Verspätungszuschlag (Deutschland)
Ein Verspätungszuschlag ist im deutschen Recht eine steuerliche Nebenleistung i. S. d. § 3 Abs. 4 AO, die gegen denjenigen festgesetzt werden kann, der eine erforderliche Steuererklärung unentschuldbar nicht oder nicht fristgerecht abgibt. Die Rechtsgrundlage ist § 152 AO. Der Zweck des Verspätungszuschlags findet sich in seiner Eigenschaft als besonderes finanzielles Druckmittel der Finanzverwaltung mit präventivem Charakter zur Sicherung eines zügigen und ordnungsgemäßen Veranlagungsverfahrens. Liegen die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vor, hat die Finanzbehörde ein Ermessen, ob und ggf. in welcher Höhe sie einen Verspätungszuschlag festsetzt, wobei bestimmte Höchstgrenzen zu beachten sind.
Der Verspätungszuschlag wegen nicht fristgerechter Abgabe der Steuererklärung ist zu unterscheiden vom Säumniszuschlag, der bei nicht fristgerechter Zahlung der Steuer erhoben wird, und von den Steuerzinsen, die von der Zeitdauer seit Entstehung der Steuer abhängig sind.
Voraussetzungen für die Festsetzung
Ein Verspätungszuschlag kann unter den folgenden Voraussetzungen festgesetzt werden:
- Nichtabgabe oder verspätete Abgabe der Steuererklärung:
- die Pflicht, bzw. die Frist zur Abgabe der Steuererklärung werden durch Gesetz vorgegeben, können aber auch im Einzelfall durch einen Verwaltungsakt gesetzt oder verlängert werden. Nur wenn eine Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung besteht und sowohl die gesetzliche, als auch die einzeln vorgegebene Frist verstrichen sind, wurde die Erklärung nicht, bzw. verspätet abgegeben.
- Unentschuldbarkeit der Verspätung:
- Ein Verspätungszuschlag darf nicht festgesetzt werden, wenn die fehlende bzw. verspätete Abgabe der Steuererklärung entschuldbar erscheint (§ 152 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Frage, wann ein Versäumnis entschuldbar erscheint, lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden. Regelmäßig wird jedoch ein unentschuldbares Versäumnis angenommen, wenn die Steuererklärungen wiederholt nicht oder nicht fristgemäß abgegeben wurden oder die von der Finanzbehörde bewilligten Fristen nicht eingehalten wurden.
- Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen muss sich der Steuerpflichtige anrechnen lassen (§ 152 Abs. 1 Satz 3 AO). Erfüllungsgehilfen sind diejenigen, derer sich der Steuerpflichtige zur Erstellung und Abgabe der Steuererklärung bedient, also insbesondere auch Steuerberater.
- Der Steuerpflichtige bzw. sein Vertreter muss die Gründe, die das Versäumnis entschuldbar erscheinen lassen, darlegen und glaubhaft machen.
- Entschließungsermessen der Finanzbehörde:
- Die Finanzbehörde hat bei der Entscheidung, ob sie einen Verspätungszuschlag festsetzt, ihr Ermessen (Entschließungsermessen) pflichtgemäß auszuüben (§ 5 AO) und zu begründen. Dabei ist zunächst der Zweck des Verspätungszuschlags, die Art und der Umfang des Verschuldens, aber auch die Dauer und möglicherweise die Häufigkeit der Verspätung zu berücksichtigen.
- Bei Voranmeldungen liegt kein Ermessensfehler vor, wenn die Finanzbehörde auch bei nur kurzfristig verspäteter Abgabe einen Verspätungszuschlag festsetzt.
Höhe des Verspätungszuschlags
Die Höhe des Verspätungszuschlags bewegt sich zwischen einer Höchstgrenze und dem maßgeblichen Ermessensbetrag der Behörde:
Der Verspätungszuschlag durfte 10 % der festgesetzten Steuer oder des festgesetzten Messbetrags und 25.000 Euro nicht übersteigen (§ 152 Abs. 2 Satz 1 AO). Für die Berechnung kommt es auf den Steuerjahresbetrag, nicht auf den Abschlusszahlungsbetrag an. Diese Regelung galt letztmals für das Steuerjahr 2017.
Bei der Begrenzung des Verspätungszuschlags nach unten hat die Finanzbehörde ein Auswahlermessen. Auch hier ist wieder neben dem Zweck der Vorschrift, auf die Dauer und die Häufigkeit der Fristüberschreitung einzugehen. Daneben sind aber auch die Höhe des Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen (§ 152 Abs. 2 Satz 2 AO). Je nach den Umständen des Einzelfalls gilt demnach grundsätzlich das Folgende:
- die Höhe des Verspätungszuschlags kann den durch die verspätete Abgabe der Erklärung gezogenen Vorteil erheblich übersteigen
- weil die Höhe des Zuschlags nicht durch das Maß des gezogenen Vorteils begrenzt wird, kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Höhe ein Zinsvorteil erzielt wurde
- die Festsetzung ist auch möglich, wenn es aufgrund von Anrechnungsbeträgen zu einer Steuererstattung gekommen ist
- Es ist in schweren Fällen ermessensgerecht, den Verspätungszuschlag als angemessene Sanktion anzusetzen
Festsetzung
Die Festsetzung erfolgt durch Verwaltungsakt – grundsätzlich zusammen mit dem Steuerbescheid, dem Steuermessbescheid oder einem sonstigen Grundlagenbescheid (§ 152 Abs. 3 und 4 AO). Bei verspäteter Abgabe einer Steueranmeldung wird der Verspätungszuschlag zwangsläufig gesondert festgesetzt.
Rechtsbehelf und Änderungsantrag
Gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags kann Einspruch eingelegt und ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden.
Ändert sich nach Unanfechtbarkeit des Verspätungszuschlagsbescheids der hierfür maßgebende Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen, so ist – wegen fehlender formeller Verbindung zwischen Steuerbescheid und Verspätungszuschlagsbescheid – nicht automatisch eine Änderung des Verspätungszuschlags die Folge (denn der maßgebende Steuerbescheid ist hier kein Grundlagenbescheid). Diesbezüglich notwendig ist ein Antrag auf Herabsetzung oder Aufhebung des Verspätungszuschlags nach den allgemeinen Änderungsvorschriften (§ 130 AO, § 131 AO).
Eine bezüglich dieses Antrags getroffene Entscheidung der Finanzbehörde, den bisher festgesetzten Verspätungszuschlag unverändert bestehen zu lassen, ist ein Verwaltungsakt, der seinerseits wiederum mit dem Einspruch anfechtbar ist.
Neuregelung ab 2018
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens[1] werden mit Wirkung für Steuererklärungen, die nach dem 31. Dezember 2018 einzureichen sind, folgende Änderungen eingeführt:
- Eine automatische Festsetzung von Verspätungszuschlägen soll dann nicht in Betracht kommen, wenn die Steuer auf null Euro bzw. auf einen negativen Betrag festgesetzt wird oder sich keine Nachzahlungen ergeben.
- Der Verspätungszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat 0,25 % der festgesetzten Steuernachzahlungen, mindestens jedoch 25 Euro monatlich; der Höchstbetrag bleibt bei insgesamt 25.000 Euro. Verspätungszuschläge werden ab dem 15. Monat erhoben, also z. B. für die Steuererklärung für 2018 ab März 2020.[2]
- Bei Rentenempfängern, die davon ausgegangen sind, keine Steuererklärungen abgeben zu müssen, wird der Verspätungszuschlag erst ab dem Monat berechnet, der der in der Aufforderung bezeichneten Erklärungsfrist folgt.
Fußnoten
- BGBl. 2016 I S. 1679
- Verspätungszuschlag § 152 AO - Finanzamt & steuerliche Nebenleistungen. Abgerufen am 8. Januar 2019.