Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung
Die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung (WE-Heraeus-Stiftung) ist eine gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in Hanau. Sie wurde 1963 von dem Unternehmer-Ehepaar Wilhelm Heinrich Heraeus (1900–1985) und Else Heraeus (1903–1987) gegründet. Das kinderlose Ehepaar, dem Anteile an dem Technologie-Konzern Heraeus gehörten, hinterließ diese der Stiftung.[1]
Stiftungszweck ist die Förderung der Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Naturwissenschaften, insbesondere der Physik. Die Stiftung arbeitet eng mit der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) zusammen. Sie gilt als die bedeutendste private Fördereinrichtung auf dem Gebiet der Physik in Deutschland.
Die Stiftung arbeitet sowohl operativ als auch fördernd. Fördermittel müssen schriftlich beantragt werden. Alle Anträge werden von einem Wissenschaftlichen Beirat begutachtet.
Förderaktivitäten
Die bekannteste und älteste Förderaktivität der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung ist die Organisation von wissenschaftlichen Seminaren (WE-Heraeus-Seminare). Die Seminarthemen überdecken alle Forschungsgebiete der modernen Physik einschließlich Grenzgebieten. Das Markenzeichen dieser Workshop-artigen Veranstaltungen ist eine ungezwungene Atmosphäre, die viel Raum für informelle Gespräche und persönliche Kontakte bietet. Tagungsort ist in der Regel das Physikzentrum Bad Honnef. Über die Seminare wird regelmäßig in der DPG-Mitgliederzeitschrift („Physik Journal“) berichtet. Seit 1975 haben mehr als 700 WE-Heraeus-Seminare mit insgesamt mehr als 40.000 Teilnehmern, davon ca. 40 % aus dem Ausland, stattgefunden. Die seit 2019 stattfindenden binationalen WE-Heraeus-Seminare sind Veranstaltungen, die gemeinsam von deutschen und britischen, französischen oder polnischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern organisiert werden. Sie haben zum Ziel, existierende Kooperationen zwischen diesen Ländern zu stärken oder neue zu initiieren, und können in Deutschland oder dem Partnerland stattfinden.
Die Organisation von ein- oder mehrwöchigen internationalen Schulen (WE-Heraeus-Physikschulen) über aktuelle Forschungsthemen ist ein weiteres herausragendes Förderprogramm der Stiftung. Behandelt werden junge Forschungsgebiete, zu denen es noch keine Lehrbücher gibt. Seit 1989 haben mehr als 300 Physikschulen mit insgesamt knapp 15.000 Teilnehmern stattgefunden. Das Förderspektrum der Stiftung umfasst auch Klausurtagungen. Damit wird der mehrtägige Rückzug auf eine Hütte in den Bergen oder eine vergleichbare Einrichtung in schöner Umgebung gefördert, der den intensiven fachlichen Austausch ohne Zeitdruck erlaubt, eingebettet in gemeinsame soziale Aktivitäten.
Sehr populär unter Physik-Studenten in Deutschland ist das gemeinsam mit der DPG durchgeführte sogenannte WE-Heraeus-Kommunikationsprogramm. Es bietet Reisestipendien zum Besuch von DPG-Frühjahrstagungen. Voraussetzung ist ein wissenschaftlicher Tagungsbeitrag und DPG-Mitgliedschaft. Im Rahmen dieses Programms hat die Stiftung seit 1989 mehr als 30.000 Studierende gefördert. Darüber hinaus stellt die Stiftung Fördermittel für weitere gemeinsame Programme bereit, welche die DPG durchführt.
Seit einer 1999 vorgenommenen Satzungsänderung fördert die Stiftung auch Aktivitäten mit dem Ziel, bei Schülerinnen und Schülern sowie in der breiten Öffentlichkeit das Interesse an den Naturwissenschaften zu wecken oder zu stärken. Dazu zählen beispielhafte Einzelprojekte an Schulen und außerschulischen Lernorten wie Schülerlabore oder Schülercamps, Schülerwettbewerbe aller Altersstufen (insbesondere das German/International Young Physicists' Tournament GYPT bzw. IYPT) sowie Ausstellungen, die naturwissenschaftliche Zusammenhänge vermitteln.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Ausbildung von Lehrkräften und die Organisation von Lehrerfortbildung. Darüber hinaus vergibt die Stiftung Seniorprofessuren, die nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst einen innovativen Beitrag zur Ausbildung im Fach Physik leisten, sei es in der Lehramtsausbildung oder durch Schulprojekte.
Seit Mitte der 1970er Jahre hat die Stiftung im Rahmen ihrer Programme ca. 75.000 Wissenschaftler, Studierende und Schüler gefördert.
Organisation
Die Stiftung wird von einem ehrenamtlich tätigen Vorstand geleitet. Ein Vorstandsmitglied ist von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft nominiert. Dem Vorstand steht ein Beratergremium zur Seite, dem Physiker aus dem akademischen Bereich angehören. Der Vizepräsident der DPG ist ex officio Mitglied dieses Beirats. Die Stiftung hat einen hauptamtlichen Geschäftsführer.
Vorstand
- Jürgen Mlynek, Berlin (Vorsitzender)
- Ursula Heraeus, Freiburg
- Rolf-Dieter Heuer, Genf
- Dieter Röß, Hösbach (Ehrenvorsitzender)
- Joachim Treusch, Bremen (Ehrenvorsitzender)
Beirat
- Klaus Blaum, Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
- Klaus Dieterich, Stuttgart
- Katharina Kohse-Höinghaus, Universität Bielefeld
- Dieter Meschede, Universität Bonn
- Heike Riel, IBM-Forschungslabor Rüschlikon
- Wolfgang Schleich, Universität Ulm
- Johanna Stachel, Universität Heidelberg
- Claudia Steinem, Georg-August-Universität Göttingen
- Matthias Steinmetz, Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam
- Metin Tolan, Technische Universität Dortmund
- Maria Roser Valentí, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
- Michael Winkhaus, Carl-Fuhlrott-Gymnasium Wuppertal