Cannabis Social Club
Ein Cannabis Social Club ist ein nichtkommerzieller Verein, der den kollektiven Anbau von Cannabis in limitierten Mengen organisiert, um den persönlichen Bedarf der Mitglieder zu decken. Im Gegensatz zu den in den USA verbreiteten Buyers Clubs sind die Social Clubs nicht auf den medizinischen Gebrauch von Cannabis beschränkt. Das Konzept wurde 2005 von der paneuropäischen Organisation ENCOD vorgeschlagen, um volljährigen Personen den legalen Anbau und Vertrieb von Cannabis als Rauschmittel zu ermöglichen.
Verhaltenskodex
Cannabis Social Clubs arbeiten nach folgenden Regeln:[1]
- Anbau, Transport, Verteilung und Konsum unterliegen Sicherheitschecks und Qualitätskontrollen.
- Werbung wie Ladenschild oder Schaufenster sind nicht erlaubt.
- Die Mitglieder sichern die Finanzen des Systems durch Mitgliedsbeiträge entsprechend ihren Bedürfnissen.
- Cannabishandel darf es nicht geben. Die Mitglieder müssen sich dazu verpflichten, kein Cannabis zu verkaufen und nicht Dritte, vor allem Minderjährige, zum Konsum zu ermuntern.
Verbreitung und rechtliche Situation
Cannabis Social Clubs in Europa gab oder gibt es in Spanien,[2] Belgien[3] und den Niederlanden.[4][5] Es gibt sie auch in Österreich,[6] Frankreich,[7] Deutschland,[8] Italien,[9] Slowenien[10] und anderen Ländern, hier jedoch anonym und durch Strafandrohung illegalisiert. Auch in Südafrika existieren Cannabis Social Clubs, deren Rechtslage jedoch ungeklärt ist.[11]
In Uruguay genehmigte das 2012 verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung des Drogenhandels die Eröffnung von Cannabis Social Clubs mit der Genehmigung, bis zu 99 Pflanzen für eine Anzahl von Mitgliedern zwischen 15 und 4525 anzubauen. Die ersten Clubs wurden im Oktober 2014 eröffnet.[12]
Das Parlament Maltas verabschiedete am 14. Dezember 2021 ein Gesetz zur teilweisen Legalisierung von Cannabis. Darin wird auch die Möglichkeit zur Eröffnung von Cannabis Social Clubs geregelt. Das Gesetz trat am 18. Dezember 2021 mit der Unterschrift des maltesischen Präsidenten George Vella in Kraft.[13][14]
In der Schweiz läuft seit Anfang 2014 eine Diskussion über die Einführung von Cannabis Social Clubs als staatliches Projekt zur Abgabe von Cannabis. Ab 19. Januar 2014 meldete eine parteiübergreifende Gruppe aus Genf, dass sie das „Kiffen“ im Cannabis Social Club-Modell legalisieren möchte. Wie die Rundschau berichtet, will die Gruppe das Projekt auch ohne Einwilligung des Bundes mit "zivilem Ungehorsam" durchsetzen.[15] Die Genfer Idee stößt auch in der Stadt Zürich auf großes Interesse.[16] Am 15. März 2014 meldete die Stadt Bern, dass sie sich an dem geplanten Cannabis Social Club-Projekt in Genf beteiligen möchte.[17] Am 18. März 2014 meldete der Tagesanzeiger, dass Winterthur an einem solchen Modellprojekt teilnehmen möchte.[18] Am 20. März 2014 meldete die TagesWoche, dass auch Basel eine solche Abgabe probieren würde.[19] Die Nationale Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik NAS-CPA veröffentlichte 2013 ein Grundlagenpapier, das die schweizerische Drogenpolitik als unzulänglich beschreibt.[20] Die darin präsentierte Analyse belegt erstmals mit Zahlen, dass es für eine zukunftsfähige Schweizer Drogenpolitik neue Ansätze benötige. Die Resultate stützen die Städte, die Cannabis versuchsweise kontrolliert abgeben wollen.
Der Anbau von THC-armem Industriehanf ist in Deutschland anzeigepflichtig. Anbau, Verarbeitung und Transport von Cannabis mit hohem THC-Gehalt für medizinische und wissenschaftliche Zwecke sind in Deutschland genehmigungspflichtig. Eine Möglichkeit der Legitimation wäre, beim Bundesministerium für Arzneimittel eine Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 2 BtMG für den Verein zu beantragen.[21] Weiterhin sieht § 31a BtMG die Möglichkeit vor, von einer Strafverfolgung abzusehen, wenn Eigenbedarf vorliegt.[22]
Diskussionsstand
Erstmals wurde das Konzept des Cannabis Social Clubs in einer Anfrage an die damalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung Sabine Bätzing gestellt. So könnten Cannabis Social Clubs als „durchaus zur Prävention beitragend“ beurteilt werden, wenn damit nicht gleichzeitig das Ziel verbunden sei, den Eigenanbau von Cannabis zu fördern.[23]
Auf dem 9. Internationalen Akzept-Kongress vom 24. bis 26. September 2009 in Frankfurt am Main referierte Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband im Seminar „Modelle und erfolgreich praktizierte Kontrollalternativen: Drogenfachgeschäfte und Cannabis Social Clubs, Kontrollalternativen und Legalisierungsmodelle“ über Cannabis Social Clubs.[24][25]
Am 5. August 2011 wurden Cannabis Social Clubs in das suchtpolitische Programm der Piratenpartei Berlin zur Abgeordnetenhauswahl 2011 eingebracht.[26][27]
Am 25. Januar 2012 fand im Gesundheitsausschuss des Bundestages eine Anhörung zum Thema „Legalisierung von Cannabis durch Einführung von Cannabis-Clubs“ auf Initiative der Fraktion DIE LINKE statt.[28][29] Cannabis Social Clubs wurden im Antrag als Möglichkeit des gemeinschaftlichen Anpflanzens genannt.[30][31] Die anderen Parteien im Bundestag, mit Ausnahme der Grünen, standen dem Antrag kritisch gegenüber.[32]
Am 8. Juni 2013 fand im Berliner KuBiz ein Informationstreffen statt, an dem Cannabispatienten und interessierte Bürger teilnahmen. Es sprachen Joep Oomen (ENCOD), Pfarrer Michael Kleim (Schildower Kreis)[33] und Maximilian Plenert (DHV).[34]
Auf dem 10. Internationalen akzept-Kongress in Bielefeld im Oktober 2013 mit dem Programmschwerpunkt "Gesundheitliche und soziale Folgen der Drogenprohibition Akzept-Kongress 2013" sprach Joep Oomen (ENCOD) in einem Referat über die Erfahrungen der Clubs in anderen Ländern.[35]
Im Jahr 2013 startete der Deutsche Hanfverband eine Kampagne für Bürgerpetitionen mit dem Ziel der Gründung von kommunalen Modellprojekten zur Cannabisabgabe. Nach dem Betäubungsmittelgesetz, Artikel §3 Absatz 2, erlaubt es explizit Ausnahmegenehmigungen "zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken". Somit kann jeder Bürger in seiner Gemeinde eine solche Petition einreichen.[36] Solche Petitionen wurden unter anderem in Memmingen,[37] Heidelberg,[38] Münster,[39] Bad Schussenried[40] und Reutlingen[41] eingereicht.
Die Hanffachzeitschrift THCene besprach im Artikel "Coffeeshops vs. Cannabis Social Clubs" die Vor- und Nachteile beider Modelle in einem idealisierten legalen Markt. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass in einem legalen Markt die Cannabis Social Clubs vor allem für Personen in Frage kämen, die eine komplette Kontrolle über das abgegebene Cannabis haben wollen, was von der Samensetzung über Aufwuchs, Produktion und Ernte möglich sei.[42]
Sozial- und Gesundheitspolitische Einschätzung
Eine Studie über den San Francisco Cannabis Club[43] zeigt auf, dass Patienten dieses Clubs nicht nur von den gesundheitsförderlichen Eigenschaften von Cannabisblüten profitierten, sondern auch die sozialen Aspekte des Clubs sehr ausschlaggebend seien. Der Autor schließt daraus, dass unter den vielen vorgeschlagenen Abgabemethoden die Cannabis Clubs das beste therapeutische Setting seien.
Suchtpolitische Einschätzung
Das SuchtMagazin befasste sich in Ausgabe 2/2014 sich mit Safer-Use hinsichtlich Cannabis. Aus Perspektive der Schadensminderung biete dieser Ansatz die Möglichkeit zur Qualitätskontrolle des verkauften Cannabis und zur Verminderung des gesundheitlichen Schadenspotentials. Die Clubs hätten dabei neben der Informations- und Beratungsaufgabe auch eine soziale Kontrollfunktion. Dadurch könne den Anliegen der selektiven Prävention sowie der Früherkennung von problematischem Konsum entsprochen werden.[44]
Weblinks
- Encod.org - Konzept zum Projekt Cannabis Social Club
- Bericht über den belgischen Verein "Trekt Uw Plant" im grow! Magazin 02/2007
- Webseite zu Cannabis Clubs in Deutschland
- Hanf Journal: Reges Nachfragen wg. Cannabis Social Clubs - Fast 4000 BürgerInnen zeigen auf der Bürgerplattform abgordnetenwatch.de Interesse
Einzelnachweise
- Verhaltenscodex für Hanfanbauvereine. In: cannabis-clubs.de. Projektgruppe Cannabis Social Clubs, Hanfmuseum Berlin, abgerufen am 2. Dezember 2021.
- Roland Grieshammer: Spanien: Gerichtsverfahren gegen Cannabis-Anbau-Clubs eingestellt! In: archiv.hanfjournal.de. 13. Dezember 2006, abgerufen am 2. Dezember 2021.
- Belgien: Trekt Uw Plant freigesprochen. In: hanfverband.de. 7. März 2010, abgerufen am 3. Dezember 2021.
- Dutch city wants to grow cannabis in a cooperative. In: reuters.com. 11. März 2011, abgerufen am 7. Dezember 2021 (englisch).
- de Gelderlander: Ook Nederland heeft nu een cannabis social club (Memento des Originals vom 5. Dezember 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 29. November 2041
- Hanf Journal: Ein Cannabis Social Club für Salzburg, 31. März 2014
- Hanf Journal: Cannabis Social Clubs in Frankreich gefährdet
- Hanf Journal: Die Eastside Growers, 11. März 2011
- Medizin Patientenvereinigung La Piantiamo, grow! Magazin S. 50ff, Ausgabe 4/14
- Medijuana Magazin: "Dem Ganja verdanke ich mein Leben", 5. Februar 2014
- Maryke Steynvaart, edited by Marc Wegerif: OP-ED: High time South Africa finalises legalities around cannabis social clubs. Daily Maverick, 24. Juni 2021, abgerufen am 3. Dezember 2021 (englisch).
- NORML: Dernières nouvelles d’Uruguay. Abgerufen am 22. Februar 2022 (französisch).
- Kyle Jaeger: Malta Officially Legalizes Marijuana With President’s Signature, Becoming First In Europe To End Cannabis Prohibition. In: Marijuana Moment. 18. Dezember 2021, abgerufen am 19. Dezember 2021 (amerikanisches Englisch).
- Die Regierung von Malta: CHAPTER 628 AUTHORITY ON THE RESPONSIBLE USE OF CANNABIS ACT. 18. Dezember 2021, abgerufen am 8. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
- Thomas von Grünigen: Cannabis-Klubs: Genfer wollen zivilen Ungehorsam. In: srf.ch. 15. Januar 2014, abgerufen am 24. Februar 2022.
- NZZ: Legal kiffen im Cannabis-Klub, 17. Januar 2014
- Bern will Hanfkauf befristet legalisieren, 13. März 2014
- Tagesanzeiger: In Winterthur soll Kiffen straffrei werden, 18. März 2014
- Tages Woche: Auch Basel will Cannabis teilweise legalisieren, 20. März 2014
- Marktregulierung in der Drogenpolitik – Grundposition der Nationalen Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik NAS-CPA. (PDF; 320 kB) In: fachverbandsucht.ch. 6. Juni 2013, abgerufen am 3. Januar 2022.
- Hanf Journal: Antragsstellung einer Ausnahmegenehmigung nach §3 Abs.2 BtMG
- §31a BtMG
- Anfrage zu Cannabis Social Clubs vom 24. April 2009 (Memento des Originals vom 22. Juni 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf Abgeordnetenwatch an die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing
- Programm der Kongresses des akzept e.V. Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik
- Videos vom Referat über Cannabis Anbauvereine
- Suchtpolitisches Wahlprogramm der Piratenpartei Berlin, Stand August 2011.
- Matthias Thieme: Analyse zur Piratenpartei: Piraten – die etwas andere Programmpartei. 22. September 2011, abgerufen am 8. Januar 2014.
- Bundestagsdrucksache 17/7196 – „Legalisierung von Cannabis durch Einführung von Cannabis-Clubs“ (PDF; 64 kB), Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Dr. Martina Bunge, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
- Video der Anhörung „Legalisierung von Cannabis durch Einführung von Cannabis-Clubs“ im Bundestagsfernsehen
- Für und Wider Cannabis-Clubs. In: bundestag.de. 2012, abgerufen am 2. Dezember 2021.
- BT-Drucksache 17/7196: Öffentliche Anhörung zum Antrag mehrerer Abgeordneter zur Legalisierung von Cannabis durch Einführung von Cannabis-Clubs. (PDF, 217 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: bundestag.de. 25. Januar 2012, archiviert vom Original am 20. Januar 2013; abgerufen am 16. Dezember 2012.
- Basil Wegener: Experten-Anhörung im Bundestag – Die Linke fordert Cannabis-Clubs. In: Stern.de. 24. Januar 2012, abgerufen am 8. Januar 2014.
- „Cannabis Social Club“ Workshop in Berlin Juni 2013, Michael Kleim (Memento des Originals vom 2. Oktober 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Aufzeichnung des CSC-Treffens in Berlin im Kubiz
- Akzept-Kongress 2013: Cannabis Social Clubs – wie funktioniert es?
- Deutscher Hanf Verband: Informationen über die Kampagne für kommunale Modellprojekte zur Cannabisabgabe
- grow!: Ein Cannabis Social Club für Memmingen? (Memento des Originals vom 29. Juni 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , vom 2. Juni 2015
- grow!: Heidelberg: Cannabis Social Club Diskussion geht in die zweite Runde (Memento des Originals vom 29. Juni 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , vom 15. Juli 2015
- grow!: Bürgerantrag für einen Cannabis Social Club in Münster eingereicht (Memento des Originals vom 29. Juni 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , vom 7. April 2014
- Deutscher Hanf Verband: Petition Nr. 1 - Bad Schussenried in Baden-Württemberg, vom 21. August 2013
- Absage an den „Cannabis Social Club“. In: tagblatt.de. 17. Januar 2020, abgerufen am 10. Februar 2022.
- Kimo: Coffeeshops vs. Cannabis Social Clubs- zwei Cannabiskontrollansätze unter der Lupe (gedruckt in Ausgabe 02/2015). (Nicht mehr online verfügbar.) In: THCene. 2015, archiviert vom Original am 16. August 2016; abgerufen am 29. Juni 2016. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- H. W. Feldman, J. Mandel: Providing medical marijuana: the importance of cannabis clubs. In: Journal of psychoactive drugs. Band 30, Nummer 2, 1998 Apr-Jun, S. 179–186, doi:10.1080/02791072.1998.10399688, PMID 9692380.
- Alexander Bücheli: Schadensminderung und Cannabis: Ist Safer Use möglich? In: SuchtMagazin. Band 40, Nr. 2. Infodrog/RADIX, 2014, ISSN 1422-2221, S. 47–51, doi:10.5169/seals-800097.