Unsichtbarer Schnitt
Der unsichtbare Schnitt (auch „découpage classique“, „continuity editing“) ist die vorherrschende Montageform im Classical Hollywood. Sie wird auch „classical narration“ genannt. Ihr Ziel ist es, dem Zuschauer so wenig wie möglich bewusst werden zu lassen, dass es sich um einen Film handelt. Der Zuschauer soll sich allein auf die Handlung konzentrieren können.
Hierzu müssen einige Regeln befolgt werden: Zum Beispiel ein fließender, stufenweiser Übergang von Einstellungsgrößen, der Beginn einer Szene wird mit einem „establishing shot“ (Totale) eingeführt, Dialogszenen werden im Schuss-Gegenschuss-Verfahren aufgenommen, Achsenverhältnisse werden gewahrt (also kein Achsensprung auf die andere Seite der Handlungsachse), Aussparung von Redundantem (elliptisches Erzählen).
Der unsichtbare Schnitt ist also nicht im wortwörtlichen Sinn unsichtbar, sondern soll vom Zuschauer nur nicht bewusst wahrgenommen werden, sodass bei ihm der Eindruck eines ununterbrochenen Geschehensfluss entsteht.
Eine wortwörtliche Anwendung des „unsichtbaren Schnitts“ findet sich in dem Alfred-Hitchcock-Film Cocktail für eine Leiche (1948), der sich ausschließlich versteckter Schnitte bedient. Der Film basiert auf einem Theaterstück, einem geschlossenen Drama, in dem Ort, Zeit und Handlung einheitlich sind. Diese Geschlossenheit wollte Hitchcock in seinen Film übertragen. Zu der Zeit wurde auf Filmrollen gedreht, deren Länge auf ca. zehn Minuten Drehzeit begrenzt war. Hitchcock schnitt die Übergänge zwischen den einzelnen Rollen so, dass die Illusion entstand, der Film sei in einer einzigen Einstellung aufgenommen. So kaschierte er die Filmschnitte unter anderem mit starken Closeups auf einheitlich gefärbte Gegenstände, z. B. das schwarze Gewebe eines Jackenrückens: Eine Rolle endete mit dieser Einstellung, die nächste Rolle begann mit genau demselben Bild.[1]
Literatur
- Thomas Koebner (Hrsg.): Reclams Sachlexikon des Films. 2., aktual. Auflage. Reclam, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-15-010625-9.
- Knut Hickethier: Film- und Fernsehanalyse. 4. Auflage. J.B. Metzler, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-476-02186-1.
Siehe auch
Weblinks
- Hans Beller: Dos and Don'ts – frühe Montageregeln. (Memento vom 9. Juli 2009 im Webarchiv archive.today) In: Schnitt.
Einzelnachweise
- François Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?. Heyne, München 1973, ISBN 3-453-86141-8, S. 149 f.