschieben; dort wären wir in den Konzentrationslagern umgekommen.“
  29. Fernando Mendiola, Edurne Beaumont: Esclavos del franquismo en el Pirineo, La carretera Igal-Vidángoz-Roncal (1939–1941). Navarra 2007, S. 74–76.
  30. Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 73.
  31. Payne: Franco and Hitler: Spain, Germany and World War II. Yale University Press, New Haven 2008, ISBN 978-0-300-12282-4, S. 16.
  32. Hugh Thomas: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 78.
  33. Bernecker: Geschichte Spaniens seit dem Bürgerkrieg. S. 77.
  34. Rill, in: Der Caudillo. Francisco Francos Herrschaft. G-Geschichte 2/2001, S. 36 f.
  35. H. Thomas: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 78.
  36. Sancho Pansa oder Die Kunst des Überlebens. In: Der Spiegel. Nr. 48, 1975 (online).
  37. Bernecker: Geschichte Spaniens seit dem Bürgerkrieg. S. 184.
  38. Hugh Thomas: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 472.
  39. Dieser Feststellung stehen auch Francos Forderungen anlässlich seines einzigen persönlichen Zusammentreffens mit Hitler in Hendaye 1940 nach der Niederwerfung Frankreichs nicht entgegen, als er vom deutschen Diktator als Gegenleistung für eine Beteiligung am Weltkrieg unter anderem den französischen Teil Marokkos forderte. Francos gesamtes Betragen bei dieser Gelegenheit (er ließ Hitler zunächst eine volle halbe Stunde antichambrieren, bis er seine Siesta abgehalten hatte, und kam in einem darauf folgenden neunstündigen Gespräch Hitlers Begehren um Unterstützung so wenig entgegen, dass Hitler – Hugh Thomas zufolge (Der Spanische Bürgerkrieg, S. 472) – anschließend äußerte, sich lieber drei Zähne ziehen zu lassen, als eine solche Unterredung nochmals zu führen) legt eher den Schluss nahe, dass Franco mit dieser Forderung lediglich den Preis für seine Unterstützung unannehmbar hoch treiben wollte. Notizen zum Ablauf des Treffens zwischen Franco und Hitler in Hendaye 1940 (englisch) (Memento vom 25. November 2005 im Internet Archive); einige Bilder von dieser Zusammenkunft: site.voila.fr fuenterrebollo.com com.castleton.edu (Memento vom 10. Mai 2015 im Internet Archive); sie sollen allerdings wenigstens in Teilen auf Fotomontagen zurückzuführen sein, vgl. focus.de
  40. Was u. a. darin zum Ausdruck kam, dass Juan Carlos I. 1969 in das Amt eines „Prinzen von Spanien“, nicht eines „Prinzen von Asturien“ berufen wurde.
  41. Der Titel "Caudillo" ist nicht einfach zu übersetzen, Details siehe im Artikel Caudillo
  42. Gemeint ist der Spanische Bürgerkrieg
  43. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. S. 69.
  44. Salvador de Madariaga: Spanien. S. 353.
  45. So ließ Franco sogar die „Althemden“ von knüppelnder Polizei auseinandertreiben: GoogleBooks. Das Werk des Admirals. In: Der Spiegel. Nr. 45, 1969 (online).
  46. Vergleiche Google Books.
  47. Gestorben: Francisco Herranz. In: Der Spiegel. Nr. 49, 1969 (online).
  48. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. S. 77.
  49. So Bernecker unter Hinweis auf die Ausführungen von Juan J. Linz.
  50. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 114.
  51. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 115 f.
  52. Spanien-Lexikon. S. 401 f.
  53. Spanien-Lexikon. S. 239.
  54. Die Verfassung von 1931 (Memento vom 16. Oktober 2005 im Internet Archive) bestimmte in Tít. Prel. Art. 3, dass der spanische Staat keine offizielle Religion habe. Die Wiedereinführung der Trennung von Kirche und Staat war bei der Redaktion der Verfassung von 1978 höchst umstritten, wurde jedoch durchgesetzt, wenngleich sich Artikel 16 entnehmen lässt, dass der spanische Staat die religiöse Orientierung der spanischen Gesellschaft zu berücksichtigen und entsprechende Beziehungen zur katholischen Kirche zu unterhalten habe.
  55. Nikolaus Nowak, Die Welt, 28. Januar 2008, S. 29, „Neue Quellen über Papst Pius XI. und Francos Krieg“. Der an anderem Ort angeführte Cárcel Ortí gibt an, neben vergeblichen Telegrammen des Papstes an Franco über die Einhaltung eines Waffenstillstands über Weihnachten auch Listen der Namen von 12.000 Basken gefunden zu haben, deren Rückkehr nach Spanien der Vatikan über mehrere europäische Nuntiaturen betrieb; ferner auf den Einsatz des Papstes für Einzelpersonen auf Schreiben der Angehörigen hin, um lediglich in einigen Fällen die Antwort zu erhalten, dass die betreffende Person bereits exekutiert worden sei.
  56. Randziffer 20 der Enzyklika; nachdem er in Dilectissima nobis bereits eine ganze Enzyklika der „Kirchenverfolgung in Spanien“ während der Zweiten Republik gewidmet hatte.
  57. Allerdings auch ohne dessen Gräuel zu erwähnen, wobei freilich die Enzyklika thematisch eine Verdammung des Kommunismus beinhaltet. Der Papst nahm andererseits gegen den Nationalsozialismus in seiner Enzyklika Mit brennender Sorge Stellung und starb vor Veröffentlichung der gegen den Totalitarismus gerichteten Enzyklika Humani generis unitas.
  58. Bernecker, Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. S. 71.
  59. Raimund Beck: Das Regierungssystem Francos. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1979, ISBN 3-88339-083-6, hier S. 206.
  60. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 110.
  61. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 109 f.
  62. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 109.
  63. Bernecker (Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, S. 113) nennt im Zusammenhang mit Mitgliedern des Opus Dei den „Chefideologen“ Rafael Calvo Serer, der sich „vom reaktionären Restaurationsideologen zum gemäßigten Liberalen und Oppositionspolitiker gewandelt“ habe.
  64. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 108.
  65. Spanien-Lexikon. S. 312.
  66. Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. S. 114.
  67. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. S. 113.
  68. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 2. April 2006, S. 59.
  69. Holzer, von Conta: Spanien – Renaissance … S. 118 f.
  70. François Furet: Das Ende der Illusionen. Der Kommunismus im 20. Jahrhundert. Piper Verlag, München 1995/1996, 2. A. 1998, ISBN 3-492-04038-1, S. 15.
  71. Bernd Rill: Tod am Tajo. In: Geschichte 2/2001, S. 37.
  72. Salvador de Madariaga: Spanien. S. 386.
  73. Es gibt, wie unten noch gezeigt werden wird, Argumente dafür, dass an dieser Feststellung wohl auch das viel zitierte Treffen mit Hitler in Hendaye 1940, in dem Franco die tatkräftige Unterstützung der Achsenmächte unter bestimmten Bedingungen wie insbesondere territorialer Gewinne für Spanien in Aussicht stellte, nichts Wesentliches ändert.
  74. dur.ac.uk
  75. Dem ist allerdings hinzuzufügen, dass die mit dem Schicksalsjahr 1898 eng in Verbindung gebrachte Generación del 98 aus diesem Schlüsselereignis der spanischen Geschichte die genau entgegengesetzten Schlüsse zog; unter anderem sollte Spanien nach Ansicht dieser Literaten endlich sein Wunschdenken und Schwelgen in der Vergangenheit ablegen. Bekannt ist das Schlagwort Joaquín Costas, eines der führenden Köpfe der 98er: ¡Cerrad con siete llaves el sepulcro del Cid! – „Verschließt mit sieben Schlüsseln das Grab des Cid!“
  76. So führt Salvador de Madariaga den Aufstieg Juan Peróns in Argentinien auf die englische und amerikanische Haltung gegenüber dem Franco-Regime zurück. Das peronistische System ähnelt dem Franquismus in vieler Hinsicht, während freilich der Populist Juan Perón unter ganz anderen Umständen an die Macht gelangte als Franco. Auch Augusto Pinochet in Chile sah in Franco ein Vorbild, vgl. z. B. Mit absoluter Härte. In: Die Welt, 25. November 2005.
  77. Teresa Gonzalez Aja, Patrick Stumm: Spain. In: James Riordan, Arnd Krüger (Hrsg.): European Cultures in Sport. Examining the Nations and the Regions. Intellect, Bristol 2003, S. 123–138. https://books.google.de/books?id=X1qF3XolSxsC&pg=PA123&lpg=PA123&dq=%22teresa+gonzalez+aja%22+spain+%22James+Riordan%22&source=bl&ots=E5Z8rAevHs&sig=VwZ5Hzy0Ctjq8MfCWtmzZnRAZVU&hl=de&sa=X&ei=GnTRU-eZFqjX7Abj6oCIBg&ved=0CCMQ6AEwAA#v=onepage&q=%22teresa%20gonzalez%20aja%22%20spain%20%22James%20Riordan%22&f=false
  78. Arnd Krüger: Strength through joy. The culture of consent under fascism, Nazism and Francoism. In: J. Riordan, A. Krüger (Hrsg.): The International Politics of Sport in the 20th Century. Routledge, London 1999, ISBN 0-419-21160-8, S. 67–89.
  79. Payne: Geschichte des Faschismus. S. 325.
  80. Juan J. Linz: Totalitäre und autoritäre Regime. In: Potsdamer Textbücher, Berlin 2000, ISBN 3-931703-43-6.
  81. Karl-Peter Sommermann: Staatsziele und Staatszielbestimmungen, Jus Publicum. In: Beiträge zum Öffentlichen Recht. Band 25, ISBN 3-16-146816-3, S. 158; siehe dort auch umfassende weiterführende Literaturangaben.
  82. Siehe etwa: J. Tusell: La dictadura de Franco. Madrid 1988, S. 251 ff. A. Torres del Moral: Constitucionalismo histórico español. 3. Auflage. Madrid 1990, S. 212, 242. J. Fernado Badía: El regímen de Franco. Un enfoque politico-juridico. Madrid 1984, S. 93. J. Fontana: Reflexiones sobre la naturaleza y las consecuencias del franquismo. In: J. Fontana (Hrsg.): España bajo el franquismo. Barcelona 1986, S. 25.
  83. W. L. Bernecker: Krieg in Spanien 1936–1939. Darmstadt 1991, S. 115–129 (Zitate siehe S. 118 und 121); vgl. auch J. Tusell: La dictadura de Franco. Madrid 1988, S. 251 ff.
  84. Klaus v. Beyme: Vom Faschismus zur Entwicklungsdiktatur. Machteliten und Opposition in Spanien. Piper, München 1971.
  85. Spanien-Lexikon. S. 206.
  86. Payne: Geschichte des Faschismus. S. 324.
  87. Rezension eines Buchs Paynes The Spanish Civil War, the Soviet Union and Communism. In: The Times Literary Supplement. 11. März 2005, zitiert in Die Welt, 15. März 2005.
  88. fortunecity.es (Memento vom 5. April 2012 im Internet Archive) – knappe Zusammenfassung des Meinungsstandes von Juan J. Linz bis Payne über die Typisierung des Regimes (spanisch)
  89. A. Torres del Moral: Constitucionalismo histórico español. 3. Auflage. Madrid 1990, S. 242 f.
  90. Bernd Rill, in: G-Geschichte 2/2001, S. 36, hebt den Umstand, dass die Bezeichnung „Caudillo“ mit den anderen Bezeichnungen nicht deckungsgleich ist, wie folgt hervor: „‚Caudillo‘ ist im spanischen Kulturbereich der Anführer – nicht zu verwechseln mit dem ideologisch festgelegten deutschen ‚Führer‘ oder dem italienischen ‚Duce‘.“
  91. Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. S. 77.
  92. José Hierro (1922–2002) hat in seinem Gedicht „Canto a España“ (Memento vom 22. Februar 2010 auf WebCite) der in großen Teilen der Bevölkerung vorherrschenden Apathie und Hoffnungslosigkeit Ausdruck verliehen, wobei er auf offenbare propagandistische Bemühungen des Regimes anspielt (Les pides que pongan sus almas de fiesta – etwa: „du verlangst, dass ihre Seelen sich festlich stimmen“).
  93. Renzo De Felice: Der Faschismus. Klett-Cotta, 1975, ISBN 3-12-910500-X, S. 65.
  94. Laqueur: Faschismus Gestern–Heute–Morgen. S. 70.
  95. Laqueur: Faschismus Gestern – Heute – Morgen. S. 176.
  96. Spanien-Lexikon. S. 242.
  97. Spanien-Lexikon. S. 207.
  98. Spanien. S. 452.
  99. Wolfgang Wippermann: Faschismus. Eine Weltgeschichte vom 19. Jahrhundert bis heute. Primus Verlag, Darmstadt 2009, S. 95 u. 304, Anm. 88.
  100. Stanley G. Payne: Franco and Hitler. Spain, Germany, and World War II. Yale University Press, New Haven 2008, ISBN 978-0-300-12282-4, S. 112f und passim.
  101. Stanley G. Payne: Franco and Hitler. Spain, Germany, and World War II. Yale University Press, New Haven 2008, ISBN 978-0-300-12282-4, S. 166.
  102. Bernd Rill, in: Geschichte 2/2001, S. 36.
  103. Vergleiche yale.edu (Memento vom 5. August 2003 im Internet Archive) und yale.edu (Memento vom 10. Mai 2004 im Internet Archive) (englisch).
  104. Henry Picker: Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier 1941–1942 Seewald Verlag, Stuttgart 1976, ISBN 978-3-512-00425-4, S. 427f.
  105. Frank Schmausner, in: G-Geschichte, Mai 2008 (Memento vom 16. Februar 2009 im Internet Archive): Mussolini. Aufstieg und Fall des Duce. S. 43, ISSN 1617-9412
  106. An die 5000 weitere Juden konnten als spanische Staatsbürger einreisen. Zahlen nach: Bernd Rother: Spanien und der Holocaust. Niemeyer Verlag, Tübingen 2001. Siehe auch: Bernecker. In: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. S. 82; buecher.de
  107. Bernd Rother: Spanien und der Holocaust. Niemeyer Verlag, Tübingen 2001, dazu auch Rezensionen der FAZ und der SZ in buecher.de
  108. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. S. 82.
  109. Artikel auf shoa.de über die jüdische Gemeinde von Saloniki – dazu auch netzeitung.de (Memento vom 17. August 2003 im Internet Archive) und buecher.de.
  110. elpais.com In: El País, 21. März 2010. sueddeutsche.de In: Süddeutsche Zeitung, 22. März 2010.
  111. yale.edu (Memento vom 20. August 2016 im Internet Archive) (englisch)
  112. Vergleiche hierzu: Die Beziehungen der Mitglieder der Vereinten Nationen mit Spanien, 1946 in der spanischsprachigen Wikisource (englisch, spanisch).
  113. Winston Churchill äußerte sich am 10. Dezember 1948 dahin, dass in Spanien kein Brite oder Amerikaner getötet worden und Francos Verhalten gegen Hitler und Mussolini ein Beispiel von Undankbarkeit gewesen sei. Bei dieser Gelegenheit ließ er außerdem durchblicken, dass er selbst nur darum einen Ausschluss Spaniens befürwortet habe, um Stalin für eine Unterstützung der Charta der Vereinten Nationen zu gewinnen (Salvador de Madariaga: Spanien. S. 401).
  114. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 106.
  115. Aufgrund des Abkommens operierten die USA in Spanien auch mit Nuklearwaffen. In Palomares kam es hierbei 1966 nach dem Absturz einer B-52 zu dem bislang folgenreichsten Unfall mit Waffen dieser Kategorie, siehe atomwaffena-z.info. Franco strebte möglicherweise später selbst nach Nuklearwaffen, siehe sueddeutsche.de und diepresse.com (Memento vom 22. Januar 2008 im Internet Archive)
  116. Eine zeitgenössische Kritik an dieser Annäherung an Franco-Spanien hat James Wright in seinem Gedicht Eisenhower’s Visit to Franco (1959) formuliert, siehe uni-giessen.de (Memento vom 26. Februar 2008 im Internet Archive)
  117. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 107.
  118. Bereits 1950 schreibt Arthur Koestler (The Trail of the Dinosaur, London 1950, S. 200): We consider Franco’s totalitarian régime to be as abhorrent as any other tyranny. But […] we refuse to fall into the trap of Cominform propagandists who want to divert our attention and energies from the real threat into a crusade against Francisco Franco.
  119. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 105.
  120. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 111.
  121. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 112.
  122. Die Texte können unten im Originaltext nachgeschlagen werden (spanisch)
  123. verfassungen.de (Memento vom 5. März 2006 im Internet Archive)
  124. Salvador de Madariaga: Spanien. S. 405.
  125. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 116 f.
  126. Holzer, von Conta: Spanien: Renaissance … S. 123.
  127. Bernhard Schmidt, in: Spanien-Lexikon. S. 298 ff.
  128. Zu diesem Themenkreis vergleiche allgemein Sören Brinkmann: Zwischen Apokalypse und Erlösung: Die Mythen des Franquismus (Memento vom 29. Dezember 2011 im Internet Archive) (PDF; deutsch; 172 kB), oder auch: Sören Brinkmann, Katalonien und der Spanische Bürgerkrieg. Geschichte und Erinnerung, Berlin (edition tranvía) 2007, ISBN 978-3-938944-12-7.
  129. Die militärisch nicht gebotene Entsetzung Toledos trug andererseits wahrscheinlich dazu bei, dass Franco vor Madrid Zeit verlor und die Stadt nicht im Handstreich genommen werden konnte.
  130. Von den 100 linken Geiseln allerdings, welche die Verteidiger mit sich in den Alcazár genommen hatten, fehlt bis heute jede Spur (Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 161).
  131. Luis starb allerdings erst einen Monat später als Vergeltung für einen Luftangriff (Beevor: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 161).
  132. Hugh Thomas schildert diese Episode in: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 165 f. Der Dialog ist in verschiedenen, voneinander im Wortlaut abweichenden Fassungen überliefert. Beispiel (spanisch): generalisimofranco.com
  133. gwdg.de (PDF; 94 kB) S. 6 des PDF bzw. S. 82 des Werks.
  134. 41° 17′ 59″ N,  44′ 57″ W
  135. Der Spanische Bürgerkrieg. S. 145.
  136. Hans-Peter von Peschke, in: Geschichte 2/2001, S. 31:
    „Dem eher zynischen Terror der Rechten stand ein zügelloser der Linken gegenüber. Fast wahllos ergriffen selbst ernannte Rächergruppen, die sich als ‚Tschekas‘ bezeichneten, Leute auf, die ihnen irgendwie rechts, klerikal oder eben nur verdächtig erschienen, und erschossen sie ohne viel Federlesens.“
  137. Beevor (Der Spanische Bürgerkrieg. S. 111 f.) verortet solche Ausschreitungen vor allem in Aragón, Katalonien und Valencia. Dagegen wurde im Baskenland „die Kirche nicht angetastet“ (Der Spanische Bürgerkrieg. S. 111 f.).
  138. Dieses Bild aus dem Bestand des Instituto Municipal de Historia, Barcelona, zeigt Angehörige einer nicht näher identifizierten republikanischen Miliz bei der Entweihung einer Kirche in Barcelona (Milicianos durante la profanación de una iglesia en Barcelona). Als Bauern verkleidete Ordensangehörige werden im Bischöflichen Palais von Sigüenza festgenommen (Frailes vestidos de paisano detenidos por los milicianos en el palacio episcopal de Sigüenza, Guadalajara).
  139. Salvador de Madariaga: Spanien. S. 331.
  140. Hugh Thomas: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 157.
  141. Thomas nennt als Beispiel den Brand in der Bibliothek der Kathedrale von Cuenca, die u. a. den Catecismo de Indias enthielt. (Der Spanische Bürgerkrieg, S. 143 ff.)
  142. Geschichte Spaniens. S. 217.
  143. Brenan: Geschichte Spaniens. S. 54:
    „Innerhalb Spaniens war die Religion nicht die einzige Verbindung zwischen den einzelnen Provinzen, aber sie war das größte [sic!] Bindeglied. Niemals war Marx’ Feststellung, dass die Religion das Opium der Armen [sic!] ist, unrichtiger. In allen sozialen Auseinandersetzungen dieser Zeit […] waren es die Mönche, die das Volk leiteten und unterstützten. Wie im heutigen Deutschland [sic!, geschrieben um 1940] bewirkte allein die Kraft der nationalen Religion ein Land [sic!], in dem bisher die Aufspaltung in Adel und Plebejer besonders krass gewesen war, ab 1620 bemerkenswert egalitär zu werden. […] Klassenunterschiede verloren ebenfalls an Bedeutung. Franzosen und Italiener waren erschreckt über die Frechheit, mit der der kleinste Händler, ausgerüstet mit Mantel und Degen, auch wenn er zu Hause nichts zu essen hatte, die erlauchtesten Grafen anrempelte.“
  144. Spanien. S. 332. Bezeichnenderweise geschah protestantischen Kirchen nichts, und sie blieben während des Krieges geöffnet. Es gab aber nur etwas über 6.000 Protestanten in ganz Spanien (Hugh Thomas, S. 143).
  145. Hugh Thomas (Der Spanische Bürgerkrieg, S. 151), berichtet zwar von „einigen“ Einzelfällen, in denen Priester tatsächlich mit der Waffe in der Hand an den Kampfhandlungen teilnahmen, wobei hier aber offenbar die Ausnahme die Regel bestätigte. Waffenverstecke in Kirchen und Klöstern mag es gegeben haben, allerdings soll es sich – ebenso wie Fälle, in dem das Feuer von Kirchtürmen aus eröffnet worden sein sollte – hierbei zumeist um Gerüchte gehandelt haben, vgl. Salvador de Madariaga: Spanien. S. 332. Beevor berichtet von aus Barcelona von Schüssen von Kirchtürmen, doch habe es sich hierbei um verschanzte Soldaten, nicht um den Klerus gehandelt (Der Spanische Bürgerkrieg, S. 95).
  146. Der Spanische Bürgerkrieg, S. 144.
  147. Zitiert nach: Hugh Thomas, Der Spanische Bürgerkrieg. S. 144.
  148. Zu den Zahlen des Vatikan vergleiche den unten stehenden Link über die Seligsprechungen im Jahr 2001. Die Rede ist im Einzelnen von 13 Bischöfen, 4.184 Priestern, 2.365 Ordensbrüdern und 283 Ordensschwestern. Diese Zahlen werden von Antony Beevor (Der Spanische Bürgerkrieg. S. 111) bestätigt. Salvador de Madariaga spricht von etwa 6.800 getöteten Geistlichen, Ordensmännern und Ordensfrauen. Auch almendron.com gibt an: Cerca de 7000 religiosos fueron asesinados.
  149. Salvador de Madariaga: Spanien. S. 338.
  150. Hugh Thomas, Der Spanische Bürgerkrieg. S. 150 f.
  151. Vergleiche hier auf vatican.va (spanisch), Predigt Johannes Pauls II. (deutsch). Dem schlossen sich 2005 weitere Seligsprechungen an.
  152. Der Spanische Bürgerkrieg. S. 144 f.
  153. Beevor (Der Spanische Bürgerkrieg. S. 111) verweist auf den Umstand, dass sogar die amtliche spanische Aufzählung der Verbrechen der Republik aus dem Jahr 1946 keinen einzigen solchen Fall belegt und nur einen vermutet.
  154. Vergleiche requetes.com. Der geschilderte Vorfall erinnert sehr an den dreizehnjährigen Joseph Bara (auch Barra), der 1793 getötet worden sein soll, weil er anstelle von „Vive le Roi“ darauf bestand, „Vive la République“ zu rufen.
  155. Hugh Thomas: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 146.
  156. Antony Beevor (in: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 111) berichtet von einem Massaker franquistischer Truppen an 16 Angehörigen des Klerus, darunter den Erzpriester von Mondragon, sowie von der Ermordung von 20 protestantischen Geistlichen. Der Bischof von Vitoria veranlasste daraufhin den Papst, bei Franco gegen die Exekutionen zu protestieren. Hugh Thomas fügt hinzu (Der Spanische Bürgerkrieg, S. 349), dass daneben 278 Pfarrer und 125 Ordensbrüder abgesetzt, eingesperrt oder strafversetzt wurden.
  157. Francis L. Carsten: Der Aufstieg des Faschismus in Europa. S. 237.
  158. Hugh Thomas: Der Spanische Bürgerkrieg. S. 197.
  159. Vergleiche etwa diese Abbildung
  160. Vergleiche dieses Interview mit dem englischen Historiker Paul Preston: Das Ende des Schweigens. In: Die Welt, 26. Mai 2005.
  161. Vollständiger Text und MP3 von Tenemos un Caudillo (spanisch)
  162. Bernd Rill, Geschichte 2/2001, S. 38.
  163. Zur dreißigsten Wiederkehr dieses Datums 2005 vergleiche Zeitläufte: Als Spanien stillstand. In: Die Zeit, Nr. 47/2005.
  164. Testamento de Francisco Franco in der spanischsprachigen Wikisource.
  165. Zitiert nach: Karin Schneider-Ferber, M. A., In: Geschichte. 2/2001, S. 40.
  166. Karin Schneider-Ferber 2001, S. 41.
  167. Montejurra in der englischsprachigen Wikipedia
  168. Laqueur: Faschismus Gestern–Heute–Morgen. S. 177 f.
  169. Umfrage zum Image der Franco-Diktatur in Spanien 30 Jahre nach Francos Tod (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) (spanisch)
  170. Zum Themenkreis der spanischen Vergangenheitsbewältigung während und nach der Transición vergleiche Julia Machter: Verdrängung um der Versöhnung willen? (PDF; deutsch; 504 kB) sowie dieses Interview mit Walther L. Bernecker und Interview mit Paul Preston: Das Ende des Schweigens. In: Die Welt, 26. Mai 2005. Siehe auch Wunderbare Mamita. In: Die Welt, 10. Oktober 2006.
  171. Eine Zusammenfassung des Films kann auf fictionzone.comicblog.de nachgelesen werden.
  172. Vergleiche etwa Franco spaltet Spanien noch immer. In: Die Welt, 19. November 2005.
  173. Alexander Nützenadel, Wolfgang Schieder: Zeitgeschichte als Problem. Vandenhoeck & Ruprecht, 2004, ISBN 3-525-36420-2, S. 105.
  174. Wo Franco 5000 Opfer verscharren ließ. In: Spiegel Online, 1. September 2003.
  175. Irene Fuentetaja Cobas, Laura Mestre Gascón in arte.tv (Memento vom 21. September 2013 im Internet Archive)
  176. W. Bernecker, S. Brinckmann: Zwischen Geschichte und Erinnerung. Zum Umgang mit der Zeitgeschichte in Spanien. In: Alexander Nützenadel u. a. (Hrsg.): Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven der Forschung in Europa (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 20), Göttingen 2004, S. 78–106, 105. A painful past uncovered. In: Guardian. 21. August 2008; siehe zum Beispiel: Republicanos muertos en Albalate. In: El Periódico de Aragón. 5. September 2008, elperiodicodearagon.com (Memento vom 6. Februar 2009 im Internet Archive). PP y CC rechazan realizar una de ley de exhumación de desaparecidos en Canarias durante la Guerra. In: Canarias 24 horas. 12. Juni 2008, PoblacionPress, Tenemos un problema en Monroyo, 22. Mai 2007: poblacionpress.net. La exhumación cuenta con el apoyo de la alcaldía. In: La Voz de asturias. 2. August 2007. Vergleiche auch die die Stellungnahme der konservativen Bürgermeisterin von Santa Cruz im Dokumentarfilm Santa Cruz por ejemplo… – Der Mord von Santa Cruz von H. Peseckas und G. Schwaiger. Ute Müller: Franco-Opfer: Richter will Schicksal klären. In: Die Welt, 3. September 2008.
  177. Zu den Vorfällen in Madrid 2005.
  178. Spanien will Franco-Symbole entfernen. (Memento vom 24. Oktober 2007 im Internet Archive) In: Tages-Anzeiger, 11. Oktober 2007.
  179. Cortes de España: LEY 52/2007, de 26 de diciembre. (PDF; 197 kB) 27. Dezember 2007, abgerufen am 10. Juni 2012 (spanisch, Text des Gesetzes).
  180. Mit dem Problem der Zerstörung von Kulturgütern als Folge dieses Gesetzes beschäftigt sich eine Zeitschrift des Kulturministeriums aus dem Jahr 2009 Antón Castro, Antonio Rodríguez Hrsg.: Conservar o destruir: la Ley de Memoria Histórica. Revista patrimonio cultural de España. Ministerio de Cultura, 2009, ISSN 1889-3104, S. 322 (calameo.com [PDF]).
  181. Patricia Campelo: Los simbolos franquistas desapareceran de Santa Cruz. Público.es, 14. September 2010, abgerufen am 10. Juni 2012 (spanisch).
  182. Alberto Darias Príncipe: Santa Cruz de Tenerife: Ciudad, Arquitectura y Memoria Histórica 1500–1981. Tomo I. Ayuntamiento de Santa Cruz de Tenerife, Santa Cruz de Tenerife 2004, ISBN 84-89350-92-2, S. 567 (spanisch).
  183. Späte Heimkehr. In: Die Welt, 26. Januar 2009.

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