Zweipunktiger Eichenprachtkäfer
Der Zweipunktige Eichenprachtkäfer oder Zweigefleckte Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) ist ein Käfer aus der Familie der Prachtkäfer und der Unterfamilie der Agrilinae. Der metallisch grün, blau oder kupfrig glänzende schlanke Käfer ist an den zwei weißen Punkten auf den Flügeldecken leicht zu erkennen. Er wird zwischen acht und dreizehn Millimeter lang.
Zweipunktiger Eichenprachtkäfer | ||||||||||||
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Zweipunktiger Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Agrilus biguttatus | ||||||||||||
(Fabricius, 1777) |
Bilder des Zweipunktigen Eichenprachtkäfers | |
Bild 1: Doppelter Seitenrand des Halsschildes; die dadurch umschlossene Fläche erscheint hier durch die Beleuchtung etwas heller. |
Bild 2: grün: Kinnfortsatz der Vorderbrust orange: Prosternalfortsatz blau: Mittelbrust ocker: Hinterbrust |
Bild 3: Aufsicht | |
Bild 4: Seitenansicht. Die Hinterhüfte erscheint vor den Hinterbeinen keulenförmig hell | |
Bild 5: Unterseite | |
Bild 6: Larve (nach Reitter) | Bild 7: Vorderansicht |
Im Gegensatz zu fast allen Prachtkäferarten ist der Zweipunktige Eichenprachtkäfer nicht gemäß Bundesartenschutzverordnung gesetzlich besonders geschützt.[1] Er wird auch in keiner Roten Liste geführt.[2]
Bemerkungen zum Namen
Ein Prachtkäfer mit dem Namen Buprestis biguttata wurde sowohl von Scopoli 1763[3] als auch von Fabricius 1776[4] beschrieben. Bei der von Scopoli beschriebenen Art handelt es sich jedoch um einen anderen Käfer. Die Erstbeschreibung von Agrilus biguttatus erfolgte durch Fabricius 1776. Sie enthält die Formulierung Elytra linearia, viridia puncto parvo albo ad suturam[4] (lat. für: Flügeldecken gestreckt, grün mit einem kleinen weißen Punkt nahe der Flügeldeckennaht). So erklärt sich der Artname biguttātus (lat. für: Mit zwei Tropfenflecken).[5]
Die Gattung Agrilus wurde von dem Engländer Curtis 1825 aufgestellt. Den Namen übernimmt er von Megerle.[6] Die Erklärung des Gattungsnamens Agrīlus ist unsicher. Schenkling versieht seine Erklärung (von altgr. άγρα ágra, Jagd, Beute, und είλω ēīlo, sich versammeln) mit einem Fragezeichen.[7] Ein Bezug zu Eigenschaften der Arten der Gattung ist nicht erkennbar.
Die Gattung Agrilus ist in Europa mit über siebzig Arten vertreten.[8] Weltweit gibt es 36 Untergattungen mit etwa dreitausend Arten.[9]
Beschreibung der Käfers
Der Kopf des Zweipunktigen Eichenprachtkäfers ist kurz, von oben gesehen etwa dreimal so breit wie lang. Die Oberlippe ist rechteckig. Die Oberkiefer sind stark, gebogen, zugespitzt, auf der inneren Seite ausgeschnitten mit einem stumpfen Zahn. Der Kiefertaster ist viergliedrig, das erste Glied sehr klein, das zweite lang und das letzte verdickt. Das Lippentasterendglied ist groß und keulenförmig. Die elfgliedrigen Fühler sind kurz, ab dem vierten Glied nach innen gesägt und über der Höhe des Unterrandes der Augen eingelenkt (Bild 7). Die Augen sind groß, ihr Hinterrand verläuft parallel und in kleinem Abstand zum seitlichen Vorderrand des Halsschildes. Die vertikale Ausdehnung ist viel größer als die horizontale (Bild 1, Bild 7).
Der Halsschild ist viel breiter als lang. Als gattungstypisches Merkmal trägt er einen doppelten Seitenrand. Der Abstand zwischen dem eigentlichen Seitenrand und der darunter verlaufenden kielartigen Erhöhung ist nahe der Basis des Halsschildes sehr klein und vergrößert sich nach vorn beträchtlich (Bild 1). Über dem Seitenrand an den Hinterwinkeln des Halsschildes befindet sich im Unterschied zu den meisten Arten der Gattung keine kielartige Erhöhung. Vor jeder Flügeldecke ist der Halsschild tief ausgerandet, vor dem Schildchen seicht. Das Schildchen ist dreieckig, hinten spitz zulaufend und hat im vorderen Drittel einen deutlichen Querkiel.
Die Vorderbrust ist nach vorn leicht aufgebogen (Prosternallappen), der Vorderrand nicht spitzwinklig eingeschnitten, sondern nur ausgerandet (Bild 2). Die Verlängerung der Vorderbrust nach hinten (Prosternalfortsatz) verläuft zwischen den Vorderhüften parallel, dann spitzt sie sich dreieckig zu. Dabei überdeckt sie die Mittelbrust, so dass diese scheinbar geteilt ist (Bild 2).
Die Tarsen der Beine sind alle fünfgliedrig, die vier ersten Tarsenglieder sind gelappt. Das erste Glied der Hintertarsen ist länger als die folgenden drei zusammen. Die Krallen besitzen an der Basis je einen Zahn, der beim Weibchen stumpf und breit, beim Männchen lang und spitz ist, so dass die Klauen gespalten wirken. Die Hinterhüften liegen an der Hinterbrust breit an und verbreitern sich nach außen (Bild 4).
Die ersten zwei der fünf sichtbaren Bauchringe (Sternite) sind miteinander verwachsen. Etwa auf der Höhe der Verwachsung ist der Hinterleib am breitesten, danach verjüngt er sich gleichförmig. Das fünfte Sternit ist hinten abgerundet und mit einer einfachen Randfurche versehen, die nicht nach innen ausgebuchtet ist (Bild 5).
Die Flügeldecken sind lang, vorn wenig breiter als der Halsschild, danach leicht nach innen ausgerandet. Im letzten Drittel verschmälern sie sich gleichmäßig und am Hinterende sind sie einzeln verrundet und fein gezähnt. Neben der Schulterbeule sind sie eingedrückt und können dort einen rundlichen Fleck mit weißen Haaren besitzen. Im hinteren Drittel liegt nahe der Naht, an der die Flügeldecken aneinanderstoßen, ein längliches rechteckiges Feld mit weißen Haaren, das gewöhnlich sehr deutlich ist, aber auch fehlen kann. Helle Haarflecken finden sich außerdem an der Außenseite der Hinterhüfte, außen am dritten bis fünften Sternit und auf den Seiten der Hinterleibsabschnitte (Pleurit) außer dem zweiten und meist dem fünften (Bild 4, Bild 5). Da die Flügeldecken seitlich einen Teil des Hinterleibs unbedeckt lassen, fällt vor allem der deutliche weiße Fleck des ersten Pleurits auch von oben betrachtet auf.
Das Männchen ist einfarbig goldgrün, grün oder blau, bei den Weibchen ist Kopf und Halsschild goldgrün.
Vorkommen
Die Art kommt in Laubwäldern, hauptsächlich Eichenwäldern, an Waldrändern, auf Kahlschlägen und in Parks vor. Die Käfer sind auf sonnenexponierten Stockausschlägen, Stubben, gelagerten Baumstämmen und Klafterholz zu finden.
Lebensweise
Die Larven (Bild 6) des Zweipunktigen Eichenprachtkäfers leben in der Rinde abgestorbener Äste alter Eichen und in deren Stümpfen. Die Imagines leben u. a. auch auf jungen Eichenbäumen.
Verbreitung
Die Art ist im größten Teil Europas beheimatet. Das Verbreitungsgebiet reicht im Norden bis Südnorwegen und Mittelschweden. In England tritt sie nur selten in Erscheinung. Weitere Verbreitungsgebiete befinden sich im Kaukasus, Nordafrika und im vorderen Kleinasien.[10]
Natürliche Feinde
Die Larven des Zweipunktigen Eichenprachtkäfers werden von der Schlupfwespenart Deuteroxorides elevator sowie der Brackwespenart Spathius erythrocephalus parasitiert.[11]
Quellen
Einzelnachweise
- Fritz Brechtel, Hans Kostenbader (Hrsg.): Die Pracht- und Hirschkäfer Baden-Württembergs. Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2002, ISBN 3-8001-3526-4.
- Rote Listen bei BioNetworkX
- J.A. Scopoli: Entomologia Carniolica exhibens insecta Carnioliæ indigena et distributa in ordines, genera, species, varietates. Methodo Linnæana Vindobonae 1763 Originalbeschreibung auf S. 103:65 als Nr. 201 bei GDZ
- J.C.Fabricius: Genera insectorum eorumque characteres naturales secundum numerum, figuram, situm et proportionem omnium partium oris adiecta mantissa specierum nuper detectarum S. 257:237 Beschreibung der neuen Art
- Sigmund Schenkling: Nomenclator coleopterologus 2. Auflage Jena 1922 Erklärung der wissenschaftlichen Käfernamen (Art) in Kurzform
- John Curtis: British Entomology … The Genera of Insects... Vol. II Coleoptera Part II, London 1823–1840 Beschreibung der Gattung Agrilus in Text zu Plate [50 entspricht plate 67]
- Sigmund Schenkling: Nomenclator coleopterologus 2. Auflage Jena 1922 Erklärung der wissenschaftlichen Käfernamen (Gattung) in Kurzform
- Agrilus bei Fauna Europaea. Abgerufen am 23. März 2013
- Gattung Agrilus bei BioLib
- Jiři Zahradnik, Irmgard Jung, Dieter Jung, Jarmila Hoberlandtova, Ivan Zpevak: Käfer Mittel- und Nordwesteuropas. Parey, Berlin 1985, ISBN 3-490-27118-1
- Nathan Brown, Daegan J.G. Inward, Mike Jeger, Sandra Denman: A review of Agrilus biguttatus in UK forests and its relationship with acute oak decline. Forestry. 2014. Abgerufen am 12. Januar 2018.
Literatur
- Fritz Brechtel, Hans Kostenbader (Hrsg.): Die Pracht- und Hirschkäfer Baden-Württembergs. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-8001-3526-4
- Wolfgang Schwenke (Hrsg.) u. a.: Die Forstschädlinge Europas. Ein Handbuch in 5 Bänden. Band 2: Käfer. Parey, Hamburg und Berlin 1974, ISBN 3-490-11016-1
- Fritz Schwerdtfeger: Die Waldkrankheiten. Lehrbuch der Forstpathologie und des Forstschutzes. 4. neubearbeitete Auflage. Parey, Hamburg und Berlin 1981, ISBN 3-490-09116-7
- Carl Gustav Calwer und Gustav Jäger (Hrsg.): C. G. Calwer's Käferbuch. K. Thienemanns, Stuttgart 1876, 3. Auflage
- Heinz Freude, Karl Wilhelm Harde, Gustav Adolf Lohse: Die Käfer Mitteleuropas. Band 6: Diversicornia. Spektrum, Heidelberg 1979, ISBN 3-87263-027-X.
- Klaus Koch: Die Käfer Mitteleuropas Ökologie. 1. Auflage. Band 2. Goecke & Evers, Krefeld 1989, ISBN 3-87263-040-7, S. 101.