Wohlverhaltenspflicht
Die Wohlverhaltenspflicht (auch Wohlverhaltensgebot genannt) ist ein zusammenfassender Ausdruck, der in gerichtlichen Entscheidungen und in der juristischen Fachliteratur verwendet wird, aber nicht in Gesetzen als Rechtsbegriff vorkommt. Der Begriff spielt insbesondere im Familien- und im Dienstrecht eine Rolle.
Beamtenrecht
Im Beamtenrecht gehört zum Wohlverhalten, dass der Beamte innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf verlangen (§ 61 BBG, § 34 BeamtStG).
Familienrecht
Im Bereich der familiären Verantwortung stellt sie sich als Loyalitätspflicht dar, die in § 1684 Abs. 2 BGB geregelt ist. Diese Vorschrift verpflichtet den umgangs- wie den sorgeberechtigten Elternteil dazu, das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil nicht zu stören und alles zu unterlassen, was die Verbindung beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.
Inhalt
Für einen Verstoß gegen das Wohlverhaltensgebot im Familienbereich kann es ausreichen, wenn die Mutter dem achtjährigen Kind freistellt, ob es den Umgang mit dem Vater wahrnehmen will.[1] Probleme zwischen den Eltern dürfen kein Grund sein, den Kontakt des Kindes mit einem Elternteil zu verhindern, sondern eher sich anzustrengen, um die Schwierigkeiten zu meistern.
Das Wohlverhaltensgebot wird weiter dahingehend ausgelegt, dass der Sorgeberechtigte auf das Kind einwirken soll, um mögliche Widerstände gegen den anderen Elternteil zu überwinden und eine positive Einstellung zu erzielen.
Die Verantwortung des sorgeberechtigten Elternteils für die seelische Gesundheit des Kindes gibt ihm nicht die Befugnis, allein zu entscheiden, ob ein Umgang mit dem anderen Teil möglich ist. Weder Vater noch Mutter haben das Recht, das Kind gerade in dem Konflikt zu instrumentalisieren, der zum Scheitern der Lebensgemeinschaft geführt hat.[2]
Hintergrund
Häufig leben Kinder nicht bei ihren Eltern oder nur bei einem Elternteil, worin das Gesetz bereits eine mögliche Störung im Eltern-Kind-Verhältnis erblickt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der mangelnde Kontakt das Kind von den Eltern entfremden kann. Aus diesem Grund fordert § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB, „dass zum Wohle des Kindes… der Umgang mit beiden Elternteilen“ gehöre, ein Grundsatz, zu dem das Umgangsrecht des Kindes mit beiden Eltern gem. 1684 Abs. 1 BGB und deren Pflicht sowie Recht korrespondiert, Umgang mit dem Kind zu pflegen.[3]
Das Umgangsrecht wird etwa relevant, wenn einem Elternteil das alleinige Sorgerecht übertragen wurde, wenn zwar ein gemeinsames Sorgerecht besteht, das Kind aber hauptsächlich bei einem Elternteil lebt oder wenn das Kind in einer Pflegefamilie untergebracht ist.
Die Beziehung zwischen Kindern und getrennt lebenden Eltern ist dann kinderfreundlich, wenn die Eltern sich auf ein sinnvolles Arrangement einigen, das den Neigungen des Kindes und des umgangssuchenden Elternteils in möglichst harmonischer Weise entgegenkommt. Ein Streit über den Umgang kann sich auf das Kind äußerst negativ auswirken und ihm schaden. Ein Grund für die Differenzen liegt häufig in dem unterschwelligen Misstrauen des obhutführenden Teils, der andere könne ihm das Kind entfremden oder beabsichtigen, das Sorgerecht zu ändern. Um das Kind zu schonen, wird den Eltern die Wohlverhaltenspflicht auferlegt.[4]
Einzelnachweise
- Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1684 BGB, Rn. 7.
- Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1684 BGB, Rn. 7–8.
- Dieter Schwab, Familienrecht, Die elterliche Sorge, C.H. Beck, München 2008, S. 349.
- Dieter Schwab, Familienrecht, Die elterliche Sorge, C.H. Beck, München 2008, S. 351.