Wilhelm Schmid (Maler, 1812)
Wilhelm Schmid (* 25. April 1812[1] in Berlin; † 10. Januar 1857 in Koblenz) war ein deutscher Maler, vor allem Porträtist.
Leben und Wirken
Herkunft und Ausbildung
(Friedrich) Wilhelm Schmid war das jüngste von fünf Kindern des Malers Peter Schmid und seiner Ehefrau Barbara Maria geborene Saarburg. Die Familie stammte ursprünglich aus Trier, wurde aber 1810 in Berlin ansässig. Der Vater Peter Schmid machte dort als Reformer des Zeichenunterrichts in Theorie und Praxis, als Fachschriftsteller und als Porträtist eine beachtliche Karriere und wurde mit dem Professorentitel ausgezeichnet. Seinen Kindern vermittelte er eine intensive künstlerische Ausbildung,[2] die bei Wilhelm Schmid wie auch bei dessen Bruder Carl Friedrich (Ludwig) Schmid (Stettin 1799 – 1885 Florenz) zur erwünschten Berufswahl als Maler führte. Ob Wilhelm Schmid nach der Vorbereitung durch seinen Vater auch an der Kgl. Preußischen Akademie der Künste in Berlin studierte, bleibt offen. Zum ordentlichen Mitglied der Akademie wurde er jedenfalls nicht berufen.[3]
Künstlerischer Werdegang in Berlin
Wilhelm Schmid spezialisierte sich auf die Porträtmalerei, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf eine außerordentlich hohe Nachfrage stieß. Neben dem Hof wurde die neue Schicht eines erstarkten und selbstbewussten Bürgertums zum großen Auftraggeber der Porträtmaler. So konnten für die Stadt Berlin im Zeitraum von 1820 bis 1850 rund 3500 Porträts von 470 Malern (nur Ölgemälde, andere Techniken und Miniaturen nicht mitgerechnet) nachgewiesen werden.[4] Auch Wilhelm Schmid profitierte von diesem Boom. Er beteiligte sich ab 1834 regelmäßig an den Akademischen Kunstausstellungen Berlin, „dem Zentral- und Sammelpunkt des Berliner Kunstlebens“ (Rosenberg). Zeitgenössisch wurde er als „Maler von Berlin“ bezeichnet, der durch zahlreiche Porträts, Brustbilder und Kniestücke, teilweise in Lebensgröße, bekannt sei. Seine überlieferten Ölgemälde reihen sich zwanglos in den Typus des realistischen Gesellschaftsporträts des Biedermeier ein, geprägt von der neuen Vornehmheit des Schlichten und Natürlichen. Ausgeglichene Ruhe und zurückhaltender Ernst tragen den Stimmungsgehalt. Die Modelle posieren großfigurig vor dunklem Hintergrund, das Licht konzentriert sich auf den Kopf, um das Antlitz zur bestmöglichen Wirkung zu bringen. Beispielhaft steht das 1838 gefertigte Bildnis des jungen Trierer Juristen Friedrich Carl Theodor Schmeltzer, der in Berlin gerade sein Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen hatte und später als Landgerichtsrat in Trier wirkte.[5] Zwei Jahre später porträtierte Wilhelm Schmid auch dessen Vater, den Trierer Gutsbesitzer und leitenden Verwaltungsbeamten Jacob Christian Schmeltzer,[6] anlässlich des 50-jährigen Dienstjubiläums und der Verleihung des Titels „Geheimer Regierungsrat“.
Das Schiller-Bildnis
Gegen Ende der 1830er Jahre, noch während seiner Berliner Zeit, schuf Wilhelm Schmid ein Schiller-Porträt, das als „Schmid-Typus“ in den Bilddiskurs zu Friedrich Schiller einging. In einer Waldlaube sitzend hat Schiller gerade seine Lektüre unterbrochen und lauscht mit empor gerichtetem Blick der Stimme der Natur. Schmid ließ den Dichter wie einen zweiten Jean Jacques Rousseau in den populären französischen Darstellungen des frühen 19. Jahrhunderts agieren. Die Übertragung auf den deutschen Bereich galt als bahnbrechend, zumal Schiller die Schriften Rousseaus in seiner Jugend begeistert aufgenommen hatte. Das originale Ölgemälde Schmids gilt heute zwar als verschollen.[7] Es war jedoch noch vor 1840 durch den Weimarer Hofkupferstecher Carl August Schwerdgeburth in einen weit verbreiteten Stich umgesetzt worden.[8]
In der Rheinprovinz
Nach mehreren Porträtaufträgen in Trier verlegte Wilhelm Schmid um 1840 seinen Wohnsitz nach dort und beteiligte sich auch gleich an der Trierer Gewerbeausstellung 1840 mit vier, im Katalog nicht näher bezeichneten Porträts.[9] Wenig später zog er weiter nach Koblenz, damals Sitz des Oberpräsidiums der Rheinprovinz mit finanzkräftiger Entourage und Hochburg des Rheintourismus. Von 1844 an bis zu seinem frühen Tod 1857 verzeichnen die Adressbücher der Stadt Koblenz den „Maler“ Wilhelm Schmid mit wechselnden Anschriften.[10] Als ausgezeichneten Porträtisten belegt ihn das 1848 gefertigte Bildnis des Casinodirektors Johann Josef Reiff aus Koblenz, das bisher nur unter „Monogrammist W. S.“ geführt wurde.[11] Soweit die wenigen biografischen Angaben eine Tätigkeit Wilhelm Schmids als Zeichenlehrer erwähnen, lässt sich eine Anstellung im öffentlichen Dienst, etwa am Königlichen Gymnasium Koblenz, nicht nachweisen.[12] Er erteilte jedoch privaten Mal- und Zeichenunterricht. Seine prominenteste Schülerin[13] war Prinzessin Luise von Preußen, die von 1850 bis zu ihrer Hochzeit 1856 mit Friedrich I. Großherzog von Baden in Koblenz lebte.
Werke
Wilhelm Schmid signierte überwiegend sehr zurückhaltend und lediglich mit seinem Monogramm „W. S.“, was die Zuordnung an den Maler erheblich erschwert. Derzeit sind nur wenige Arbeiten sicher nachzuweisen.
- 1834: Canova’s Hebe. Akademische Kunstausstellung Berlin.[14]
- 1834: Rotunde im Königlichen Museum.
- 1836: Weibliches Kniestück. Akademische Kunstausstellung Berlin.
- 1838: Ein Familienbild. 6 Fuß breit, 5 Fuß hoch. Akademische Kunstausstellung Berlin.
- 1838: Mehrere Porträts.
- 1838/1840: Porträt des Dichters Friedrich Schiller, Ölgemälde, verschollen.
- 1838: Porträt des Juristen Friedrich Carl Theodor Schmeltzer, Trier. Stadtmuseum Simeonstift Trier.
- 1839: Porträt der Anna Johanna Lintz geborene Grach, Trier.[15]
- 1839: Porträt (zugeschrieben) des Kaufmanns Johann Baptist Grach, Trier.
- 1840: Porträt des Geheimen Regierungsrats Jakob Christian Schmeltzer, Trier.
- 1840: Porträt des Generalmajors von Hüser, Kommandeur der 16. Division. Akademische Kunstausstellung Berlin.[16]
- 1840: 4 Porträts, Gewerbeausstellung Trier.
- 1848: Porträt des Casinodirektors Johann Josef Reiff, Koblenz. Mittelrhein-Museum Koblenz.
Literatur
- Friedrich Mohr: Zur Geschichte der Schiller-Bilder. Krabben’sche Buchdruckerei Koblenz 1860.
- Georg Kasper Nagler: Neues allgemeines Künstler-Lexikon, 15. Band, München 1845, unveränderter Abdruck, Linz 1910, S. 367.
- Binder: Schmid, Peter. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 31, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 689–692.
- Adolf Rosenberg: Die Berliner Malerschule: 1819 – 1879. Studien und Kritiken. Berlin 1879.
- Käte Gläser: Das Bildnis im Berliner Biedermeier. Teil 1, Berlin o. J. (1932); Teil 2: Berliner Porträtisten 1820–1850. Versuch einer Katalogisierung. Berlin o. J. (1929), S. 68.
- Schmidt, Wilhelm. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 30: Scheffel–Siemerding. E. A. Seemann, Leipzig 1936, S. 168.
- Joachim Grossmann: Künstler, Hof und Bürgertum – Leben und Arbeit von Malern in Preußen 1786–1850. Berlin 1994, Zugleich: Essen, Univ. Diss., 1992.
- Klaus Fahrner: Der Bilddiskurs zu Friedrich Schiller. Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Stuttgart, Band 82. Stuttgart 2000. S. 124–134.
- Bénézit: Dictionary of Artists, Band 12, Éditions Gründ, Paris 2006, S. 668.
- Allgemeines Künstlerlexikon. Bio-bibliographischer Index A–Z. 2. Aufl. Band 10, K. G. Saur, München, Leipzig 2008, S. 815.
Weblinks
Einzelnachweise
- Nach Auskünften des Katholischen Dompfarramtes St. Hedwig Berlin vom 20. März und 24. April 2014 belegt ein Eintrag in einem Registerauszug unter der lfd. Nummer 311 das bisher unbekannte Datum des 25. April 1812 für die Geburt von „Friedrich Wilhelm Schmidt“. Da das zugehörige Matrikelbuch verloren ist, lässt sich nicht mehr überprüfen, ob es sich eventuell auch um das Taufdatum handeln könnte. (Der Familiennamen Schmid wird zeitgenössisch auch in der Schreibweise „Schmidt“ angegeben).
- Theodor Wunderlich: Peter Schmids Leben und Werke. Unter besonderer Berücksichtigung seiner Bedeutung für die Entwickelung des Körperzeichnens und auf Grund bisher nicht veröffentlichter Quellen dargestellt. Mit dem Portrait und der Handschrift Peter Schmids. Dresden 1888. Hier S. 20 mit kurzen biografischen Angaben zu den Kindern des Malers, u. a. zu Wilhelm Schmid und dem in Aachen zum Professor berufenen Carl Friedrich Ludwig Schmid.
- Sein Name ist im Verzeichnis der ordentlichen Mitglieder nicht aufgeführt: Historisches Archiv der Akademie der Künste in Berlin; https://www.adk.de/de/akademie/mitglieder/suche.htm?dosearch=1&allmg=1&sq=Schmid&status=&sektion=&epoche=&von=1812&bis=1900&volltext=
- Käte Gläser, wie Lit. Verz. Teil 1, S. 26.
- Wilhelm Schmid: Porträt des Friedrich Carl Theodor Schmeltzer, signiert und datiert: „W. S. 1838“, Öl auf Leinwand, 90 cm × 68 cm. Stadtmuseum Simeonstift Trier. Die biografischen Daten zu Friedrich Carl Theodor Schmeltzer (1814–1895) nach: Carl Bittmann: Jacob Christian Schmeltzer und die Achard’sche Departements-Zuckerfabrik im St. Agnetenkloster zu Trier Anno 1811–1814. Trierisches Archiv – Ergänzungsheft II, Trier 1901, S. 64–66.
- Wilhelm Schmid: Porträt des Jacob Christian Schmeltzer, signiert und datiert: „Wilh. Schmid-Berlin pinx. 1840.“ Veröffentlicht als Frontispiz in: Carl Bittmann, wie vor. Zu Jacob Christian Schmeltzer (1770–1864) auch: Gabriele B. Clemens: Die Notabeln der Franzosenzeit. In: Elisabeth Dühr und Christl Lehnert-Leven (Hrsg.): Katalog-Handbuch zur Ausstellung „Unter der Trikolore – Trier in Frankreich … Napoleon in Trier“, Trier 2004, Band 1, S. 170–171.
- Auskunft des Schiller-Nationalmuseums – Deutsches Literaturarchiv in Marbach vom 1. Februar 2005.
- Kupferstich, vor 1840, 44,4 cm × 34,5 cm, bezeichnet: „Gem. v. W. Schmidt (sic), gest. v. C. A. Schwerdgeburth, Druck v. F. A. Zehl in Lpz“. Stadtmuseum Simeonstift Trier, Inv. Nr. V 609.
- Der Katalog der Akademischen Kunstausstellung Berlin 1840 verzeichnet den Zusatz: „Wilhelm Schmid aus Berlin, Luisenstraße 21, jetzt in Trier.“ Auch das „Verzeichnis der in dem hiesigen Theatersaale ausgestellten Gewerbe-Erzeugnisse: Gewerbe-Ausstellung in Trier im Jahre 1840“. Trier 1840, S. 8, führt Wilhelm Schmid als „Maler in Trier“ mit vier ausgestellten Porträts auf.
- Die Adressbücher verzeichnen u. a.: für 1844 – Rheinzollstraße; für 1852 – Neustadt 18; für 1853 – Schanzenpforte 6. https://www.dilibri.de/rlb/periodical/pageview/47610?query=Schmid%20wilhelm
- Wilhelm Schmid: Porträt des Johann Josef Reiff, signiert und datiert „W. S. 1848“, Öl auf Leinwand, 63 cm × 55 cm. Mittelrhein-Museum Koblenz, Inv. Nr. M 264. Verzeichnet in: Klaus Weschenfelder: Bestandskataloge des Mittelrhein-Museums Koblenz, Band VI: Die Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts, Koblenz 1999, S. 99.
- Die Adressbücher der Stadt Koblenz führen „Gotthard“ als Zeichenlehrer am Königlichen Gymnasium auf. So auch Julius Meier-Graefe: Hans von Marées, Band 1, S. 56, Anm. 33.
- Theodor Wunderlich, wie vor
- Verzeichnis der Werke lebender Künstler auf der Ausstellung der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin im Landesausstellungsgebäude: Jg. 1834, S. 57; Jg. 1836, S. 63; Jg. 1838, S. 52.
- Porträt der Anna Maria Lintz geborene Grach, Ehefrau des Kaufmanns und Gutsbesitzers Johann Jakob Lintz, signiert und datiert: „W.S. 39“, Ölgemälde, 51 × 44 cm und (zugeschrieben) Porträt ihres Bruders, des Kaufmanns und Weingroßhändlers Johann Baptist Grach, ohne Signatur, Ölgemälde, 50 × 44 cm. Beide verzeichnet in: Katalog der Portraits-Ausstellung: Trierer vor 100 Jahren. Trier 1929, S. 42 (Nr. 39 und 40).
- Helmut Börsch-Supan: Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1786–1850, Berlin 1971, Registerband S. 82.