William Heath Robinson
William Heath Robinson (* 31. Mai 1872 in London; † 13. September 1944 ebenda) war ein britischer Karikaturist, Illustrator, Schriftsteller und Bühnenbildner. Bekannt wurde er durch seine komischen Zeichnungen von Maschinen, deren Kompliziertheit in keinem Verhältnis zu ihrem banalen Nutzen steht. Außerdem gilt Robinson als einer der bedeutendsten Buch-Illustratoren des Art Nouveau.
Leben und Werk
Er war Sohn des Illustrators und Holzschneiders Thomas Robinson. Seine Ausbildung erhielt er ab 1887 an der Islington School of Art, sowie 1890 kurzzeitig an der Royal Academy of Arts. Anfänglich noch der Landschaftsmalerei zugewandt, wandte er sich, wie auch seine beiden Brüder Charles Robinson und Thomas Heath Robinson, der Illustration von Büchern zu. Seine ersten Aufträge waren Don Quixote 1897 und Arabian Nights 1899. 1900 folgte ein Band mit Gedichten von Edgar Allan Poe, wie seine spätere Bebilderung der gesammelten Werke von François Rabelais durch zeichnerische Brillanz und präzis erzeugte Unheimlichkeit gekennzeichnet. Zu seinen zahlreichen Buchillustrationen gehörten auch Bilder zu Werken John Bunyans und William Shakespeares (A Midsummernight's Dream 1914).
Mit zwei Kinderbüchern, The Adventures of Uncle Lubin 1902 und Bill the Minder 1912, stellte Robinson unter Beweis, dass er als Autor für Kinder ebenso viel Talent besaß wie als Illustrator. Seine Bilder sind hier karikaturenhaft und grotesk-komisch. Seine Erzählungen sind ebenso skurril und so sehr im Stil der englischen Nonsense-Literatur gehalten, dass man vermuten darf, es seien wohl nicht nur Kinder als sein Lesepublikum avisiert gewesen. Nun tauchen auch die ersten Vorläufer seiner kuriosen Maschinen auf. Der Titelheld macht sich auf die Suche nach seinem von einem Vogel entführten Neffen, einem Baby, das er hätte beaufsichtigen sollen. Für die Verfolgung improvisiert er ein Flugzeug, einen Fesselballon sowie ein Segel- und ein U-Boot, wendet auch zahlreiche Tricks an wie etwa den, dass man eine Seeschlange mit auf den Schwanz gestreutem Salz besiegen kann. In Bill the Minder erzählt er 15 verrückte Geschichten und illustriert sie ebenso. Schließlich fanden die Erfindungen eines „mad scientist“ und zugleich genialen Professors in Norman Hunters The Incredible Adventures of Professor Branestawm (1933) in Robinson den kongenialen Illustrator. Seine Autobiographie My Line of Life erschien 1938.
Zahlreiche seiner Zeichnungen erschienen unter anderem in The Sketch, The Bystander, The Strand Magazine und The Illustrated London News.
Heath-Robinson-Apparate
Bei W. Heath Robinson finden sich unzählige Apparate, die absurde Hilfen für im Alltag zu bewältigende Aufgaben darstellen, wie etwa eine Rationierungsmaschine für Tee oder eine gewundene Abschussröhre für Tennisbälle, die den Ball in einer unvorhersehbaren Flugbahn auf den Spieler lenkt, um ihn zu trainieren. Diese Geräte haben gemein, dass der konstruktive Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.
Die von Robinson erdachten Apparate fallen weiterhin dadurch auf, dass sie aus willkürlichen und absurd anmutenden Gegenständen und Materialien zusammengebaut sind. Sie erwecken den Eindruck, als seien sie auf einem Sperrmüllhaufen gefunden worden. So finden sich Holzstücke, Haushaltsgegenstände, geknotete Seile, Zahnräder, Kugeln, Angelhaken und vieles mehr in bunter Zusammenstellung.
Kulturelle Bedeutung
Heath Robinson wurde mit seinen sonderlichen Maschinen und Apparaten, mit denen er sich parodistisch über die modernes Leben mehr und mehr begleitende Technik belustigte, zum Lieferanten eines Begriffs in der englischen Sprache: "Heath Robinson contraption" oder einfach "Heath Robinson" beschreibt, als Nomen oder Adjektiv verwendet, einen genial, bzw. lachhaft überkomplizierten Mechanismus.
Er fand bereits im Jahr 1912 eine erste dokumentierte Verwendung, als ein Abgeordneter des englischen Unterhauses eine österreichische Flugschau als eine mit "neumodischen Heath-Robinson-Apparaten" (wörtl. "Heath-Robinson-Contraptions") durchgeführte Veranstaltung beschrieb.[1] Seit 1917 wird der Ausdruck auch im OED verzeichnet.[2]
2021 kommentierte der Guardian, Theresa May habe für die Zeit nach dem Brexit auf "heathrobinsoneske Strukturen" gesetzt.[3]
Trivia
Entzifferungsmaschine
Während des Zweiten Weltkrieges wurde in der Forschungsabteilung des britischen Postministeriums in Dollis Hill für die Entzifferung der deutschen Lorenz-Schlüsselmaschine eine spezielle Maschine entwickelt und anschließend in der britischen Dienststelle Bletchley Park eingesetzt. Aufgrund ihres komplizierten Aufbaus wurde der Maschine der Name Heath Robinson in Anlehnung an dessen fantastische Apparaturen gegeben. Die Heath Robinson galt als langsam und unzuverlässig; sie diente jedoch dazu, die Theoreme des Entwicklers Max Newman als Vorläufer der Colossus-Dechiffrierungsmaschine zu verifizieren.[4]
Eigene Werke
Klassische Illustrationsarbeiten (Auswahl)
- The Poems of Edgar Allan Poe, London New York (Chiswick Press) 1900
- Miguel de Cervantes Saavedra, The Life and Conduct of the Ingenious Gentleman Don Quixote de la Mancha, London (Sands & Co.) 1903
- William Shakespeare's Comedy of a Midsummernight's Dream, London (Constable) 1914
- Hans Christian Andersen, Märchenschatz, München (Georg W. Dietrich) 1929
Kinderbücher (Auswahl)
- The Adventures of Uncle Lubin, London (Grant Richards) 1902
- Bill the Minder, London (Constable & Co.) 1912
- Vernaleken, William Heath Robinson's Book of Goblins, London (Hutchinson & Co.) 1934
„Heath-Robinson“-Apparate (Auswahl)
- Absurdities London (Duckworth) 1934
- Let's Laugh: A Book of Humorous Inventions, Contrived London (Duckworth) 1939
- Heath Robinson at War London (Methuen) 1942
- Heath Robinson Contraptions, London (Duckworth) New York (Overlook) 2007
Literatur über W.H.R.
Bücher
- Percy V. Bradshaw: The Art of the Illustrator: W. Heath Robinson and his Work, The Press Art School, 1918
- William Heath Robinson, My Line of Life (Autobiographie) London (Blackie) 1938
- H.B. Grimsditch: William Heath Robinson in Dictionary of National Biography 1941–1950, S. 729–730
- G.W. Langston Day: The Life and Art of W. Heath Robinson, Herbert Joseph, 1947
- John Lewis: Heath Robinson Artist and Comic Genius, Barnes and Noble, 1973
- Leo John De Freitas: The Fantastic Paintings of Charles and William Heath Robinson, Peacock/Bantam, 1976
- David Larkin (Hrsg.): Charles and William Heath Robinson, Constable, 1976 ISBN 978-0-09-461480-2
- Geoffrey Beare: The Illustrations of W. Heath Robinson, Alacrity, 1983, ISBN 978-0-907961-02-4
- Geoffrey Beare u.A.: W. Heath Robinson (1872–1944) – The Inventive Comic Genius of Our Age, Chris Beetles Ltd., 1987
- Ian Rogerson: The Robinson Brothers, Manchester Polytechnic Library, 1987
- Geoffrey Beare: Brothers Robinson, Chris Beetles Ltd., 1992, ISBN 978-1-871136-30-2
- Geoffrey Beare: Heath Robinson Advertising, Bellew Pub.Co., 1992, ISBN 978-1-85725-039-8
- James Hamilton: William Heath Robinson, Pavillion Books Ltd., London 1992, ISBN 1-85793-604-3
- Ian Chilvers: Robinson, William Heath. In: A Dictionary of Twentieth-Century Art. Oxford University Press, 1998.
Artikel
- Anonymus: Mr. W. Heath Robinson and his Work in The Strand Magazine, Juli 1908, S. 41 ff.
- Anonymus: A Maker of Absurdities in London Magazine, August 1908, S. 626
- W. Heath Robinson: How I Spend Christmas in The Bookman, Dezember 1909, S. 138
- Anonymus: Photographic Interviews No. V – A Famous "Sketch" Artist: Mr. Heath Robinson in The Sketch, 4. Januar 1911, S. 399–400
- Anonymus: Christmas Leaves from the Publishers in Illustrated London News, 7. Dezember 1912, S. 852
- A.E. Johnson: W. Heath Robinson in The Atheneum, 7. Juni 1913, S. 629
- A.E. Johnson: The Line Drawings of W. Heath Robinson in The Studio, Mai 1916, S. 223 ff.
- W. Heath Robinson: In the Days of My Youth in T.P.'s and Cassell's Weekly, 18. April 1925, S. 956, 964, 966
- A.L. Baldry: The Art of Mr. Heath Robinson in The Studio, Mai 1925, S. 242 ff.
- Christopher Mann: Heath Robinson as Advertisement Designer in Commercial Art, Juni 1927, S. 256 ff.
- Fenn Sherie: Joking Apart in Pearson's Magazine, Dezember 1930, S. 579 ff.
- Anonymus: The Heath Robinson "Ideal Home" at Olympia in Decoration, April 1934, S. 7 ff.
- Maurice Sly: How They Make You Laugh in The Sunday Statesman Magazine Section, 11. August 1938, S. 18
- Ian Coster: Interview with William Heath Robinson in London Opinion, August 1940
- Anonymus: Mr. Heath Robinson – Humorous Artist [Obituary] in The Times, 14. September 1944
- G.W. Langston Day: The Gadget King in Everybody's Weekly, 31. März 1945, S. 8–9
- Anonymus: Heath Robinson's Contraptions in Illustrated London News, Mai 1972, S. 35 ff.
- Lesley Garner: Magic in his Madness in The Sunday Times Magazine, 4. Juni 1972, Titelseite und S. 14–22
- Melvyn Horder: The World of Heath Robinson in Times Saturday Review, 21. Juli 1973
Sonstiges
- Cookham Festival: The Cookham Family Robinson, Cookham, Berkshire, 1971
- Andrew Greg: William Heath Robinson, Einführung zum Ausstellungskatalog, Portsmouth City Museum, 1975
- James Hamilton: William Heath Robinson, Einführung zum Ausstellungskatalog, Sheffield, Mappin Art Gallery, 1977
Siehe auch
Weblinks
- Literatur von und über William Heath Robinson im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- William Heath Robinson Stiftung
- Werke von William Heath Robinson im Angebot der Chris Beetles Gallery
- Verwaltung der Urheberrechte an Werken von William Heath Robinson aus dem Nachlass von Mrs. J.C. Robinson Pollinger Ltd., London
Einzelnachweise
- Langston Day, S. 136 (s. o., Bücher über W.H.R.)
- "Heath Robinson" in "Oxford Dictionaries", April 2010, Oxford University Press – http://oxforddictionaries.com/view/entry/m_en_gb0370150 (abgerufen am 31. Dezember 2010)
- The Guardian, Jonathan Powell: "My Secret Brexit Diary by Michel Barnier review – a British roasting", 25. September 2021
- Bletchley Park – National Codes Center – http://www.bletchleypark.org.uk/content/machines.rhtm (abgerufen am 31. Dezember 2010)