Thesaurar
Thesaurar (Thesaurarius) ist ein Amt in kirchlichen Institutionen wie Domkapiteln, Stiftskapiteln, Klöstern und geistlichen Ritterorden. Der Thesaurar war einer der Dignitäten im Dom- bzw. Stiftskapitel, zu denen außerdem der Propst, der Dom- oder Stiftsdekan, der Scholaster und der Kantor sowie meist auch der Cellerar gehörten. In Klöstern war er dem Abt verantwortlich, in Dom- und Stiftskapiteln dem Propst.
Der Thesaurar war verantwortlich für die Güter- und Vermögensverwaltung des Kapitels bzw. Klosters. So oblag ihm die Verwaltung des sog. Fabrikgutes (fabrica ecclesiae), d. h. des aus Gebäuden, Grundstücken, Weinbergen, Wäldern, Steinbrüchen, Mühlen, Kapitalien, Stiftungen, Renten, Kirchenopfern usw. bestehenden und für den Bau und Unterhalt der Kirchen- oder Klosteranlage sowie für Bedürfnisse der religiösen Feiern und Riten bestimmten Vermögens. Er war für die Buchhaltung zuständig und kümmerte sich daher auch um die ordnungsgemäße Einnahme des Zehnten und anderer Abgaben. Zu seinem Amtsbereich gehörte u. a. die Verantwortung für die liturgische Ausstattung und die Sakristei; deren Instandhaltung und das entsprechende Personal, vom Sakristan bis zum Glöckner, unterstanden ihm. Später wurde er von einem oder auch mehreren Küstern unterstützt bzw. abgelöst und er selbst behielt nur noch die Vermögensverwaltung dieser Angelegenheiten. Ebenfalls zum Verantwortungsbereich des Thesaurars gehörte der Dom-, Kloster- oder Kirchenschatz.
Siehe auch
Literatur
- Michael Bollesen: Das Domkapitel in Rechtsgeschichte und Gegenwart. GRIN Verlag GmbH, München 2008, ISBN 978-3-638-92899-1.
- Stephan Haering, Burghard Pimmer-Jüsten, Martin Rehak: Statuten der deutschen Domkapitel (= Subsidia ad ius canonicum vigens applicandum. 6). Abtei-Verlag, Metten 2003, ISBN 3-930725-02-9.
- Hermann Hoberg (Hrsg.): Die Einnahmen der Apostolischen Kammer unter Innozenz VI. Erster Teil: Die Einnahmeregister des päpstlichen Thesaurars (= Vatikanische Quellen zur Geschichte der päpstlichen Hof- und Finanzverwaltung 1316–1378. Bd. 7). Schöningh, München u. a. 1955.
- Eva Jüsten: Das Domkapitel nach dem Codex Iuris Canonici von 1983 unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland und Österreich (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 2: Rechtswissenschaft. 1386) Lang, Frankfurt am Main u. a. 1993, ISBN 3-631-46029-5 (Zugleich: Regensburg, Univ., Diss., 1992).
- Guy P. Marchal: Domkapitel. In: Theologische Realenzyklopädie. Band 9: Dionysius Exiguus – Episkopalismus. de Gruyter, Berlin u. a. 1982, ISBN 3-11-008573-9, S. 136–140.
- Richard Puza: Die Dom- und Stiftskapitel. In: Joseph Listl, Heribert Schmitz (Hrsg.): Handbuch des katholischen Kirchenrechts. 2. grundlegend neubearbeitete Auflage. Pustet, Regensburg 1999, ISBN 3-7917-1664-6, S. 475–479.
- Rudolf Schieffer: Die Entstehung von Domkapiteln in Deutschland (= Bonner Historische Forschungen. 43). Röhrscheid, Bonn 1976, ISBN 3-7928-0378-X (Zugleich: Bonn, Univ., Philos. Fak., Diss., 1975).
- Orby Shipley (Hrsg.): Glossary of Ecclesiastical Terms. Containing Brief Explanations of Words Used in Dogmatic Theology. Legacy Reprint. Kessinger Publishing Company, Whitefish MT 2007, ISBN 978-0-54827423-1.