Stimming (Psychologie)
Stimming (als Abkürzung für Self-stimulating behavior, zu Deutsch: selbststimulierendes Verhalten) bezeichnet in der Psychologie die Wiederholung von physischen Bewegungen, Geräuschen oder Lauten, aber auch vom Riechen. Diese Verhaltensweise tritt häufig bei Menschen mit Entwicklungsstörungen und davon am häufigsten bei Autisten auf.[1][2] Es kann ebenfalls bei einer Störung der Sinnesverarbeitung[3] oder in Rahmen einer Panikattacke bei einer Angststörung auftreten.
Ursachen
Es handelt sich vermutlich um eine schützende Reaktion auf Überstimulation mit dem Ziel, sich selbst zu beruhigen. Dabei versuchen Betroffene, weniger vorhersehbare Umweltreize zu blockieren oder nutzen Stimming, um Angstzustände und andere negative oder erhöhte Emotionen zu lindern.[3][2] Da Stimming zur Selbstregulation verwendet wird und meist automatisch passiert, kann es schwer unterdrückt werden.[4][5] Stimming kann auch unter Selbstverletzendes Verhalten fallen, zum Beispiel beim Schlagen des Kopfes oder Beißens in die Hand.[6] Stimming kann durch eine Stressreduzierung aufgrund äußerer Reize reduziert werden.[7]
Beispiele
Übliche Beispiele für Stimming sind das Flattern mit den Händen oder Armen, Daumenlutschen, Klatschen, Fingerschnippen, Schaukeln mit dem Oberkörper, übermäßiges oder hartes Blinzeln, Schlagen des Kopfes, Bewegen von kleinen Gegenständen und das Wiederholen von Geräuschen oder ganzen Wörtern.[8][9]
Unterschiede zwischen Stimming und Tics
Ein Tic ist ein kurzes und unwillkürliches Muskelzucken, das regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrend, teilweise auch komplexe Bewegungen. Es gibt auch vokale Tics. Tics sind zweckfreie spontane Bewegungen (oder auch Handlungen) oder Geräusche (oder Worte, Sätze, Monologe), die sehr kurz, schnell und „einfach“, aber durchaus auch sehr komplexer Natur sein können, und die der Betroffene gegen seinen eigenen Willen ausführen „muss“. Tics sind nur für einen kurzen Zeitraum zu unterbrechen.
Tics sind für einen Beobachter oft kaum von Stimming zu unterscheiden. Stimming ist ein unter autistischen Menschen verbreitetes Verhalten, das aber im Gegensatz zu Tics Funktionen erfüllt (zum Beispiel Selbstregulation, Beruhigung, Regulation sensorischer Reize) und deshalb von (unwillkürlichen) Tics abgegrenzt wird.
Stimming hingegen, wie sie für autistische Menschen sehr typisch sind, sind Bewegungen (auch komplexere Handlungen) oder Geräusche (auch Worte, Sätze, Monologe), die der Betroffene bewusst oder unbewusst ausführt, um sich bei (subjektiv so empfundenem) Reizmangel zu stimulieren oder bei Überlastung abzulenken.
Einzelnachweise
- Rosalind Bergemann: An Asperger Leader’s Guide to Living and Leading Change. Jessica Kingsley Publishers, 2013, ISBN 978-0-85700-872-5 (google.com [abgerufen am 3. Dezember 2019]).
- Valerie Foley: The Autism Experience: International Perspectives on Autism Parenting. ReadHowYouWant.com, Limited, 2011, ISBN 978-1-4587-9728-5 (google.com [abgerufen am 3. Dezember 2019]).
- Gretchen Mertz Cowell: Help for the Child with Asperger’s Syndrome: A Parent’s Guide to Negotiating the Social Service Maze. Jessica Kingsley Publishers, 2004, ISBN 978-1-84642-042-9 (google.com [abgerufen am 3. Dezember 2019]).
- Elizabeth DeVita-Raeburn Spectrum: Is the Most Common Therapy for Autism Cruel? 11. August 2016, abgerufen am 3. Dezember 2019.
- The controversy over autism’s most common therapy. In: Spectrum | Autism Research News. 10. August 2016, abgerufen am 3. Dezember 2019.
- T. Z. Fadhil, A. R. Mandeel: Live Monitoring System for Recognizing Varied Emotions of Autistic Children. In: 2018 International Conference on Advanced Science and Engineering (ICOASE). Oktober 2018, S. 151–155, doi:10.1109/ICOASE.2018.8548931 (ieee.org [abgerufen am 3. Dezember 2019]).
- Allison B. Cunningham, Laura Schreibman: Stereotypy in Autism: The Importance of Function. In: Research in autism spectrum disorders. Band 2, Nr. 3, 2008, ISSN 1750-9467, S. 469–479, PMC 19122856 (freier Volltext).
- Autism | HealthCentral. Abgerufen am 3. Dezember 2019.
- Ouchlets: Autism slang for soothing behaviours. 5. Juni 2013 (bbc.com [abgerufen am 3. Dezember 2019]).