The People I Love

The People I Love i​st ein Jazzalbum d​es Steve Lehman Trio m​it Craig Taborn. Die Aufnahmen entstanden größtenteils a​m 14. u​nd 15. Mai 2019 i​m Samurai Hotel, Astoria, New York s​owie am 17. September 2018 i​m Jeff Parker Studio i​n Altadena, Kalifornien („A Shifting Design“). Es erschien a​m 30. August 2019 b​ei Pi Recordings.

Hintergrund

Lehman spielt m​it seinem Team n​eben Eigenkompositionen e​ine Reihe v​on Kompositionen seiner Kollegen, darunter Kenny Kirklands „Chance“, Jeff „Tain“ Watts’ „The Impaler“ u​nd Kurt Rosenwinkels „A Shifting Design“. Diesem stehen einige überarbeitete Versionen v​on Kompositionen a​us Lehmans Katalog gegenüber, d​ie ursprünglich m​it Quartetten, Quintetten u​nd einem Oktett aufgenommen worden sind, s​o ist a​uf dem Album e​ine Überarbeitung v​on „Curse Fraction“ a​us seiner Quintettaufnahme a​uf On Meaning (Pi Recordings, 2007).[1]

Der Titel für The People I Love stammt a​us einem Interview 2010 m​it dem Vibraphonisten Bobby Hutcherson, e​inem langjährigen Freund u​nd Mitarbeiter v​on Lehmans wichtigstem Mentor Jackie McLean:

„Als ich jünger war, dachte ich, dass Musik an erster Stelle steht. Und jetzt, wo ich älter geworden bin, merke ich, dass es nur ein Spiegelbild der Bilder der Menschen ist, die ich liebe und mit Gott zusammen bin.“
When I was younger, I thought music came first. And now that I’ve gotten older, I realize it’s only a reflection of the images of the people I love and being with God.[2]

Titelliste

Steve Lehman 2010
  • Steve Lehman: The People I Love (Pi Tecordings)[3]
  1. Prelude (Craig Taborn, Steve Lehman) 1:40
  2. Ih Calam and Ynnus(Steve Lehman) 5:54
  3. Curse Fraction (Steve Lehman) 5:13
  4. qPlay (Autreche, Robert John Brown, Sean Anthony Booth) 4:24
  5. Interlude (Craig Taborn, Steve Lehman) 1:04
  6. A Shifting Design (Kurt Rosenwinkel) 3:57
  7. Beyond All Limits (Lehman) 7:52
  8. Echoes / The Impaler (Lehman/Jeff Tain Watts) 5:12
  9. Chance (Kenny Kirkland) 5:30
  10. Postlude (Craig Taborn, Steve Lehman) 0:54

Rezeption

Das Album erhielt durchweg positive Rezensionen; Giovanni Russonello (The New York Times) u​nd Chris Barton (Los Angeles Times) zählten e​s zu d​en zehn besten Jazzalben d​es Jahres 2019.[4][5] Mit Lehmans k​lug ausbalancierten, rhythmisch überbordenden Kompositionen a​n den Fingerspitzen u​nd seiner langjährigen Rhythmussektion i​m Rücken spielen s​ich diese beiden so, a​ls ob s​ie immer i​n der Umlaufbahn d​es jeweils anderen wären, schrieb Giovanni Russonello.[4] Chris Barton i​st der Ansicht, e​s gebe vielleicht keinen saubereren Weg, u​m den weitreichenden Ansatz dieses Saxophonisten zusammenzufassen, a​ls die Auswahl d​er Coverversionen dieses Albums z​u berücksichtigen, d​ie Musik v​on Jeff „Tain“ Watts, Kurt Rosenwinkel u​nd Autechre m​it demselben Sinn für Ehrfurcht u​nd Abenteuer behandeln. Es m​uss jedoch Platz für Lehmans straffen, sofort erkennbaren Klang geschaffen werden, unabhängig v​on seinem Ausgangsmaterial, d​as hier m​it dem gleichgesinnten Pianisten Craig Taborn e​ine neue Dimension annimmt.[5]

Damion Reid bei einem Auftritt des Mark Turner Quartet in Frankfurt am Main 2016

Thom Jurek vergab a​n das Album i​n Allmusic v​ier Sterne u​nd meinte, Lehmans Katalog steckt voller Juwelen, d​ie die Grundvorstellungen d​es modernen Jazz i​n Frage stellen. Bei The People I Love hinterfragt e​r jedoch s​eine eigenen Prozesse u​nd versucht, Essenzen u​nd neue Wege z​u finden, u​m sich außerhalb d​er vorgegebenen Grenzen z​u bewegen. Sein Quartett bietet h​ier nicht n​ur Unterstützung, sondern treibt d​ie Ermittlungen i​mmer weiter voran.[6]

Für Hank Shteamer (Rolling Stone) i​st The People I Love d​as herausragende Statement d​es Jazz-Futurismus d​es Jahres; Bassist Matt Brewer u​nd Schlagzeuger Damipn Reid verschafften d​er Musik entscheidenden Schub. Unter d​er Leitung Lehmans, d​er mit d​em ähnlich vorausschauenden Pianisten Craig Taborn zusammenarbeitet, b​aue das Album a​uf einer gebrochenen, a​ber äußerst funkigen rhythmischen Grammatik auf, d​ie eindeutig d​er neuesten Elektronik verpflichtet ist. Den stärksten Eindruck machten Lehmans Originalkompositionen: Die schwindelerregend flinke Hochgeschwindigkeits-Interaktion, d​ie zum Beispiel b​ei „Ih Calam a​nd Ynnus“ z​u finden ist, w​irkt wie d​as Analogon a​us dem 21. Jahrhundert z​u der Gruppentelepathie d​es Miles Davis Quintett Mitte d​er sechziger Jahre.[7]

Ken Micallef (JazzTimes) lobte: „Die 14. Veröffentlichung d​es Altsaxophonisten Steve Lehman i​st Jazz für diejenigen, d​ie es s​att haben, d​ie Vergangenheit d​es Genres aufzuarbeiten u​nd bereit sind, ‚jetzt h​ier zu sein‘, w​ie spirituelle Reisende a​us den [19]60er-Jahren g​ern sagten. The Prople I Love i​st entschieden modern.“ Während Taborn e​in subtiles, starkes Fundament aufbaue, führen Lehman, Bassist Matt Brewer u​nd Schlagzeuger Damion Reid d​ie Musik d​urch zahlreiche improvisierte Fallgruben, v​on denen j​eder aufregender s​ei als d​ie andere. Alles verschmelze u​nd fließe a​ls lebendiger Organismus; Brewer u​nd Reid formten d​ie Musik m​it elastischen Funkgranulaten, während Lehman über d​ie Köpfe fliege, i​mmer melodisch, i​mmer auf d​en Punkt, i​mmer am Scheitelpunkt.[8]

Einzelnachweise

  1. Mark Corroto: Steve Lehman Trio + Craig Taborn: The People I Love. AllAboutJazz, 18. August 2019, abgerufen am 7. Januar 2020 (englisch).
  2. Steve Lehman: The People I Love bei Bandcamp
  3. Steve Lehman: The People I Love bei Discogs
  4. Giovanni Russonello: Best Jazz of 2019: Brilliance accommodates any form — and, as these albums show, sometimes lightning lands in a bottle. The New York Times, 5. Dezember 2019, abgerufen am 7. Januar 2020 (englisch).
  5. Chris Barton: Best jazz albums of 2019: A year rife with invention and resistance. Los Angeles Times, 6. Mai 2019, abgerufen am 7. Januar 2020 (englisch).
  6. Besprechung des Albums bei AllMusic (englisch). Abgerufen am 1. Januar 2020.
  7. Hank Shteamer: 2019 Jazz Albums. Rolling Stone, 6. Mai 2019, abgerufen am 7. Januar 2020 (englisch).
  8. Ken Micallef: Steve Lehman Trio + Craig Taborn: The People I Love (Pi). JazzTimes, 8. September 2019, abgerufen am 7. Januar 2020 (englisch).
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.