Verein Vorwärts
Der Verein Vorwärts wurde 1846 als Arbeiterbildungsverein von Zigarrenmachern in Bremen gegründet. Heute ist der Turn- und Sportverein einer der ältesten der Stadt.
Geschichte
Die Gründung des Vereins „Vorwärts“ fällt in eine Zeit der Unruhe, die aber in Bremen kaum politisch geprägt ist. Es geht mehr um das Verlangen nach „ein bißchen mehr Brot, ein bißchen mehr Recht und ein bißchen mehr Menschlichkeit.“[1] Zur größten Gruppe des sogenannten Industrieproletariats gehören die Arbeiter in der Zigarrenherstellung. Seit Beginn der Handelsbeziehungen mit Südamerika in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts nahm die Zigarrenherstellung in Bremen einen raschen Aufschwung. Über 2000 Arbeiter sind 1841 in 185 Zigarrenbetrieben, meist Klein- und Kleinstbetriebe, beschäftigt. Bis 1848 hat sich die Zahl mehr als verdoppelt.
Bremer Bürgern fallen die Tabakarbeiter unangenehm auf, das damals vorherrschende Bild beschreibt die Vereinsschrift des „Vorwärts“:
„Ohne jegliche Erziehung aufgewachsen, schon in der Kindheit durch die Arbeit stark in Anspruch genommen, im allgemeinen nur geringe oder gar keine Schulkenntnisse besitzend, herrschte bei ihnen ein derber und rauher Ton und führte die gut bezahlte Akkordarbeit leicht zu Trunk und Kartenspiel und allerlei unsinnigen Streichen.“[2]
Bei einer Abendgesellschaft des Kaufmanns Johann Caspar Koop diskutiert man über die Probleme mit den Zigarrenarbeitern. Dabei setzt Karl Theodor Andree, Redakteur bei der Bremer Zeitung, dem allgemein negativen Urteil gegenüber dieser Arbeitergruppe seine Überzeugung entgegen, dass eine bessere Bildung und gezielte Freizeitangebote ihr Ansehen verbessern werden. Koop und Andree organisieren im Dezember 1846 ein erstes größeres Treffen mit den Zigarrenarbeitern, bei dem 144 Personen ihren Beitritt erklären und einen Vorstand wählen.
Im Mai 1847 beschließt der Verein, sein Angebot auf eine größere Gruppe auszuweiten, so dass jeder unbescholtene Arbeiter und jeder, der den Zweck des Vereins fördern will, Mitglied werden kann. Ziel ist die sittliche und geistige Bildung, politische Absichten lehnt der Verein entschieden ab, was ihm nach der Revolution 1852 zugutekommt. Während manche Vereine verboten werden, kommt der Vorwärts unbeschadet davon.
Mit einem Problem aber kämpft der Verein seit seiner Gründung: Die angemieteten Räume sind zu eng oder werden gekündigt, weil die Wirte mit dem geringen Verzehr der Vereinsmitglieder unzufrieden sind. So bemüht man sich, durch die Herausgabe von Aktien Geld für ein eigenes Heim zu sammeln und kann 1853 ein Haus in der Sandstraße 5 erwerben, das spätere Haus „Vorwärts“. Dort entstehen Unterrichtsräume und für die von Wilhelm Hufeland 1847 gegründete Turnerschaft wird 1859 eine 165 m2 große Turnhalle mit darüberliegendem Saal und Bibliothekszimmer gebaut, die allerdings bald in der Größe den Ansprüchen nicht mehr genügt. Eine wichtige Einnahmequelle für den Verein sind aber gerade die Turner, neben den Abendunterhaltungen die einzigen Angebote die kostendeckend sind.
Der Unterricht hingegen, der Leitgedanke bei der Vereinsgründung war, lässt sich von den Beiträgen nicht selbständig finanzieren. So wird die nicht einmal 30 Jahre alte Turnhalle 1887 abgerissen und durch einen Neubau mit 250 m2 ersetzt. Diese Halle bleibt bis zum Umzug des Vereins 1973 in die Violenstraße in Betrieb und war nach dem Zweiten Weltkrieg eine der wenigen Möglichkeiten für größere Versammlungen. Ihr Abriss erfolgte für den Bau des Parkhauses Violenstraße/Am Dom.
Durch Zukäufe im Laufe der Jahrzehnte besitzt der Verein 1965 in der Sandstraße das größte zusammenhängende Grundstück in der Bremer Altstadt. 1970 tritt er seine Gebäude an die Stadt Bremen ab und erwirbt von ihr für den Neubau eines Vereinshauses ein Grundstück in der Violenstraße. Der Auszug erfolgte 1973.
Das historische Haus Vorwärts dient seit 2005 als Haus der Wissenschaft dem gleichnamigen Verein als Schaufenster für die Wissenschaft.
Der Verein Vorwärts heute
Der Verein Vorwärts Bremen von 1846 bietet mit Fitness-, Turn-, Tanz- und Wandergruppen Sport für alle Altersklassen.
Siehe auch
Literatur
- Maike Grimbo: Haus Vorwärts – Von der Klippschule über den Arbeiterbildungsverein zum Haus der Wissenschaft. Januar 2005, im Auftrag der Dr. Hübotter Grundstücks–GmbH
- Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon. 2., aktualisierte, überarbeitete und erweiterte Auflage. Edition Temmen, Bremen 2003, ISBN 3-86108-693-X.
Weblinks
Einzelnachweise
- Schaefer, Hans Ludwig: Bremens Bevölkerung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen, Bd. 46, Bremen, 1979, S. 164f
- Splanemann, 150 Jahre Verein Vorwärts, S. 14