Vincenz Grüner
Vincenz (Vinzenz) Raimund Grüner (* 1771 in Prag; † 6. August 1832 in Wien) war ein Kupferstecher und Schriftsteller in Wien. Er verfertigte Illustrationen zu deutschen Klassiker-Ausgaben (Goethe, Shakespeare, Schiller). Goethe bezeichnete ihn in einer Tagebuchaufzeichnung vom 3. Juni 1829 als „Maler und Kupferstecher“, und von ihm sind drei Briefe an Grüner erhalten.[1] Weiters verfasste er mehrere Schauspiele, Opernlibretti, Gedichte, Erzählungen und Romane.[2]
Leben
Grüner übersiedelte in den 1790er Jahren nach Wien und trat 1796 als Schüler in die Wiener Akademie der Künste ein. 1822 bewarb er sich erfolglos um die Stelle eines Lehrers für graphische Künste an der Kunstakademie in Prag. Trotzdem kehrte er 1825 nach Prag zurück und arbeitet dort als Kupferstecher und Schriftsteller. Ende der 1820er Jahre kehrt er aber wieder nach Wien zurück.
Die „Darstellung des Fabrik- und Gewerbswesens“ von Stephan von Keeß (1824) lobt ihn für seine Versuche, statt Kupfer in anderen Metallplatten (Stahl) zu radieren.[3]
Werke
Seine Kupferstiche wurden zuerst von Deutsch in chronologischer Folge verzeichnet.[4][5] Seine Umriss-Stiche zum Wiener Raubdruck einer Goethe-Ausgabe (26 Bände, 1810–1817)[6][7] enthalten die erste Illustration zu Faust nach Erscheinen der Ausgabe Der Tragödie erster Teil[8] sowie die seltene Illustration von Goethes Weiterbearbeitung der „Zauberflöte“.[9] Außerdem stammt von ihm die erste bildliche Darstellung der Oper Fidelio von Beethoven.[10]
Zu seinen frühesten Werken gehören Stiche zu den Ovidschen Verwandlungen (1791),[11] zu den spätesten die „Trachten aus Böhmen“ (Prag, um 1830). Die meisten seiner Stiche illustrieren eigene Schriften, vor allem moralisierende Belehrungsbücher für die Jugend, patriotische Erzählungen, Puppenspiele. Einzelblätter zeigen Architekturveduten aus Wien und Umgebung („Ansicht von Baaden in Oesterreich“, „Die St. Karlskirche in der Vorstadt Alt-Wieden“, „Schloss Eichberg“), Porträts (zum Beispiel den Botaniker Thaddäus Haedke, den Minister Franz von Thugut), zeitgeschichtliche und patriotische Szenen (Monarchen und hohe Beamte des Wiener Kongresses 1815, „Franz I. an einem Tage des allen Ständen gewährten Zutrittes zu S. A. H. Person“), Volksfeste („Brigitten-Kirchtag bei Wien 1810“) und Trachten (34 „Volkstrachten aus Böhmen“).
Schriften
- Der böse Findling, oder der Schauerthurm. Franz Haas, Wien / Prag 1798, OCLC 78411926. Google books mit Titelkupfer und -vignette.
- Friedrich Wilhelm Pfautsch: Die zwölf Monathe. Ein Festgeschenk für die fleissige und gebildete Jugend. Eigenverlag, Wien 1832, OCLC 177732288 (12 illuminirten Kupfern). Ausgabe 1841 Google books.
- Der treue österreichische Unterthan bei der glücklichen Ankunft unsers gnädigsten Monarchen zu Wien, nach dem siegreich erkämpften Frieden im Jahre 1814. Wien 1814.
Literatur
- Vincenz Grüner. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 63, Saur, München u. a. 2009, ISBN 978-3-598-23030-1, S. 378.
- Hans Vollmer: Grüner, Vincenz Raimund. In: Ulrich Thieme, Fred. C. Willis (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 15: Gresse–Hanselmann. E. A. Seemann, Leipzig 1922, S. 131 (Textarchiv – Internet Archive).
Weblinks
Einzelnachweise
- Goethes Werke. Weimarer Ausgabe. Band 41. Böhlau, Weimar 1907, S. 181, Abt. IV.22, Nr. 6282..
- Vincenz Raimund Grüner. In: Karl Goedeke (Hrsg.): Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. 2. Auflage. Band XI/2: Vom Weltfrieden bis zur französischen Revolution 1830. L. Ehlermann, Düsseldorf 1953, S. 175.
- Stephan von Keeß: Darstellung des Fabrik- und Gewerbswesens in seinem gegenwärtigen Zustande. Mörschner und Jasper, Wien 1824, S. 19.
- Otto Erich Deutsch: Goethe und Vinzenz Raimund Grüner. Mit einem unbekannten Goethebrief. In: Zeitschrift für Bücherfreunde. Band XI (Neue Folge), 1920, S. 190–192.
- Payer v. Thurn: [Nachtrag. Grüner]. In: Zeitschrift für Bücherfreunde. Band XII (Neue Folge), 1920, Sp. 75–77 (Beiblatt).
- J. W. Goethe: Goethe’s sämmtliche Schriften. Josef Geistiger, Wien (1810–1817).
- Waltraud Maierhofer: Die Titelkupfer von Moritz von Schwind, Vincenz Grüner und weiteren Wiener Künstlern zu zwei Goethe-Werkausgaben. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte. Band LXV, 2018, S. 105–131 (books.google.de).
- R. F. Arnold: Der erste Illustrator zu Goethes Faust. In: Chronik des Wiener Goethe-Vereins. Band 34, 1924, S. 31–33.
- Vincenz Grüner. Mit Abb. In: Jahrbuch des Wiener Goethe-Vereins. Band 102. Wien 1999, S. 64.
- "Fidelio". In: J. F. Castelli (Hrsg.): Wiener Hof-Theater Taschenbuch auf das Jahr. J. B. Wallishaußer, Wien 1815, Digitalisat Bayerische Staatsbibliothek https://opacplus.bsb-muenchen.de/Vta2/bsb10573622/bsb:6690119?page=19.
- Ovids Verwandlungen, in Kupfern und mit den nöthigen Erläuterungen herausgegeben von einer Gesellschaft. 3 Bde. Mit Stichen von Stöber, Antropp, Ponheimer, Grüner u. a. Alberti, Wien 1791, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00074246-2.