Unterlage (Pflanzen)

Eine Unterlage w​ird meist b​eim Veredeln v​on verholzenden Pflanzen verwendet, k​ann aber a​uch bei Gemüsepflanzen Anwendung finden u​nd besteht a​us dem Wurzelsystem e​iner Pflanze u​nd einem Teil d​es Stammes. Auf d​ie Unterlage w​ird eine weitere Sorte d​er gleichen botanischen Familie veredelt, n​ur in dieser n​ahen Verwandtschaft s​ind einige erfolgreiche Verbindungen möglich. Die Sorte m​it den gewünschten Frucht- o​der Blüten-Eigenschaften n​ennt man Edelreis o​der Edelauge. Üblicherweise w​ird ein kurzes Stück e​ines Zweiges o​der eine Knospe (das „Auge“) m​it den Techniken Pfropfen o​der Okulieren verbunden. Die Unterlage liefert n​icht nur d​ie Versorgung d​es veredelten Triebes m​it Wasser u​nd Nährstoffen, sondern h​at auch starken Einfluss a​uf die Edelsorte. So werden verschiedene Faktoren w​ie Wuchsstärke, Fruchtgröße, -ausfärbung, -reifezeit o​der Blütenansatz u​nd Blütenfarbe j​e nach Unterlage beeinflusst.

Unterlagen sollten möglichst zur gleichen Gattung oder Art wie das Edelreis gehören; in Ausnahmefällen kann auch auf andere Gattungen innerhalb einer Familie veredelt werden. Einsatzbeispiele:

  • Bei Rosen-Stämmchen wird auf eine besonders gute stammbildende Unterlage, eine besonders kompakte, reichblühende Edelsorte gesetzt.
  • Für Äpfel wird eine besonders schwach wachsende Unterlage verwendet (Meist M9 oder auch M27 im Erwerbsobstbau) und eine normal wachsende, aber besonders gut fruchtende Sorte aufgesetzt. Beide zusammen bilden eine kleine, gut fruchtende Pflanze. Für extensiven Anbau wird beispielsweise Supporter 4 empfohlen.
  • Um kleinbleibende Birnbäume zu erhalten, wird die mit ihr verwandte Quitte als Unterlage verwendet.
  • Die Unterlagsrebe eines Rebstockes bringt als wichtigste Eigenschaft die Reblausresistenz mit. Das sich von der Unterlage entwickelnde Wurzelsystem des Rebstockes wird, je nach Stärke der Reblauswiderstandsfähigkeit, gegen den Befall von Wurzelrebläusen biotechnisch geschützt.

Arten von Unterlagen

Produktionsmethoden

  • Sämlingsunterlagen: Hier entsteht die Unterlage aus einem Samen durch Keimung (Sämling). Auf Sämlingsunterlagen veredelte Bäume werden in der Regel zu großen Solitärbäumen mit einem stabilen und kräftigen Wurzelwerk.
  • Vegetativ vermehrte Unterlagen: Die Vermehrung geschieht meist durch Abrisse (Abrissunterlagen). Dabei werden die Mutterpflanzen bis auf den Boden zurückgeschnitten. Die neu austreibenden Triebe werden schichtweise angehäufelt, wodurch sich im unteren Bereich Wurzeln bilden. Im Spätherbst wird mit speziellen Maschinen durch die entstandenen Dämme geschnitten und die bewurzelten Triebe aufgesammelt und nach Wurzelhalsdurchmesser sortiert. Mittlerweile sind auch schon Unterlagen aus der Pflanzlichen Gewebekultur im Handel, etwa die Zwetschgenunterlage „WAVIT Prudom“.

Herkunft

Aufgrund e​iner unüberschaubar großen Zahl a​n verschiedenen Apfel-Unterlagen i​n Europa k​am es a​n der East Malling Research Station (England) z​u einer Bewertung u​nd Selektion v​on Unterlagen westeuropäischer Herkünfte. Diese standen i​n unterschiedlichen Quartieren, d​eren Nummer s​ich heute i​m Namen wiederfindet. Die Unterlage M9 s​tand demnach i​m Quartier Nr. 9. (Das M s​teht für Malling u​nd nicht w​ie sehr häufig behauptet für Malus.) Es wurden a​uch Kreuzungen durchgeführt, d​ie zu d​en MM-Unterlagen führten (Merton Malling). Die Unterlage A2 stammt a​us Schweden. Französische Institute (INRA) beschäftigen s​ich erfolgreich m​it Zwetschgenformen. Für Kirschen wurden i​n Gießen schwache Unterlagen für Kirschen selektiert (Gi-Sel-A).

Häufig verwendete Unterlagen

Einordnung d​er häufigsten i​m Handel anzutreffenden Unterlagen:

  • Unterlagen der schwach wachsenden Gruppe (Schlanke Spindel, Busch, Spalier geeignet, Baumhöhen 1,5 bis 3 m)
Äpfel: M27, M9, M26, Supporter 4 oder P22,
Birne: Quitte A oder schwächer wachsend Quitte C
Kirsche: GiSelA 3
Zwetschge: INRA GF 2038
  • Unterlagen der mittelstark wachsenden Gruppe (Busch oder Halbstamm, Baumhöhen 3 bis 4,5 m)
Apfel: MM106, M4, MM111, M2 oder M7
Birne: Quitte A und Pyrodwarf
Kirschen: GiSelA 5, GiSelA 6 sowie Colt
Zwetschge: INRA GF 655/2, St. Julien A und Wavit
  • Unterlagen der stark wachsenden Gruppe (Hochstamm, Halbstamm, Baumhöhen über 5 m)
Äpfel: MM109, M25, M11 oder A2, Sämlinge von Antonowka, Bittenfelder, Grahams und Jakob Fischer
Birne: Kirchensaller Mostbirne, Augustbirne, Gellerts Butterbirne, Josephine von Mecheln
Kirsche: F 12/I
Zwetschge: Brompton oder Marianna INRA GF 8/1

Stammbildner

Bei Äpfeln werden z. T. auch zusätzlich Stammbildner zwischen Unterlage und Edelreis veredelt. Einige Sorten bilden keine geraden oder sehr frostempfindliche Stämme. Selten kommt es zu einer Unverträglichkeit zwischen der Unterlage und der Edelsorte (Abstoßung). Manchmal schützt eine Zwischenveredelung eine anfällige Sorte vor Stammfäule oder Kragenfäule. Als Stammbildner-Sorten sind im Moment aktuell: Maunzenapfel, Jakob Fischer, Schneiderapfel, Hibernal und Dubble zoete Agt. Noch bis in die 1940er-Jahre wurden 40 verschiedene Stammbildner verwendet, darunter Pomme d´Or und Genereuse de Vitry. Als Alternative bei Unverträglichkeiten kann die Zwischensorte auch nur wenige Millimeter stark, direkt in einem Arbeitsschritt, zwischen Unterlage und Edelreis eingefügt werden (Nicolieren). Ebenso ist bei Birnen eine Zwischenveredelung bei Unverträglichkeit zwischen Quittenunterlage und Edelreis üblich. Als Stammbildner verwendet man häufig Gellerts Butterbirne.[1]

Einzelnachweise

  1. Ulrich Sachweh (Herausgeber): Der Gärtner, Band 3, Baumschule, Obstbau, Samenbau, Gemüsebau. 2. Auflage, Ulmer, Stuttgart 1986/1989, ISBN 3-8001-1148-9, S. 251

Literatur

  • Heiner Schmid: Veredeln der Obstgehölze. 5., überarbeitete Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart 1989, ISBN 3-8001-5536-2.
  • Franz Mühl: Alte und neue Apfelsorten. 8. Auflage. Obst und Gartenbauverlag, München 2014, ISBN 978-3-87596-093-8.
  • Herbert Petzold: Apfelsorten. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Neumann, Radebeul 1990, ISBN 3-7402-0075-8.
  • Walter Feucht: Das Obstgehölz. Anatomie und Physiologie des Sprosssystems. Eugen Ulmer, Stuttgart 1982, ISBN 3-8001-5519-2.
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