Coffeeshop (Niederlande)
Ein Coffeeshop ist eine geduldete Verkaufsstelle sogenannter weicher Drogen in den Niederlanden.
Nach wie vor ist, in Übereinstimmung mit dem UNO-Einheitsabkommen von 1961, der Handel und Besitz mancher Drogen illegal. Auf Empfehlung einer Kommission wurde der Regierung 1976 geraten, die Prioritäten der Polizei neu zu definieren, um diese zu entlasten. Mit der Reform des Opiumgesetzes wurde der Umgang mit weichen Drogen in den Niederlanden neu definiert. Nun wurde unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Strafverfolgung verzichtet.
Auflagen und gesetzliche Bestimmungen
Das Betreiben ist mit Auflagen nach den AHOJG-Kriterien verbunden:[1]
- A (geen affichering) bedeutet: Keine Werbung, weder an der Außenfront des Cafés, noch in Form von Medienwerbung (Radio, Presse, Handzettel) oder durch Werbegeschenke wie Feuerzeuge, Kugelschreiber oder Sonstiges.
- H (geen harddrugs) bedeutet: Weder Verkauf harter Drogen noch die Duldung von Besitz oder Konsum derselben durch Gäste.
- O (geen overlast) bedeutet: Keine Ruhestörung oder Belästigung von Anwohnern und Passanten.
- J (geen verkoop aan jeugdigen) bedeutet: Kein Verkauf an Jugendliche unter 18 Jahren.
- G (geen verkoop van grote hoeveelheden) bedeutet: Keine großen Mengen, weder beim Verkauf an Gäste (max. 5 g pro Person und Tag) noch beim Bestand im Café (maximal 500 g).
Bei einer Gesetzesnovellierung im Jahr 1995 wurden die Bestimmungen verschärft: Cannabis darf seitdem nur noch an Personen über 18 Jahre verkauft werden und nur in einer maximalen Menge von 5 g pro Person. Zuvor war die Abgabe an Jugendliche ab 16 Jahren erlaubt und die Höchstverkaufsmenge lag bei 30 g.[2]
Amsterdamer Coffeeshops bekommen in unregelmäßigen Abständen Besuch von einer sogenannten Drogenpolizei. Diese kontrolliert die Coffeeshops und händigt nach erfolgreicher Kontrolle ein rechteckiges grün-weißes Siegel mit Nummer aus, welches einen ordentlichen Coffeeshop auszeichnet. Dieses Siegel muss der Ladenbesitzer an der Eingangstür seines Ladens anbringen.
Ein weiteres Kriterium ist, dass in Coffeeshops zumeist kein Alkohol ausgeschenkt werden darf. Insbesondere in Amsterdam und in Den Haag gibt es jedoch auch Ausnahmen von dieser Regel: Hier wurde im Zuge einer Normalisierungspolitik bzgl. Alkohol und Cannabis an einige Coffeeshops auch die Lizenz zum Alkoholausschank gegeben.
Ab dem 1. Juli 2008 trat in den Niederlanden ein Nichtraucherschutzgesetz in allen Restaurants, Bars und Cafés in Kraft. Dies gilt jedoch nur für Tabakerzeugnisse und -beimischungen und nicht für reinen Cannabisgebrauch. Das Gesetz erlaubt jedoch die Einrichtung von abgetrennten Raucherräumen auch in Coffeeshops, in welchen Zigaretten und andere Tabakprodukte geraucht werden dürfen.[3][4]
Ein grundlegendes Problem der Duldungspolitik bleibt ungelöst: Die achterdeurproblematiek, das Problem der Hintertür. Die Polizei könnte leicht jeden Coffeeshop ruinieren, wenn sie am Lieferanteneingang die Drogenkuriere abfangen würde, denn der Anbau und die Einfuhr von Drogen sind nach wie vor illegal und werden mit bis zu vier Jahren Haft geahndet. Eine Anfrage auf Neuregelung in Bezug auf die Lieferanten der Coffeeshops im Jahr 2000 wurde mit dem Hinweis, dies in Abstimmung mit den Nachbarländern machen zu wollen, noch nicht angegangen. Daher sind die Preise für weiche Drogen in den Niederlanden annähernd so hoch wie und teils höher als z. B. auf dem deutschen Schwarzmarkt, da sich die Anbauer diese Gefahr entlohnen lassen.
Um dem Drogentourismus aus den niederländischen Nachbarländern beizukommen, gibt es immer wieder Diskussionen über verschiedene Maßnahmen.
- Im Mai 2009 gab es Presseberichte, wonach in der Provinz Limburg ab dem 1. Januar 2010 der Verkauf von Cannabis auf drei Gramm pro Tag ladenübergreifend beschränkt werden könnte. Kunden sollen demnach dort nur noch mit Hilfe einer speziellen Clubkarte und nur noch bargeldlos (mit niederländischer EC-Karte oder Kreditkarte) einkaufen können. Ziel sei es, die Anonymität der Kunden aufzuheben und die Coffeeshops insbesondere für deutsche Drogentouristen uninteressanter zu machen.[5] Bisher hat dieser Plan jedoch keine Mehrheit gefunden und die zur Umsetzung erforderlichen zusätzlichen Finanzmittel und Polizeikräfte wurden nicht zugesagt.[6]
- Ende Mai 2011 beschloss die niederländische Regierung eine landesweite Regelung, dass Coffeeshops weiche Drogen nicht mehr an Auswärtige verkaufen dürfen, sondern nur noch an volljährige niederländische Staatsbürger ab Herbst 2011.[7][8] Dies scheiterte am Widerstand vieler Städte und Kommunen. Unter anderem verweigerten die Bürgermeister von Amsterdam (Eberhard van der Laan) und Maastricht (Otto Hoes) die Umsetzung.[9]
- 2011 wurde bekannt, dass die damalige Regierung zum 1. Januar 2013 flächendeckend die Einführung eines Club-Ausweises (Wietpas) plante. In den südlichen Provinzen Zeeland, Brabant und Limburg wurde der Ausweis am 1. Mai 2012 verpflichtend. Es soll maximal 2000 Mitglieder pro Club geben.[10]
Anfang 2021 wurden Pläne bekannt, in Amsterdamer Coffeeshops Cannabis nur an Einheimische mit Wiet-Pas zu verkaufen.[11]
Genehmigung von Coffeeshops
Da jede Stadt beziehungsweise Gemeinde selber über den Umgang mit weichen Drogen entscheiden darf, kann die Handhabung in jeder Stadt und Gemeinde auch unterschiedlich ausfallen, bis dahin, dass vorwiegend in den von christdemokratischen Bürgermeistern des CDA regierten Städten und Gemeinden Coffeeshops überhaupt nicht geduldet werden. Daher gibt es die meisten Shops in den Großstädten. So existierten im Jahr 2018 allein in Amsterdam insgesamt 173 Coffeeshops.[12] Insgesamt gibt es in den Niederlanden aktuell rund 580 entsprechende Geschäfte (Stand: 2021).[13]
Nach Protesten aus Frankreich und Deutschland hat die Regierung einen Freiraum geschaffen, nach dem nun innerhalb 30 km von den Grenzen zu Deutschland und Belgien kein Coffeeshop neueröffnet werden darf.
Gemäß der Änderung des Niederländischen Opium-Gesetzes vom 17. März 2003 dürfen Cannabisprodukte ärztlich verschrieben und können seit dem 1. September 2003 auch über die Apotheke bezogen werden.
Bekannte Coffeeshops
- Die erste und bisher erfolgreichste Kette von Coffeeshops heißt Bulldog und wurde in Amsterdam von Henk de Vries eröffnet. In der Coffeeshopkette sind, ähnlich wie in Hard Rock Cafes, T-Shirts und ähnliche Andenken erhältlich. Die Kette betreibt außerdem noch ein Hotel und vertreibt einen Energy-Drink, der auch außerhalb der Niederlande in ausgewählten Geschäften zu kaufen ist.[14]
- Unter dem Namen McDope wurden zwei in Venlo im selben Gebäude ansässige Coffeeshops (Roots und Oase) bekannt, die nach der Einführung des sogenannten Wietpasses, der den Verkauf nur noch an in den Niederlanden ansässige und registrierte Personen gestattet, geschlossen wurden.[15] Sie lagen nur wenige hundert Meter hinter dem ehemaligen Autobahngrenzübergang Schwanenhaus (die Autobahn führt inzwischen südlich um Venlo herum). Das Konzept der Stadt zielte hauptsächlich darauf ab, deutscher Kundschaft auf der grünen Wiese Ware zu verkaufen und sie so aus der Innenstadt herauszuhalten.[16]
Coffeeshops in anderen Ländern
Im Sommer 2004 wurde im Da Kine Café in Vancouver der Verkauf und Konsum von Cannabisprodukten praktiziert;[17] das Café wurde allerdings schon nach wenigen Monaten geschlossen[18] und der Inhaber später zu einer Haftstrafe verurteilt.[19] Die 2006 gewählte konservative Regierung kündigte zudem an, von der Drogenpolitik der alten Regierung abzugehen und auf Repression und harte Strafen zu setzen. 12 Jahre später (2018) ist Cannabis in Kanada vollständig unter strengen Regeln legalisiert worden.
Bedingt durch eine umstrittene Gesetzeslücke wurde der Verkauf von Cannabis-Produkten zum Teil als legal angesehen, wenn sie nicht zum Verzehr bestimmt waren. Dadurch entstanden Läden, die als Coffeeshop fungierten, wobei Cannabis-Produkte als Duftkissen oder Badezusatz verkauft wurden. Diese wurden teils geduldet, aber zum Teil auch mit allen rechtlichen Konsequenzen geschlossen. Die Vorgehensweise war dabei in den einzelnen Kantonen und Städten sehr unterschiedlich. Eine Novellierung des Betäubungsmittelgesetzes fand seither nicht statt. Da es sowohl für eine endgültige Prohibition als auch für eine Tolerierung wie in den Niederlanden sehr starke Lobbys gibt, weigert man sich bislang, das Thema zu behandeln. Momentan wird diskutiert, ob die Städte Bern, Basel und Zürich nun den Verkauf unter strengsten Jugendschutzgesetzen legalisieren und Verkaufsstellen eröffnen.
In diesen beiden Ländern gibt es so genannte Cannabis Clubs. Dabei handelt es sich um Vereine, deren Mitglieder gemeinsam Cannabis anbauen, um es in den Räumlichkeiten des Vereins zu konsumieren. Die Vereine produzieren Cannabis-Produkte ausschließlich für den Eigenbedarf ihrer Mitglieder und finanzieren sich über Mitgliedsbeiträge. Ein Verkauf von Cannabis findet weder für Außenstehende noch für die eigenen Mitglieder statt. Cannabis Clubs werden in diesen beiden Ländern unter strengen Auflagen gesetzlich toleriert.
Mittlerweile (Stand Juli 2021) ist der Cannabisverkauf in 18 US-Bundesstaaten und dem Bundesdistrikt Washington, D.C. mit Einschränkungen legal. So beträgt in Kalifornien etwa das Mindestalter der Käufer 21 Jahre, die maximal auf einmal zu erwerbende Menge von reinem Cannabis 28 Gramm.[20]
Als Reaktion auf den massiven illegalen Cannabis-Verkauf im Görlitzer Park in Berlin beschloss die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg auf Antrag der Grünen-Fraktion in Form eines Modellprojekts eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten in der Umgebung zu ermöglichen. Das Vorhaben scheiterte jedoch Anfang Oktober 2015 mit der Ablehnung der Zustimmung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.[21]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Drugs. Openbaar Ministerie, archiviert vom Original am 31. Oktober 2012; abgerufen am 27. November 2012 (niederländisch).
- RUUD VAN HAASTRECHT: Drank en hasj: dat mixt gewoon niet. de Verdieping Trouw, 3. April 1995, abgerufen am 23. April 2015 (niederländisch).
- Frederik Hartig: Rauchverbot in Amsterdam: Kiffen erlaubt – aber nur Hasch pur. In: Spiegel Online, 11. Juni 2008.
- Siggi Weidemann: Rauchen verboten, Kiffen erlaubt. In: Süddeutsche Zeitung, 4. Juli 2008.
- Marihuana nur noch mit Ausweis. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 12. Mai 2009.
- Cannabis cafe pass scheme falls apart. DutchNews.nl, 21. Mai 2009.
- www.dutchnews.nl: Cannabis cafes set to become private clubs, no entry for tourists, 28. Mai 2011
- Verkaufsverbot: Niederlande unterbinden Haschisch-Tourismus. In: Spiegel Online. 28. Mai 2011, abgerufen am 9. Juni 2018.
- http://www.tagesschau.de/ausland/coffeeshop106.html (Memento vom 3. November 2012 im Internet Archive) , Zugriff 2. November 2012
- Rheinische Post (Lokalteil Grenzland Nachrichten) 3. November Seite C3
- tagesschau.de: Amsterdam will Touristen Zugang zu Coffeeshops verbieten. 8. Januar 2021, abgerufen am 25. Juli 2021.
- In Holland darfst du kiffen, aber Coffeeshops dürfen kein Gras kaufen. Handelsblatt, 8. August 2018, abgerufen am 20. Oktober 2019.
- Geeenmeister: Apothekenstatistik der Niederlande. Abgerufen am 5. Mai 2021.
- The Bulldog Company (Memento vom 2. September 2016 im Internet Archive)
- Der Spiegel (33/2006; PDF; 316 kB) „Nachschub für McDope“, gesehen am 9. September 2008
- Rhein-Zeitung online (31. Mai 2001) „„McDope“: Hasch-Läden an deutscher Grenze“, gesehen am 9. September 2008
- Vancouver „pot cafe“ goes public. In: CBC.ca. 1. September 2004 (englisch).
- Dana Larsen, Brooke Thorsteinson: Crackdown in Vansterdam. (Memento vom 24. Februar 2008 im Internet Archive) In: CannabisCulture.com. 14. Februar 2005 (englisch).
- Archivlink (Memento vom 14. Juni 2009 im Internet Archive)
- Legal Recreational Marijuana States and DC - Recreational Marijuana - ProCon.org. Abgerufen am 5. Mai 2021 (amerikanisches Englisch).
- Die Zeit - Kreuzberg bekommt keine Coffeeshops 5. Oktober 2015