St. Elisabeth (Darmstadt)
Geschichte
Für den Bau der – nach St. Ludwig – zweiten römisch-katholischen Pfarrkirche in Darmstadt hinter dem Prinz-Georg-Palais lieferte der Mainzer Dombaumeister Ludwig Becker den Entwurf eines historisierenden Kirchenbaus. Der Bau der Kirche trug dem nicht unerheblich gewachsenen Anteil der Katholiken um die Wende zum 20. Jahrhundert Rechnung. Mit ihrem ca. 80 m hohen Glockenturm bildet die 1905 geweihte Sankt-Elisabeth-Kirche einen demonstrativen Akzent in der Stadtsilhouette und ein bewusstes Gegenüber zur evangelischen Stadtkirche.
Ludwig Becker baute keinen hochgotischen Idealtypus, sondern orientierte sich an der regionalen mittelalterlichen Tradition und folgte dem Grundschema der evangelischen Stadtkirche. Auch die bei einem Luftangriff im September 1944 fast vollständig zerstörte Innenausstattung mit den Schnitzaltären samt den großen farbigen Fenstern folgte dem historistischen Konzept.
Baugestalt
Sankt Elisabeth besitzt ein kurzes, dreischiffiges vierjochiges Langhaus, nach Osten schließt ein polygonal gebrochener Chor in der Breite des Mittelschiffs an. Über dem südlichen Seitenschiff liegt die Marienkapelle, die sogenannte Oberkirche. Insgesamt erscheint die Sankt-Elisabeth-Kirche als historisch gewachsene Architektur, die in ihrer Substanz im frühen Mittelalter gründet, in ihrem anschaulichen Charakter aber das Bild der heimischen bürgerlichen Stadtkirche des Spätmittelalters bewahrt, was sich in der Gestaltung des Pfarrhauses mit markantem Treppengiebel fortsetzt.
Anstelle der zerstörten Netzgewölbe wurde beim Wiederaufbau über Chor und Mittelschiff eine Holzdecke eingezogen. Teile des ehemaligen Hochaltars von Georg Busch (1823–1895) konnten gerettet und restauriert werden und befinden sich jetzt in der Marienkapelle, im Pfarrhaus sowie in der nördlichen Querhauskapelle. Der frühere Muttergottesaltar von Jakob und Joseph Michael Busch, der im Jahre 1900 in Paris ausgestellt worden war, schmückt jetzt den Hochaltar im Chor. Südliches Querhaus wie Seitenschiff werden geprägt von dem theologisch wie künstlerisch bedeutenden Elisabeth-Fenster (1978) und den Franziskus-Fenstern (1983) von Bruno Müller-Linow.[1]
Patrozinium
Die Wahl des Patroziniums der heiligen Elisabeth von Thüringen demonstriert das seit Leo XIII. neue soziale Profil der römisch-katholischen Kirche und zugleich die regionale Verbundenheit mit der Landespatronin und „Stammmutter“ des hessischen Herrscherhauses. Die überlebensgroße Statue der Heiligen an der Südwestecke zeugt davon.
Glocken
Im Jahr 1905 goss die Glockengießerei Otto aus Hemelingen/Bremen ein vierstimmiges Bronzeglockengeläut für die Elisabeth-Kirche. Die Glocken haben die Glockenbeschlagnahmen der beiden Weltkriege des vergangenen Jahrhunderts überlebt. Sie waren zwar 1942 abgenommen und abtransportiert worden, wurden aber nicht eingeschmolzen und kehrten 1947 nach Darmstadt zurück. Die Schlagtonreihe dieses „bedeutenden Klangdenkmals des frühen 20. Jahrhunderts“ lautet: b0 – d′ – f′ – g′. Die Glocken haben folgende Durchmesser: 1820 mm, 1442 mm, 1230 mm, 1100 mm. Sie wiegen 3989 kg, 1910 kg, 1209 kg, 820 kg.[2][3]
Literatur
- Festschrift zur Einweihung der katholischen St. Elisabethen-Kirche zu Darmstadt am 30 September 1905. Darmstadt 1905
- Martin Fink (Pfarrer): Die Inneneinrichtung der St-Elisabethenkirche zu Darmstadt. Darmstadt 1930
- Kirche St. Elisabeth Darmstadt 1905–1908. Herausgegeben zur 75-Jahr-Feier der Elisabethkirche, Mainz 1979
- Johannes Angert: 75 Jahre St. Elisabeth Darmstadt. Herausgegeben vom Verwaltungsrat der Katholischen Pfarrei St. Elisabeth zu Darmstadt, Darmstadt 1981
- Klaus Honold (Redaktion): St. Elisabeth in Darmstadt. Schnell Kunstführer Nr. 1536, Schnell & Steiner, München 1985
- Martin Ludwig Klassert: 100 Jahre katholische Pfarrkirche St. Elisabeth in Darmstadt. In: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde Neue Folge (AHG NF) 61, 2003, S. 93–192.
Weblinks
- Zur Baugeschichte (Netzpräsenz der Pfarrei)
- Orgel von St. Elisabeth, Darmstadt
Einzelnachweise
- Stadtlexikon Darmstadt. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2006, S. 849
- Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2, S. 588, hier insbes. S. 276, 277, 442, 443, 514.
- Gerhard Reinhold: Kirchenglocken – christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen/NL 2019, S. 556, hier insbes. S. 246 bis 249, 479, 525, urn:nbn:nl:ui:22-2066/204770 (Dissertation an der Radboud Universiteit Nijmegen).