Wirkungsorientierte Verwaltungsführung
Die Wirkungsorientierte Verwaltungsführung (WoV) ist die Schweizer und österreichische Variante des New Public Management, die schon in der Bezeichnung das Kernanliegen verdeutlicht: die wirkungsorientierte Steuerung, also eine Ausrichtung auf die beabsichtigten Wirkungen.
Geschichte
Schweiz
In der Schweiz finden ab 1991 erste Reformdiskussionen von Führungskräften der öffentlichen Verwaltung im Raum Bern statt. Gleichzeitig wird das Thema einer neuen Verwaltungsführung an der Universität St. Gallen unter der Leitung von Ernst Buschor und später Kuno Schedler auch akademisch aufgenommen. 1993 starten die ersten größeren Projekte, die sich primär auf die Frage konzentrieren, wie die Elemente des New Public Management im Schweizer Kontext angewendet werden könnten. Vorreiter sind die Kantone Bern, Zürich und Luzern sowie die Städte Bern, Baden und Köniz. Ab etwa 1996 beginnt in vielen Gemeinwesen die Pilotphase: die Wirkungsorientierte Verwaltungsführung geht in den Praxistest mit der neuen Führung mit Leistungsaufträgen und Globalbudgets. Ausnahme: der Kanton Zürich geht nach einem Volksentscheid direkt in die definitive Einführung. Ab 2000 finden diverse Evaluationen der Projekte und Entscheidungen für oder gegen die definitive Einführung statt. Parallel dazu erfolgt eine Erweiterung des Steuerungsinstrumentariums auf die mittelfristige Ebene (Aufgaben- und Finanzplanung), um die strategische Steuerung der Verwaltung zu stärken. Seit 2017 sind wichtige Elemente der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung auch in der Bundesverwaltung eingeführt.
Elemente der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung
Die Wirkungsorientierte Verwaltungsführung basiert zunächst vor allem auf drei Säulen:
- Konkretisierung der Steuerungsvorgaben durch Leistungs- und Wirkungsziele, nicht – wie herkömmlich – durch input-orientierte Mittelbereitstellung. Das geschieht meist durch Leistungsaufträge bzw. Leistungsvereinbarungen;
- Gewährung von mehr Entscheidungsfreiraum für Verwaltungsmanager im Einsatz der Ressourcen (meist durch das Globalbudget);
- Verwendung von wettbewerbsnahen Anreizmechanismen.
Mit diesen drei Hauptelementen soll der Fokus der politischen Steuerung von (zu) starker Ressourcen- zu vermehrter Leistungs- und Wirkungsorientierung gelenkt und die strategische Perspektive gestärkt werden („Tun wir die richtigen Dinge“). Gleichzeitig soll das Management in der öffentlichen Verwaltung verbessert werden.
In der späteren Entwicklung kommt das Element der Aufgaben- und Finanzplanung[1] dazu, das die mittelfristige Optik der Politik stärken soll.
Verbreitung
Schweiz
Die Wirkungsorientierte Verwaltungsführung (WoV) findet ihre größte Verbreitung auf der kantonalen Ebene. Fast alle Kantone der Schweiz haben wichtige Elemente der WoV eingeführt oder planen eine Einführung. 2007 hatten sechs von 16 Reformkantonen NPM in allen Verwaltungseinheiten flächendeckend eingeführt (Aargau, Bern, Luzern, Solothurn, Thurgau und Zürich).
Deutlich weniger Resonanz findet die WoV bei kleinen Gemeinden unter 10'000 Einwohnern. Die Kantone Zug, Schaffhausen und Basel-Landschaft lehnten eine flächendeckende Einführung ab. Die Städte Zürich und Dübendorf haben ihre Reformen abgebrochen.[2][3]
Das Neue Führungsmodell des Bundes[4] wurde am 1. Januar 2017 eingeführt und lehnt sich weitgehend an die Instrumente der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung an, allerdings in einer weiterentwickelten und für die Bundesverwaltung angepassten Form.
Allerdings hat die WoV dazu geführt, dass das Public Management zu einem wesentlichen Bestandteil der Ausbildung zukünftiger Verwaltungsführungskräfte geworden ist. Seit 1998 wurden in der Schweiz nicht weniger als 11 neue Forschungs- und Lehrinstitutionen zum Public Management geschaffen, die sich aktiv in der Praxis der Verwaltungsreform engagieren. 2002 erfolgt die Gründung des Kompetenzzentrums für Public Management an der Universität Bern.[5]
Zur WoV in der Schweiz gibt es mittlerweile eine breite Auswahl an wissenschaftlichen Beiträgen. Aktuelle Beiträge verzeichnet das Online-Verwaltungslexikon,[6] die Diskussion wird maßgeblich auch durch die Schweizerische Gesellschaft für Verwaltungswissenschaften SGVW[7] gefördert, die über aktuelle Entwicklungen und Neuerscheinungen berichtet.
Literatur
- Ernst Buschor: Wirkungsorientierte Verwaltungsführung. Zürcher Handelskammer, Zürich 1993
- Ernst Buschor: New public management: internationale Erfahrungen und Beiträge. Zuendel & Partner (Hrsg.), Verlag ddv, Heidelberg 1996, ISBN 978-3-930174-04-1
- Kuno Schedler: Ansätze einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung – Von der Idee des New Public Managements (NPM) zum konkreten Gestaltungsmodell: Fallbeispiel Schweiz. Bern: Haupt, 1995 ISBN 3-258-05308-1.
- Mastronardi, Philippe, und Kuno Schedler: New Public Management in Staat und Recht. Ein Diskurs. Bern: Haupt, 1998 ISBN 3-258-05788-5
- Alessandro Pelizzari: Finanzpolitik und gesellschaftspolitische Gegenreformen im Kanton Zürich. In: Die Ökonomisierung des Politischen. UVK/Raisons d'Agir, Konstanz 2001, ISBN 3-89669-998-9.
- Lienhard, Andreas, et al. (Hrsg.): 10 Jahre New Public Management in der Schweiz. Bern: Haupt, 2005. ISBN 3-258-06872-0
- Ladner, Andreas, et al.: Evaluation der Parlaments- und Verwaltungsreform. Neue Stadtverwaltung Bern NSB. Bern: KPM-Verlag, 2007 ISBN 978-3-906798-17-2
- Rieder, Stefan, und Thomas Widmer: Kantone im Wandel. Reformaktivitäten der Schweizer Kantone zwischen 1990 und 1999: Ursachen, Ausgestaltung und Konsequenzen. Bern: Haupt, 2007 ISBN 978-3-258-07249-4
Weblinks
- Martin Heimgartner, Andreas Dietrich: Wirkungsorientierte Verwaltungsführung in den Schweizer Kantonen. (PDF) Eidg. Finanzverwaltung Abteilung Ausgabenpolitik, 18. Dezember 2008, abgerufen am 14. Oktober 2014.
Einzelnachweise
- [Brühlmeier, Daniel; Haldemann, Theo; Mastronardi, Philippe & Schedler, Kuno: Politische Planung: mittelfristige Steuerung in der wirkungsorientierten Verwaltungsführung. Bern: Haupt, 2001 ISBN 3-258-06339-7]
- Mitteilungsblatt der Schweizerischen Gesellschaft für Parlamentsfrage vom August 2008, Nr. 2, 11. Jahrgang
- NZZ vom 28. August 2002: Auf Distanz zu New Public Management
- Neues Führungsmodell für die Bundesverwaltung, EFD
- Kompetenzzentrum für Public Management an der Universität Bern
- Online-Verwaltungslexikon
- Schweizerische Gesellschaft für Verwaltungswissenschaften SGVW